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Ritualmordlegende – Wikipedia

Ritualmordlegende

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Darstellung des angeblichen Ritualmords an Simon von Trient im Jahr 1475, aus der Weltchronik Hartmann Schedels von 1493
Darstellung des angeblichen Ritualmords an Simon von Trient im Jahr 1475, aus der Weltchronik Hartmann Schedels von 1493

Eine Ritualmordlegende (auch: Blutanklage, Blutbeschuldigung, Blutgerücht, englisch blood libel) sagt bestimmten, gesellschaftlich abgelehnten Minderheiten Ritualmorde an Angehörigen der eigenen Mehrheitsgruppe nach, meist an Kindern. Sie dient zur Verleumdung der behaupteten Täter, rechtfertigt und bewirkt ihre Unterdrückung und Verfolgung. Ihre Kolporteure greifen oft unaufgeklärte Entführungs-, Unglücks- oder Tötungsfälle auf und bieten dafür Sündenböcke an. Solche Legenden sind nicht nur als im Aberglauben verwurzelte Volkssagen anzutreffen, sondern werden auch von religiösen, staatlichen, regionalen oder lokalen Interessengruppen gezielt zur Propaganda konstruiert und genutzt. Oft ergeben sich daraus Pogrome, Lynch- und Justizmorde an den zu Ritualmördern erklärten Gruppen.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Vorwürfe von rituellen Kindesmorden und Menschenverzehr erhoben verschiedene Völker und Religionen der Antike gegen ihnen fremde ethnische und religiöse Minderheiten: sei es aus Xenophobie, sei es, um deren Verfolgung zu rechtfertigen.

Für das Judentum kennzeichneten Kindesmord und Kannibalismus den Götzendienst der Fremdvölker. Im Hellenismus brachten gerade gebildete Griechen und Römer solche Gerüchte gegen das Judentum, später auch das Christentum in Umlauf. Im Christentum tauchten ähnliche Vorwürfe zunächst gegen manche gnostischen oder christlichen Sekten wie die Montanisten auf. Gegenüber Juden wurde der Vorwurf in der Spätantike nur sehr selten erhoben und spielte dann auf das bereits etablierte Dogma vom Gottesmord an.

Erst seit dem Hochmittelalter breiteten sich Ritualmordanklagen im von der Katholischen Kirche geprägten Europa aus und wurden dann zum festen Bestandteil der Verfolgung Andersgläubiger: meist Juden, seltener auch sogenannter Ketzer und Hexen. Später schrieben Katholiken auch Protestanten und Freimaurern solche Praktiken zu, während die Puritaner dies Katholiken zutrauten.[1]

Der christliche Ritualmordvorwurf gegen Juden kam im 12. Jahrhundert auf. Die angebliche Gier nach dem Blut von Christenkindern, das Juden für ihre Mazzen beim Pessach, zu verschiedenen magischen oder medizinischen Zwecken bräuchten, gehört zu den hartnäckigsten Stereotypen des christlichen Antijudaismus. Solche Anklagen endeten meist tödlich für die so Beschuldigten, ihre Angehörigen und Gemeinden. Ihre Wirkung bezog diese Legende aus einer Kombination von kirchlicher Indoktrination, Aberglauben, durch viele Faktoren bewirkter wirtschaftlicher Not, sozialer Unzufriedenheit und apokalyptischen Ängsten.

Die antijudaistische Legende gelangte von England über Spanien und Frankreich in den deutschsprachigen Raum (13. Jahrhundert). Von dort wanderte sie nach Italien, Polen und Litauen (15. Jahrhundert), schließlich nach Russland (18. Jahrhundert) und in das Osmanische Reich (19. Jahrhundert). Sie überdauerte das Zeitalter der Aufklärung und erlebte parallel zum Antisemitismus von 1800 bis 1914 in Mittel- und Osteuropa einen neuen Aufschwung. Die Nationalsozialisten benutzten sie zur systematischen Volksverhetzung in der Vorbereitung des Holocaust. Gegenwärtig lebt sie vor allem in mancher rechtsextremistischen und islamistischen Propaganda gegen Juden fort.

Ritualmordgerüchte wurden im 19. Jahrhundert in China, Indien und Madagaskar auch gegen Europäer verbreitet. Diese wiederum unterstellten der aus Westafrika importierten Voodoo-Religion in Haiti Ritualmordpraktiken, z.B. 1886 in dem populären Buch von Sir Spencer St. John, Hayti or the Black Republic.[2] Heute richten sich solche Legenden außer gegen Juden noch - meist von christlichen Fundamentalisten in den USA - gegen Satanisten und Abtreibungs-Befürworter.[3]

Antike

Das Judentum kannte in alter Zeit noch ein Opfer des ersten Kindes (2 Chr 33,6; 2 Kön 23,10), das die Tora streng und wiederholt verbietet (Ex 13,2.12f; 22,28f; 34,19f; Num 3,1ff; 18,15; Dtn 15,19) und mit Todesstrafe bedroht (Lev 20,2-5). Die Propheten verurteilten Menschenopfer als Götzendienst (Jes 57,5; Jer 7,31; 32,35; Ez 16,20; 23,37) und tabuisierten sie so. Die apokryphe Weisheit Salomos rechtfertigte damit im 1. Jahrhundert v. Chr. nachträglich die Ausrottung der Kanaanäer (12,4ff. u.a.). Eventuell schon in der Väterzeit 1200 v. Chr., spätestens bis 800 v. Chr. ersetzte die jüdische Religion Menschenopfer durch Tieropfer. Auch diese reglementiert die Tora streng und verbietet Juden u.a. den Blutgenuss, da im Blut das Leben sei und dieses ausschließlich dem Schöpfergott JHWH gehöre (Gen 9,4; Lev 3,17; 7,26f; 17,10-14). Damit wurde eine wesentliche Begründung für Opfer - das Hingeben und Einverleiben fremder Lebenskraft - entkräftet.

Auch in Griechenland wurden Menschenopfer bis etwa 480 v. Chr. abgewertet und verboten. Doch zugleich wurden manche Andersgläubige und Fremde mit Vorwürfen geheimer Menschenopfer-Riten dämonisiert. Poseidonius (135-51 v. Chr.) begründete die Hellenisierungspolitik der Seleukiden mit einem angeblichen jüdischen Brauch des Kindopfers. Apion, Sophist aus Alexandria, behauptete in seinem Geschichtswerk Aegyptiaca, Antiochos IV. Epiphanes habe im Jerusalemer Tempel einen Griechen gefesselt aufgefunden, den die Juden als jährliches Menschenopfer für ihren Gott gemästet hätten.[4] Er verleumdete laut Flavius Josephus (Contra Apionem, 94) um 40 n. Chr. gezielt das Judentum, um jüdischen Widerstand gegen die Vergötterung des Kaisers Caligula zu brechen.

Nach dem Lexikon Suda (ca. 960 n. Chr.) schrieb der sonst unbekannte Damokritos - wahrscheinlich im 1. Jahrhundert v. Chr. - in seiner Abfassung Die Juden[5],

„… dass sie alle sieben Jahre einen Fremden gefangennehmen, wegführen, schlachten und sein Fleisch in kleine Stücke schneiden.“

Falls es diesen Bericht gab, wäre es der erste bekannte Ritualmordvorwurf gegen Juden. Derartige Invektiven waren besonders im 1. Jahrhundert n. Chr. Teil der im hellenistischen Bildungsbürgertum üblichen antiken Judenfeindschaft.

Während der römischen Republik wurden Ritualmorde manchmal politischen Gegnern vorgeworfen. Laut Sallust (De coniuratione Catilinae) besiegelten die Catilinaer ihre Verschwörung mit dem Verzehr von menschlichen Innereien.[6]

Im Zuge der Ausbreitung des Christentums im Römischen Reich nahmen regionale und staatliche Christenverfolgungen zu. Die Gegner der Christen sagten ihnen neben sexuellen Orgien, Inzest und Schadenszauber nach, Neugeborene und Kleinkinder zu entführen, um diese heimlich rituell zu töten und zu verspeisen. So beschrieb der Christ Minucius Felix in seinem Dialog Octavius um 200 die Sicht der Römer:[7]

„Ein Kind, mit Teigmasse bedeckt, um die Arglosen zu täuschen, wird dem Einzuweihenden vorgesetzt. Dieses Kind wird von dem Neuling durch Wunden getötet, die sich dem Auge völlig entziehen; er selbst hält durch die Teighülle getäuscht die Stiche für unschädlich. Das Blut des Kindes - welch ein Greuel! - schlürfen sie gierig, seine Gliedmaßen verteilen sie mit wahrem Wetteifer. Durch dieses Opfer verbrüdern sie sich …“

Solche Vorwürfe sind überwiegend aus der christlichen Apologetik bekannt, z.B. der Apologiae pro Christianis (um 150) von Justin oder dem Apologeticum Tertullians (um 194).[8] Diese antworteten auf gebildete Christentumsgegner wie Celsus, Sueton und Porphyrius[9], die christliche Bräuche wie die Adoption von ausgesetzten römischen Neugeborenen und die Eucharistie missdeuteten. Die nächtlichen Feiern der Christen verstärkten das römische Misstrauen: Man glaubte, sie übten dort geheime okkulte und staatsfeindliche Praktiken.

In diesen Vorwürfen blieben alte Vorstellungen wirksam, die dem Blut und Körperteilen magische Kräfte zuschrieben. Sie zeigten sich später auch im christlichen Reliquienkult und formten die Mythen über angebliche rituelle Tötungen mit.

Patristik

Die Kirchenväter übernahmen vom Judentum das Verbot der Menschenopfer und begründeten es mit dem Neuen Testament: Im Kreuzestod Jesu Christi sei Gottes Versöhnung mit der Welt geschehen (Joh 3,16 EU). Das stellvertretende Selbstopfer des Sohnes Gottes habe alle weiteren Opfer überflüssig gemacht (Heb 9,12 EU; 10,10 EU). Sie unterstellten Juden daher zunächst keine kultischen Menschenopfer.

Aber mit der These von der jüdischen Kollektivschuld am Tod Jesu, der Ersetzung des erwählten Gottesvolks Israel durch die Kirche und weiterwirkenden Selbstverfluchung der Juden (Mt 27,25 EU) schufen sie die theologische Basis, auf die spätere Ritualmordlegenden sich stützten (siehe Substitutionstheologie).

Nach der Konstantinischen Wende beanspruchte die zur Staatsreligion des Römischen Reiches aufgestiegene Kirche auch politisch die Alleingeltung ihres Glaubens. Bald stellte fast nur noch die jüdische Minderheit ihren Absolutheitsanspruch in Frage, lehnte den Glauben an die Messiaswürde und Göttlichkeit Jesu und Heilswirkung seines Todes ab und widerstand allen Bekehrungsversuchen. Juden galten daher neben „Ketzern“ als Hauptfeinde des Christentums und wurden systematisch diskriminiert.

Mit der Kirchenherrschaft wurde der Glaube an die Heilkraft der christlichen Sakramente - im orthodoxen Bereich vor allem der Ikonen, im katholischen der Eucharistie - dogmatisiert. Parallel dazu wuchs die Vorstellung, die Juden wollten und müssten aufgrund ihrer erblichen Verbindung mit Satan oder dem Antichrist die Folter und Kreuzigung Jesu Christi ständig wiederholen. Dies zeigt der Bildfrevel, den Athanasius von Alexandria († 373) den Juden von Berytos (Beirut) zuschrieb (wobei er das biblische Bilderverbot überging): Sie hätten Jesu Marter an einem Christusbild wiederholt. Das Bild habe begonnen zu bluten und Wunder zu wirken; dies habe die Juden zur Taufe bewegt. Diese Legende wurde später weit verbreitet und vielfach abgewandelt: etwa in der Weltchronik des Sigebert von Gembloux († 1112), aber auch im evangelischen Bereich z.B. von Hieronymus Rauscher († 1569). Sie lebt als Wallfahrtslegende in Oberried (Breisgau) bis heute fort.

Der Kirchenhistoriker Socrates Scholasticus (380 - ca. 440) berichtete in seiner Christentumsgeschichte (um 415), betrunkene Juden hätten bei einem ihrer Feste in einem syrischen Dorf einen Christenknaben aufgehängt, um den christlichen Glauben an Jesu heilvollen Kreuzestod zu verspotten. Dieser eher als Unfall beschriebene erste bekannte christliche Ritualmordvorwurf gegen Juden blieb ohne direkte Folgen.

Im Frühmittelalter behauptete Agobard, der Erzbischof von Lyon, im Jahr 829, Juden würden von ihnen entführte Christenkinder an die Araber zur Sklavenarbeit verkaufen. Dieser Vorwurf wurde aber noch nicht mit dem Motiv der Christusfolter und des Ritualmords verknüpft.

Hochmittelalter

Die antijüdische Ursprungslegende

1144 tauchte im englischen Norwich erstmals der Vorwurf auf, Juden hätten zum Pessachfest ein vermisstes christliches Kind – William von Norwich – entführt und gemartert wie Christus am Kreuz. Das Gerücht löste eine Anklage gegen örtliche Juden aus, die abgewiesen wurde und dann von einem Pogrom gefolgt war. Thomas von Monmouth schuf um 1150 eine Legende, die die Anklage nachträglich begründen und wundergläubige Pilger anwerben sollte, um Einkünfte an den Ort der Verehrung zu bringen:[10]

„Seinerzeit kauften die Juden vor Ostern ein Christenkind und taten ihm all die Martern an, die unser Gott erlitten hat; und zu Karfreitag hängten sie es an ein Kreuz wegen unseres Gottes und dann beerdigten sie es. Sie dachten, es würde nicht entdeckt werden, aber unser Gott offenbarte, daß der Knabe ein heiliger Märtyrer sei, und die Mönche nahmen ihn und bestatteten ihn zeremoniell im Kloster, und Dank unseres Gottes tut er großartige und vielfältige Wunder, und er wird St. William genannt.“

Die Legende ritualisierte einen gewöhnlichen Mordvorwurf mit Motiven, die in vielen Ritualmordanklagen der folgenden Jahrhunderte immer wieder auftraten:

  • Bezug auf den jährlichen Ostertermin,
  • Motiv des „unschuldigen Kindes“
  • Entführung oder „Kauf“ des Opfers
  • Nachahmung der Kreuzigung Jesu,
  • Schuldbeweis durch Wunder, die von der Leiche des vermeintlichen Opfers ausgehen.

Der Autor berief sich auf den Konvertiten Theobald von Cambridge, der ihm die innersten Geheimnisse des Judentums verraten habe: Ohne Blutvergießen könnten Juden ihre Heimat nicht wiedergewinnen. Um sich für deren Verlust und ihre Unfreiheit unter Christen zu rächen, würden sie jährlich zur Osterzeit einen Christen entführen, um an ihm auf blasphemische Weise Jesu Kreuzigung nachzuahmen und so alle Christen zu verspotten. Der Ort des Opfers werde jährlich ausgelost.

Diese Verschwörungstheorie verband die rituellen Motive noch stärker mit den Glaubenszentren beider Religionen: Sie basierte auf dem Gedanken der Ablösung der jüdischen Exoduserwartung durch Jesu Passionsgeschichte. Weitere Ritualmordanklagen wurden daher stets zur Karwoche oder nahe dem Pessach erhoben. Sie behaupteten in vielen Ausschmückungen immer die Folterung eines christlichen Knaben, die das Leiden Christi abbildete. Nur der Blutgenuss fehlte hier noch.

Das Rache- und Verschwörungsmotiv verweist auf die vorausgegangenen Pogrome der Kreuzzüge, bei denen Kreuzfahrer viele bis dahin blühende Judengemeinden in Europa und Palästina ausgerottet hatten. Dies wurde mit dem Gottesmord gerechtfertigt, mit dem Juden ewigen Fluch und Vergeltung auf sich gezogen hätten. Bei den Massakern des Jahres 1096 im Rheinland waren sie meist zuerst verschont und vor die Wahl zwischen Taufe und Tod gestellt worden. Fast alle entschieden sich für den Tod und töteten ihre Kinder eigenhändig, um sie nicht den Christen auszuliefern, danach sich selbst. Jüdische Chroniken und Klagelieder verherrlichten dies als „Heiligung des Gottesnamens“ (Qiddusch Haschem) und Nachahmung der Bindung Isaaks (Aqedah).

Auf diese Erfahrung führte der Historiker Israel J. Yuval die christlichen Blutanklagen des 12. Jahrhunderts mit zurück, während Michael Oberweis sie aus spätantiken Ketzeranklagen und Kreuzfahrerberichten herleitete, die Kreuzigungen von Christen durch Muslime erzählten.[11]

Prozesse

Auch bei den folgenden Todesfällen von Knaben wie Richard in Pontoise (1167), Harald in Gloucester (1168), Rodbertus von Bury in Bury St Edmunds sollten Wunder die Schuld der Juden beweisen, um einen Heiligenkult zu gründen. Im französischen Blois kam 1171 erstmals ein Prozess hinzu, der das bloße Gerücht eines Ritualmords ohne corpus delicti stützen sollte. Man bot 34 jüdischen Männern und 17 Frauen Straffreiheit an, falls sie sich taufen ließen. Doch sie weigerten sich, da ein Religionsübertritt das Unrecht an ihnen nach ihrem Glauben nicht ungeschehen machen könne. Ohne Beweis verbrannte man sie auf dem Scheiterhaufen.

Auch weitere französische und spanische Fälle endeten mit Todesurteilen, so 1179 in Paris, 1182 und 1250 (Domingo de Val) in Saragossa. 1191 in Bray wirkte die Auslieferung eines Mörders an die Juden, die diesen beim Purimfest zeremoniell hinrichteten, als Bestätigung der Anklagen: Der König verurteilte 80 Personen der Gemeinde zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Viele töteten sich vorher selbst. Im englischen Winchester dagegen wurde eine Klage gegen Juden wegen der fehlenden Leiche 1192 abgewiesen; 1244 wurden Londoner Juden zwar nicht überführt, aber dennoch zu hohen Geldstrafen verurteilt.

1255 fand man in Lincoln den Knaben Hugh nahe beim Haus eines Juden tot auf. Dieser wurde gefoltert, gestand, man habe ihn für einen Ritualmord beauftragt, wurde daraufhin durch die Londoner Straßen geschleift und zuletzt gehängt. König Heinrich III. griff die Anklage auf und ließ nach einem Schauprozess 97 (andere Quellen: 18) weitere Juden hängen.[12]

Andere Mordanklagen gegen Juden tauchten nach Leichenfunden von christlich getauften Mädchen auf: z.B. in Boppard (1179), Speyer (1195), Pforzheim (1267), Lienz (1442). Sie zeigen, wie sich der Vorwurf aus seinem rituellen Kontext löste und verallgemeinerte.

Folklore und Literatur

Um 1200 erzählte eine Legende in England von einem jungen Klosterschüler, der durch die Judengasse gezogen sei und dabei das Marienlied Alma redemptoris mater gesungen habe. Ein Jude habe ihn aus Wut erschlagen und in seinem Haus verscharrt. Doch seine Leiche habe weitergesungen und den Täter verraten.

Auch Chroniken verbreiteten das Motiv: Matthäus von Paris († 1259) stellte Hughs angebliche Marter in grausamen passionsähnlichen Details dar. Darauf beriefen sich Ankläger in späteren Fällen, so der Stadtprediger von Celle, Sigismund Hosemann, noch 1699 in seinem Pamphlet Das schwer zu bekehrende Juden-Hertz.

Geoffrey Chaucer (ca. 1340-1400) nahm die Legende vom Marienlied in seine Canterbury Tales auf und verknüpfte sie mit dem Motiv des Herodianischen Kindermords (Mt 2,16) und dem Martyrium des Hugh von Lincoln.

Christenblut als „Heilmittel“

1215 dogmatisierte das 4. Laterankonzil die Transsubstantiationslehre: Seitdem konnte sich der Vorwurf des Ritualmords mit dem des Hostienfrevels verbinden. Weil sich Wein und Brot bei der Eucharistie in das reale Blut und den Leib Christi verwandeln sollten, schrieb man der Hostie magische Kräfte zu. Ihr Missbrauch konnte im Aberglauben der Bevölkerung weitreichende Folgen haben.

Mit der Entfaltung der christlichen Blutmystik trat neben die Analogie zum Leiden Jesu immer öfter die Behauptung, Juden bräuchten Christenblut zum Einbacken in ihre Mazzen, für Zauberei oder zur Heilung ihnen angeborener Leiden. Sie seien demnach nicht nur aus Religion, sondern auch von ihrer „Natur“ her genötigt, solche Morde zu begehen. Ihnen wurde also eine analoge Sakramentalisierung ihrer Riten nachgesagt und der eigene Glaube an die Heilswirkung des Blutes unterstellt.

Diese Blutanklage tauchte erstmals 1235 in Fulda auf deutschsprachigem Boden auf. Dort kamen am Heiligabend fünf Kinder bei einem Hausbrand ums Leben. Man beschuldigte örtliche Juden, sie hätten zwei der Opfer ermordet und ihr Blut in Säcke abgefüllt, um es als Heilmittel zu verwenden. Von einer rituellen Tötung reden die Akten nicht; doch erschien die ganze Judengemeinde beteiligt. Zufällig anwesende Kreuzfahrer verbrannten am 28. Dezember 34 ihrer Mitglieder.

Schutzbemühungen

Um ähnliche Pogrome zu verhindern, ließ Kaiser Friedrich II. den Präzedenzfall von Fulda durch eine große Theologenkommission, darunter jüdische Konvertiten aus ganz Europa, untersuchen. Das Ergebnis lautete:[13]

„Weder das Alte noch das Neue Testament sagen aus, dass die Juden nach Menschenblut begierig wären. Im Gegenteil: Sie hüten sich vor der Befleckung durch jegliches Blut. Dies ergibt sich aus den Gesetzen des Moses, die hebräisch Berechet (Tora) heißen, in Übereinstimmung mit den Vorschriften, die hebräisch Talmillot (Talmud) heißen. Es spricht auch eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass diejenigen, denen sogar das Blut erlaubter Tiere verboten ist, keinen Durst nach Menschenblut haben können. Gegen diesen Vorwurf spricht: 1) der Horror dieser Sache; 2) dass es die Natur verbietet; 3) die menschliche Verbindung, die Juden auch den Christen entgegenbringen; 4) dass sie nicht willentlich ihr Leben und Eigentum gefährden würden.
Aus diesen Gründen haben wir im Konsens mit den regierenden Fürsten entschieden, die Juden des Reiches von dem schweren Verbrechen, dessen man sie angeklagt hat, freizusprechen und die übriggebliebenen Juden von allen Verdächtigungen frei zu erklären.“

Diese rationale Begründung verbot weitere Ritualmordanklagen. Doch diese erfolgten weiterhin, verbreiteten sich europaweit und endeten fast alle mit Massenhinrichtungen oder Massakern. 1283 wurden in Mainz zehn Juden durch einen Mob ohne Verfahren ermordet, 1285 in München 180 Juden - fast die ganze Gemeinde dort - gelyncht.[14] 1247 in Valréas gaben die Angeklagten nach grausamer Folter alles zu, was die Ankläger hören wollten: Juden würden weltweit am Karfreitag zur Beschimpfung und Entmachtung Jesu ein Christenkind kreuzigen, sein Blut auffangen und dieses am Karsamstag, ihrem heiligen Sabbat, trinken, um so wie früher durch Opfer im Tempel entsühnt und gerettet zu werden. Auf diesen Fall reagierten die Judengemeinden mit einer Petition an den Papst in Rom. Innozenz IV. (1243-1254) gab daraufhin eine Schutzbulle an alle fränkischen und deutschen Bischöfe heraus, die häufige Gründe der Ritualmordanklagen benannte:[15]

„Wir haben die flehentliche Klage der Juden vernommen, dass manche kirchlichen und weltlichen Würdenträger wie auch sonstige Edelleute und Amtspersonen in Euren Städten und Diözesen gottlose Anklagen gegen die Juden erfänden, um sie aus diesem Anlass auszuplündern und ihr Hab und Gut an sich zu raffen.
Diese Männer scheinen vergessen zu haben, dass es gerade die alten Schriften der Juden sind, die für die christliche Religion Zeugnis ablegen. Während die Heilige Schrift das Gebot aufstellt: Du sollst nicht töten! und ihnen sogar am Passahfest die Berührung von Toten untersagt, erhebt man gegen die Juden die falsche Beschuldigung, dass sie an diesem Feste das Herz eines ermordeten Kindes äßen. Wird irgendwo die Leiche eines von unbekannter Hand getöteten Menschen gefunden, so wirft man sie in böser Absicht den Juden zu.
Es ist dies alles nur ein Vorwand, um sie in grausamster Weise zu verfolgen. Ohne gerichtliche Untersuchung, ohne Überführung der Angeklagten oder deren Geständnis, ja in Missachtung der den Juden vom apostolischen Stuhl gnädig gewährten Privilegien beraubt man sie in gottloser und ungerechter Weise ihres Besitzes, gibt sie den Hungerqualen, der Kerkerhaft und anderen Torturen preis und verdammt sie zu einem schmachvollen Tode …
Solcher Verfolgungen wegen sehen sich die Unglückseligen gezwungen, jene Orte zu verlassen, wo ihre Vorfahren von alters her ansässig waren. Eine restlose Ausrottung befürchtend, rufen sie nun den apostolischen Stuhl um Schutz an …“

Er forderte daher die Adressaten auf, die Christen dazu anzuhalten, den Juden „freundlich und wohlwollend zu begegnen“. Doch er war es auch, der den Talmud und Disputationen mit Juden offiziell verbot, so dass sie ihre Religion den Christen nicht erklären konnten. Zudem erlaubte er der Inquisition, Blutanklagen, die oft von Priestern und Theologen formuliert wurden, mit Foltergeständnissen zu bekräftigen.

Dominikaner wie Thomas von Cantimpré (1201-1271) predigten unangefochten weiter, dass Juden jährlich Christen ermorden und eine Gemeinde alle Juden des Landes mit dem Opferblut versorgen müsse. Die Selbstverfluchung (Mt 27,25) habe einen unheilbaren Blutfluss bei den Juden bewirkt. Sie erhofften sich Heilung durch Vergießen christlichen Blutes, hätten dabei aber missverstanden, dass nur das Blut Christi sie mit der Taufe erlösen könne.

Dass Anklagen bewusst gefälscht wurden, zeigt eine Schutzbulle von Papst Gregor X. (1271-1276): Er beklagte sich 1272 darin, dass Christen Juden nicht nur zu Unrecht der Kindesentführung bezichtigten, sondern sogar bewusst Kinder versteckten und Juden eine Anklage androhten, um von ihnen Geld zu erpressen. Dennoch lebte der Glaube an die Legende fort: Manchmal bot man Juden sogar Kinder zum Kauf an.

Weitere Schutzbullen von Martin V. (1417-1431), Nikolaus V. (1447-1455) und Paul III. (1534-1549) zeigen die Kontinuität der Anklagen. Päpstliche und königliche Verbote blieben weitgehend wirkungslos. So ist in Ritualmordprozessen von 1200 bis 1500 nur ein einziger Freispruch bekannt (1329 in Savoyen).[16]

Kultstiftung

1287 sollte Werner von Oberwesel aus religiösen Motiven von Juden ermordet worden sein. Die Legende entstand im Jahr darauf und löste blutige Verfolgungen der Juden im ganzen Rheinland aus. In Bacharach wurden deswegen 26 Juden ermordet. Heinrich Heine erinnerte in seiner fragmentarischen Erzählung Der Rabbi von Bacherach an dieses Ereignis.[17]

Darstellung des Mordes in der Berner Chronik von Diebold Schilling dem Älteren
Darstellung des Mordes in der Berner Chronik von Diebold Schilling dem Älteren

Um die Leiche des Jungen entstand ein Kult: Man schrieb ihr besondere Leuchtkraft zu und weigerte sich zunächst, sie zu beerdigen. Um 1370 berichtete eine lateinische Chronik, Juden hätten ihn an den Füßen aufgehängt, um eine Hostie, die er gerade verschlucken wollte, zu erlangen. Daraufhin wurde Werner als Märtyrer mit einem Fest jedes Jahr am 19., später am 18. April verehrt. Dieser Kult wurde im Bistum Trier erst 1963 eingestellt.

Am 17. April 1294 wurde Rudolf von Bern ermordet. Als Täter wurden die Berner Juden verantwortlich gemacht. Auch er wurde später als Märtyrer verehrt. Zudem wurde das Stereotyp mittels christlicher Kunst und volkstümlichen Passionsspielen im Volksglauben verankert. Altar- und Deckengemälde in Kirchen zeigen, wie Juden den kreuzförmig ausgestreckten Leib ihres angeblichen Opfers mit Messern oder Lanzen verletzen oder schächten, ihm Blut entziehen, dieses auffangen usw.; oft auch nach einer vorherigen Beschneidung, so auf dem Herrenberger Altar von Jörg Ratgeb (1518).

Frühe Neuzeit

Ketzer und Hexen

Im 15. Jahrhundert kamen auch Ritualmordvorwürfe gegen sogenannte Hexen - Männer wie Frauen - auf. Ihnen wurden Praktiken vorgeworfen, die die kirchliche Inquisition seit dem 13. Jahrhundert Katharern und Waldensern unterstellt und mit der Folter „bestätigt“ hatte: nächtliche orgiastische Zusammenkünfte mit Teufelsanbetungen oder Huldigungsritualen an böse Geister und Kinderopfern. Nachdem bis dahin nur vereinzelte Klagen gegen Zauberer oder Zauberinnen laut geworden waren, wurde nun eine bedrohliche Sekte angenommen, die solche Praktiken wie „Schwarze Magie“ heimlich verbreite und verabredet zur Zerstörung des Christentums ausübe. Motive wie der „Hexensabbat“ (vom Schabbat), die „Synagoge“ (für den Hexentanz) und der Ritualmord stammten aus älteren Vorstellungen vom Judentum.[18]

Die Chronik des Hans Fründ aus Luzern beschrieb um 1431 die Begleitumstände einer Hexenverfolgung im Wallis und zählte dabei erstmals auf, was angeblich an einem Hexensabbat geschehe: Teufelspakt, Luftflug, Herstellung und Verwendung von Hexensalben, orgiastisches Mahl mit geraubten Lebensmitteln, Schadenszauber, ritueller Kindesmord und Kannibalismus.[19] Prozessakten und Chroniken wie die des Heidelberger Hofkaplans Matthias von Kemnat zeigen, wie die angenommenen heimlichen Praktiken von Juden verschwörungstheoretisch auf Ketzer und Hexen übertragen wurden.[20]

Juden

Im selben Zeitraum sind 30 Ritualmordanklagen gegen Juden im deutschen Sprachraum dokumentiert, vier in Spanien und Italien, zwei in Polen und eine in Ungarn. Sie endeten fast alle mit Pogromen und Hinrichtungen der Angeklagten.

1431 wurden nach solchen Anklagen die jüdischen Gemeinden von Ravensburg, Überlingen und Lindau zerstört. 1451 dehnte Papst Nikolaus V. die Inquisition unter Johannes von Capistrano auch gegen Juden aus. Dieser erneuerte die Vorwürfe von Ritualmord und Hostienfrevel gegen sie, die Innozenz IV. 1247 zurückgewiesen hatte. War die Anklage einmal erhoben, dann wurden die Begründungen dafür beliebig ausgetauscht, bis das durch Folter erpresste Geständnis das gewünschte Ergebnis lieferte.

Ein Verhörprotokoll aus Endingen am Kaiserstuhl 1470 spiegelt die verzweifelte Suche des mit dem christlichen Aberglauben wenig vertrauten Juden Merklin nach der „richtigen“ Antwort, die seine Qual beenden würde: Er und seine Angehörigen bräuchten das Christenblut als heilsame Arznei; dann für die Fallsucht eines seiner Söhne; dann als Odor gegen ihren üblen Körpergeruch; dann als Chrisam (Salböl) für die Beschneidung. Das Christenblut sollte für die Ankläger also die Erlösung garantieren, die Juden nach der Patristik seit Jesu Blutopfer verloren hätten. Merklins Familie wurde lebendig verbrannt. Kaiser Friedrich III. konnte die Ausweitung des Verfahrens auf andere Städte verhindern, nach einem zähen Rechtsstreit 1476-1480 die Regensburger Juden retten und damit die kaiserliche Rechtshoheit über die Reichsstädte wahren.

Die Geschichte des Simon von Trient wurde in ganz Deutschland und Oberitalien bekannt und folgenreich: 1475 begann Bernhardin von Feltre als neu ernannter Prior des Franziskanerklosters eine Serie von Hetzpredigten gegen die Juden von Trient, die ihr bisheriges friedliches Zusammenleben mit den Christen beendete. Am Gründonnerstag (23. Mai) gab er öffentlich den Juden die Schuld am Verschwinden eines Knaben und prophezeite, sie würden noch vor dem bevorstehenden Osterfest ihre Bosheit beweisen. Der jüdische Hofbesitzer Samuel fand am Karsamstag im Bach vor seinem Haus Simons Leiche und meldete den Fund den Behörden. Diese nahmen ihn und weitere Vertreter der jüdischen Gemeinde fest. In einem zweijährigen Verfahren nutzte der Tridentiner Bischof Johannes Hinderbach alle verfügbaren Foltergeständnisse von Ritualmorden im Bodenseegebiet für seine eigenen Verhöre. An der Folter starben 14 der Angeklagten, die übrigen gestanden.

Hinderbach gab noch vor Prozessende Druckwerke in Auftrag, die in drastischen Holzschnitten die angebliche Marter Simons illustrierten. Daraufhin beauftragte Papst Sixtus IV. eine Untersuchungskommission mit der Prüfung des Falls. Deren Vorsitzender, ein Freund Feltres, stellte das Unrecht der Foltergeständnisse fest, zugleich aber das Recht zur Festnahme der Juden und Anklage gegen sie. Diese wurde nun ergebnislos fallengelassen. Aber mit „Augenzeugenberichten“ über Simons Leiden und Eingaben erreichte Feltres Orden schließlich, dass der Papst Simon heilig sprach. Die 1493 in Nürnberg gedruckte Chronik Hartmann Schedels, das Liber chronicarum, verbreitete seine Geschichte im ganzen Reich. Ein Standbild in Frankfurt am Main, die Frankfurter Judensau, erinnerte an „der Juden Schelmstück“ im Bund mit dem Teufel.

Nachdem Pilger zum Grab Simons in Trient strömten, erinnerte man sich auch anderswo an unaufgeklärte Todesfälle von Kindern, die sich als Ritualmorde ausgeben ließen, um eine einträgliche Heiligenverehrung in Gang zu bringen: so in Padua (1475), Brescia, Mailand (1476), Motta (1480) und Marostica (1485).

Nur wenige davon, wie die Legende um das Anderl von Rinn, lösten erfolgreich einen Kult aus. Er war am 12. Juli 1462 von Unbekannten ermordet worden. 1475 grub man seine Leiche aus, um einen jüdischen Ritualmord an ihm zu beweisen. Sein Leichnam wurde mumifiziert ausgestellt. Doch erst 1620 stellte der aus Trient stammende Arzt Hippolyt Guarinoni exakt 5812 Wunden daran fest: Nun wurde der angebliche Tatort, der Judenstein bei Rinn, zum bedeutenden Wallfahrtsort in ganz Tirol, Bayern und Kärnten. Jesuiten führten 1621 erstmals ein „Anderl-Spiel“ in Rinn auf, das in Orten der näheren und weiteren Umgebung nachgeahmt wurde und erheblich zum Aufschwung des Tiroler Volksschauspiels beitrug. Papst Benedikt XIV. sprach Anderl mit der Bulle Beatus Andreas 1754 selig und erlaubte eine Eigenmesse und ein Eigenofficium für ihn. Seine Gebeine wurden in der Pfarrkirche ausgestellt, seine angebliche Ermordung wurde in Figuren abgebildet und 200 Jahre lang regelmäßig szenisch aufgeführt.

Abklingen nach der Reformation

Seit der Reformation trat der antijudaistische Ritualmordvorwurf in der kirchlichen Theologie Mitteleuropas zurück und konnte vor Gericht kaum noch durchgesetzt werden. Immer öfter stellten sich Klagen als unwahr und betrügerisch heraus: so 1504 in Frankfurt am Main, 1529 in Pösing und 1540 in Sappenfeld. Dort angeklagte Juden zitierten vor Gericht die anonyme Schrift des Nürnberger Reformators Andreas Osiander, die den Vorwurf exegetisch und logisch widerlegte: Ob es war und glaublich sey / daß die Juden der Christen Kinder heymlich erwürgen / vnd jr blut gebrauchen.

Die wütende Gegenschrift von Johannes Eck 1541 führte nochmals alle überlieferten angeblichen Beweise über den religiösen Blutdurst der Juden vor, fand aber kaum noch gelehrte Unterstützer. Auch katholische Theologen beriefen sich nun auf die Verwerfung der Ritualmordanklagen durch Papst Innozenz IV. Die Sappenfelder Juden wurden freigesprochen.

1563 wurde letztmals eine Ritualmordanklage vor dem Reichskammergericht verhandelt. Dort war von einem Bedarf der Juden an Christenblut keine Rede mehr, der Angeklagte wurde freigelassen.

Neuzeit

Polen und Litauen

Seitdem die meisten deutschsprachigen Städte die Juden bis etwa 1700 vertrieben hatten, kam es dort nur noch selten zu neuen Ritualmordanklagen; dafür umso mehr in Osteuropa, wohin viele vertriebene Juden geflohen waren.

Besonders in Polen wurden die neuzugezogenen Juden anfangs begrüßt und tolerant behandelt. Doch 1407 kam es erstmals in Krakau zu einem Ritualmordvorwurf, begleitet von einem Pogrom. In der Lubliner Union haben Historiker von 1500 bis 1800 mindestens 89 Ritualmordanklagen und -prozesse ermittelt; man schätzt 200 bis 300 Hinrichtungen als ihre Folge.

Russland

In Russland nutzten einige Zaren Ritualmordlegenden gezielt zur Diskriminierung der Juden und des Liberalismus; sie waren dort also Ausdruck eines gesamtpolitischen Antisemitismus. Der erste dortige Ritualmordprozess 1799 in Senno endete für vier angeklagte Juden mit Freispruch aus Mangel an Beweisen. Danach forderte Zar Paul I. einen offiziellen Bericht über Weißrusslands Juden an. Der als Autor beauftragte spätere Justizminister Gawriil Romanowitsch Derschawin hielt Ritualmorde für das Fantasieprodukt unwissender Fanatiker, schloss aber nicht aus, sie könnten früher tatsächlich verübt worden sein. Es gebe in den Judengemeinden noch lebende Täter. Daher seien solche Anklagen Ernst zu nehmen und zu verfolgen.

Nach einem weiteren Fall 1816 in Hrodna verbot Zar Alexander I. mit einem Ukas am 6. März 1817, Juden künftig ohne hinreichende Indizien und nur wegen der abergläubischen Ritualmordlegende anzuklagen. Zugleich aber ließ er die Prüfung von Freisprüchen zu, so im Fall von Welisch 1823. Der mit der Untersuchung beauftragte Generalgouverneur Tschowanski - ein bekannter Judenfeind - bezichtigte 1824 in seinem Bericht die ganze jüdische Gemeinde von Welisch als Auftraggeber des Mordes. Darauf ließ der neue Zar Nikolaus I. alle jüdischen Schulen und Synagogen der Stadt schließen. Tschowanski versuchte nun, auch bei weiteren ungeklärten Mordfällen eine Verstrickung von Juden „nachzuweisen“ und dazu den Fall in Grodno wieder aufzurollen.

Doch 1835 sprach der Staatsrat die seit 1825 inhaftierten Juden von Welisch in letzter Instanz frei, verurteilte drei Belastungszeugen wegen Meineid und verbannte sie nach Sibirien. Der Zar akzeptierte das Urteil, bestätigte aber nicht den Ukas seines Vorgängers von 1817, da er an jüdische Sekten glaubte, die christliches Blut für ihre Riten benötigten. Aus Anlass des Falls von Saratow 1853 beauftragte er eine Sonderkommission, die angeblichen „Dogmen des religiösen Fanatismus der Juden“ zu untersuchen. Obwohl diese bis 1856 keine Beweise fand und den Fall einzustellen riet, verurteilte der Staatsrat die Beschuldigten zu lebenslanger Haft im Arbeitslager. Der als Reformzar geltende Alexander II. bestätigte das Urteil 1860 und lehnte Begnadigungsgesuche ab. Zwei der Verurteilten begingen in Haft Suizid, der dritte wurde 1867 begnadigt. Auch nach einer Justizreform wurden z.B. die Anklage 1879 in Kutaissi (Georgien) zugelassen, die mit Freispruch für zehn Juden endete.

Unter Alexander III. fanden trotz wachsender antisemitischer Stimmung keine Ritualmordprozesse statt; erst wieder 1900 in Vilnius unter Nikolaus II. (1902 Freispruch nach Revision). 1903 in Kischinjow brachten orthodoxe Priester und die vom Geheimdienst Ochrana mitfinanzierte Tageszeitung Bessarabetz nach einem bereits aufgeklärten Mordfall Ritualmordgerüchte auf, die zu einem schweren Pogrom führten. Unter dem Ruf „Tötet die Juden“ wurden vom 6. bis 9. Februar 45-49 jüdische Bewohner der Stadt - darunter Frauen, Alte, Säuglinge - ermordet, 400-500 verletzt und über 700 ihrer Wohnungen und Geschäfte geplündert und zerstört. Die Polizei griff nicht ein. Auf internationale Proteste und eine Petition des US-amerikanischen Senats antwortete der Zar nicht. Dies gab dem Zionismus Auftrieb; zehntausende Juden verließen wie schon nach den staatlich geduldeten Judenpogromen von 1880 Russland.

1910 gelang einer jüdischen Familie in Smolensk, mit einer Verleumdungsklage nach einer gefälschten Anklage die Verurteilung der Hauptbelastungszeugin und eines örtlichen Geistlichen zu erreichen, der das Gerücht als Redakteur der reaktionären Zeitung Russkoje Snamja („Russisches Banner“) und Vorsitzender des Sojus russkowo naroda („Bund des russischen Volkes“) geschürt hatte. 1911 wurde die Jüdin Chana Spektor in Taraschtscha noch im selben Monat nach einer Anklage freigesprochen. Nach Protesten bestätigte der Senat den Freispruch 1912.

Der Prozess gegen Mendel Beilis in Kiew 1911 war die letzte international beachtete russische Ritualmordanklage. Sie wurde vom zaristischen Innenministerium selbst konstruiert, um parlamentarische Forderungen nach Aufhebung der seit Jahrzehnten gültigen antijüdischen Knebelgesetze zurückweisen zu können. Trotz fingierter Beweise sprach eine Jury den Angeklagten nach zweijähriger Haft 1913 einstimmig frei; er musste aber emigrieren. Die Haltung der Staatsbehörden fand vielfache Kritik im Ausland und rückte den russischen Antisemitismus ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit. Sie trug auch zur Verständigung von konservativen und revolutionären russischen Oppositionellen in der „Judenfrage“ bei.[21]

Osmanisches Reich

Das vom Islam geprägte Osmanische Reich pflegte religiöse Toleranz gegen die Minderheiten der Christen und Juden. Im 15. Jahrhundert nahm es die aus Spanien vertriebenen Juden auf. Seitdem traten auch hier Blutanklagen gegen Juden auf. Sie gingen alle von orthodoxen Christen - Griechen und Armeniern - aus, die die Juden als wirtschaftlich privilegierte Konkurrenten sahen. Sie waren bis 1800 aber sehr selten und wurden allesamt mit Dekreten von der Regierung zurückgewiesen.

Ab 1830 und nochmals ab 1860 nahmen solche Anklagen jedoch sprunghaft zu: Bis 1900 sind 80 Fälle verzeichnet, ein Großteil davon in türkischen Hafenstädten des Mittelmeers. Dies hing mit verschärften Spannungen zwischen christlichen Griechen und muslimischen Türken und dem wachsenden Druck der europäischen Kolonialmächte zusammen. Judenfeindliche Agitatoren versuchten, die Ritualmordlegende nach dem Vorbild christlicher Gruppen für politische Ziele zu nutzen und Unruhe in der Bevölkerung zu schüren. Sie fanden unter Muslimen zunächst wenig Glauben.

Ein Pamphlet von 1803 - Die Widerlegung des Judaismus und seiner Gebräuche - wurde jedoch in zahlreiche Sprachen übersetzt und vor allem auf dem Balkan und Kleinasien verbreitet. Autor war der griechische Mönch Noah Belfer, der sich als bekehrter Jude ausgab (Neophytos, „der Wiedergeborene“) und unter dem Pseudonym E.G. Jab behauptete, sein Vater habe ihn als 13-Jährigen in das Einbacken von Christenblut in die Passahmazzen eingeweiht und ihm den Eid abverlangt, dieses Geheimnis nur einem von zehn seiner zukünftigen Kinder weiterzugeben. Es sei nur den Rabbinern bekannt.

Internationale Wirkung hatte die ebenfalls von christlichen Mönchen initiierte Damaskusaffäre 1840, die antijüdische Ausschreitungen in einigen Städten des Osmanischen Reichs auslöste. Der Vatikan unterstützte die dortige, mit Folter von acht hochgestellten Juden, Kindesentführung, Erpressung und Bestechung gestützte Ritualmordanklage, der weitere Anklagen im arabischen wie europäischen Raum folgten. Die Affäre mobilisierte die westeuropäische und nordamerikanische Öffentlichkeit gegen solche Blutanklagen auch im Nahen Osten und gilt daher als erstes Zeichen einer globalisierten Mediengesellschaft.

1870 mussten jüdische Kaufleute in Konstantinopel zur Passahzeit ihre Handelssäcke öffnen, da man den Transport von Kinderleichen darin vermutete. 1872 folgte ein Pogrom in Smyrna; in Marmara wurde eine jüdische Synagoge niedergebrannt. 1874 konnte die türkische Polizei ein weiteres Pogrom in Konstantinopel verhindern.[22]

Österreich-Ungarn

Die verschärfte Lage der Juden in Osteuropa führte ab etwa 1800 zu Rückwanderungsbewegungen. Diesen folgten in den Zuzugsländern wie Österreich-Ungarn wiederum neue Ritualmordanklagen, u.a. in Tisza-Eszlar 1882, Polná 1899[23]. Diese standen nun auch hier bereits im Kontext des modernen Antisemitismus.[24]

Deutschland

Kultüberlieferung

In Mitteleuropa überdauerten Ritualmordlegenden gegen Juden die Aufklärung und Französische Revolution. Sie lebten in ländlichen Gebieten mündlich fort und wurden auch durch schriftliche und bildliche Überlieferung, vor allem Heiligenverehrung, gestützt und wachgehalten. Im Zusammenhang mit der abgelehnten Judenemanzipation erhielten sie im 19. Jahrhundert ungeahnten neuen Auftrieb. Hinzu kamen neue Legenden, z. B. gegen Freimaurer, die häufig als Werkzeug oder Verbündete der Juden dargestellt wurden.

Auch nach Beendung der Wallfahrten zum Sarg des Werner von Oberwesel 1545 zeigten Deckengemälde der Dorfkirche bis 1834 sein angebliches Martyrium. In der Spitalkirche von Oberwesel wurden ein Reliefbild und Altartafeln regelmäßig restauriert und erst 1968 entfernt. Das Bistum Trier nahm Werner 1761 in den örtlichen Heiligenkalender auf und beging seinen angeblichen Todestag bis 1963 jedes Jahr mit einer Prozession. Womrath, sein angeblicher Geburtsort, widmete ihm noch 1911 eine neue Kapelle mit Kultgemälden und feierte ein jährliches „Wernerfest“ mit eigens komponierten Liedern. Im Kölner Dom war er zusammen mit einem Judensaumotiv in das Chorgestühl eingeschnitzt.

Bei Johanneken von Troisdorf gelang der Versuch einer Kultstiftung weniger nachhaltig.

Verfolgungswellen

Vielerorts bedrohte schon das bloße Gerücht eines Ritualmords die dorfansässigen Juden, z.B. in Ilsenburg (1599), Feuchtwangen (1656), Gerabronn (1687), Gunzenhausen (1715), Reckendorf (1746), Markt Erlbach (1758), Muggendorf, Pretzfeld (1785), Küps (1797), Uhlstädt-Kirchhasel (1803), Höchberg bei Würzburg (1830), Thalmässing und im Ries bei Nördlingen (1845).[25]

Im katholischen Rheinland führten dutzende Ritualmordanklagen wiederholt zu schweren Ausschreitungen gegen Juden: so 1819 in Dormagen, obwohl das ermordete Mädchen dort nachweislich Opfer einer Sexualstraftat war. Trotzdem wurden auch in Neuss, Grevenbroich, Hülchrath, Emmerich, Binningen (Eifel) und Rheinbrohl Synagogen, Friedhöfe und Häuser von Juden angegriffen und teilweise zerstört; Plünderungen blieben aus. In den Vormonaten hatten in größeren Städten anderer Regionen die stärker ökonomisch motivierten Hep-Hep-Unruhen stattgefunden.

In Neuenhoven, Bedburdyck, Stessen (heute Ortsteile von Jüchen) kam es 1834 nach einem Sexualverbrechen an einem Jungen (15. Juli) wiederum wochenlang zu schweren Exzessen gegen Juden, denen diesmal auch Plünderungen und Mordversuche u.a. in Grevenbroich, Neuss, Düsseldorf, Rommerskirchen, Güsten, Aachen und Xanten folgten. Preußisches Militär musste die Krawalle beenden, da örtliche Gendarmerie vielfach nicht eingriff.

1835 wurde in Willich bei Krefeld nach dem Fund einer Kinderleiche sofort das Ritualmordgerücht gegen Juden laut. Ein Handwerkslehrling, der sich als Augenzeuge ausgab und damit einen jüdischen Kaufmann vor Ort zu erpressen suchte, wurde als der Mörder überführt. 1836 in Düsseldorf erhielten Lokalzeitungen ein Ritualmordgerücht noch ein Jahr nach dem Fund einer Kinderleiche aufrecht. 1840 inhaftierte man in Jülich ein altes jüdisches Ehepaar eine Woche lang wegen eines angeblichen Mordversuchs an einem neunjährigen Mädchen. Nachdem sich herausstellte, dass Angehörige das Ehepaar zu der belastenden Aussage angestiftet hatten, verebbten die anfangs groß aufgemachten Berichte darüber. Dieser Fall war auch ein Echo der international beachteten Damaskusaffäre.

1862 entstand während der Karwoche in Köln eine Hysterie in der Bevölkerung. Ein Mann, der sein eigenes Kind an der Hand führte, wurde von einer Menschenmenge als vermeintlicher jüdischer Kindesentführer bedroht und konnte sich nur mit Mühe als der Vater ausweisen. Andere als Kindesmörder verdächtigte Personen wurden schwer misshandelt. Einen katholischen Passanten, dem Kinder „Blutjude“ nachgerufen hatten, prügelten herbeieilende Erwachsene fast tot.

Propaganda

Ab etwa 1870 zeigten sich bei deutschen Nationalisten Tendenzen, pseudowissenschaftliche statt religiöse Erklärungen für „jüdische Ritualmorde" zu konstruieren. Nun leiteten rassistische Antisemiten den angeblichen jüdischen „Blutdurst“ aus Rasse-Eigenschaften her und stützten sich dabei auf vorherige kirchliche Erklärungen. Papst Pius IX. sah die Kirche von der „Synagoge des Satans“ bedroht, erhob Simon von Trient 1867 zum Märtyrer und Heiligen und pries 1869 das antisemitische Pamphlet Der Jude, das Judentum und die Verjudung der christlichen Völker, das die Juden der Neigung zum Ritualmord bezichtigte. Er verlieh dessen Autor Henri Roger Gougenot des Mousseaux einen hohen kirchlichen Orden. Auch Bischof Konrad Martin von Paderborn gab Schriften heraus, die behaupteten, Juden bräuchten das Blut christlicher Kinder für ihre Religionsausübung. Der Antisemit Max Liebermann von Sonnenberg brachte solche christlichen Ritualmordbeschuldigungen als kostenlose Broschüren in Massenauflage in Umlauf. Der nationalsozialistische Ideologe Alfred Rosenberg übersetzte das Pamphlet von Mousseaux später ins Deutsche.[26]

1881 begann das 1850 von Jesuiten gegründete, unter Leo XIII. herausgegebene einflussreiche katholische Journal La Civilta Cattolica eine jahrelange antijüdische Artikelserie. Die Autoren behaupteten, dass die Juden, dieses fremde Volk, wenn es zu viel Freiheit erhält, sofort zum Verfolger, Unterdrücker, Tyrannen, Dieb und Zerstörer der Länder würden, in denen sie lebten. Auch jüdische Ritualmorde versuchte man zu beweisen: Jedoch sei nicht das Pessach, sondern das Purimfest der Anlass dafür. Listen zählten Hunderte angebliche Blutmordfälle auf; aktuelle Prozesse in Russland und Österreich wurden ausgeschlachtet. Man empfahl den europäischen Regierungen, Sondergesetze für eine Rasse einzuführen, die in so außergewöhnlicher Weise durch und durch verdorben ist. Auch der Vatikan wiederholte die Verschwörungstheorie einer jüdischen Weltbeherrschung über vermeintliche Geheimsekten wie die Freimaurer öfter (bis 1930).[27]

Auch der Schriftsteller Max Bewer behauptete in den 1890er Jahren, die Juden benötigten Christenblut zur Durchführung einer homöopathischen Therapie zwecks Reinhaltung ihrer Rasse.

Die Affären Buschhoff und Winter

1891 kam es am Niederrhein nach dem Fund einer Kinderleiche am 29. Juni in Xanten zur „Affäre Buschhoff“: Adolf Buschhoff, der Metzger und ehemalige Schächter der kleinen jüdischen Gemeinde, wurde eines Ritualmords verdächtigt. Zeugen behaupteten, sie hätten das Kind kurz vor der Tatzeit des Mordes vor seinem Haus spielen und dann hinein gehen sehen. Nach Ausschreitungen gegen Wohnungen und Läden ortsansässiger Juden, einer antisemitischen Pressekampagne und einem fingierten Polizeibericht, der die Zeugenaussagen stützte, wurde Buschhoff im April 1892 wegen Mordes angeklagt. 160 Zeugen wurden verhört, deren Vorwürfe seit den ersten Vernehmungen erheblich präziser und schärfer geworden waren. Doch Buschhoff konnte ein lückenloses Alibi vorweisen und wurde am 14. Juli freigesprochen. Am Vortag hatte man sein Haus in Xanten zerstört; seine berufliche Existenz war vernichtet und er konnte nicht mehr dorthin zurückkehren.

Während des Prozesses und danach kam es in den Kreisen Neuss und Grevenbroich wie 1819 und 1834 zu schweren judenfeindlichen Ausschreitungen. Dort wurden jüdische Friedhöfe verwüstet, Fensterscheiben eingeworfen, Bäume umgehauen, Gärten zerstört, von Juden bewohnte Häuser angezündet und versucht, die Synagoge von Grevenbroich zu sprengen. Ein Viertel der jüdischen Einwohner von Neuss verließ damals den Ort und zog in andere Gegenden. Die übrigen waren gesellschaftlich geächtet und verarmten in den Folgejahren. Bei der Reichstagswahl 1893 erzielte der liberal-katholische Stadtrat Clemens von Schorlemer-Lieser gegen den umgebenden Trend mit antisemitischer Hetze und Unterstützung der ansonsten im Rheinland abgelehnten preußisch-protestantischen Christlich-Sozialen Partei Adolf Stoeckers enorme Stimmengewinne.

Zudem folgten der überall publizierten Affäre im ganzen folgenden Jahrzehnt viele weitere Ritualmordbeschuldigungen, auch in weit entfernten und überwiegend protestantischen Regionen: so 1893 in Kempen und Posen, 1894 in Berent, Burgkunstadt, Rotthausen, Ulm, 1895 in Berlin, Köln, Mienken, 1896 in Berlin, Seckenburg, Zerkow, 1898 in Bromberg, Chorzow, Issum, Langendorf, Schoppinitz, Skaisgirren, 1899 in Braunschweig, Breslau, Versmold, 1900 in Königshütte, Meseritz, Myslowitz, Übermatzhofen, Pudewitz, Rogasen, 1901 in Großschönau, Kleve, Oderberg, Rittel, Rosenberg, Schneidemühl, Strehlen, Uetersen, 1902 in Marienburg und Schlochau.

Diese Fälle fanden meist nur lokale Beachtung. Doch zugleich wurden die von 1890 bis 1917 besonders häufigen Ritualmordbeschuldigungen im zaristischen Russland und in der Habsburger K.u.K.-Monarchie stets von der deutschen Presse aufgegriffen und öffentlich stark beachtet.

Der Mord an Ernst Winter am 11. März 1900 in Konitz (Westpreußen) fand erst durch gezielte Pressepropaganda besondere Aufmerksamkeit. Ein Berliner Zeitungsverleger, Wilhelm Bruhn, schürte das sofort aufgekommene Ritualmordgerücht gezielt mit einem Untersuchungsausschuss, dem viele angesehene Stadtbürger angehörten. Er verfolgte in Konkurrenz zur Polizei Spuren, die auf jüdische Täter verweisen sollten, und gab den jüdischen Metzger Adoph Lewy als Tatverdächtigen aus. Die Presse griff jedes belanglose Detail und nachgewiesen unwahre Zeugenaussagen auf und strickte daraus Szenarien des Tathergangs. Eine Ansichtskartenserie zeigte die Leichenteile, ihre Fundorte, den Beschuldigten, den später des Meineids überführten Hauptbelastungszeugen beim Beobachten der Tat, deren Ausführung als rituelles Schächten im Keller des Metzgers, die dabei Anwesenden, darunter den stadtbekannten Metzgersohn, mit Bärten, Zylindern und Gebetsriemen. Darunter standen Parolen wie „Hütet eure Kinder!“, „Den Mördern zur Warnung, den Christen zur Wahrung ihrer teuersten Güter“, „blutgierige Sekte unter den Hebräern“. Die Bildmotive wurden während der laufenden polizeilichen Suche nach dem Täter in Umlauf gebracht, ihr Verkauf sollte den Bau eines Grabmals für das Mordopfer finanzieren.

Neben antisemitischen Zeitungen machten sich auch katholische und evangelisch-lutherische Presseorgane die Anklage zu eigen. Der über Monate anhaltenden Hetzpropaganda folgte am 10. Juni 1900 (einem Sonntag) ein Massenauflauf auf dem Konitzer Markt. Die Menge ließ sich weder vom Bürgermeister noch der Gendarmerie abhalten, das Haus Lewys und die örtliche Synagoge völlig zu zerstören. Auch in den Nachbarorten Prechlau und Kamin wurden Juden angegriffen. Da die Behörden sie nicht schützten, flohen viele aus der Gegend und ließen ihren Besitz zurück; Gemeinden trafen sich nur noch heimlich in ihren Häusern zu Privatgottesdiensten. Die antijüdische Stimmung hielt in der Gegend jahrelang an: 1903 wurde ein älterer Jude in Stegers bei Schlochau erschlagen, nachdem er in einer Gastwirtschaft jede jüdische Beteiligung am Mord an Ernst Winter bestritten hatte.

Akademischer Diskurs

Seit der Aufklärung waren Ritualmordlegenden unter Gebildeten unglaubwürdig geworden. Doch seit 1800 versuchten frühe Antisemiten, sie wiederzubeleben und pseudowissenschaftlich zu untermauern. 1840 entfaltete sich in London wegen der Damaskusaffäre eine rege öffentliche Debatte darum.[28] Man entdeckte frühere Zurückweisungen der Legende wieder, z.B. Vindiciae Judaerum (1656) des niederländischen Rabbiners Manasseh ben Israel (1604-1657). Seinen öffentlichen heiligen Eid, Juden seien schuldlos solcher Verbrechen, hatten spätere bekannte Rabbiner und Sprecher des Judentums wie Jacob Emden (1697-1776), Jonathan Eybeschütz (1690-1764), Solomon Hirschell (1762-1842) und David Meldola (1714-1818) oft wiederholt.

Auch zum Christentum übergetretene Juden traten gegen die Ritualmordlegende ein. Alexander McCaul gab 1840 die Schrift Reasons for Believing that the Charge Lately Revived Against the Jewish People Is a Baseless Falsehood heraus und initiierte einen öffentlichen Protestbrief, den 58 Konvertiten unterzeichneten: an erster Stelle Michael Salomo Alexander (1799-1845), erster Bischof für die Anglikanische Kirche in Jerusalem. Darin hieß es:[29]

„Wir, die Unterzeichner, nach Herkunft Juden, […], aber nun, von Gottes Gnade, Mitglieder der Kirche Christi, erklären feierlich, dass wir niemals direkt oder indirekt unter Juden davon gehört haben, noch weniger wissen, vom Brauch, Christen zu ermorden oder christliches Blut zu benutzen. Wir glauben, dieser Vorwurf, der früher so oft gegen sie vorgebracht und erst kürzlich wiederbelebt wurde, ist eine regelwidrige und satanische Lüge.“

In Berlin veröffentlichte der Konvertit Joachim Heinrich Biesenthal (1800-1886) unter dem Pseudonym Karl Ignaz Corvé das Buch Ueber den Ursprung der Wider die Juden Erhobenen Beschuldigung.[30]

1871 versuchte der katholische Alttestamentler August Rohling (1839-1931) mit dem einflussreichen, in viele Sprachen übersetzten Buch Der Talmudjude zu beweisen, dass die jüdische Religion ihren Anhängern gebiete, Christen zu schaden und zu töten, wo sie nur könnten: auch durch Blutopfer. Dabei griff er auf die 1751 erschienene antijudaistische Schrift Entdecktes Judenthum von Johann Andreas Eisenmenger (1654-1704) zurück. Im selben Jahr veröffentlichte der Rabbiner Isaak Kroner die kaum beachtete Gegenschrift Entstelltes, Unwahres und Erfundenes in dem Talmudjuden Professor Dr. August Rohling's.[31]

Rohling trat in den Folgejahren bei vielen Ritualmordprozessen als Gutachter auf, so 1883 in Tisza-Eszlár nach einem schweren Pogrom. Der protestantische Konvertit und Alttestamentler Franz Delitzsch wies detailliert nach, dass Rohling nur mit entstellten und gefälschten Talmudzitaten argumentierte (Rohling's Talmudjude Beleuchtet, Leipzig 1881). Er brachte sein Gegengutachten als Buch heraus (Schachmatt den Blutlügnern Rohling und Justus, Erlangen 1883).

Nachdem Rabbiner Joseph Samuel Bloch (1850-1923) Rohling in Wien bewusste Fälschung und Meineid vorgeworfen hatte, zeigte dieser ihn wegen Verleumdung an. Nachdem das Gericht Delitzsch als Gegengutachter zuließ, zog Rohling seine Klage zurück und verlor danach seine akademische Lehrerlaubnis. Seine Schriften wurden dennoch in hohen Auflagenzahlen weiter verbreitet, u.a. durch den katholischen Bonifatius-Verein.[32]

Gegen die seit 1880 verstärkte antisemitische Propaganda engagierte sich auch der evangelische Theologe und Judaist Hermann Leberecht Strack (1848-1922). Er schrieb u.a. Der Blutaberglaube bei Christen und Juden, München 1891, das 1924 als Teil des erweiterten Buchs Der Blutaberglaube in der Menschheit, Blutmorde und Blutritus. Zugleich eine Antwort auf die Herausforderung des `Osservatore Cattolico' neu aufgelegt wurde. 1900 war in München von ihm bereits Das Blut im Glauben und Aberglauben der Menschheit. Mit besonderer Berücksichtigung der `Volksmedizin' und des `jüdischen Blutritus' erschienen.

Zeit des Nationalsozialismus

Schon vor 1933 belebten die Nationalsozialisten die Ritualmordlegende wieder. Das antisemitische Hetzblatt „Der Stürmer“, herausgegeben von Julius Streicher, nutzte sie fortwährend für seine Karikaturen, um Juden als besonders abstoßende, heimtückische „Blutsauger“ darzustellen. Es griff dabei auf antijudaistische Hetzschriften wie die von Eisenmenger und Rohling zurück. Artikel über verschwundene oder tot aufgefundene Kinder wurden stets mit Hinweisen auf das „jüdische Blutritual“ verknüpft. Bereits im Juli 1926 erschien aus Anlass eines Doppelmordes in Breslau ein Heft, das sich ausschließlich mit angeblichen Ritualmordfällen befasste.

Am 17. März 1929 fand man bei Manau den Jungen Karl Kessler tot auf: In der folgenden Nummer des Stürmer schrieb der Zahnarzt Otto Hellmuth als Sonderberichterstatter einen Leitartikel, der behauptete:[33]

„Die Sektion der Leiche ergab, daß der Körper völlig ausgeblutet war. … Damit ist der Beweis einwandfrei geliefert, daß es sich hier nur um einen jüdischen Blutmord handeln kann.“

Der Untersuchungsrichter widersprach öffentlich jedem Detail des frei erfundenen Textes. Doch Hellmuth hielt im ganzen Landkreis gut besuchte Vorträge zum Thema „Blutmord in Manau - Jüdische Moral und Blutmysterien“. Daraufhin wurden zahlreiche Juden der Umgebung festgenommen und mussten ein Alibi nachweisen. Am Fundort der Leiche wurde eine Tafel, später ein Gedenkstein mit der Aufschrift „Karl Kessler - Opfer eines Ritualmordes“ aufgestellt. Dort hielten örtliche NS-Aktivisten nun jährlich Gedenkfeiern ab. Hellmuth stieg zum Gauleiter von Mainfranken auf und betrieb 1934 und 1937 die „Aufklärung“ des Falls, um seine Verdienste für das Gau aus der Zeit vor der Machtergreifung hervorzuheben. Nach einer großen „Gedenkfeier“ am 19. März 1937 verhaftete die Gestapo neun Juden in Würzburg und Erlangen, die gestreute Gerüchte mit dem Tod des Jungen verbanden. Obwohl alle Beschuldigten ein hieb- und stichfestes Alibi vorweisen konnten, wurden sie bis November 1937 inhaftiert.

Ein seltenes Beispiel für wissenschaftliche Zivilcourage während der NS-Herrschaft waren die Artikel des Breslauer Volkskundlers Will-Erich Peuckert zu den Stichworten „Freimaurer“, „Jude“ und „Ritualmord“ im Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens. Sie negierten kenntnisreich u.a. die antisemitische Ritualmordlegende und Verschwörungsthese einer Beziehung zwischen Juden und Freimaurern. Eine Denunziation des NS-Volkskundlers Walther Steller führte 1935 zu einem Gestapoverhör Peuckerts und Entzug seiner akademischen Lehrbefugnis wegen „politischer Unzuverlässigkeit“.[34]

Im Mai 1939 gab der „Stürmer“ eine Sondernummer zum Thema Ritualmord heraus, die wie die Chroniken des Mittelalters „historische Zeugnisse“ vorführte. Ein Aufruf an die Leser, der Redaktion Materialien über ähnliche frühere oder aktuelle Fälle zuzusenden, erzielte jedoch nicht das gewünschte Echo. Neue spektakuläre Anklagen blieben aus, so dass nur die Neuauflage altbekannter Legenden blieb. Umso mehr intensivierte der Stürmer seine Hetzpropaganda mit Kriegsbeginn: Der Krieg wurde als letzter Ritualmord des „Weltjudentums“ und „Geheimplan zur Völkervernichtung“ dargestellt.

Ein typisches Hetzpamphlet aus dem Umfeld der faschistischen Sekte Bund für Deutsche Gotterkenntnis von Erich und Mathilde Ludendorff war die Schrift von Wilhelm Matthießen: Israels Ritualmord an den Völkern (München 1939). Sie versuchte einen angeblichen religiösen Zwang des Judentums zum Blutopfer aus der Bibel herzuleiten und mit der Verschwörungstheorie einer jüdischen Weltkriegsabsicht zu verbinden.

Während des Krieges betonten NS-Pamphlete immer wieder den Zusammenhang, den Adolf Hitler in seiner Januarrede 1939 konstruiert hatte, z.B. im Jahr 1942:[35]

„… Ritualmorde zu begehen, blieb dem von Natur aus niedrigen, verbrecherischen Instinkt der Juden vorbehalten - Morde, um ihrer Blutgier zu frönen, Morde, um ihren unstillbaren Haß gegen die Gojim zu befriedigen, Morde, um das Gesetz des Glaubens zu befolgen. Was muß das für ein Gott sein, der solche blutigen Opfer von seinen Anhängern verlangt? ... Noch glaubt der Jude, einen letzten Trumpf in der Hand zu haben, da es ihm gelang, den jüdischen Bolschewismus im Verein mit dem nicht minder jüdischen Kapitalismus der Engländer und Amerikaner seinen Interessen dienstbar zu machen. Aber ... der von den Juden entfesselte Krieg wird mit der radikalen Vernichtung des Judentums enden... Ein dunkles Kapitel menschlicher Geschichte, unverständlicher Dummheit und Verblendung geht damit zu Ende, und eine bessere judenfreie Zeit bricht an.“

Zu diesem Zeitpunkt war der Holocaust in vollem Gang. Die Ritualmordlegende war aufgrund ihrer historischen Konstanz, Volkstümlichkeit und Verankerung im kollektiven Unbewussten hervorragend zu seiner Rechtfertigung geeignet. Hellmut Schramm gab 1943 eine 475 Seiten starke „historische Untersuchung“ im Theodor Fritsch-Verlag (Berlin) dazu heraus, die sich als Summe aller vorangegangenen Hetzschriften präsentierte und sich dabei ausdrücklich auch auf vatikanische Erklärungen berief: Der jüdische Ritualmord. Heinrich Himmler befahl nach der Lektüre dem Chef des Reichssicherheitshauptamts, Ernst Kaltenbrunner, in den von Deutschland besetzten Gebieten Nachforschungen über Ritualmorde anzustellen. Er wollte diese als Radiopropaganda benutzen. Zugleich bestellte er eine Auflage des Buchs und ließ es an die mit Massenerschießungen beauftragten Untergebenen versenden:[36]

„Ich übersende Ihnen mehrere 100 Stück, damit Sie diese an Ihre Einsatzkommandos, vor allem aber an die Männer, die mit der Judenfrage zu tun haben, verteilen können.“

Hitler verlangte analog zu dem Film Der ewige Jude in den letzten Kriegsjahren einen Propagandafilm über die Damaskusaffäre, der während des Krieges aber nicht mehr gedreht werden konnte.

Von 1945 bis zur Gegenwart

Europa und USA

Mit dem Ende des Nationalsozialismus verschwand die Ritualmordlegende nicht. Im Zusammenhang mit Fluchtbewegungen überlebender Juden kam es 1946 in Osteuropa zu neuen Pogromen. Das Pogrom von Kielce am 4. Juli 1946 wurde ebenso durch Ritualmordvorwürfe ausgelöst wie Angriffe auf Juden in Kunmadaras, Miskolc und Özd in Ungarn im Mai und Juli 1946. In Karcag bei Kunmadaras sollten sieben christliche Kinder unauffindbar verschwunden sein; die Landbevölkerung glaubte, Juden würden sie zu Wurst verarbeiten. Eine aufgebrachte Menge verhinderte die Verhaftung eines ortsbekannten Kollaborateurs der Nationalsozialisten, erschlug drei und verletzte 18 von 73 Juden des Ortes.[37]

In Österreich wurden die jährlichen Wallfahrtsfeste für Anderl von Rinn (s.o.) erst 1954 - gegen erhebliche Widerstände des Landesbischofs und der örtlichen Bevölkerung - offiziell eingestellt und 1994 von Bischof Reinhold Stecher auch von Seiten der Kirche endgültig verboten. Er ließ ein Fresko von Anderls „Schlachtung“ in der Ortskapelle übermalen.

Dennoch setzen lokale und regionale katholische Fundamentalisten zusammen mit Rechtsextremisten die Wallfahrten zum Judenstein weiter fort. Ihr Initiator ist der von Bischof Stecher suspendierte und in Österreich 1998 als Volksverhetzer verurteilte Kaplan Gottfried Melzer. Er gab bis 1993 den in der Schweiz gedruckten, in Tirol und Bayern verbreiteten Loreto-Boten heraus, ein auf antisemitischen Aberglauben spezialisiertes Wochenblättchen. Im Frühjahr 1990 erschien dort ein Sonderheft zum Thema Ritualmorde und Hostienschändungen als Werke des Hasses der Gegenkirche, in dem die Redaktion „mit allem Nachdruck“ feststellte:[38]

„Das Martyrium des seligen Kindes von Rinn trägt alle Anzeichen eines jüdischen Ritualmordes an sich. Ritualmorde und Hostienschändungen stehen in einem inneren Zusammenhang: Es offenbart sich in beiden der abgrundtiefe Haß Satans gegen das von Gott geschaffene Leben, und der Haß gegen Gott selbst, der im 'Brot des Lebens' geheimnisvoll gegenwärtig ist. Satan hat seine besonderen Werkzeuge für diese Freveltaten: ... Wir müssen sie in besonderer Weise auch bei den Nachfahren jener suchen, die Jesus Christus ... ans Kreuz schlagen ließen und seine Anhänger unerbittlich verfolgten.“

Sodann stellten die Autoren 36 Fälle aus der mittelalterlichen und neuzeitlichen antijüdischen Hetzliteratur bis zum Jahr 1932 erneut als Fakten dar und verknüpften sie zu einer globalen Verschwörungstheorie, in der sie auch Ideen des Taxil-Schwindels wieder aufgriffen:[39]

„Da Satan der 'Menschenmörder seit Anbeginn' (Joh 8,44) ist, und da die kultische Verehrung Satans wesentlich zur Freimaurerei gehört […],
und da weiters Kerntruppe und Führungsgremium der Freimaurerei sich aus Personen ausschließlich jüdischer Abstammung zusammensetzen, muß man konsequenterweise sagen, daß die von der Spitze der Freimaurerei geplante und die von den unteren Vertretern der Freimaurerei verwirklichte Fristenlösung, dieser Massenmord an den ungeborenen Kindern (60 Millionen jährlich) als ein 'immerwährendes' und 'unaufhörliches' Menschenopfer an Satan […] anzusehen ist. […]
Teile der Leiber der unzähligen im Mutterschoß hingemordeten Kinder werden von den Menschen konsumiert und aufgenommen in Form von Medikamenten und Schönheitsmitteln, die aus den Leibern der Getöteten hergestellt werden. Wie lange noch wird das Blut der Gemordeten zum Himmel um Rache schreien?! Der Zweck dieses weltweiten 'rituellen Massenmordes' liegt auf der Hand: [Dadurch] sollen dem 'Herrn der Welt' die Wege gebahnt werden.“

Unterstützt wird Melzer von Rechtsextremisten wie Christian Rogler und katholischen Theologen wie Robert Prantner, Engelwerk-Mitglied und Autor in der von Andreas Mölzer (MEP, ehem. Berater Jörg Haiders in der FPÖ) herausgegebenen österreichischen Zeitschrift Zur Zeit, ein Ableger der Jungen Freiheit. Darin riefen auch Veranstaltungshinweise und Annoncen zum „Anderlegedenken“ auf. Auch manche obskuren Christengruppen in den USA verbreiten antisemitische Ritualmordlegenden weiterhin als Fakten, z.B. die Gruppe American Promises.[40]

Die britische Zeitung The Independent veröffentlichte 2003 einen Cartoon, der den damaligen Ministerpräsidenten Israels, Ariel Sharon, beim Verzehr eines palästinensischen Babys darstellte. Der Untertitel lautete: Was ist? Habt Ihr noch nie einen Politiker gesehen, der ein Baby küsst? Auf eine Beschwerde der israelischen Regierung verwies der Zeichner Dave Brown auf Francisco de Goyas Bild Saturn opfert seinen Sohn: Dies sei Vorbild der Karikatur gewesen, sie sei nicht antisemitisch motiviert. Er gewann für den Cartoon einen Jahrespreis der britischen Political Cartoon Society.[41]

Rechtsextremisten verbreiten heute ungehindert antisemitische Ritualmordlegenden im Internet und legen dazu Hetzschriften wie die von August Rohling und Helmuth Schramm neu auf.[42] Das als aktiv verfassungsfeindlich eingestufte Deutsche Kolleg von Reinhold Oberlercher und Horst Mahler[43] gab am symbolträchtigen 9. November 2004 nach dem Amsterdamer Mord an Theo van Gogh eine Hetzschrift unter dem Titel „Semitischer Ritualmord“ heraus, in dem es mit Berufung auf die biblische Opferung Isaaks hieß:[44]

„Jahwes Gesetz verlangt aber auch die kollektive Schächtung ganzer Völker bis auf den letzten Säugling, und diese gesetzliche Norm lautet dann: Vollstrecke den Bann!“

Am 7. Dezember 2004 erschien dort ein weiteres als „Toleranzedikt“ betiteltes Pamphlet, das die Religionsfreiheit in Deutschland abzuschaffen forderte und dies wie folgt begründete:[45]

„Folgerichtig kann der Judaismus den Glauben an seine mammonistische Weltwirtschaft und sein Völkerschächtungsgebot ausleben; der Islamismus kann seinen Heiligen Krieg gegen alle Ungläubigen zur Unterwerfung der Welt unter Allah führen … Juden und jüdische Religion dürfen nicht toleriert werden, weder insgesamt noch teilweise!“

Islamische Länder

Etwa seit der Damaskusaffäre 1840 lässt sich ein wachsender Antisemitismus in islamischen Ländern beobachten, in dessen Kontext die judenfeindliche Ritualmordpropaganda inzwischen häufiger auftaucht. Besonders in Ägypten, Jordanien, im Iran und in Saudi-Arabien sind Ritualmordstereotypen heute in den staatlich kontrollierten Medien anzutreffen. Al Riad, die saudiarabische Regierungszeitung, schrieb z.B. am 10. März 2002:[46]

„Sie [die Juden] werden bezichtigt, nichtjüdische Kinder und nichtjüdische Erwachsene an sich zu locken, sie zu schlachten und ihnen das Blut abzuzapfen. Sie werden bezichtigt, dieses Blut in die Mazzen (ungesäuertes Brot) zu verbacken...Das jüdische Volk ist verpflichtet, für dieses Fest Menschenblut aufzutreiben, damit ihre Geistlichen dieses Gebäck für die Feiertage vorbereiten können.“

Im Herbst 2003 erschien zum Fastenmonat Ramadan in einem von der Hisbollah betriebenen Fernsehsender Al-Manar in Syrien eine Vorabendserie Al Shatat („Diaspora“). Eine der 29 Folgen, die Juden für nahezu alle politischen Katastrophen der Neuzeit verantwortlich machten, zeigte, wie jüdische Rabbiner an einem „Sabbatschänder“ ein „heiliges talmudisches Ritual“ vollstreckten: Sie foltern den Gefesselten grausam, zwingen ihn, flüssiges Blei zu trinken, schneiden ihm ein Ohr ab und durchtrennen zuletzt seine Halsschlagader. In einer weiteren Folge wurde ein christliches Kind geschlachtet, um dessen Blut zum Backen von Mazzen zu verwenden. Im Abspann des Films wurde dem syrischen Verteidigungsministerium, dem Kulturministerium, der Archäologiebehörde und der Polizei von Damaskus gedankt. Zunächst sollte die Serie im staatlichen syrischen Fernsehen gezeigt werden und in Persisch, Englisch und Hebräisch übersetzt werden. Auf internationale Kritik hin zog die syrische Regierung diesen Plan zurück und bestritt, dass sie die Produktion unterstützt habe. Der Direktor des Senders betonte jedoch: Die Serie zeigt die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.[47]

Buchaffäre

Am 7. Februar 2007 veröffentlichte Ariel Toaff, ein Historiker an der Bar-Ilan-Universität von Ramat Gan in Israel, in Italien ein 400 Seiten starkes Buch mit dem Titel Pasque di sangue. Ebrei d'Europa e omicidi ritual („Passah des Blutes: Die Juden Europas und Ritualmorde“). Darin beschrieb er zum einen Predigten und Gebete von Minderheiten deutscher Juden (Aschkenasim), für die angeblich Menschenblut als Heilmittel eine Rolle gespielt habe, zum anderen die Verhörprotokolle aus dem Folterprozess zu Simon von Trient 1475: Einige der von Juden dort getroffenen Aussagen seien nicht als erfolterte Geständnisse, die die Vorurteile der Vernehmer ausdrückten, zu erklären, sondern spiegelten ihren tatsächlichen Glauben an die Heilkraft von christlichem Kinderblut. Es sei daher nicht auszuschließen, dass einige der damaligen Juden aus Rache für zuvor durch Christen erlittenes Leid die ihnen vorgeworfenen Kindesmorde tatsächlich begangen hätten.

Diese Hypothesen riefen Empörung und Proteste von Historikern, Rabbinern und christlichen Theologen in Italien hervor; auch der ehemalige Oberrabbiner von Rom und Vater des Autors, Elio Toaff, distanzierte sich. Nachdem andere Historiker Toaff öffentlich methodische Mängel beim Auswerten von mittelalterlichen Folterprotokollen, Verschweigen wichtiger Aspekte des Trienter Prozesses und wissenschaftlich unzulässige, noch dazu von Antisemiten leicht missbrauchbare Folgerungen vorgeworfen hatten,[48][49] stoppte der Verlag am 14. Februar den Verkauf des Buches, um dem Autor Gelegenheit zur Überarbeitung der strittigen Passagen zu geben. Toaff erklärte, er sei missdeutet worden und wolle einiges klarer darstellen, sei aber überzeugt, die Wahrheit zu vertreten. Er versprach, den gesamten Erlös aus dem Buchverkauf der Anti-Defamation League zu spenden. Seine Universität rügte ihn wegen des unsensiblen Buchtitels, der privaten Veröffentlichung im Ausland und der missverständlichen Thesen, die geeignet gewesen seien, Gefühle von Juden zu verletzen und Antisemiten zu bestätigen, als ob Ritualmordanklagen eine Faktenbasis gehabt hätten. Entlassen wurde Toaff aber nicht. [50]

Abkehr von antijudaistischer Tradition

Das deutsche Grundgesetz verbietet die Verleumdung religiöser Minderheiten, das deutsche Strafgesetzbuch stellt die Verbreitung antisemitischer Propaganda unter Strafe. Im kirchlichen Bereich ermöglichte das Dekret Nostra Aetate vom 28. Oktober 1965 eine Erneuerung der Beziehungen von Katholiken und Juden. Es beschwor das gemeinsame biblische Erbe und lehnte die pauschale Verurteilung des jüdischen Volkes als von Gott verflucht ab. Damit entzog es auch der christlichen Ritualmordlegende die theologische Basis.

Die örtlichen Bischöfe haben die Kulte um Anderl von Rinn (1954; 1994) und Simon von Trient (1965) verboten. Eine päpstliche Kommission stellte einen Justizirrtum fest und hob Simons Heiligsprechung auf. Die Seligsprechung Anderls dagegen wurde nur stillschweigend für falsch erklärt, aber nicht offen widerrufen. Daher berufen sich die katholischen Kultbefürworter um Melzer weiterhin auf die Entscheidung des Papstes von 1754 und behaupten, dass sie einer nicht revidierbaren Unfehlbarkeitsentscheidung nahekomme. Nachdem Bischof Stecher das Verbot des Anderle-Kults 1985 bekräftigte – „es kann kein Zurück zur Intoleranz früherer Jahrhunderte geben“ – erklärte der Vatikan die Angelegenheit 1988 in einem offiziellen Schreiben für eine „Sache des Bistums Innsbruck“.[51] Für David Kertzer, der als einer der ersten Historiker die 1998 geöffneten Vatikanarchive für den Zeitraum 1800-1938 auswerten konnte, ist dies Zeichen einer Verdrängung der kirchlichen Mitwirkung an der Entstehung des Antisemitismus.

Johannes Paul II. hat mit seinem Schuldbekenntnis im Jahr 2000 Juden um Verzeihung gebeten für die Sünden, die „nicht wenige Katholiken gegen das Volk des Bundes und der Seligpreisungen begangen haben“. Er hat dabei der „Leiden“ gedacht, „die dem Volk Israel in der Geschichte auferlegt wurden“. Damit deutete ein Papst erstmals eine Mitschuld des Vatikan für den Holocaust an. Doch ältere päpstliche Dekrete zur angeblichen Verdorbenheit und Bösartigkeit der Juden widerrief der Vatikan bis heute nicht.

Einzelbelege

  1. Theologische Realenzyklopädie, Band 29, S. 254
  2. Religious tolerance: Voodoo
  3. Poppy Dixon: Eating Fetuses (Oktober 2000)
  4. Jewish Encyclopedia: Apion
  5. Jules Isaac, Die Genesis des Antisemitismus, S. 63. Vgl. Jewish Encyclopedia: Blood Accusation.Origins.
  6. Walter Burkert, Griechische Tragödie und Opferritus. In: Wilder Ursprung, S. 25
  7. Minucius Felix: Octavius
  8. Henrike Maria Zilling: Tertullian. Untertan Gottes und des Kaisers (Rezension)
  9. Prof. Dr. Landersdorfer: Kirchengeschichte des Altertums II
  10. Rohrbacher/Schmidt, Judenbilder S. 18
  11. Theologische Realenzyklopädie, a.a.O. S. 257
  12. Tripod.com: Blood Libel - A History of Groundless Anti-Semitic Fables
  13. Jewish Encyclopedia: Blood Accusation.History
  14. Andreas Heusler, Tobias Weger: Kristallnacht. Gewalt gegen die Münchner Juden im November 1938 (mit Stadtgeschichte)
  15. Josef Kastein: Der Prozess gegen den Talmud
  16. Theologische Realenzyklopädie, a.a.O. S. 257
  17. Heinrich Heine: Der Rabbi von Bacherach
  18. Rita Voltmer, Franz Irsigler: Die europäischen Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit - Vorurteile, Faktoren und Bilanzen
  19. Neue Zürcher Zeitung (26. Juli 2000): Die frühesten Dokumente zum Hexensabbat
  20. Birgit Studt: Fürstenhof und Geschichte. Legitimation durch Überlieferung, Köln/Weimar/Wien 1992, S. 337-351
  21. Raimund Elfering: Die „Bejlis-Affäre“ im Spiegel der liberalen russischen Tageszeitung „REČ’" (pdf) S. 15-18
  22. Jacob Barnai: Blood libels in the Ottoman Empire, in: Shmuel Almog (Hrsg.): Antisemitism Through the Ages (Studies in Antisemitism Series), Pergamon Press 1988, ISBN 0080358500, S. 189-194
  23. Die "Hilsneriade" 1899. Von: Radio Prag: Kapitel aus der tschechischen Geschichte, 17. April 1999.
  24. Raimund Elfering, a.a.O. S. 14
  25. Rohrbacher/Schmidt, a.a.O. S. 305
  26. Hansjakob Stehle: Blick ins päpstliche Geheimarchiv (Rezension))
  27. Johannes Schmitt: „Des Satans Synagoge“: Katholischer Antisemitismus (I). Die Päpste im 19. und frühen 20. Jahrhundert
  28. Heinrich Graetz: Damaskusaffäre
  29. Jewish Encyclopedia, Blood Accusation pronounce false
  30. Jewish Encyclopedia: Joachim Heinrich Biesenthal
  31. DISS: Gefälschte Talmudzitate. Dr. Kroner, Dr. Bloch und der Prozess Rohling/Bloch vom November 1885
  32. Bautz: August Rohling
  33. Rohrbacher/Schmidt, a.a.O. S. 355
  34. Harm-Peer Zimmermann: Walther Steller in Breslau (1920 bis 1937). Volkskunde und Frisistik im Zeichen des Nationalsozialismus. In: Nordfriesisches Jahrbuch, Neue Folge Band 30, 1994, S. 41—54
  35. Rohrbacher/Schmidt, a.a.O. S. 358
  36. NS-Dokument: Heinrich Himmler: Ein Auftrag an Ernst Kaltenbrunner
  37. Peter Kenez: Antisemitism in Post World War II
  38. Rohrbacher/Schmidt, a.a.O. S. 360
  39. Rohrbacher/Schmidt, a.a.O. S. 362
  40. American Promises Organisation: The Torture And Death of Saint Simon of Trent (antisemitische Propaganda)
  41. Leslie Bunder: Grotesque Cartoon Award
  42. World Revisionist News: Ritual murder (rechtsextreme Propaganda)
  43. Verfassungsschutzbericht 2004 NRW
  44. Deutsches Kolleg: Semitischer Ritualmord
  45. Deutsches Kolleg: Toleranzedikt
  46. MEMRI: Saudi-arabische Zeitung über die 'schrecklichen Gebräuche' der Juden zum Purimfest (15. März 2002)
  47. Michael Borgstede: Hisbollah und Syrien kooperieren: Judenhass im Vorabendprogramm
  48. Giulio Busi: Die Intrige des Bischofs. Haben Juden vor 500 Jahren Ritualmorde begangen? Das Buch eines israelischen Historikers schlägt in Italien große Wellen (Der Tagesspiegel, 15. Februar 2007)
  49. Johannes Heil: „Pasque di sangue“ – Ariel Toaff und die Legende vom Ritualmord. Ein Kommentar
  50. Matthew Wagner: 'Blood libel' author halts press (14. Februar 2007)
  51. Etica.com: Gegen das Unfehlbarkeitsdogma

Siehe auch

Literatur

allgemein
  • Susanna Buttaroni, Stanislaw Musial: Ritualmord. Böhlau, Wien 2002. ISBN 3-205-77028-5
  • Rainer Erb: Die Legende vom Ritualmord. Metropol, Berlin 1993. ISBN 3-926893-15-X
  • Hannelore Fieg: Ritualmord und Satanskultbeschuldigungen in Spätantike, Mittelalter und früher Neuzeit. Christen und Juden, Ketzer und Hexen. Diplomarbeit Universität Innsbruck. Innsbruck 2000.
  • Artikel Ritualmord. In: Gerhard Muller (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie. Bd. 29: Religionspsychologie–Samaritaner. Walter de Gruyter, Berlin 1998, ISBN 3-11-016127-3, S. 253–265.
antijüdische Legenden
  • Alan Dundes: The Blood Libel Legend: A Casebook in Anti-Semitic Folklore. The University of Wisconsin Press, Madison 1992. ISBN 0-299-13110-6 (englisches Standardwerk)
  • Jules Isaac: Die Genesis des Antisemitismus. Europa Verlag, Wien 1969.
  • Stefan Rohrbacher, Michael Schmidt: Judenbilder. Kulturgeschichte antijüdischer Mythen und antisemitischer Vorurteile. Rowohlt, Reinbek 1991. ISBN 3-499-55498-4 (S. 269-291: Ritualmord und Hostienfrevel; S. 304-368: Die Barbarei längst verflossener Jahrhunderte)
  • Johannes T. Groß: Ritualmordbeschuldigungen gegen Juden im Deutschen Kaiserreich (1871-1914). Metropol, Berlin 2002. ISBN 3-932482-84-0
  • Alexander Baron: Jewish Ritual Murder: Anti-semitic Fabrication or Urban Legend? Anglo-Hebrew Publishing. London 1994. ISBN 1898318360 (englisch)
  • John M. McCulloh: Jewish Ritual Murder: William of Norwich, Thomas of Monmouth, and the Early Dissemination of the Myth. In: Speculum. Columbus Ohio 72.1997, No. 3 (Juli), S. 698-740. ISSN 0739-3806
  • Ronnie Po-Chia Hsia: The Myth of Ritual Murder: Jews and Magic in Reformation Germany. Yale University Press, New Haven 1988, 1990. ISBN 0-300-04746-0 (englisch)
Einzelaspekte
  • David I. Kertzer: Die Päpste gegen die Juden. Der Vatikan und die Entstehung des modernen Antisemitismus. List, München 2004. ISBN 3-548-60386-6
  • Hannelore Noack: Unbelehrbar? Antijüdische Agitation mit entstellten Talmudzitaten. Antisemitische Aufwiegelung durch Verteufelung der Juden. University Press für wissenschaftliche Literatur, Paderborn 2001. ISBN 3-935023-99-5
  • Georg R. Schroubek: Zur Kriminalgeschichte der Blutbeschuldigung. In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform. Köln 1985, Nr. 65, S. 2-17. ISSN 0026-9301
  • Israel J. Yuval: Vengeance and Damnation, Blood and Defamation. From Jewish Martyrdom to Blood Libel Accusations. in: Zion. 58.1993, S. 33-90. (hebräisch)
Einzelfallstudien
  • Edward H. Judge: Ostern in Kischinjow. Anatomie eines Pogroms. Decaton, Mainz 1995. ISBN 3-929455-30-7 (zu Kischinew 1903)
  • Christoph Nonn: Eine Stadt sucht einen Mörder. Gerücht, Gewalt und Antisemitismus im Kaiserreich. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2002. ISBN 3-525-36267-6 (zum Fall Winter)
  • Helmut Walser Smith: Die Geschichte des Schlachters. Mord und Antisemitismus in einer deutschen Kleinstadt. Wallstein, Göttingen 2002. ISBN 3-89244-612-1 (zum Fall Winter)
Fiktion
  • Willi Fährmann: Es geschah im Nachbarhaus. Arena, Würzburg 1968, 1996. ISBN 3-401-02500-7 (Xantener Ritualmordlegende „Affäre Buschhoff“)
  • Alexander Lohner: Die Jüdin von Trient. Aufbau, Berlin 2004. ISBN 3-7466-2025-2 (Trienter Ritualmordlegende)

Weblinks

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