Zionismus
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Als Zionismus (von Zion) wird die jüdische Nationalbewegung bezeichnet, die sich infolge des europäischen Antisemitismus um 1880 politisch zu organisieren begann und einen eigenen jüdischen Nationalstaat in Palästina anstrebte. Der jüdische Journalist Nathan Birnbaum aus Wien prägte 1890 den Begriff.
Der Zionismus entstand zeitgleich mit anderen europäischen Emanzipations- und Nationalbewegungen infolge der Aufklärung und der Französischen Revolution. Er sieht sich als die zeitgemäße Form des jahrtausendealten Traums der Israeliten, besonders in der Diaspora, von wiedererlangter Freiheit und Gerechtigkeit im „Land Israel“ (eretz jisrael), das ihnen allen gehören werde. Diese Idee geht auf die Anfänge der Geschichte Israels und des Judentums zurück, die im Tanach mit der Landverheißung JHWHs an Abraham beginnt (Gen 12,1-3 EU).
Wurzeln
Exilsprophetie
Der Ausdruck „Zionismus“ bezieht sich auf den „Berg Zion“ (Har Zion) im Südosten Jerusalems, auf dem Salomo um 800 v. Chr. den ersten Tempel erbauen ließ. Nach dessen Zerstörung 586 v. Chr. wurde dieser Name während des Babylonischen Exils (586-539 v. Chr.) zum Synonym für die Tempelstadt, auf deren Erneuerung sich die Hoffnungen aller Juden richteten. Diese Hoffnung wurde durch Propheten im Exil geweckt, die die Heimkehr der nach Babylon deportierten Judäer und den Neuaufbau eines um den Tempelkult zentrierten Gemeinwesens ankündigten. Damit verknüpften sie die Erwartung, dass eines Tages alle Völker den Gott Israel anerkennen und sein Abrüstungsgebot befolgen würden. Dies werde den Völkerfrieden herbeiführen (Jes 2,3f EU; Mi 4,2f EU).
Mittelalterliche Pilgerfahrer
Seit der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels durch die Römer im Jahr 70 waren die meisten Juden in viele Länder Europas, Afrikas und Asiens zerstreut (hebr. galuth) und bildeten dort religiöse, oft bedrohte Minderheiten. Diese konnten ihre Identität nur durch Festhalten an ihren Glaubenstraditionen bewahren. Dabei spielte die Verbindung zum „Heiligen Land“ ideell, aber auch real eine entscheidende Rolle. Schon seit dem 12. Jahrhundert pilgerten fromme jüdische Wallfahrer aus Europa zu ihren heiligen Stätten im verlorenen Land Israel. Ein bekanntes Beispiel aus dem Mittelalter ist der spanisch-jüdische Dichter und Philosoph Jehuda ha-Levi.
Neuzeitliche Vorläufer
Mordechai Immanuel Noah (1785-1851), Konsul der USA in Tunis, verfolgte nach seiner Abberufung 1815 die Idee einer eigenen Judenstadt als Zufluchtsort für alle verfolgten Juden. 1825 gründete er auf Grand Island im Bundesstaat New York die Stadt Ararat. Er warb international bei jüdischen Gemeinschaften für die Einwanderung dorthin, stieß aber weithin auf Ablehnung und Spott. In Deutschland erwogen nur einige Mitglieder des Vereins für Kultur und Wissenschaft der Juden eine Auswanderung. Noah wurde später ein Verfechter eines Judenstaates in Palästina.[1]
Moses Montefiore (1784-1885) bereiste Palästina erstmals 1827. Danach wurde er zu einem strenggläubigen Juden und fasste den Plan, die Emigration in das gelobte Land finanziell wie auch durch industrielle und landwirtschaftliche Ansiedlungen zu befördern. Er plante ein Siedlungsprojekt, kaufte Land von arabischen Großgrundbesitzern in Palästina und stellte es verfolgten Juden zur Verfügung.
Der Frühsozialist Moses Hess (1812-1875) schrieb 1862 Rom und Jerusalem mit dem Untertitel Die letzte Nationalitätenfrage. Darin sah er die Epoche nach der Französischen Revolution als „Völkerfrühling“, in dem ein Volk nach dem anderen zu neuem nationalen Leben erwache. Nach Italien („Rom“), das 1859 seine Nationalstaatlichkeit erreichte, sei nun als letztes das jüdische Volk an der Reihe,
- das nicht umsonst zwei Jahrtausende hindurch dem Sturm der Weltgeschichte getrotzt und [...] von allen Enden der Welt aus den Blick stets nach Jerusalem gerichtet hat und noch richtet.
Damit sprach Hess als erster jüdischer Autor der Neuzeit den Gedanken an eine jüdische Nation im „gelobten Land“ aus. Er glaubte, die jüdische Wiederbesiedlung Palästinas sei die Bedingung für eine neubelebte jüdische Kultur, die in der Diaspora Europas allmählich absterbe:
- Bei den Juden weit mehr noch als bei den Nationen, die auf ihrem eigenen Boden unterdrückt sind, muß die nationale Selbständigkeit jedem politisch-sozialen Fortschritt vorausgehen.[2]
Das Buch beschrieb noch keine praktischen Siedlungsschritte und wurde 1862 öffentlich kaum beachtet. Es fand erst in den 1890er Jahren begeisterte Zustimmung bei den Zionisten. Fortan galt Hess als Gründer des sozialistischen Zionismus, aus dem später die Kibbuz-Bewegung und die israelische Arbeitspartei hervorgingen.
Geschichte bis 1945
Antisemitismus
Seit 1880 verbreitete sich der Antisemitismus als politische Bewegung in den größten Flächenstaaten Europas, vor allem in Russland, Deutschland und Frankreich. Sein Ziel war die Ausgrenzung und Vertreibung aller, auch der getauften und sozial integrierten Juden. Die Begrenzung und Rücknahme gerade erst erworbener Bürgerrechte der Juden verlangten auch christlich-konservative Gesellschaftskreise. Dies stellte sämtliche Versprechen des Liberalismus von Gleichheit und Toleranz in Frage und ließ sie mehr und mehr als Illusion erscheinen.
Im März 1881 kam es in Russland zu einer Pogromwelle, die den Auftakt für weitere schwere Pogrome in den Folgejahren bildete. Sie wurden oft von lokalen Autoritäten initiiert oder angeführt und vom Zarismus geduldet oder gar geschürt.
Erste Auswanderungswelle
Seit etwa 1870 hatten sich osteuropäische jüdische Familien allmählich auch in Palästina angesiedelt. Sie betrieben dort als Landwirte Ackerbau und Viehzucht und kultivierten dazu Wüstenland. Diese Perspektive schien vielen einfachen und religiösen Juden naheliegend, war aber kaum von zionistischen Motiven bestimmt und organisiert.
Die russischen Pogrome bewirkten eine fluchtartige, unkoordinierte Auswanderung von Juden aus Osteuropa mit verschiedenen Zielen. Einige Gruppen wollten in den USA eigene Siedlungsräume erwerben, um dort sozialistische Kommunen aufzubauen. Sie bezeichneten sich als Am Olam („Weltvolk“) und grenzten sich gegen diejenigen ab, die lieber nach Palästina wollten. Ihre Pläne scheiterten jedoch in den Folgejahren.[3]
Ab 1881 entstanden in vielen russischen und rumänischen Städten Vereine der Chowewe Zion („Zionsfreunde“). Sie sammelten etwa 3.000 Auswanderungswillige für gemeinsame Siedlungsprojekte in Palästina. Im Sommer 1882 erreichte die Studentengruppe Biluim dieses Ziel als erste und baute die Siedlung Rischon-le-Zion („Erste in Zion“) auf. Diese Pionierarbeit mit dem Pflug wurde zum Vorbild für weitere Siedlergruppen. So entstanden Gedera im ehemaligen Judäa, Rosch Pinah und Jessod Hamaalah in Galiläa, Sichron Jaakow in Samaria. Die 1878 von Jerusalemer Juden gegründete Siedlung Petach Tikwah nördlich von Jaffa wurde erneuert.[4]
Nur ein Bruchteil auswandernder Juden wählte Palästina zur neuen Heimat: Bis 1904 siedelten sich dort etwa 24.000 meist osteuropäische Juden an.[5]
Leon Pinsker
Der Arzt Leo Pinsker (1821-1891) hatte bis 1881 in seiner Heimatstadt Odessa eine Gesellschaft zur Förderung der Aufklärung geleitet und nationaljüdische Bestrebungen strikt abgelehnt. Unter dem Eindruck der landesweiten Pogrome trat er von diesem Amt zurück und bereiste Westeuropa, auch um die Aufnahmebereitschaft für verfolgte russische Juden zu sondieren. Im Sommer 1882 schrieb er in Berlin in wenigen Wochen das Buch Autoemanzipation, Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden, in dem es hieß:
- Als Jude geplündert sein oder als Jude beschützt werden müssen ist gleich beschämend, gleich peinlich für das menschliche Gefühl der Juden.
Kern des Problems sei die anormale Ausgrenzung der Juden durch den Hass ihrer Umwelt. Dessen Ursache sei das Festhalten der verstreuten jüdischen Gemeinden an ihrer Einheit als Judentum. Dies habe auf die Völker Europas wie die „geisterhafte Erscheinung eines wandelnden Toten“ gewirkt und eine Judophobie ausgelöst. Alle oft unlogischen vorgebrachten Argumente der Judenfeinde seien nur rationale Verschleierung ihrer tiefen Psychose, die sich seit 2000 Jahren weitervererbe. Man könne diese Krankheit nur heilen, indem man die Ursache beseitige: die anormale Lage der Juden. Sie müssten wie alle Völker endlich eine eigene Heimat, einen Staat erhalten, um so den übrigen Nationen ebenbürtig zu werden. Erst diese Ebenbürtigkeit werde die Judenfrage lösen; nur die Juden selbst könnten dies erreichen. Nicht die Gewährung ihre Gleichberechtigung durch andere, sondern nur ihre Selbstbefreiung als selbständige und selbstbewusste Nation könne ihnen Achtung verschaffen. Wo sie verfolgt würden, sollten sie sofort auswandern: nicht in neue Zerstreuung, sondern in ein geschlossenes Gebiet, um dort mit Zustimmung der Großmächte ein Gemeinwesen aufzubauen. Der Ort sei dafür zweitrangig: Er könne in Palästina, aber auch Nord- oder Südamerika liegen.[6]
Dieser Aufruf erschien anonym und fand zunächst nur ein geringes Echo. 1884 wurde Pinsker ein Führer der osteuropäischen „Zionsfreunde“ und übernahm damit deren Ziele in Palästina. Durch die zum Teil unerwarteten praktischen Probleme der Siedler trat das ursprüngliche Ziel Pinskers, einen jüdischen Nationalstaat aufzubauen, jedoch zunächst zurück: Die Selbstorganisation der Zionsfreunde drohte zu scheitern und musste Spenden von reichen Gönnern annehmen. Vor allem das Engagement von Edmond Rothschild (1845-1934) verhalf ihr zum Fortbestand, veränderte sie aber auch zu einem philanthropischen Hilfwerk ohne nationale Ansprüche.[7]
Nathan Birnbaum
In Österreich gründete sich 1882 die erste national-jüdische Studentenorganisation Westeuropas, die Kadima („Ostwärts“, das hieß Richtung Palästina). Mitgründer war der aus Wien stammende Nathan Birnbaum. In seiner Schrift Die nationale Wiedergeburt des jüdischen Volkes in seinem Land (1893) verlangte er eine Gleichstellung der Juden im modernen Völkerrecht. Hierfür prägte er das Wort Zionismus, das fortan auch von den Judengegnern und Nichtzionisten als geläufiger Begriff für die jüdische Nationalbewegung übernommen wurde.
Theodor Herzl
Angesichts des deutschen Rasse-Antisemitismus, wie ihn 1880 etwa Karl Eugen Dühring vertrat, hatte sich Theodor Herzl (1860-1904) zum Zionisten gewandelt. Während der Dreyfus-Affäre in Frankreich schrieb er 1896 das Buch Der Judenstaat - Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage.[8] Darin führte er seine Idee einer souveränen staatlichen Organisation aus, um dem planlosen und zerstreuten Auswandern von europäischen Juden ein gemeinsames Ziel zu geben und Siedlungsaktionen völkerrechtlich abzusichern. Dabei dachte Herzl anfangs noch nicht unbedingt an einen jüdischen Staat in Palästina; auch Ostafrika oder Südamerika waren ihm genehm. Er begründete seine Idee auch kaum mit religiösen Motiven, sondern mit dem Scheitern der Jüdischen Emanzipation gerade auch in den angeblich „zivilisierten“ Ländern Europas. So hatte er bis dahin besonders Frankreich als Hort des sozialen und kulturellen Fortschritts gesehen. Nun urteilte er, der Antisemitismus werde nie verschwinden, alle Bemühungen der Juden um Assimilation würden ihn eher noch verstärken. Nur die Sammlung der Juden in einem eigenen Land könne daher der Ausweg sein.
Herzls Buch wurde anders als seine Vorläufer viel beachtet und gab den Anstoß zum internationalen Zusammenschluss der bestehenden nationaljüdischen Vereine. Am 29. August 1897 trafen daraufhin 200 von ihren Vereinen gewählte Delegierte in Basel zum ersten Zionistenkongress zusammen. Dort forderte Herzl erstmals einen völkerrechtlich legalisierten Judenstaat in Palästina. Daraufhin gründete sich die Zionistische Weltorganisation (World Zionist Organisation, abgekürzt WZO) mit dem Programm:[9]
- Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina.
Dies wurde das gemeinsame Ziel aller zionistischen Strömungen. Das Wort „Judenstaat“ wurde dabei vermieden, um die Gestalt des angestrebten Gemeinwesens nicht festzulegen. Um die Zionsfreunde einzubinden, nannte die Erklärung als erstes Mittel zum Erreichen des Ziels:[10]
- Die zweckdienliche Förderung der Besiedelung Palästinas mit jüdischen Ackerbauern, Handwerkern und Gewerbetreibenden.
Herzl erreichte damit den Vorrang für diplomatische Bemühungen und konnte Pläne für neue jüdische Siedlungen ohne völkerrechtliche Absicherung zunächst zurückweisen. Er verwies darauf, dass illegaler Siedlungsbau vom Machthaber Osmaniens und damit Palästinas, Sultan Abdul Hamid II., nur als Faustpfand für Bedingungen benutzt würde. In den Folgejahren führte er zahlreiche Verhandlungen mit diesem und weiteren Staatsführern, darunter Wilhelm II., jedoch ohne entscheidenden Erfolg. Trotz zunehmender Kritik an seinem Vorgehen blieb er bis zu seinem Tod 1904 Vorsitzender des Aktionskommitees.
Bis 1908 unternahm die WZO keine gezielte Siedlungsförderung. Ihre Zielformulierung ging 1917 in die Balfour-Declaration und 1948 in die Israelische Unabhängigkeitserklärung ein.
Vielfalt und Richtungsstreit
Ab 1900 entwickelte sich vor allem von Russland aus ein sozialistischer Zionismus. Die marxistische Poalei Tzion und ihr Theoretiker Ber Borochov erlangten darin größte Bedeutung und prägten die spätere Kibbuz- und Arbeiterbewegung in Israel. In Osteuropa gab es zudem die nichtmarxistischen Zionisten-Sozialisten um Nachman Syrkin, die sich nicht auf Palästina als zukünftiges Siedlungsgebiet festlegten, und die Sejmisten um Chaim Shitlowskij, die kulturelle und politische Autonomie in Russland als Zwischenschritt zu einem eigenen Gebiet erreichen wollten. Auch bürgerliche, religiöse und völkisch-nationalistische Zionisten bildeten eigene Organisationen mit je eigenen Vorstellungen vom Erreichen und Gestalten des erstrebten Judenstaats.
Die 1897 in Wilna gegründete jüdisch-sozialistische Partei BUND dagegen lehnte die Ideen der Zionsfreunde und eines Judenstaates ganz ab und forderte stattdessen die volle Gleichberechtigung der jüdischen Arbeiterschaft Osteuropas und eine national-kulturelle Autonomie für die dort ansässigen Juden. Orthodoxe Juden wiederum sahen in den Zionisten abtrünnige Ketzer, die sich gegen das von Gott verfügte jüdische Exil auflehnten und sich selbst erlösen wollten, statt demütig auf die Ankunft des Messias zu warten.
Auch in Westeuropa fanden die Zionisten Widerspruch: Liberal-bürgerliche Gruppen wie der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens hielten den Antisemitismus weiterhin für „heilbar“ und den Judenstaat für unnötig oder utopisch. Sie befürchteten, zionistische Forderungen würden die Lage europäischer Juden nur verschlechtern und ihren Integrationsbemühungen schaden.
Uganda-Programm
1903 kam es in und um Kischinew erneut zu einer Pogromwelle gegen russische Juden. Auf dem 6. Zionistenkongress in Basel am 26. August 1903 schlug Herzl daher das britische Uganda-Programm als vorläufige Lösung vor. Er betonte, es berühre nicht das eigentliche Ziel einer Heimstätte in Palästina. Dennoch rief sein Vorschlag heftige Proteste hervor und spaltete fast die zionistische Bewegung. Es kam zu einem Bündnis verschiedener Gruppen, die die Uganda betreffenden Vorschläge in der Zeit von 1903 bis 1905 unterstützten. Daraus ging die Jewish Territorialist Organization (JTO) hervor.
Am 6. Zionistenkongress nahm auch Wladimir Jabotinsky teil. Von da an identifizierte er sich völlig mit Herzls Zielen und wurde zu einem Sprecher des Zionismus. 1923 gründete er dessen revisionistischen Flügel und die Jugendbewegung Betar.
Auf dem 7. Zionistenkongress 1905 wurde das Uganda-Programm endgültig fallengelassen. Herzls Nachfolger wurde David Wolffsohn (1905-1911), der die praktische Kolonisation Palästinas auch unabhängig von der Zustimmung dafür maßgebender Staaten befürwortete. Die „Perspektive Palästina“, auch ohne eigenen Staat, verfolgte auch der „kulturelle Zionismus“ unter Ascher Ginsberg (Ahad Ha'am).
Zweite Einwanderungswelle
Ausgelöst durch die russischen Pogrome von 1903 und 1905 während der ersten Russischen Revolution wanderten von 1904 bis 1914 etwa 40.000 meist junge russische Juden nach Palästina aus (2. Alija). Dort wuchs der jüdische Bevölkerungsanteil bis 1914 auf etwa 85.000 Menschen an.
1901 gründete den WZO den Jüdischen Nationalfonds (JNF, hebräisch: (קרן קימת לישראל Keren Kajemet Lejisrael, „Dauernder Fonds für Israel“), um jüdische Ansiedlungen in Palästina gezielt zu fördern. 1907 wurde das jüdische Palästina-Amt in Jaffa geschaffen, das Arthur Ruppin leitete. 1909 wurden die Jüdische Kolonialbank („Jewish Colonial Trust“) sowie der erste Kibbuz am See Genezareth und die Stadt Tel Aviv gegründet, die bis 1938 auf 150.000 Einwohner anwuchs.
Balfour-Declaration
Der Erste Weltkrieg warf die jüdischen Siedler zunächst enorm zurück, da sie zwischen die Fronten des Osmanischen Reichs und Großbritanniens gerieten. Unter osmanischer Hoheit hätten sie nur bei Annahme der türkischen Staatsbürgerschaft in Palästina bleiben dürfen. Dies verschärfte die Konflikte der „praktischen“ Zionisten, die Tatsachen schaffen wollten, mit den „politischen“ Zionisten, die erst die Unterstützung europäischer Großmächte abwarten wollten.
Vor allem Chaim Weizmann erreichte als Vertreter des WZC jedoch durch geschicktes Verhandeln die Zusage der britischen Regierung, die schon bestehenden jüdischen Siedlungen unter ihren Schutz zu stellen und weiteren Zustrom zuzulassen. Am 2. November 1917 gab der britische Außenminister Arthur Balfour brieflich die nach ihm benannte Balfour-Declaration gegenüber dem engagierten britischen Zionisten Baron Lionel Walter Rothschild ab: Die Regierung betrachte die „Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk mit Wohlwollen“ und werde die „größten Anstrengungen unternehmen, um das Erreichen dieses Ziels zu erleichtern.“ Dabei sollten die Rechte der ansässigen nichtjüdischen Bevölkerung wie auch der jüdischen Minderheiten Europas gewahrt werden. Damit hatte erstmals ein europäischer Staat das Ziel eines Judenstaates in Palästina anerkannt.
Abkommen mit Syrien
1918 übertrug der Völkerbund Großbritannien das Mandat, die Balfour-Erklärung zu verwirklichen. Da diese offen ließ, wie die „nationale Heimstätte“ der Juden aussehen und erreicht werden sollte, suchte der WZO diese Fragen zunächst einvernehmlich mit den Arabern zu klären. Diese hatten die Balfour-Declaration nicht abgelehnt und die jüdische Einwanderung begrüßt, sofern dabei arabische Interessen berücksichtigt blieben.
Am 3. Januar 1919 schloss Weizmann mit Faisal I. das Faisal-Weizmann-Abkommen, in dem Syrien die weitere jüdische Ansiedlung und eine jüdische Interessenvertretung in Palästina anerkannte. Der WZO verzichtete auf eine autonome Regierung und stimmte seinerseits zu, das Streben der Araber nach einem unabhängigen arabischen Staat zu unterstützen.
Faisal machte seine Zustimmung zu dem Abkommen von der britischen Zusage für ein selbständiges Großarabien abhängig. Diese Zusage hatte der britische Hochkommissar Ägyptens Henry McMahon seinem Vater, König Hussein ibn Ali, 1916 schriftlich gegeben. Dafür hatten die Araber die Briten im Kampf gegen die Osmanen unterstützt.
Ausgleich mit den Siegermächten
Am 27. Februar 1919 erläuterten die Vertreter des WZO, darunter Weizmann, dem Obersten Alliierten Rat ihre Vorstellungen: die Förderung jüdischer Zuwanderung und Ansiedlung von jährlich bis zu 80.000 Juden, ihre offiziell anerkannte Vertretung in Palästina, die Erlaubnis zum Aufbau eines hebräischen Bildungssystems und die bevorzugte Vergabe von Konzessionen für unerschlossenes Land an Juden. Sie verzichteten gegen erheblichen Widerstand in den eigenen Reihen erneut darauf, bereits jetzt eine autonome jüdische Staatsregierung zu fordern. Erst mit einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit in Palästina könne dies geschehen. Dafür erreichten sie die Zustimmung der europäischen Staaten.
Aufkeimender Nahostkonflikt
Großbritannien konnte sich mit Frankreich nicht über die Aufteilung der Interessensphären in Nahost einigen und erkannte das Faisal-Weizmann-Abkommen nicht als bindend für die eigene Nahostpolitik an. Dadurch blieb die während des Weltkriegs gegebene Zusage zu einem selbständigen Großarabien in der Region Palästina unerfüllt.
Daraufhin entstand Widerstand gegen weitere jüdische Besiedlung Palästinas bei dort ansässigen und umgebenden Arabern. Sie sahen diese nun als Ausdruck imperialistischer britischer Politik, die gegen ihr Ziel einer großarabischen Nation gerichtet sei. Eine Resolution des syrischen Kongresses vom 2. Juli 1919 wandte sich gegen ein jüdisches Gemeinwesen „im südlichen Teil Syriens, Palästina genannt“. Arabische Delegierte protestierten vor einer von US-Präsident Woodrow Wilson entsandten Kommission gegen einen Judenstaat.
Im April 1920 übertrug der Völkerbund Großbritannien das Mandat zur Verwaltung Palästinas und damit zur Erfüllung der Balfour-Declaration. Premierminister David Lloyd George ernannte mit Sir Herbert Samuel einen britischen Juden zum Hochkommisar in Palästina. Damit wuchs die Erbitterung vieler Araber über die Briten und die jüdischen Siedler Palästinas, die sie nun als Verbündete ansahen.
Im selben Monat griffen Araber in Jerusalem erstmals Juden an, plünderten jüdische Geschäfte, töteten und verletzten jüdische Anwohner. Das britische Militär griff nicht ein. Im Mai 1921 wurden bei neuen arabischen Ausschreitungen 43 Juden in Jaffa ermordet; die ebenfalls angegriffene jüdische Siedlung Petach Tikwa konnte sich erfolgreich verteidigen.
Britische Mandatspolitik
Daraufhin ließ der britische Hochkommissar weitere jüdischen Einwanderung stoppen, um zunächst die Ursachen der Unruhen aufzuklären. Die Untersuchungskommission stellte fest, dass arabische Polizei sich an Übergriffen auf Juden beteiligt hatte, statt diese zu schützen. Zuvor hätten zionistische Behörden „hebräische Arbeit“ propagiert. Juden, die arabischen Großgrundbesitz gekauft hatten, stellten bevorzugt jüdische Neusiedler ein und entließen die ansässige arabische Bevölkerung. Die britische Verwaltung erlaubte Juden, aber nicht Arabern nun, Waffen zu ihrer Selbstverteidigung zu tragen. Winston Churchill, damals britischer Kolonialminister, erlaubte weitere jüdische Einwanderung, ohne dass die Gestalt und Grenze des künftigen jüdischen Staates geklärt war.
1920 wurde die zionistische Gewerkschaft Histadrut mit dem Ziel gegründet, die von privaten Investoren gemiedenen Branchen zu besetzen und so im Laufe der Zeit größter Arbeitgeber in Palästina zu werden.
Im Sommer 1921 erklärte ein Zwischenbericht des Hochkommissars, die Umsetzung der Balfour Declaration sei von den „Rechten der ansässigen Bevölkerung“ abhängig. Damit räumte er der arabischen Bevölkerungsmehrheit praktisch das Recht ein, den jüdischen Staat abzulehnen. Zudem machte er den arabischen Nationalisten Mohammed Amin al-Husseini, einen späteren Kollaborateur der Nationalsozialisten, zum Mufti von Jerusalem.
1923 wurde Palästina aufgeteilt. Der kleinere Teil wurde von nun an „Palästina“ genannt, während aus dem größeren Teil Transjordanien (erst als Sultanat, dann als Königreich Jordanien) entstand. Damit sahen die Panarabisten ihre Chancen auf ein eigenes Großpalästina weiter geschwächt.
Seit etwa 1925 fand sich dann die zionistische Hachschara („Vorbereitung“ auf die Auswanderung) in Deutschland. Der Zionismus blieb jedoch Angelegenheit einer jüdischen Minderheit; von etwa 580.000 deutschen Juden gehörten 1932 nur 7.500 einer zionistischen Organisation an. Die Mehrheit wollte in Europa bleiben und dort an der Verbesserung der sozialen und rechtlichen Lage für alle Bürger mitwirken.
Zeit des Nationalsozialismus
Deutschland
Mit Adolf Hitlers Machtantritt am 30. Januar 1933 begann die gesamtstaatliche Judenverfolgung. Erste Maßnahmen des NS-Regimes waren der „Judenboykott“ vom 1. April und das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933, durch die viele deutsche Juden Eigentum, Beruf und soziale Stellung verloren.
Am 25. August 1933 trat das Ha'avara-Abkommen („Transfer“) zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft in Kraft, um die Emigration deutscher Juden nach Palästina zu erleichtern und zugleich den deutschen Export zu fördern. Bis zum Jahresende verließen etwa 150.000 Juden Deutschland, die meisten zogen zunächst in die europäischen Nachbarstaaten. Die zionistischen Vereine wuchsen bis 1934 auf 43.000 Mitglieder.
Nach erneuten blutigen antisemitischen Straßenkrawallen und Geschäftsboykotten im Juli 1935 entzogen die Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 den deutschen Juden die Staatsbürgerrechte. Damit stieg ihre Bereitschaft zur Emigration, obwohl konservative jüdische Verbände wie der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens weiterhin zur Zurückhaltung mahnten. Von 1933 bis 1941 erreichten etwa 55.000 Juden aus dem Deutschen Reich - etwa ein Viertel aller jüdischen Einwanderer - Palästina, darunter etwa 15.000-20.000, die im Sinne der Alija Bet die britischen Einreisevorschriften missachteten. 205.000 deutsche Juden wanderten bis 1938 in andere Länder aus.
Ab 1937 blockierten die deutschen Behörden die Auswanderung deutscher Juden gemäß dem Ha'avara-Abkommen zunehmend. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich am 12. März 1938 verschärfte sich die Lage reichsdeutscher Juden nochmals: Die Novemberpogrome 1938 vom 7. bis 14. November zerstörten nicht nur Leben und Eigentum Hunderter, sondern mit den jüdischen Synagogen auch die jüdische Kultur in Deutschland und Österreich und die Hoffnungen auf eine baldige Machtablösung Hitlers.
1939 richtete die Gestapo auf Anordnung Hermann Görings eine „Reichszentrale für die jüdische Auswanderung“ ein. Der Überfall auf Polen am 1. September 1939 brachte drei Millionen polnischer Juden in den deutschen Machtbereich. Bis zum Jahresende wurden 7.000 von ihnen ermordet. Der deutsche Einmarsch in die neutralen Niederlande („Fall Gelb“) am 10. Mai 1940 zwang etwa 20.000 deutschjüdische Emigranten zur erneuten Flucht, aus Belgien dann 25.000, aus Frankreich 35.000. [11]
Shoa
Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 eskalierte die Judenverfolgung zum Holocaust, beginnend mit organisierten Massenmorden an zunächst sowjetischen Juden und Deportationen deutscher und osteuropäischer Juden in Getthos und Lager in Osteuropa. Zwischen Juli und Oktober 1941 fielen die wichtigsten Entscheidungen zur Ausweitung der Judenvernichtung: Nun begann der Bau von Vernichtungslagern, und das Tragen des Judensterns wurde auch für deutsche Juden reichsweit angeordnet.
Am 23. Oktober 1941 erließ Heinrich Himmler ein allgemeines Auswanderungsverbot für Juden in von Deutschland besetzten Gebieten, im November zudem ihre Enteignung und den Verlust ihrer Staatsangehörigkeit bei ihrer Deportation. Damit endete die Möglichkeit einer legalen Auswanderung für Juden. Im April 1942 befahl Himmler die vollständige Deportation aller europäischen Juden in die nun fertiggestellten osteuropäischen Vernichtungslager. Ab Juli 1942 wurden die meisten deportierten Neuankömmlinge unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Lagern vergast.
Palästina
Die britischen Mandatsbehörden bremsten die jüdische Besiedlung Palästinas mit Auflagen. Nach dem 1936 einsetzenden arabischen Aufstand gegen die palästinischen Juden, die dann in einen Generalstreik mündeten, lehnte die britische Peel-Kommission die Teilung Palästinas zwischen Arabern und Juden im Juli 1937 ab. In Palästina nahmen 1938 die arabischen Aufstände weiter zu. Nun begannen aber auch die von der jüdischen Untergrundorganisation Etzel gegen die Briten verübten Anschläge.
1941 wurde in Palästina mit dem Palmach eine jüdische „Elite-Einheit“ der Hagana gegründet, derweil sich Hai Amin Al-Husseini, der Mufti von Jerusalem, in Berlin mit Hitler solidarisierte und Erwin Rommels Afrikakorps sich bereits in Libyen befand. Am 20. Januar 1942 wurde auf der Wannsee-Konferenz die „Endlösung der Judenfrage“, die in praktischer Umsetzung den organisierten Massenmord an allen Juden im deutschen Einflussbereich (also fast ganz Europa) meinte, beschlossen. Sofort begannen erste Versuche, die „Endlösung“ praktikabel zu gestalten, wie Erschießungen, Vergiftung mit Autoabgasen in geschlossenen Lkw etc. Sowohl das Ansinnen als auch die spätere Ausführung des Holokaust wurden offenbar recht schnell auch außerhalb Deutschlands bekannt, aber ignoriert. Trotz jüdischer Freiwilligenbrigade in der Britischen Armee (siehe auch Chana Szenes) und der Biltmore-Konferenz vom (9.-11. Mai) in den USA, auf der gefordert wurde, „die Tore Palästinas zu öffnen“, blieben die britischen Mandatsträger angesichts der weiterhin schwelenden arabischen Unruhen bei ihrer ablehnenden Politik. Lediglich Rommel konnte vor El Alamein gestoppt werden, bevor er jüdische Siedlungen erreichte.
Im Januar 1943 kam es zum Aufstand im Warschauer Ghetto. Am 18. Februar hielt Goebbels seine Sportpalastrede („Wollt ihr den totalen Krieg?“). Die britische Regierung deportierte die wachsende Anzahl jüdischer Palästina-Flüchtlinge nun nach Zypern. Siedlungsdurchsuchungen und Verhaftungen häuften sich. Zionistische Zeitungen wurden verboten. 1944 vermehrten die Organisationen Etzel (Irgun) und Lechi ihre Anschläge gegen die Briten, währenddessen sich der Palmach zu einer Befreiungsexpedition in Europa fand. Etzelmitglieder wurden von der Hagana festgesetzt und teilweise den Briten ausgeliefert.
Geschichte ab 1945
Situation für jüdische Holocaustüberlebende der Nachkriegszeit
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee Auschwitz. Am 8. Mai war der 2. Weltkrieg in Europa zu Ende. Die Alija Bet nach Palästina verstärkte sich aber weiter – nun zunehmend mit Shoa-Überlebenden („Bericha“), die von Hagana und Mossad geleitet wurden. Allein aus Polen, wo am 4. Juli 1946 das Pogrom von Kielce stattfand, kamen 95.000 Flüchtlinge hinzu, sowie weitere Tausende aus der Sowjetunion. Allein 1945-1946 wurden von den Briten 50.000 jüdische Flüchtlinge als „Displaced Persons“ zurück nach Deutschland (in die US-Zone) deportiert, wo sie in DP-Lagern eine vorübergehende Aufnahme fanden.
Gründung des Staates Israel
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Im Jahr 1946 nahmen dann Etzel-Angriffe, vor allem auf britische Eisenbahnlinien, zu. Palmach-Einheiten sprengten (vom 16.-17. Mai) zehn Brücken. Im Gegenzug zu den Terroranschlägen verhafteten die Mandatsträger am 29. Juni alle zionistischen Führer, worauf am 22. Juli Irgun einen Seitenflügel des King David Hotels in Jerusalem sprengte, in dem sich das britische Hauptquartier befand. Die Eskalation der Unruhen zog sich dann durch das ganze Jahr 1947 - bis die Vereinten Nationen am 29. November über den UN-Teilungsplan für Palästina und die Gründung eines jüdischen und eines arabischen Staates abstimmten.
Mit dem UN-Beschluss nahmen nun die arabischen Unruhen und Anschläge wieder zu. Der Überfall auf zwei (Egged-)Busse (30. November) gilt als Beginn des „Israelischen Unabhängigkeitskrieges“ aus palästinensischer Sicht „Al-Nakba“ die Katastrophe. Das Ende des britischen Mandates wurde auf den 15. Mai gesetzt. Erste arabische Anschläge auf Jerusalem fanden statt.
Am 14. Mai 1948 verlas David Ben Gurion in Tel Aviv die israelische Unabhängigkeitserklärung; damit wurde das zionistische Ziel eines Judenstaates erreicht. Ein Angriff der arabischen Anrainer (Jordanien, Ägypten, Irak, Syrien und Libanon) misslang. Es folgte die Anerkennung des Staates Israel durch die USA und (drei Tage darauf) durch die Sowjetunion – nun begann die legale Masseneinwanderung aus Europa. Als ersten gesetzgeberischen Akt verabschiedete die Knesset 1950 das Rückkehrgesetz, das allen Juden das Recht zusichert, sich in Israel niederzulassen und sofort die israelische Staatsbürgerschaft zu erhalten.
Heutige Situation
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Der Begriff Zionismus bezeichnet heute verschiedene Ausprägungen des ursprünglichen Begriffes und muss differenziert betrachtet werden:
- der politische Zionismus: Nationalbewegung des jüdischen Volkes, welche zur Gründung des Staates Israel führte
- der territoriale Zionismus: Anstrebung eines Judenstaates auf eigenem Territorium, ohne dabei auf Palästina fixiert zu sein (Herzl selbst hätte z.B. auch Uganda akzeptiert)
- der kulturelle Zionismus: Vitalisierung der jüdischen Kultur und des jüdischen Selbstbewusstseins
- der religiöse Zionismus: siehe Messianismus
- der praktische Zionismus: Besiedlung des Landes Israel durch Juden und dadurch die Unterstützung des politischen Zionismus`
- der christliche Zionismus: Christliche Unterstützung des Zionismus und des Staates Israel
- der synthetische Zionismus: Ideenkonstrukt Chaim Weizmanns; Verbindung zwischen dem politischen und dem praktischen Zionismus (siehe: J. H. Schoeps: Zionismus)
Aufgrund der verschiedenen Ansätze ist der Begriff des Zionismus heute missverständlich geworden und wird sehr unterschiedlich verwendet. Die Siedlungspolitik während der Regierung der Likud-Partei (1977-1992) und die radikale Gush Emunim Bewegung stützen sich auf zionistische Argumentationen, wenngleich ihre Vorgehensweise nicht als stellvertretend für den Zionismus im Allgemeinen gehalten werden kann. So ist die Integration von Immigranten in Israel in den Grenzen von 1948 für viele Israelis die eigentliche Fortsetzung der zionistischen Idee. Während der Amtszeit von Jitzhak Rabin (1992-1996) standen zwar sicherheitstechnische Aspekte in den Vordergrund der Siedlungspolitik, jedoch nahm nach 1996 mit der erneuten Machtübernahme der Likud-Partei die expansorische Politik wieder zu. Gleichzeitig wächst aber in jüngerer Zeit auch innerhalb Israels die Kritik an der Besiedlung palästinensischer Gebiete. Unter Anderem engagiert sich beispielsweise die Gusch Schalom Initiative für eine Versöhnung mit dem palästinensischen Volk.
Kritik am Zionismus
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Antizionisten verstehen den Zionismus generell als eine politische Strömung, die die Errichtung und Vergrößerung eines israelischen Territoriums zu Lasten der arabischen Bevölkerung unterstützt. Vor allem in der arabischen und islamischen, aber auch in der restlichen Welt gibt es Organisationen und Personen, die den Zionismus als solchen kritisieren. Kritik an der jüdischen Besiedlung Palästinas folgt jedoch nicht zwangsläufig aus einer antizionistischen oder antisemitischen Grundhaltung heraus.
Insbesondere die Mehrheit der Palästinenser und der arabischen Staaten beschuldigen die zionistische Bewegung der Vertreibung der Palästinenser aus ihren Siedlungsgebieten und stellen das Existenzrecht des Staates Israel überhaupt in Frage. Der Zionismus wird von ihnen als fortbestehende Form des Kolonialismus kritisiert. Dieser Streit bildet den ideologischen Hintergrund des Nahostkonflikts.
Aufsehen erregte im Jahre 1975 die Resolution 3379 der UN-Generalversammlung, in der Zionismus als eine Form des Rassismus bezeichnet wurde. Die Resolution wurde am 16. Dezember 1991 durch die Resolution 4686 von der UN-Generalversammlung mit 111 zu 25 Stimmen bei 13 Enthaltungen zurückgenommen. 1998 bezeichnete UN-Generalsekretär Kofi Annan die Resolution 3379 als einen Tiefpunkt in der Geschichte der Vereinten Nationen. Die vom Europarat eingesetzte Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) veröffentlichte im Jahr 2005 eine Studie über die Formen des heutigen Antisemitismus, in dem sie betonte, dass sich in der Behauptung, der Staat Israel sei "ein rassistisches Vorhaben", Antisemitismus manifestiere.[12]
Der Zionismus ist bis heute eine Zielscheibe und Projektionsfläche für Verschwörungstheorien, dessen populärstes Beispiel die Protokolle der Weisen von Zion sind. Auf diese Protokolle berufen sich noch heute verschiedene islamistische Vereinigungen wie die Hamas.[13] Autoren wie Norman Finkelstein vertreten die Theorie, dass das Schlagwort „Zionismus“ von manchen israelischen Parteien dazu benutzt würde, Israel in einem Dauerkriegszustand zu halten, um damit die eigene Macht zu festigen. Er geht so weit, den heutigen zionistischen Interessensgruppen eine Art Pakt mit den palästinensischen Terrororganisationen zu unterstellen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 2, Stuttgart 1980, S. 269f
- ↑ beide Zitate nach Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 1, Stuttgart 1980, S. 276
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 2, a.a.O. S. 272
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 1, a.a.O. S. 277
- ↑ Monika Grübel: Judentum. DuMOnt Buchverlag, Köln 1996, S. 186
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 1, a.a.O. S. 278
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 1, a.a.O. S. 279
- ↑ Der Judenstaat: Volltext bei talmud.de
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 1, a.a.O. S. 294
- ↑ Alex Bein: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Band 2, a.a.O. S. 291
- ↑ Laqueur, 1972, S.528
- ↑ A Working Definition of Anti-Semitism
- ↑ Matthias Küntzel: Sprache der Vernichtung
Literatur
- Historische Dokumente
- Herzls „Der Judenstaat“ online
- Julius H. Schoeps (Hrsg.): Zionismus. Texte zu seiner Entwicklung. 2., überarb. Aufl., Fourier Verlag, Wiesbaden 1983, ISBN 3-921695-85-6. (Online-Auszug Julius H. Schoeps: Zionismus oder der Kampf um die nationale Wiedergeburt.)
- Geschichte
- Nathan M. Gelber: Zur Vorgeschichte des Zionismus. Judenstaatsprojekte in den Jahren 1695-1845. Phaidon-Verlag, Wien 1927
- Simha Flapan: Die Geburt Israels. Mythos und Wirklichkeit. (dt. Übers. aus dem Amerikanischen; engl. Originaltitel: The birth of Israel), Melzer Semit-Edition Neu-Isenburg 2005, ISBN 3-937389-55-5.
- Michael Brenner: Geschichte des Zionismus. Orig.-Ausg., C. H. Beck Verlag, München 2002, ISBN 3-406-47984-7.
- Walter Laqueur: Der Weg zum Staat Israel. Geschichte des Zionismus; 1. Aufl., Europa Verlag, Wien 1972, ISBN 3-203-50560-6.
- Amnon Rubinstein: Geschichte des Zionismus. Von Theodor Herzl bis Ehud Barak. Dt. Erstausg., Dt. Taschenbuch-Verl., München 2001, ISBN 3-423-24267-1
- David Vital, The Origins of Zionism, Clarendon Press, 1980
- David Vital, Zionism: The Formative Years, Clarendon Press, New Edition 1989
- David Vital, Zionism. The Crucial Phase, Oxford University Press, 1988
- Conor Cruise O'Brien: Belagerungszustand. Die Geschichte des Staates Israel und des Zionismus (Originaltitel: „The Siege: The Saga of Israel and Zionism“) ISBN 978-3854450337 (Original: ISBN 978-0671633103)
- Deutsche Juden und Zionismus
- John V. H. Dippel: Die große Illusion. Warum deutsche Juden ihre Heimat nicht verlassen wollten. Beltz Verlag, Weinheim u. Berlin 1997, ISBN 3-88679-285-4. (Darstellung der Beweggründe, nicht auszuwandern, anhand sechs parallel erzählter Biographien: Leo Baeck, Bella Fromm, Hans-Joachim Schoeps, Max Warburg, Robert Weltsch, Richard Willstätter.)
- Nahostkonflikt
- Sami Hadawi: Bittere Ernte. Palästina 1914-1967 2. Aufl., Verl. für Zeitgeschichtliche Dokumentation, Rastatt 1977, Palästina Monographien, Bd. 5, ISBN 0-940793-76-8.
- Rudolf Hirsch: Exil in Palästina; in: Ludwig Hoffmann u.a. (Hrsg.): Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil 1933 - 1945; Bd. 5: Exil in der Tschechoslowakei, in Großbritannien, Skandinavien und Palästina. 2. erweit. Aufl., Reclams Universal-Bibliothek, Leipzig 1987, S. 605-670, ISBN 3-379-00229-1.
- Raid Sabbah: Der Tod ist ein Geschenk: die Geschichte eines Selbstmordattentäters. Droemer Verlag, München 2002, ISBN 3-426-27297-0.
- Einzelthemen
- Philipp Theisohn: Die Urbarkeit der Zeichen. Zionismus und Literatur - eine andere Poetik der Moderne. Metzler Verlag, Stuttgart u. Weimar 2005, ISBN 3-476-02072-X. (Dissertation a.d. Universität Tübingen, 2004)
- Diskussion
- Julius H. Schoeps (Hrsg.): Zionismus: vierunddreißig Aufsätze. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1973, ISBN 3-485-03216-6.
- Micha Brumlik: Kritik des Zionismus, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2007, ISBN 978-3-434-50609-6
Weblinks
-
Wiktionary: Zionismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen und Grammatik
- Grundlagentexte zur Geschichte des Zionismus
- 100 Jahre Zionismus
- Axel Meier (Shoa.de): Der deutsche Zionismus während des Dritten Reiches
- Shoah.de: Zionismus (Kurzeinführung und weiterführende Links)
- Zionistische Föderation in Deutschland e.V.: Über uns
- Vereinigung progressiver Zionisten in Deutschland
- Vertretung der Zionisten innerhalb des konservativen Judentums