Lechi
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Lechi (hebräisches Akronym für לוחמי חירות ישראל Lochamei Cherut Jisrael, „Kämpfer für die Freiheit Israels“) waren eine radikale paramilitärische und terroristische Untergrundorganisation in Palästina. Sie bestanden während des britischen Mandats, bevor Israel gegründet worden war und wurden zu Beginn des israelischen Unabhängigkeitskrieges aufgelöst. Die Briten bezeichneten sie nach ihrem Gründer Avraham Stern als „Stern Gang“, in einigen deutschen Quellen findet sich die Bezeichnung Stern-Gruppe.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Die Lechi wurden von Stern im Jahre 1940 als ein Ableger des Irgun gegründet. Ursprünglich hießen sie Irgun Tzvai Leumi be-Yisrael (Akronym Etzel, „Nationale Militärorganisation in Israel“).
Die Lechi hatten sich vom Irgun abgespalten, als der Irgun unter der Führung von David Raziel nach dem Tod von Jabotinski im Jahr 1940 ein Abkommen mit der britischen Polizei geschlossen hatte, während die Anhänger von Stern die Briten nach wie vor als Hauptfeind betrachteten und sogar eine Zusammenarbeit mit Nazi-Deutschland gegen die Briten anstrebten.[1]
Nach Sterns Tod im Jahre 1942 und der Inhaftierung vieler ihrer Mitglieder trat die Gruppe in den Hintergrund, bis sie als „Lechi“ unter einem Triumvirat aus Israel Eldad, Natan Yellin-Mor und Jitzhak Schamir wiedergegründet wurde. Shamir wurde vierzig Jahre später israelischer Ministerpräsident.
Neben wenigen Anschlägen, die größere Bekanntheit erreichten, führte Lechi vor allem kleinere Operationen aus, so etwa Attentate auf britische Soldaten und Polizeioffiziere und teilweise auch auf jüdische Kollaborateure. Zudem wurden Infrastruktureinrichtungen sabotiert: Brücken, Eisenbahngleise und Ölraffinerien. Lechi finanzierte sich aus freiwillig geleisteten privaten Spenden, Schutzgelderpressung und Banküberfällen.
Die Lechi verübten am 9. April 1948 gemeinsam mit dem Irgun das Massaker von Deir Yasin, bei dem über hundert Palästinenser systematisch ermordet wurden, darunter zahlreiche Frauen und Kinder.
Im November 1944 erschoss ein Lechi-Kommando Lord Moyne, den britischen Nahost-Minister und Winston Churchill-Freund, in Kairo auf offener Straße. Auf persönlichen Befehl Churchills wurden die drei Attentäter Anfang 1945 in Kairo gehängt.
Lechi wurde nach der Gründung des Staates Israel formell aufgelöst, operierte aber weiterhin vor allem in Jerusalem, bis die Truppe nach der von ihr am 17. September 1948 durchgeführten Ermordung des UN-Gesandten Folke Bernadotte und des UN-Militärbeobachters André Serot im September 1948 gewaltsam zerschlagen wurde. Die mutmaßlichen Drahtzieher des Anschlags auf Bernadotte wurden jedoch vom israelischen Staat amnestiert. Einer der Attentäter – Yellin-Mor – arbeitete später als Leibwächter David Ben-Gurions.
[Bearbeiten] Stern und Hakenkreuz
In ihrem Kampf gegen die britische Mandatsmacht suchte die Stern-Gruppe Unterstützung ausgerechnet beim deutschen Nationalsozialismus. Anfang 1941 traf Naftali Lubentchik im noch von Vichy-Frankreich kontrollierten Beirut mit dem deutschen Geheimdienstler Alfred Roser und dem Diplomaten Werner Otto von Henting zusammen und händigte ein Memorandum aus. Die Stern-Gruppe regte darin an, dass ein von den Nazis beabsichtiges „Neues Europa“ ohne Juden nur errichtet werden könne, wenn man die Juden nach Palästina bringe und dort einen zionistischen Staat errichten lasse, der mit dem Deutschen Reich vertraglich verbunden und verbündet sein sollte. Die deutschen Unterhändler lehnten das Ansinnen jedoch ab und setzten statt dessen auf die Sache der arabischen Unabhängkeitsbewegung.[2] [3]
[Bearbeiten] Ehrungen in Israel
1980 wurde in Israel ein offizielles Lehi-Abzeichen (rot, schwarz, grau, dunkelblau und weiß) eingeführt. Ehemalige Lehi-Mitglieder dürfen dieses zu offiziellen Anlässen tragen.
1982 brachte die israelische Post Briefmarken zu Ehren der Lord-Moyne-Mörder heraus. Die Attentäter wurden auf den Briefmarken als „Märtyrer“ bezeichnet.[1]
[Bearbeiten] Literatur
- Joseph Heller: The Stern Gang. Ideology, Politics, and Terror, 1940-1949 Frank Cass 1995, ISBN 0714645583.
- K. Marton: A death in Jerusalem, Pantheon, 1994 ISBN 0679420835. Über die Ermordung von Graf Bernadotte.
- Perliger, Arie and Weinberg, Leonard (2003): Jewish Self-Defence and Terrorist Groups Prior to the Establishment of the State of Israel: Roots and Traditions. Totalitarian Movements and Political Religions.
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ James L. Gelvin: The Israel-Palestine Conflict: One Hundred Years of War. Cambridge University Press 2005, ISBN 0521852897, S. 120.
Joseph Heller, The Stern Gang. Ideology, Politics, and Terror, 1940-1949 Frank Cass 1995, ISBN 0714645583, S. 85ff.
Tom Segev: The Seventh Million. The Israelis and the Holocaust. MacMillan 2000, ISBN 0805066608, S. 33f.
Adel Safty: From Camp David to the Gulf: Negotiations, Language and Propaganda, and War. Black Rose Books 1992, ISBN 1895431107, S. 33.
Arthur Hertzberg: Jewish Polemics. Columbia University Press 1992, ISBN 0231078420, S. 77. - ↑ Martin Robbe: Scheidewege in Nahost, Seite 115f. Berlin 1987
- ↑ L. Brenner: The Iron Wall – Zionist Revisionism from Jabotinsky to Shamir, Seite 194ff. London 1984