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Konzentrationslager – Wikipedia

Konzentrationslager

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Als Konzentrationslager wurden bisher verschiedene Haftorte in verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten bezeichnet. Die lat. Wortherkunft bedeutet sammeln, zusammenziehen bzw. zusammenlegen. Auch das nationalsozialistische Deutsche Reich benutzte den harmlosen Namen für Haftorte. Die Konzentrationslager des Deutschen Reichs wurden nach dem Zweiten Weltkrieg die bekanntesten, sie wurden weltweit zum Schlagwort, in ihnen fand der Holocaust statt.


Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der Begriff bezeichnete in verschiedenen Epochen verschiedener Länder mehrere Arten von Sammel-, Internierungs- und Arbeitslagern. Sammellager für Kriegsgefangene, Strafgefangenen- und Strafarbeitslager waren schon längere Zeit verbreitet, daneben entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert die Form des Internierungs- oder Auffanglagers im Kontext von Vertreibung, Auswanderung und kolonialistischer Eroberung.

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Spanischen. Verwendet wurde er erstmals während der Niederschlagung eines Aufstands gegen die spanische Kolonialmacht auf Kuba 1896. Dort wurden Bauern, die nicht als Aufständische behandelt werden wollten, aufgefordert sich in campos de concentración zu begeben. Im Jahre 1900 richteten die USA auf der Insel Mindanao, die sie den Spaniern abgenommen hatten, Konzentrationslager ein; dort wurden philippinische Guerilleros interniert.

Der britische General Horatio Herbert Kitchener ließ während des Burenkrieges (1899–1902) in Südafrika Concentration Camps einrichten, um dort etwa 120.000 Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, zu internieren, wovon über 26.000 aufgrund katastrophaler Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten starben.

Im deutschen Sprachraum steht der Begriff Konzentrationslager seit der Zeit des Nationalsozialismus in Verbindung mit der Abkürzung KZ, deren Herkunft ungeklärt ist, für die Arbeits- und Vernichtungslagern des NS-Regimes. Ursprünglich wurde von nationalsozialistischen Funktionären die näherliegende Abkürzung „KL“ für Konzentrationslager verwendet. Nach Eugen Kogon (Der SS-Staat) gaben SS-Wachmannschaften dann später der Abkürzung „KZ“ wegen ihres härteren Klanges den Vorzug.


Zeit des Nationalsozialismus

Wachturm des Vernichtungslagers Majdanek
Wachturm des Vernichtungslagers Majdanek

Hauptartikel: Konzentrationslager des Deutschen Reichs

Die in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 errichteten Konzentrationslager sind weltweit die bekanntesten. Sieben dieser Lager waren ausschließlich Vernichtungslager. Insgesamt gab es 24 selbstständige KZ-Stammlager, denen zuletzt ein Netz von weit über 1000 Außen- oder Nebenlagern organisatorisch unterstellt waren. Diese Stammlager waren in ihrem Aufbau dem Konzentrationslager Dachau nachgebildet. Die Außenlager wurden zum Teil als Außenkommando bezeichnet und konnten sehr verschieden groß sein. Zum Teil wurden die Häftlinge als Arbeitskräfte ohne angemessene Ernährung im Rahmen der „Vernichtung durch Arbeit“ ausgebeutet. Den KZs waren zum Teil Durchgangslager und Sammellager (Jüdischer Wohnbezirk, Ghetto) vorgeschaltet.

Als Besonderheit der auf Veranlassung der deutschen nationalsozialistischen Führung errichteten Konzentrations- und Vernichtungslager galt die rationalisierte, bürokratisch und fast industriell durchorganisierte Ermordung und Vernichtung von tausenden Menschen pro Tag. Hauptziel der NS-Lager war etwa ab 1939 die Vernichtung aller Bürger jüdischen Glaubens oder Herkunft: die Shoa.

Schätzungen gehen davon aus, dass ca. zwei Drittel der sechs Millionen Juden, die dem Holocaust zum Opfer fielen, direkt in den Lagern des Dritten Reiches ermordet worden oder dort an Folgen von Misshandlungen und Krankheiten umgekommen sind. Das verbleibende Drittel starb in von der SS so genannten Ghettos, bei Massenerschießungen vor allem durch die Einsatzgruppen und auf den so genannten Todesmärschen. Es wurden in den KZ auch viele andere Menschen ermordet, z. B. Homosexuelle, geistig Behinderte und sogenannte Asoziale. Die Anzahl der Toten ist bis heute unklar, da längst nicht über alle Opfer Akten führt wurden, am Ende des Krieges keine Ermordungen mehr festgehalten wurden und viele Unterlagen wie die Zeugen vernichtet wurden bzw. unwiederbringlich verloren gingen.

Verschiedene Lager aus der Geschichte

Nach obiger Definition, bzw. der Wortherkunft, gab es nicht nur im Nationalsozialismus Internierungs- oder Konzentrationslager.

Erste Lager

Erstmalig wurden 1838 von der US-Armee die Cherokee-Indianer vor ihrer zwangsweisen Umsiedlung in Lagern gefangengehalten. Diese Maßnahme wurde vom Präsidenten Andrew Jackson angeordnet, um den Indian Removal Act durchzusetzen. Die Cherokee erinnern sich noch heute an den „Trail of Tears“ ihrer Umsiedlung.

Auch die in der Folgezeit von den USA angelegten Indianerreservationen für zahlreiche indigene (eingeborene) Ethnien sind als Konzentrationslager anzusehen: die Menschen wurden aus rassistischen Motiven unter inhumanen Umständen auf Gebieten festgehalten, die ein eigenes Auskommen unmöglich machten und dazu führten, dass Kinder, Frauen und auch Männer verhungerten. Flucht oder Gegenwehr wurden mit dem Tod bestraft.

Die Geschichte des Begriffes Konzentrationslager beginnt im kubanischen Unabhängigkeitskampf gegen Spanien 1868–1898, als zunächst der spanische General Valmaseda und später in weitaus größerem Umfang General Valeriano Weyler y Nicolau anordneten, dass sich diejenigen Bauern, die nicht als Aufständische behandelt werden wollen, in befestigten Lagern konzentrieren müssen, den so genannten campos de reconcentración. (siehe auch: Guerilla)

Burische Frauen und Kinder in einem Britischen concentration camp (Zweiter Burenkrieg)
Burische Frauen und Kinder in einem Britischen concentration camp (Zweiter Burenkrieg)

Der Begriff „concentration camp“ (Konzentrationslager) wurde danach vom Militär Großbritannien benutzt, um die im zweiten Burenkrieg (1899–1902) angelegten Lager zu beschreiben. Frauen und Kinder der Buren sowie Afrikaner, die im Burengebiet lebten, wurden in Lagern in Südafrika zusammengetrieben. Obwohl diese Lager keine speziellen Vernichtungslager waren, bedingten die schlechte Ernährung sowie die schlechten hygienischen Verhältnisse eine hohe Sterblichkeitsrate. Hier starben etwa 26.000 Frauen und Kinder. Die Offenlegung der Verhältnisse in Südafrika durch Emily Hobhouse führte dort zu einer Entspannung der Situation.

Auch die deutschen Kolonialtruppen setzten in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika beim Völkermord an den Herero und Nama entsprechende Lager ein. Nach Angaben der deutschen Militärverwaltung starben zwischen Oktober 1904 und März 1907 insgesamt 7682 Inhaftierte. Die Sterblichkeit betrug je nach Lager zwischen 30 und 50% der gesamten Gefangenen.

In Deutschland wurden um 1920 die ersten als „Konzentrationslager“ bezeichneten Einrichtungen zur Abschiebung unter anderem in Stargard errichtet. In diesen Lagern wurden vor allem Juden aus Osteuropa, aber auch Sinti, Jenische und Roma interniert. Sie wurden 1923 nach Protesten aufgrund der unmenschlichen Bedingungen aufgelöst.

Nordamerika

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges richteten die USA Concentration camps für Bürger japanischer, italienischer oder deutscher Abstammung ein, die als potentiell gefährlich angesehen wurden. Aber auch Menschen mit anderem Hintergrund wurden zwangsinterniert (z.B. Zeugen Jehovas). Bekannt wurden insbesondere die kalifornischen Camps, weil dort die meisten japanischstämmigen Familien inhaftiert waren. Die Zwangseinweisungen erfolgten ohne Gerichtsbeschluss. Knapp 120.000 Männer, Frauen und Kinder aus den vier US-Bundesstaaten Washington, Oregon, Kalifornien und Nevada wurden auf diese Weise verhaftet. Sie verbrachten den größten Teil des Krieges in Arrest, viele Familien mussten in Räumen von 7x8 Quadratmetern hausen, die mit Teerpappe verkleidet waren. Allerdings wurde im Gegensatz zu den deutschen Konzentrationslagern dabei niemand ermordet.

Chile

Nach dem Putsch vom 11. September 1973 sperrte die Junta ihre Gegner in Fußballstadien ein, unter freiem Himmel wurden sie der glühenden Sonne, dem Durst und dem Hunger ausgesetzt, aber auch gefoltert und ermordet. In der von Paul Schäfer und anderen deutschen Kolonisten gegründeten Colonia Dignidad sind viele Menschen nach dem Putsch ums Leben gekommen oder bis heute verschwunden. Nach der Verhaftung Schäfers im Jahr 2005 fand man umfassende Waffenlager auf dem Gelände.

Siehe auch: Geschichte Chiles

Australien, Großbritannien, Neuseeland, Schweiz

Während beider Weltkriege wurden fast überall Staatsangehörige von Kriegsgegenparteien in Internierungslager eingesperrt, in der Schweiz auch Menschen, die zuvor noch dem Schicksal eines deutschen KZ entflohen waren. Diese Lager wurden Konzentrationslager genannt, da das Wort seinerzeit noch nicht die spätere Konnotation hatte. Jedoch waren die Lebensbedingungen darin nicht mit denen in einem deutschen KZ zu vergleichen, auch die Zielsetzung war eine andere. In Großbritannien waren auch Gegner des Nationalsozialismus und jüdische Flüchtlinge betroffen.

Siehe auch: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg

Internierungs- und Konzentrationslager im besetzten Frankreich (Vichy)

Im besiegten und teilweise besetzen Frankreich gab es keine Konzentrationslager, wenn man darunter ein Lager der Deutschen im 2. Weltkrieg versteht, dessen Wachmannschaften einer SS-Organisation unterstellt waren. Das KZ Natzweiler lag im Elsass, das faktisch ins Deutsche Reich eingegliedert war („Heim ins Reich“ geholt) und in dem es keine französischen Verwaltungsorgane mehr gab. In Frankreich gab es aber Lager, die ähnliche Bezeichnungen trugen und deren Funktionen unterschiedlich, jedoch teilweise ähnlich waren: Durchgangs- und Sammellager (frz.: Camp de transit, Camp d’internement, Camp de réfugiés, aber auch Camp de prisonniers de guerre, Camp de prisonniers, Camp de concentration pour détenus politiques, Camp d’accueil, Camp de séjour, Centre de séjour surveillé.)

Es konnte sich um seit Jahren bestehende Lager für Flüchtlinge aus Spanien handeln. In einigen Lagern wurden Sinti und Roma gefangen gehalten. Wieder andere waren ursprünglich Kriegsgefangenenlager, die nun als Internierungslager für Zivilisten genutzt wurden.

Allerdings dienten einige Lager aufgrund der Kollaboration des Petain-Regimes mit den deutschen Besatzern im Rahmen des Holocausts, vor allem der Zusammenstellung von Deportationstransporten in die deutschen Vernichtungslager im besetzen Polen. Die Lager wurden unterschiedlich streng bewacht und organisiert.

Meistens war die Verpflegung und die Hygiene ein massives Krankheitsrisiko, das zu vielen Todesfällen in solchen Lagern führte. Französische und internationale Hilfsorganisationen versuchten das Verhungern durch Hilfslieferungen in die Lager zu bremsen. In Frankreich gibt es eine Diskussion um die Schuldfrage bei der Kollaboration und Deportation (insbesondere von jüdischen Franzosen, aber auch von Ausländern) durch Politiker und Polizisten. Insbesondere durch Razzien und Durchsuchungen mit Festnahmen. Nur zum Teil wurden die Gefangenen direkt an die Deutschen übergeben. Im Unterschied zu deutschen Konzentrationslagern kann der frz. Lagerleitung in der Regel nicht als Hauptgrund des Handelns ein Tötungswillen an den Gefangenen zugeschrieben werden. Dort, wo deportiert wurde, war allerdings auch den französischen Stellen bekannt, dass es um Transporte in den Tod geht. Eine Besonderheit unter den vielen Opfergruppen waren deutsche Juden, die aus der Pfalz und Baden zur Internierung zuerst nach Gurs und von dort in die Vernichtungslager transportiert wurden (Wagner-Bürckel-Aktion).

Eine Liste von 50 Lagern, von denen Gefangene, Internierte, Flüchtlinge vom Vichy-Regime an Deutschland ausgeliefert wurden:

  • Internierungslager Saint-Cyprien, Saint-Cyprien im Roussillon. (90.000 Spanienflüchtlinge wurden hier interniert; März 1939, offiziell geschlossen am 19. Dezember 1940 aus „hygienischen Gründen“, die Insassen wurden in das Lager Gurs überstellt
  • Saint-Maurice-aux-Riches-Hommes in Yonne, Sinti und Roma wurden hier gefangen gehalten
  • Saint-Paul d'Eyjeaux in Haute-Vienne
  • Saint-Sulpice-la-Pointe bei Toulouse
  • KZ Saliers bei Arles im Departement Bouches-du-Rhône, Sinti und Roma wurden hier gefangen gehalten
  • Septfonds,


KZ Schirmeck und KZ Natzweiler-Struthof, Elsass, die Geschichte beider Lager sind nahezu identisch; Zuordnung unterschiedlich; (Schirmeck im Arrondissement Molsheim).


Italien

Die größten Konzentrationslager des faschistischen Italiens

Bezeichnung von bis Geschätzte Anzahl gefangener Menschen Geschätzte Anzahl ermordeter Menschen
Arbe (Lager Kampor) Juli 1942 11. September 1943 15.000 1.500
Chiesanuova in der Nähe von Padua Juni 1942      
Gonars in der Nähe von Palmanova März 1942 8. September 1943 7.000 453; >500
Molat        
Monigo in der Nähe von Treviso Juni 1942      
Renicci di Anghiari, in der Nähe von Arezzo Oktober 1942      
Visco in der Nähe von Palmanova Winter 1942      

In italienischen Konzentrationslagern im besetzten Dalmatien und der besetzten nordkroatischen Küste Bakar, Kraljevica, Molat, Rab, Zlarin wurden von 1941 bis 1943 einige zehntausend gefangener Zivilisten festgehalten.

Zwangsarbeit und widrige Lebensumstände kosteten zahlreiche Insassen, die nicht gleich hingerichtet wurden, das Leben.

Die Lager in Molat und in Rab (34% der Insassen überlebten nicht) waren als Todeslager besonders berüchtigt.

Das italienische KZ Villa Oliveto (Civitella) bei Siena und die Durchgangslager (DuLa) Fossoli und Bozen sowie das Sipo-Außenkommando Padua wurden während der deutschen Besatzung hauptsächlich als Sammellager für Juden und Partisanen verwendet, während die Risiera di San Sabba bei Triest auch als Vernichtungslager genutzt wurde.

Jugoslawien

Zur Zeit der deutschen und italienischen Okkupation Jugoslawiens, während des Zweiten Weltkrieges, wurden von der faschistischen Ustascha und der italienischen Besatzungsmacht im besetzten Teil Kroatiens und von Kollaborateuren in Serbien Konzentrationslager errichtet. Diese befanden sich in: Banjica, Belgrad, Jasenovac, Molat, Rab, Šabac, Topovske Supe u.a..

Siehe im Hauptartikel: Konzentrationslager (Deutschland)

Nach dem Krieg wurde auf der Insel Goli Otok (kroatisch: nackte Insel) ein Lager für politische Gefangene eingerichtet. Diese Gefangenen wurden zur Zwangsarbeit in den Steinbrüchen eingesetzt. Es bestand von 1949 bis 1988. Nach einigen Jahren wurde hieraus ein jugoslawisches Hochsicherheits-Gefängnis, zunächst für politische Gefangene, später auch für Kriminelle und jugendliche Straftäter. 1988 wurde das Gefängnis stillgelegt und 1989 völlig verlassen. Die Insel ist heute unbewohnt, kann aber von Touristen besichtigt werden[3].

Japan

In den besiegten Ländern richteten im Zweiten Weltkrieg auch die japanischen Besatzer zahlreiche Konzentrationslager ein, die Umstände waren den deutschen Vorbildern ähnlich, besonders tragisch war das Schicksal der vielen koreanischen Sklavenarbeiter und noch mehr der vielen Tausenden von jungen chinesischen und koreanischen Frauen, die als Trostfrauen (Zwangsprostituierte) den japanischen Frontsoldaten zur Verfügung gestellt wurden.

Zudem wurden medizinischen Versuche an russischen, chinesischen und anderen Gefangenen, bei denen beispielsweise mit Krankheitserregern experimentiert wurde, durchgeführt. In diesem Zusammenhang tritt besonders die Einheit 731 hervor. Das offizielle Japan hat bis heute keine Stellung zu dieser Kriegsschuld bezogen und auch nie Entschädigungen an die Opfer bezahlt.

Unabhängiger Staat Kroatien

Der während des Zweiten Weltkrieges als Unabhängiger Staat Kroatien errichtete Satellitenstaat baute nach dem Vorbild des Deutschen Reichs für seine kroatischen Regimegegner, aber hauptsächlich für die serbischen, jüdischen Regimegegner Konzentrationslager. Die jüdische Bevölkerung wurde willig den deutschen Mördern ausgeliefert. Im Konzentrationslager Jasenovac wurden gemäß heutiger Forschungsergebnisse etwa 100.000 Serben, Juden, Sinti und Roma und Kroaten umgebracht. Die Angaben schwanken stark und sind Gegenstand politisch-historiografischer Kontroversen.

Siehe im Hauptartikel: Konzentrationslager (Deutschland)


Sowjetunion und Osteuropa

Das seit August 1918 unter Lenin errichtete und verstärkt zur Zeit des Stalinismus in der Sowjetunion existierende Lagersystem wird heute oft als „Gulag“ bezeichnet, nach der Hauptabteilung des sowjetischen Innenministeriums, die maßgeblich für die Verwaltung der Lager zuständig war. Sie dienten als Gefangenenlager sowohl für „gewöhnliche“ Kriminelle als auch für politische Opponenten und waren in erster Linie Arbeitslager. Alexander Solschenizyn hat in seinen Werken „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ und „Archipel Gulag“ die Haftbedingungen in literarischer Form offengelegt. Viele Bauvorhaben, beispielsweise der Weißmeer-Ostsee-Kanal, die Stadt Norilsk oder die Moskauer Universität, wurden von Lagerhäftlingen gebaut. „Der erste Kreis der Hölle“ beschreibt die „Scharaschka“ genannten Lager, in denen Wissenschaftler und Ingenieure gezwungen wurden, für den Staat zu arbeiten. Von 1930 bis 1959 haben insgesamt etwa 18 Millionen Menschen das Lagersystem durchlaufen, mindestens 1,5 Millionen Menschen sind im Lager umgekommen. Die Schätzungen der Opfer der Jahrzehnte des leninistischen und stalinistischen Terrors sind jedoch schwierig, manche gehen in mehrere Millionen.

Gefangene eines sowjetischen Arbeitslagers zwischen 1936 und 1937
Gefangene eines sowjetischen Arbeitslagers zwischen 1936 und 1937

Unter der Herrschaft Lenins und vor allem Stalins konnte es passieren, dass jemand wegen einer kritischen Äußerung im Familienkreis oder wegen des Diebstahls eines Apfels denunziert und verhaftet wurde. Während des Großen Terrors (1937-38) wurden von der Staats- und Parteiführung Verhaftungsquoten festgelegt, die dazu führten, dass eine Vielzahl Unschuldiger inhaftiert und verurteilt wurden, viele darunter zu Lagerhaft. Ähnliche Methoden wurden teilweise schon in der Bauzeit des Weißmeer-Ostsee-Kanals angewandt. Derartige Urteile stützten sich meist auf vom Geheimdienst fabrizierte „Beweise“ oder auf unter Folter erpresste Geständnisse. Sehr vage und undeutlich war insbesondere der berüchtigte Paragraph 58 des sowjetischen Strafgesetzbuches, der „konterrevolutionäre Verbrechen“ betraf. Sogar „Verbeugung vor dem Westen“, das „Äußern von Hoffnungen auf das Ende des Kommunismus“ und der angeblich „beabsichtigte Versuch der Spionage“ waren strafbar.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Osteuropa Menschen, die wirklich oder angeblich mit den deutschen Kriegsverbrechern zusammengearbeitet hatten oder selbst Deutsche waren, in Lagern interniert (zum Beispiel in der Tschechoslowakei, wo auch viele Ungarn und Polen interniert wurden). Die Bedingungen für die deutschen Kriegsgefangenen entsprachen ebenfalls nicht den Vorschriften der dritten Genfer Konvention und viele Menschen starben oder überlebten nur mit Folgeschäden.

Unter der kommunistischen Diktatur Nicolae Ceauşescus in Rumänien „verschwanden“ Regimekritiker in Gefängnissen und Irrenhäusern. Ceauşescus Versuch, die Anzahl der Rumänen zu vergrößern und im Übrigen die „Qualität des Volkes“ zu verbessern, führte zur Einrichtung von „Kinder-GULAGs“ z.B. für behinderte Kinder, wie beispielsweise in Cighid.

Eine juristische Aufarbeitung der Konzentrationslager hat auch nach den Demokratisierungen der Länder nur in wenigen Fällen stattgefunden. Hierfür werden auch noch vorhandene Machtstrukturen aus der Zeit der staatlichen Unterdrückung verantwortlich gemacht, die an einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht interessiert sind.

Volksrepublik China

Die in der Volksrepublik China Laogai 劳改 (Umerziehungslager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) genannten Gefangenenlager werden auch als eine Art von Zwangsarbeits- oder Internierungslager angesehen. Sie wurden nach der Machtergreifung der Kommunistischen Partei eingerichtet.

Nach Kotek/Rigoulot gibt es bis heute nur wenige offizielle Dokumente zu den Lagern, „das Geheimnis wird ... gut gehütet“. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nähmen Berichte und Studien über die Lager jedoch zu. Die kommunistische Führung soll zugegeben haben, seit 1949 10 Millionen Menschen in Lagern inhaftiert und im Jahr 1995 in 685 Lagern 1,2 Millionen Gefangene festgehalten zu haben. Diese Zahlen seien jedoch bei weitem zu niedrig angesetzt. Die Lager seien fabrikmäßig organisierte Produktionsstätten und nach außen abgeschirmt, ihre Existenz jeweils getarnt als besondere Farm oder Dorf, so gibt es Bezeichnungen dafür wie „Das edle Dorf des Nordens“. Produkte werden im In- und Ausland abgesetzt. Es gäbe auch Arbeitslager in Landwirtschaft, Kohle- und Uranminen. Die Höhe des wirtschaftlichen Nutzens sei jedoch fraglich. Im Mittelpunkt stehe die „Umerziehung“ der Häftlinge. Nach J. Pasqualini stehe nicht nur die Arbeit im Vordergrund, sondern die „Befreiung“ von „schlechten Gedanken über die Regierung, ihre Führer, die Regierungspolitik, die Verbündeten der Regierung und die kommunistische Partei.“ Die Häftlinge werden von der Außenwelt isoliert.

Ihre Haftbedingungen sollen – mit einigen Unterschieden – denen des sowjetischen Gulag ähneln. Sie sind von Hunger, schwersten Strafen, Misshandlungen und Folterungen gekennzeichnet. Nach bisherigen Erkenntnissen soll die Todesrate etwa 280.000 Menschen pro Jahr betragen. [4]

Portugal

In den Jahren 1936–1954, zur Zeit der Salazar-Diktatur, richtete Portugal auf den Kapverdischen Inseln ein Konzentrationslager ein. Am 29. Oktober 1936 kamen die ersten Gefangenen im Lager Tarrafal an. Insgesamt waren in den 17 Jahren der ersten Phase des Bestehens des Lagers etwa 340 Gefangene hier inhaftiert. Dies waren vorwiegend Matrosen der Organização Revolucionário da Armada, die sich am 8. September 1936 an einer Revolte beteiligt hatten, sowie Angehörige der internationalen Brigaden, die im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatten. Daneben wurde Republikaner, Oppositionelle, alle Angehörigen des Sekretariats der Kommunistischen Partei Portugals und andere Oppostionelle des Salazar-Regimes gefangengehalten.

32 Gefangene starben während ihrer Haft, darunter 1940 Mário Castelhano, Führer der Gewerkschaft CGT und Chefredakteur der anarchosyndikalistischen Tageszeitung A Batalha, sowie 1942 der KP-Generalsekretär Bento António Gonçalves. Die Gefangenen wurden auf zahlreiche Arten gefoltert. Die dezidierte und erklärte Absicht der Lagerleitung und des Lagerarztes war, die Gefangenen durch unmenschliche Haftbedingungen, vorenthaltene medizinische Behandlung, Mangelernährung und Folter „sterben zu lassen“. Unbehandelte schwere Verlaufsformen der Malaria waren die häufigste Todesursache. Fluchtversuche der Gefangenen scheiterten.

Wachen wie Gefangene lebten mit dem Blick auf den Deutschen Faschismus. Nach der Schlacht von Stalingrad nahm die Brutalität der Lagerleitung etwas ab, und nach dem Ende des Nationalsozialismus in Deutschland entspannte sich die Lage soweit, dass von 1945 bis zur Schließung des Lagers am 26. Januar 1954 noch zwei Gefangene starben. Auch wurden bis zur Schließung die meisten Gefangenen auf das portugiesische Festland verlegt oder begnadigt.[5]

Ab 1938 war João da Silva Leiter des Konzentrationslagers. Da Silva besichtigte vorher die deutschen Konzentrationslager, und Offiziere wurden in KZ Dachau ausgebildet. Die Wachmannschaften bestanden aus 25 Mitgliedern der portugiesischen Geheimpolizei PVDE (ab 1945 PIDE) sowie einem Bataillon von über 75 angolanischen Hilfswächtern und wenigen Kap-Verdiern.

In den Jahren 1961–1974 folgte eine zweite Phase der Nutzung. Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegungen aus Kap Verde, Guinea Bissau und Angola wurden, zumeist ohne Gerichtsurteil, „präventiv“ oder in „Schutzhaft“ auf Anordnung der PIDE in Haft gehalten und gefoltert.

Nach der Nelkenrevolution am 25. April 1974 weigerte sich die Lagerleitung, in der Hoffnung auf eine politische Rückwärtwende in Portugal, das Lager zu öffnen. Am 1. Mai 1974 befreite die Bevölkerung der Insel Santiago die Gefangenen in einer großen Demonstration.

Keiner der Täter von Tarrafal wurde je in Portugal verurteilt.

Einzelbelege

  1. Le Centre de séjour surveillé de Fort-Barraux
  2. Le camp de Jargeau 1941–1945 (franz. Projekt einer Schülergrupppe)
  3. Nicole Münnich: Titos tabuisiertes „Hawaii“. Zum Stand der Forschung über die jugoslawische Lagerinsel Goli Otok und zur Frage nach Aufarbeitung
  4. Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager. Propyläen, 2001, ISBN 3-549-07143-4
  5. ‚Ihr seid gekommen, um hier zu sterben‘ – Nahezu unbekannt: Das portugiesische Konzentrationslager Tarrafal von 1936 bis 1954 auf Kapverden

Siehe auch

Literatur

zu NS-Konzentrationslagern

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. 9 Bände (bis 2006 erschienen: 3 Bände). C. H. Beck, München 2005– (Rezension)
  • Eugen Kogon: Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager. Alber, München 1946 (zuletzt: Heyne, München 2004, ISBN 3-453-02978-X)
  • Karin Orth: Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Hamburg 1999
  • Wolfgang Sofsky: Die Ordnung des Terrors: Das Konzentrationslager. S. Fischer, Frankfurt am Main 2002 [1993], ISBN 3-596-13427-7
  • Johannes Tuchel: Die Inspektion der Konzentrationslager 1938-1945. Edition Hentrich, Berlin 1994, ISBN 3-89468-158-6


andere

  • Carlo Spartaco Capogreco: I Campi di Duce. Del duce. L’internamento civile nell’Italia fascista (1940–1943). Einaudi, Turin 2004, ISBN 88-06-16781-2
  • Carlo Spartaco Capogreco: I campi die concentramento fascisti per gli ebrei (1940-1943). In: Storia contemporanea 22 (1990) (Rezension)
  • Brunello Mantelli: Kurze Geschichte des italienischen Faschismus. Wagenbach, Berlin 1998, ISBN 3-8031-2300-3
  • Michele Sarfatti: La persecuzione antiebraica nel periodo 1938-1943 e il suo difficile ricordo. In: Anna Lisa Carlotti (Hrsg.): Italia 1939–1945. Storia e memoria, Milano 1996, S. 73–85

Weblinks

Commons
 Commons: Nationalsozialistische Konzentrationslager – Bilder, Videos und Audiodateien


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