Hans Frank
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Hans Michael Frank (* 23. Mai 1900 in Karlsruhe; † 16. Oktober 1946 in Nürnberg) war ein nationalsozialistischer deutscher Politiker. Er war einer der ältesten Kämpfer in der Gefolgschaft Hitlers, dessen Rechtsanwalt und höchster Jurist im Deutschen Reich. Nach 1933 organisierte er die Gleichschaltung der Justiz in Bayern und später im Deutschen Reich. Er war Mitglied des Reichstags und Reichsminister ohne Geschäftsbereich. Während des Zweiten Weltkrieges war er Generalgouverneur des besetzten Polen und wurde von Zeitgenossen der „Schlächter von Polen“ genannt.
Frank gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen. Er wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von drei Anklagepunkten schuldig gesprochen, zum Tode verurteilt und in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober 1946 gehängt.
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[Bearbeiten] Leben
[Bearbeiten] Jugend und Studium
Hans Michael Frank wurde in Karlsruhe als Sohn des Anwalts Karl Frank (1869–1945) und dessen Frau Magdalena (geb. Buchmaier) geboren. Er hatte zwei Geschwister, Karl junior (1891–1916) und Elisabeth. Nach dem Abitur 1918 am Gymnasium München wurde er zur Infanterie eingezogen, kam jedoch nicht mehr an die Front.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges schloss er sich dem von Franz Ritter von Epp geführten „Freikorps Epp“ an, das maßgeblich an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik beteiligt war. Frank trat in München der völkisch-nationalistischen Thulegesellschaft bei, wo er Anton Drexler, den Vorsitzenden der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) kennen lernte. 1919 wurde er Mitglied der DAP. 1919 bis 1923 studierte Frank Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in München, Kiel und Wien.
Im September 1923 erfolgte seine Aufnahme in die SA, einen Monat später trat Frank in die NSDAP ein. Zusammen mit Hitler und seinen Anhängern nahm Frank am 9. November 1923 am Marsch zur Feldherrnhalle teil. Nach dem Scheitern des Putsches flüchtete Frank nach Italien, konnte jedoch 1924 nach Einstellung des wegen der November-Ereignisse gegen ihn anhängigen Verfahrens nach München zurückkehren. 1924 wurde er an der Kieler Universität in Rechtswissenschaften und Nationalökonomie mit dem Thema Die öffentliche Juristische Person – Ein Beitrag zur Lehre des Merkmals der öffentlichen Rechtsperson promoviert.
Am 2. April 1925 heiratete Frank in München die aus Forst (Lausitz) stammende Stenotypistin und Sekretärin im bayerischen Landtag Maria Brigitte Herbst (*29. Dezember 1895, †9. März 1959). Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor: Sigrid (* 17. März 1927), Norman (* 3. Juni 1928), Brigitte (*13. Januar 1935), Michael (* 15. Februar 1937) und Niklas Frank (* 9. März 1939). Die Familie lebte auf einem Bauernhof im bayrischen Neuhaus am Schliersee, dem „Schoberhof“.
[Bearbeiten] Juristische Karriere
1926 machte Frank das Staatsexamen, erhielt eine Assistentenstelle am juristischen Seminar der Technischen Hochschule München und wurde zweiter Beisitzer des Untersuchungs- und Schlichtungsausschusses der NSDAP-Reichsleitung. Frank trat in die Münchner Anwaltskanzlei seines Vaters ein, die er später übernahm, und verteidigte in der Weimarer Republik NS-Schläger und Funktionäre der NSDAP.
1926 trat Frank vorübergehend aus der NSDAP aus. Er begründete diesen Schritt mit Differenzen mit der Parteileitung hinsichtlich deren Südtirol-Politik, kehrte aber ein Jahr später in die Partei zurück. 1928 gründete er den Nationalsozialistischen Deutschen Juristenbund (ab 1936 NS-Rechtswahrerbund), die erste Fachorganisation der NSDAP, der er auch selbst vorstand. Bis 1933 trat er in über 2.400 Verfahren als Rechtsvertreter in NS-Angelegenheiten vor Gericht auf. 1929 ernannte Hitler ihn zum Leiter der Rechtsabteilung der NSDAP (ab 1935 Reichsrechtsamt der NSDAP).
Als Rechtsbeistand Hitlers verteidigte Frank diesen beim Ulmer Reichswehrprozess in Leipzig, wo Hitler am 25. September 1930 den Legalitätseid ablegte, wonach er nur mehr auf legalem Wege die Macht in Deutschland erringen wollte. Frank verteidigte Hitler in 40 weiteren Prozessen. 1931 erhielt er den Auftrag, Behauptungen über Hitlers jüdische Abstammung zu widerlegen. Er wurde dadurch zum intimen Kenner von Hitlers Abstammung und sah möglicherweise als einziger alle diesbezüglichen Dokumente, von denen später ein Teil verschwand.
1930 wurde Frank zum Abgeordneten des Reichstages gewählt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er 1933 Justizminister von Bayern. In seine Amtszeit fiel 1934 die Mordaktion, der Ernst Röhm und zahlreiche SA-Mitglieder beim Röhm-Putsch im Juni 1934 zum Opfer fielen („Nacht der langen Messer“). Frank behauptete später, gegen die verfahrenslosen Erschießungen von Röhm und dessen Anhängern protestiert zu haben, doch stellte sich dies als Lüge heraus. Frank sprach sich dennoch wiederholt gegen Tötungen ohne formale Rechtsgrundlage aus.
Am 8. März 1933 sandte Frank in einer Rede im bayerischen Rundfunk „einen Gruß an seine unterdrückten Volksgenossen in Österreich“ und drohte, die NSDAP werde notfalls „die Sicherung der Freiheit der deutschen Volksgenossen in Österreich übernehmen“. Die österreichische Regierung protestierte offiziell in Berlin, Hitler lehnte jedoch die Verantwortung für Franks Worte ab. Im Mai 1933 begab sich Frank in Begleitung des preußischen Justizministers Hans Kerrl und des stellvertretenden Ministers Roland Freisler nach Wien, um nationalsozialistische Propaganda zu betreiben. Der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß erklärte die Anwesenheit nationalsozialistischer Minister in Österreich für unerwünscht und wies Frank aus.
Frank wurde am 25. April 1933 im Zuge der Gleichschaltung der Juristen von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum „Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz und für die Erneuerung der Rechtsordnung“ ernannt, mit dem Ziel, neben den Justizbehörden auch die berufsständischen Organisationen gleichzuschalten. Franks Ziel war es, sämtliche Mitglieder des Rechtsstandes in einer großen Zwangsorganisation zusammenzufassen, nationalsozialistisch zu schulen und den Totalitätsanspruch der NSDAP in der Rechtspolitik durchzusetzen.
Im Juni 1933 gründete Frank daher die „Akademie für Deutsches Recht“, deren alleinverantwortlicher Präsident er war und die ihm eine wichtige Bühne für seine Selbstbestätigung bot. Politprominenz wie Göring, Goebbels und Innenminister Wilhelm Frick sowie Rudolf Heß und Alfred Rosenberg wurden zu Mitgliedern ernannt; fördernd standen ihr Großindustrielle wie Carl Bosch, Wilhelm von Opel und Fritz Thyssen zur Seite. Sitz wurde ein Patrizierhaus am Leipziger Platz in Berlin, das Frank nicht nur luxuriös ausstatten ließ, sondern in dem in jedem Arbeitszimmer neben Hitlers Bild auch sein eigenes zu hängen hatte. In München baute Frank überdies 1936 bis 1939 ein „Haus des deutschen Rechts“ in der Ludwigstraße, das später Sitz der Akademie war und das Hitler angeblich als „Oppositionsbude“ bezeichnete. Franks Ambition, der Akademie „Anregung, Begutachtung, Vorbereitung und Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen“ zu übertragen, rief allerdings den Reichsjustizminister auf den Plan, der dies per Erlass unterband.
Frank kumulierte weitere Ämter als Reichsrechtsführer, Reichsleiter des Rechtsamtes der NSDAP sowie weitere Amtswürden in diversen Parteigliederungen und profilierte sich als Herausgeber zahlreicher juristischer Schriften und Periodika (siehe Abschnitt Literatur). Im Dezember 1934 trat er als Reichsminister ohne Geschäftsbereich in die Reichsregierung ein und pendelte zwischen seinen Dienstvillen in Berlin und München und dem Sitz der Familie in Bayern.
1936 wurden die „Leitsätze über Stellung und Aufgaben des Richters“ veröffentlicht, in denen Frank die Bindung des Richters an den Führerwillen zur Forderung erhob:
„Es ist nicht seine Aufgabe, eine über der Volksgemeinschaft stehende Rechtsordnung zur Anwendung zu verhelfen oder allgemeine Wertvorstellungen durchzusetzen, vielmehr hat er die konkrete völkische Gemeinschaftsordnung zu wahren, Schädlinge auszumerzen, gemeinschaftswidriges Verhalten zu ahnden und Streit unter Gemeinschaftsmitgliedern zu schlichten“.
Bei einem Vortrag über die NS-Rechtspolitik im April 1936 in Rom lernte Frank Benito Mussolini kennen, mit dem ihn bald ein herzliches Verhältnis verband, nicht zuletzt, da er sich ohne Dolmetscher mit ihm unterhalten konnte. Ende September 1936 reiste Frank erneut nach Rom, um Mussolini die Einladung Hitlers zu einem Besuch in Deutschland zu überbringen. Bei diesem Besuch war Frank Mussolinis persönlicher Betreuer und begleitete Hitler beim Gegenbesuch in Rom im Mai 1938. Die geplante Entsendung Franks als deutscher Botschafter in Rom kam nicht zustande.
Am 16. Mai 1936 erklärte Frank, dass in Deutschland die Gewaltenteilung aufgehoben sei und die einzige Macht im Staat bei Hitler liege. Nach der Annexion Österreichs im März 1938 wurde die Gesellschaft für Rechts- und Staatswissenschaften durch den Präsidenten Frank am 1. Juni in die Akademie für Deutsches Recht eingegliedert und damit deren Arbeit auf die „Ostmark“ ausgedehnt.
[Bearbeiten] Generalgouvernement
1939 wurde Hans Frank zum Generalgouverneur der im Polenfeldzug von der Wehrmacht besetzten Teile Polens bestellt. Das Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete (ab Juli 1940 nur noch Generalgouvernement), wurde nach der Gebietsaufteilung im Rahmen des Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag am 26. Oktober 1939 gebildet und von Frank als „Nebenland des Reiches“ bezeichnet. Es umfasste ursprünglich eine Fläche von 95.000 km² und wurde 1942 mit Galizien auf 142.000 km² erweitert. Das Generalgouvernement wurde der Zuständigkeit des Deutschen Reiches unterstellt, jedoch nicht in das Staatsgebiet eingegliedert.
Frank hatte seinen Amtssitz zunächst in Lodz, ab November 1939 residierte er auf der Krakauer Burg Wawel, dem Stammsitz der polnischen Könige. Von den Parteigenossen wurde das Generalgouvernement bald spöttisch „Frank-Reich“ genannt, denn Frank herrschte als deutscher Herrenmensch in Polen, beschäftigte eine Heerschar von Bediensteten, die er „Gefolgschaft“ nannte, und plünderte Kunstschätze aus dem Besitz der katholischen Kirche und des polnischen Adels, um die er mit Reichsmarschall Göring kämpfen musste, der den SS-Obergruppenführer Kajetan Mühlmann als „Sonderbeauftragten für die Erfassung und Sicherung der Kunst- und Kulturschätze“ des Landes einsetzte. Ähnlich prunkvoll war auch Franks Privatresidenz Schloss Kressendorf (Krzeszowice) ausgestattet, die er ebenfalls mit gestohlenen Möbeln aus polnischen Adelspalästen dekorierte. Goebbels notierte: „Frank regiert nicht, er herrscht“ und bezeichnete ihn in seinem Tagebuch als „Halbverrückten“. Franks Frau Brigitte verschob Lebensmittel in die Heimat und nahm den Juden in den Ghettos Pelze und Schmuck ab, indem sie in ihnen falsche Hoffnungen auf ihre Rettung weckte. Frank war kunstsinnig und musisch, er spielte Klavier, war Opernliebhaber, Schachspieler, Nietzsche-Kenner und pflegte Umgang mit Künstlern wie Richard Strauss, Gerhart Hauptmann, Elisabeth Schwarzkopf, Winifred Wagner oder Hans Pfitzner, der Frank sein Orchesterwerk „Krakauer Begrüßung“ widmete.
Frank forcierte eine „kulturelle Kontrastpolitik“, mit der er die planmässige Zerstörung des polnischen Kultur- und Geisteslebens im Generalgouvernement betrieb. Bereits in den ersten Tagen der Okkupation wurde die Universität Warschau geschlossen; auch höheren Schulen existierten bald nicht mehr, Polen verlor fast 30 Prozent aller Wissenschaftler und Lehrer an Höheren Schulen. Die Professoren der Universität Krakau wurden geschlossen ins Konzentrationslager Oranienburg verschleppt. Gleichzeitig übernahmen deutsche Wissenschaftler im Generalgouvernement die „Treuhandschaft“ über den Kultur- und Kunstbesitz des Landes. Hierzu schrieb Frank am 3. Oktober 1939:
„Danach kommt nur eine Ausnutzung des Landes durch rücksichtslose Ausschlachtung, Abtransport aller für die deutsche Kriegswirtschaft wichtigen Vorräte, Rohstoffe, Maschinen, Fabrikationseinrichtungen usw., Heranziehung der Arbeitskräfte zum Einsatz im Reich, Drosselung der gesamten Wirtschaft Polens auf das für die notdürftigste Lebenshaltung der Bevölkerung unbedingt notwendige Minimum, Schliessung aller Bildungsanstalten, insbesondere der technischen Schulen und Hochschulen, zur Verhütung des Nachwuchses einer polnischen Intelligenzschicht, in Frage.“
Als Chef der Zivilverwaltung war Frank verantwortlich für die Ermordung Hunderttausender Polen, für die Beschlagnahmung ihres Eigentums und die Deportation etwa einer Million polnischer Zwangsarbeiter in deutsche Fabriken sowie für die Einweisung der polnischen Juden in Ghettos. Mittels der von Frank erlassenen Durchführungsverordnungen wurde innerhalb von sechs Monaten der gesamte staatliche, private und kirchliche Kunstbesitz in Polen konfisziert. Polnische Juristen, Ärzte, Priester, Lehrer, Künstler und Wissenschaftler wurden als sogenannte „Geiseln“ erschossen, jüdische Schauspieler, Schriftsteller, Journalisten und Maler wurden in Ghettos verschleppt. Im Sommer 1940 wurden im Zuge der „AB-Aktion“ (Außerordentliche Befriedungsaktion) über 7.000 mögliche politische Gegner und Widerstandskämpfer sowie verurteilte Kriminelle und inhaftierte Polen, aber auch Intellektuelle liquidiert. Frank rechtfertigte deren summarische Aburteilung mit den Worten: „Ziel der Arbeit im Generalgouvernment ist nicht der Aufbau eines Rechtsstaats, sondern die Erfüllung der nationalsozialistischen Ostaufgabe.“ Seit dieser Aktion wurde Frank von den polnischen Bürgern als „Schlächter von Polen“ bezeichnet.
In Franks Machtbereich wurden auf dem Gebiet des Generalgouvernements vier Vernichtungslager für die „Endlösung der Judenfrage“ errichtet: Belzec, Sobibor, Treblinka und Majdanek.
„Mit den Juden – das will ich Ihnen auch ganz offen sagen – muss so oder so Schluss gemacht werden (…) Meine Herren, ich muss Sie bitten, sich gegen alle Mitleidserwägungen zu wappnen. Wir müssen die Juden vernichten.“ (Frank 1941 bei einer Sitzung in Krakau)
Mit Hitlers Ermächtigung an die obersten Reichsbehörden, Anordnungen für das Generalgouvernement treffen zu können, erhielten auch SS-Führer Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich Eingriffsrechte in die Angelegenheiten des Generalgouvernements und erreichten über ihre Exekutivorgane de facto die alleinige Zuständigkeit. Über diese Befehlslinie lief von Juli 1941 bis Oktober 1943 die Vernichtungsoperation Aktion Reinhardt ab (siehe auch: Aktion Erntefest). Frank lieferte sich einen Machtkampf mit Heinrich Himmler, der in einer Art „Nebenregierung“ herrschte und das besetzte Polen der Polizeigewalt der SS unter Friedrich-Wilhelm Krüger, dem Staatssekretär für Sicherheitsfragen in Polen, unterstellen wollte. Bis zuletzt wurde Frank in dieser Kontroverse von Hitler gestützt, obwohl Hitler eine ausgeprägte Feindschaft und Geringschätzung gegenüber der Justiz und ihren Vertretern besaß und Frank innerhalb der NSDAP schwer angefeindet war. Albert Speer bezeichnete ihn gegenüber Hitler als „Idioten“, Goebbels nannte ihn im Tagebuch am 10. September 1944 „einen politischen Verbrecher erster Klasse“. Franks Führungsstil wurde vor allem von Himmler und Martin Bormann heftig kritisiert, die gemeinsam mit dem Chef der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers, vehement an seiner Absetzung arbeiteten.
Im Sommer 1942 hielt Frank vier Reden an den Universitäten von Berlin, Wien, München und Heidelberg, die das Thema „Das Recht als Grundlage der Volksgemeinschaft“ zum Inhalt hatten und als Replik auf Hitlers Reichstagsrede vom April 1942 gelten, im Zuge derer sich Hitler eine Blankovollmacht als „oberster Gerichtsherr“ hatte geben lassen, was praktisch die Beseitigung der richterlichen Unabhängigkeit bedeutete. Frank verteidigte das Rechtswesen gegen Angriffe aus den Kreisen der SS und nahm unter dem Motto: „Kein Reich ohne Recht – auch das unsere nicht! Kein Reich ohne Richter – auch das deutsche nicht! Kein Richter ohne echte Macht von Oben – auch der deutsche nicht!“ gegen die totale Entmachtung der Justiz durch die Polizei Stellung. Hitler erteilte Frank daraufhin Redeverbot außerhalb des Generalgouvernements und schloss ihn von allen Ämtern im Reich aus. Dies bedeutete das Ende von Franks rechtspolitischen Aktivitäten. Zwei Rücktrittsgesuche Franks vom Posten des Generalgouverneurs lehnte Hitler ab.
[Bearbeiten] Nürnberger Prozess
Beim Vormarsch der Roten Armee auf Krakau flüchtete Frank am 17./18. Januar 1945 nach Bayern. Am 4. Mai wurde er von amerikanischen Soldaten im „Haus Bergfrieden“ in Neuhaus am Schliersee in der von ihm eingerichteten „Außenstelle des Generalgouvernements Polen“ festgenommen, wohin er noch zahlreiche Kunstwerke aus Krakau mitgenommen hatte, darunter Werke von Rembrandt, Rubens und Leonardo da Vinci. „Mein Marsch mit Hitler war nach fast einem Vierteljahrhundert zu Ende gegangen“ schrieb er später in seinen Erinnerungen zu diesem Tag. Im Zuge seiner Verhaftung übergab Frank sein insgesamt 11.367 Seiten umfassendes Dienst-Tagebuch, in dem er seine Arbeit im Generalgouvernement penibel katalogisiert hatte und das später beim Nürnberger Prozess große Bedeutung erlangen sollte. Am 6. Mai 1945 schnitt er sich im Kriegsgefangenenlager der 36. US-Infanteriedivision in Berchtesgaden die Pulsadern auf, nachdem er schon kurz nach seiner Festnahme versucht hatte, sich die Kehle aufzuschneiden, wurde aber gerettet. Aufgrund der während seiner Amtszeit im Generalgouvernement begangenen Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere in den Ghettos von Lemberg, Warschau und Litzmannstadt (Łódź), wurde Frank im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wegen Verschwörung, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.
Im Nürnberger Justizgefängnis vollzog Frank eine ostentative Hinwendung zum Katholizismus und bezeichnete den Prozess gegenüber dem Gerichtspsychologen Gustave M. Gilbert als „ein gottgewolltes Weltgericht, das bestimmt ist, die schreckliche Leidenszeit unter Adolf Hitler zu untersuchen und zu beenden“. Er schrieb in der Haft seine Lebenserinnerungen, „Im Angesicht des Galgens. Deutung Hitlers und seiner Zeit auf Grund eigener Erlebnisse und Erkenntnisse“, die seine Frau Brigitte später im Eigenverlag herausgab.
Im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher sprach Frank während der Beweisführung ein berühmt gewordenes Schuldbekenntnis: „Tausend Jahre werden vergehen und diese Schuld von Deutschland nicht wegnehmen.“ Diese Aussage rief bei den Mitangeklagten, insbesondere bei Göring, Empörung hervor. Im Schlusswort vom 31. August 1946 nahm Frank diesen Satz allerdings wieder zurück: „Die riesigen Massenverbrechen entsetzlichster Art, die (…) an Deutschen verübt wurden und noch verübt werden, haben jede nur mögliche Schuld unseres Volkes schon heute restlos getilgt.“
Frank wurde am 1. Oktober 1946 in den Punkten 3 (Kriegsverbrechen) und 4 (Verbrechen gegen die Menschlichkeit) der Anklage schuldig gesprochen und zum Tod durch den Strang verurteilt. Laut Urteil war er
„ein williger und wissender Mitwirkender sowohl bei der Anwendung von Terror in Polen, wie bei der wirtschaftlichen Ausbeutung Polens auf eine Art und Weise, die zum Hungertod einer grossen Anzahl Menschen führte; ferner bei der Deportation von mehr als einer Million Polen als Sklavenarbeiter nach Deutschland und in Ausführung eines Programms, das den Mord von mindestens drei Millionen Juden zur Folge hatte.“
Hans Frank akzeptierte das Todesurteil mit den Worten „Ich verdiene und erwarte es“. Kurz vor seiner Hinrichtung bedankte er sich für die geistliche Fürsorge während der Gefangenschaft und bat Gott, ihn „gnädig zu empfangen.“ Am 16. Oktober 1946 wurde Frank in Nürnberg hingerichtet.
[Bearbeiten] Niklas Frank und das Buch „Der Vater“
Hans Franks Sohn Niklas Frank publizierte 1987 ein Buch mit dem Titel „Der Vater“, das den Untertitel „Eine Abrechnung“ trägt. Frank rekonstruierte das Leben seines Vaters aufgrund jahrelanger Recherchen, in deren Verlauf er erkennen musste, welch ungeheuren Ausmaßes die Verbrechen des Vaters waren. Das Buch wurde zunächst als Serie mit dem Titel „Mein Vater, der Nazimörder“ in der deutschen Illustrierten „Stern“ veröffentlicht und löste heftige Kontroversen aus. Es ist ein außergewöhnliches Dokument schonungsloser Offenheit eines Sohnes der Person und den Verbrechen seines Vaters gegenüber. Niklas Frank schreibt dazu:
„Es gibt Väter, die zeugen einen täglich neu. So, wie der meine mich. Ich schlug mich mit ihm herum, ein Leben lang. Erst innerlich. Dann exhibitionierte ich, schrieb einen wüsten Text, ungefiltert durch bürgerlichen Geschmack, genau so ekelhaft, wie deutsche und österreichische Bürger während des ‚Dritten Reiches‘ ihren Verbrechen nachgingen, oder Hitler und seine Verbrecher schützten, stützten, verehrten, liebten - und die große Zeit bis heute nicht vergessen haben. (...) Wenn man seinen Vater verfolgt, wie ich, wenn man in sein Hirn hineinkriecht, wie ich, wenn man seine Feigheiten studiert, und sie wieder findet, wie ich bei mir, wenn man bei den Recherchen sieht, welch Gierzapfen meine Mutter war, wie sie das Generalgouvernement Polen als Supermarkt auffasste, in dem sie als ‚Frau Generalgouverneur‘ die Preise selbst bestimmen konnte, wenn man, wie ich mit ihr, durch die Gettos fuhr und Pelze auflud aus den jüdischen Geschäften, deren Inhaber fälschlicherweise glaubten, durch Brigitte Frank ihr Leben retten zu können, dann kann aus all dem Leid und Hass zwischen den Leichenbergen nur eines entstehen: Die Groteske.“
Am 9. Juni 1995 kam „Der Vater“ als multimediales Theaterprojekt mit dem Untertitel „Eine blutige Komödie“ bei den Wiener Festwochen heraus, basierend auf dem von Frank in Zusammenarbeit mit dem israelischen Autor Joshua Sobol verfassten Szenario, unter der Regie von Paulus Manker. Verwendet wurde dabei auch die Originalstimme Hans Franks sowie Filmaufnahmen und unzählige Privatfotos aus dem Besitz von Niklas Frank.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Werke von Hans Frank
- Im Angesicht des Galgens. Deutung Hitlers und seiner Zeit auf Grund eigener Erlebnisse und Erkenntnisse. Geschrieben im Nürnberger Justizgefängnis. Alfred Beck Verlag, München-Gräfeling 1953 (2. Aufl. 1955 in Neuhaus bei Schliersee).
- Das Diensttagebuch des deutschen Generalgouverneurs in Polen 1939–1945 (Herausgegeben von Werner Präg und Wolfgang Jacobmeyer), Stuttgart 1975; Leske und Budrich, Opladen 1980, ISBN 3-8100-0296-8
- Privattagebuch, Band 1 und 2 (unveröffentlicht), Bundesarchiv Koblenz
- Hans Frank war Herausgeber und Autor der Periodika „Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht“, „Deutsches Recht (Zentralorgan des Bundes National–Sozialistischer Deutscher Juristen)“, „Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht“, „Deutsches Recht in Österreich“ und „Das Vorfeld (Schulungsblätter für den Nationalsozialisten im Generalgouvernement)“ und Verfasser zahlreicher Artikel im „Mitteilungsblatt des Bundes National–Sozialistischer Deutscher Juristen und des Reichsrechtsamtes der NSDAP“ sowie ab 1934 Herausgeber des „Jahrbuchs der Akademie für Deutsches Recht“ in München.
[Bearbeiten] Zeugnisse
- Kaputt. Roman von Curzio Malaparte; Kap.IV: Zu Gast bei Generalgouverneur Frank auf dem Wawel, Neapel 1944; neu aufgelegt (übersetzt von Hellmut Ludwig) Paul Zsolnay Verlag, ISBN 3552053344
„Seine Ungeheuerlichkeit bezieht der Roman aus dem Gegensatz der Wirklichkeitsausschnitte. Ein stilvolles Diner in den Gemächern des Generalgouverneurs von Polen, Hans Frank, wird durch die Schilderung eines Pogroms in Jassy, die der Held und Ich-Erzähler beim Gänsebraten zum Besten gibt, in ein gleissendes Licht getaucht und wirkt wie eine Höllenfahrt. (...) Die feucht-weiche Physiognomie des Generalgouverneurs Frank vergisst man nicht mehr.“ (Frankfurter Rundschau, 6. April 2005)
[Bearbeiten] Sekundärliteratur
- Dieter Schenk: Hans Frank. Hitlers Kronjurist und Generalgouverneur, S. Fischer, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3100735625.
- Niklas Frank: Der Vater – Eine Abrechnung, mit einem Vorwort von Ralph Giordano, Bertelsmann Verlag, München 1987, ISBN 3-570-02352-4
- Niklas Frank: Meine deutsche Mutter. C. Bertelsmann, München 2005, ISBN 3-570-00689-1
- Christian Schudnagies: Hans Frank – Aufstieg und Fall des NS-Juristen und Generalgouverneurs. - Frankfurt am Main, 1988. ISBN 3-631-40622-3
- Der Generalgouverneur Hans Frank (Christoph Klessmann), in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 19. Jg. 1971, 3. Heft, Juli, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1971
- Hans Frank – Kopie eines Gewaltmenschen (Joachim C. Fest), in: Das Gesicht des Dritten Reiches
- Hans-Rainer Pichinot: Die Akademie für Deutsches Recht – Aufbau und Entwicklung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft des Dritten Reichs. - Kiel, Univ., Diss., 1981.
- Deutsche Rechtsgeschichte und nationalsozialistische Weltanschauung: das Beispiel Hans Frank (Dietmar Willoweit), in: Rechtsgeschichte im Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte einer Disziplin, Hg. von Michael Stolleis und Dieter Simon, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen
- Martyn Housden: Hans Frank - Lebensraum and the Holocaust. - New York, 2003. ISBN 1-4039-1579-2
- Stanislaw Piotrowski (Hrsg): Hans Franks Tagebuch. - Warschau, 1963.
- Das Deutsche Generalgouvernement in Polen. Ein Überblick über Gebiete, Gestaltung und Geschichte (Hg. Dr. Max Freiherr du Prel), mit 12 Karten und 33 Abbildungen
- Die deutsche Politik im Generalgouvernement Polen 1939–1945. Aus dem Diensttagebuch des Generalgouverneurs Hans Frank (Imanuel Geiss); in: „politik und zeitgeschichte“, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, 26. August 1978
- Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof (14. November 1945 bis 1. Oktober 1946), Amtlicher Text in deutscher Sprache (Hg. Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Hans Frank im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Frank-Artikel der Redaktion des Geschichtsportals shoa.de
- deathcamps.org Hans Frank (engl.)
- Hans Frank (1939-1944, Polen)
Göring | Heß | Bormann (Verbleib damals unbekannt) | v. Ribbentrop | Ley (Suizid vor Prozessbeginn) | v. Papen | Keitel | Jodl | Raeder | Dönitz | Kaltenbrunner | Speer | Sauckel | Schacht | Funk | Krupp v. Bohlen und Halbach (Prozessunfähig) | Frank | Seyß-Inquart | Rosenberg | v. Neurath | Frick | Streicher | Fritzsche | v. Schirach
Personendaten | |
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NAME | Frank, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher nationalsozialistischer Politiker und Kriegsverbrecher |
GEBURTSDATUM | 23. Mai 1900 |
GEBURTSORT | Karlsruhe |
STERBEDATUM | 16. Oktober 1946 |
STERBEORT | Nürnberg |