Joachim von Ribbentrop

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Joachim von Ribbentrop als Angeklagter in Nürnberg
Joachim von Ribbentrop als Angeklagter in Nürnberg

Ullrich Friedrich Willy Joachim Ribbentrop, seit 1925 von Ribbentrop (* 30. April 1893 in Wesel; † 16. Oktober 1946 in Nürnberg) war ein einflussreicher Politiker in der Zeit des Nationalsozialismus und von 1938 bis 1945 Außenminister des Deutschen Reiches. Ribbentrop war seit dem 30. Mai 1933 SS-Ehrenführer im Range eines SS-Standartenführers und stieg rasch weiter in der Hierarchie der SS auf. 1938 erhielt er durch Heinrich Himmler die SS-Mitgliedsnummer 63.083 zugeteilt und wurde nun auch offiziell als Mitglied des „Stabes Reichsführer-SS“ geführt.

Ribbentrop gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen und wurde am 1. Oktober 1946 in allen vier Anklagepunkten schuldig gesprochen und zum Tod durch den Strang verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Er war der Sohn des Oberstleutnants Richard Ullrich Friedrich Wilhelm Ribbentrop und Johanne Sophie Hertwig. Am 15. Mai 1925 wurde er von seiner entfernt verwandten Tante Gertrud von Ribbentrop (1863-1943), deren Vater Karl Ribbentrop im Jahr 1884 geadelt worden war, adoptiert und durfte von da an den Namen von Ribbentrop tragen.

Ribbentrop heiratete am 5. Juli 1920 in Wiesbaden Anna Elisabeth (Annelies) Henkell (* 12. Januar 1896 in Mainz; † 5. Oktober 1973), die Tochter des Sektfabrikanten Otto Henkell (1869-1929) und seiner Frau Katharina (Käthe) Michel, dessen Berliner Vertretung Ribbentrop von nun an führte. Das Ehepaar hatte fünf Kinder:

  • Rudolf von Ribbentrop (* 10. Mai 1921 in Wiesbaden)
  • Bettina von Ribbentrop (* 20. Juli 1922 in Berlin)
  • Ursula von Ribbentrop (* 19. Dezember 1932 in Berlin)
  • Adolf von Ribbentrop (* 2. September 1935 in Berlin)
  • Barthold von Ribbentrop (* 27. Dezember 1940 in Berlin)

[Bearbeiten] Leben

Zwischen 1908 und 1914 verbrachte Ribbentrop viel Zeit im Ausland. Zwischen 1910 und 1914 lebte er fast ausschließlich in Kanada, wo er ein Importgeschäft für Weine aus Deutschland besaß und 1914 Mitglied einer Eishockey-Mannschaft war[1]. Er sprach fließend Französisch und Englisch.

Sofort nach Beginn des Ersten Weltkrieges verließ er Kanada, um auf deutscher Seite zu kämpfen. Im Verlauf des Krieges wurde er mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet und zum Oberleutnant befördert. Nach einer Verletzung an der Front wurde er in die deutsche Botschaft in Istanbul versetzt.

Nachdem er 1932 Adolf Hitler kennengelernt hatte, trat er der NSDAP bei. Aufgrund seiner Bewunderung für den Österreicher Adolf Hitler stellte Ribbentrop, mittels seiner gesellschaftlichen Beziehungen, im Verlauf des Jahres 1932 Kontakt zwischen einflussreichen Persönlichkeiten Berlins und Adolf Hitler her. Diese Kontakte ermöglichten es Hitler, die „Machtergreifung” im Jahr 1933 ohne großen Widerstand durchzuführen.

Ribbentrop wurde 1933 bei der Kabinettsbildung nicht, wie von ihm erhofft, Außenminister, da von Seiten der NSDAP der „alte KämpferAlfred Rosenberg für dieses Amt vorgesehen war, dann jedoch die Konservativen dieses Ministerium für sich beanspruchten: Reichsaußenminister blieb der bereits unter den Reichskanzlern Franz von Papen und Kurt von Schleicher amtierende Konstantin Freiherr von Neurath. Ribbentrop erhielt aber bereits 1934 den Titel „Außenpolitischer Berater und Beauftragter der Reichsregierung für Abrüstungsfragen”. Im Juni 1935 wurde er dann zum „Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter des Deutschen Reiches” befördert.

In dieser Position erreichte er im selben Jahr das deutsch-britische Flottenabkommen mit Großbritannien, das es dem Hitlerreich erlaubte, eine Flotte von einem Drittel der Größe der britischen Flotte zu unterhalten. Ein Jahr später schlossen das Deutsche Reich und Japan den von Ribbentrop geschmiedeten Antikomintern-Pakt. Dieser sah eine Kooperation zwischen Japan und dem Deutschen Reich zur Bekämpfung der Kommunistischen Internationale (Komintern) vor. 1936 erhielt er die Stelle des Botschafters in London.

Ribbentrop bei der Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes (hinten stehend, dritter von links)
Ribbentrop bei der Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes (hinten stehend, dritter von links)

Im Zuge der Fritsch-Blomberg-Affäre wurde Ribbentrop schließlich Reichsaußenminister als Nachfolger Neuraths: Dieser hatte in einer geheimen Sitzung (siehe Hoßbach-Niederschrift) gemeinsam mit Kriegsminister Werner von Blomberg und dem Oberbefehlshaber des Heeres, Werner von Fritsch die Kriegspläne Hitlers kritisiert. In der Folge wurden alle drei Kritiker aus ihren Ämtern gedrängt. Mit Ribbentrop wurde schließlich ein bedingungsloser Gefolgsmann Hitlers Chef des Auswärtigen Amtes.

Nachdem im März 1939 Reichstruppen in die Tschechoslowakei einmarschiert waren, versuchten die Briten ein Bündnis mit der Sowjetunion auszuhandeln. Als das Reichsaußenministerium im April davon erfuhr, begann für Ribbentrop ein wahrer Verhandlungsmarathon, den er am 23. August 1939, zum Erstaunen der Briten, mit der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes durch den sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw Molotow auch gewann. Dieses Bündnis sah die Teilung des besiegten Polens zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR sowie die Neutralität der UdSSR im Falle eines Krieges in Westeuropa vor.

Wenige Tage danach begann am 1. September der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff auf Polen, in dessen Verlauf Polen dann auch unter dem Deutschen Reich und der UdSSR aufgeteilt wurde.

Da das Außenministerium für die Juden in den vom Reich besetzten westeuropäischen Gebieten zuständig war, konnte die SS ohne Widerstand aus diesem Ministerium die Vernichtung der europäischen Juden fortsetzen. Die Kooperation Ribbentrops mit Himmlers SS beim Holocaust erfolgte in erster Linie über die Referatsgruppe "Inland II" des Auswärtigen Amtes mit dessen Leiter Horst Wagner, der als Verbindungsmann zwischen Ribbentrop und Himmler fungierte, sowie dem Judenreferenten des Auswärtigen Amtes, dem promovierten Juristen Eberhard von Thadden, während die propagandistische Absicherung, Verschleierungs- und Rechtfertigungsmaßnahmen der Judemverfolgungen durch Ribbentrops Pressechef Paul Karl Schmidt durchgeführt wurden.

[Bearbeiten] Nach 1945

Joachim von Ribbentrop (vordere Reihe, dritter von links) in Nürnberg auf der Anklagebank
Joachim von Ribbentrop (vordere Reihe, dritter von links) in Nürnberg auf der Anklagebank
Der Leichnam Joachim von Ribbentrops nach der Hinrichtung
Der Leichnam Joachim von Ribbentrops nach der Hinrichtung

Nach Ende des Krieges wurde Ribbentrop vor dem Nürnberger Tribunal angeklagt. Ihm wurden Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt. Während der 218 Verhandlungstage in Nürnberg zeigte Ribbentrop auf der Anklagebank keinerlei Reue. Er wurde schließlich am 1. Oktober 1946 in allen Anklagepunkten für schuldig befunden und zum Tod durch den Strang verurteilt. Er wurde als Erster der 10 zum Tode Verurteilten am 16. Oktober 1946 um 1:12 Uhr im Nürnberger Justizgefängnis hingerichtet. Da der Henker John C. Woods[2] wahrscheinlich die Länge der bei den Hinrichtungen verwendeten Stricke falsch berechnete, soll bei der Hinrichtung Ribbentrops jedoch nicht der beabsichtigte Genickbruch eingetreten sein, weshalb Ribbentrop in einem 15-minütigen Todeskampf langsam und qualvoll erstickt sein soll[3]; ein ausführlicher Augenzeugenbericht beschreibt entsprechende Vorkommnisse zwar klar bei zwei anderen in Nürnberg Hingerichteten, jedoch gerade nicht bei Ribbentrop.[4]

Seine letzten Worte waren: „Gott schütze Deutschland. Gott sei meiner Seele gnädig. Mein letzter Wunsch ist, dass Deutschland seine Einheit wiederfindet, dass eine Verständigung zwischen Ost und West kommt für den Frieden der Welt.“ Sieben Jahre später veröffentlichte seine Witwe Anna Elisabeth Erinnerungen und die letzten Aufzeichnungen aus seinem Nachlass unter dem Titel „Zwischen London und Moskau”. Später folgte aus ihrem Nachlass der Werktitel „Die Kriegsschuld des Widerstandes“, der von Rudolf von Ribbentrop herausgegeben wird.

[Bearbeiten] Literatur

  • Christopher R. Browning: The final solution and the German Foreign Office. A study of Referat D III of Abteilung Deutschland 1940–43. Holmes & Meier, New York 1978, ISBN 0-8419-0403-0.
  • Hans-Jürgen Döscher: SS und Auswärtiges Amt im Dritten Reich. Diplomatie im Schatten der „Endlösung”. Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin 1991, ISBN 3-548-33149-1.
  • Joachim Fest: Das Gesicht des Dritten Reiches. Profile einer totalitären Herrschaft. zahlr. Auflagen, u. a. München, 11. Auflage 1994, ISBN 3-492-11842-9. Band enthält auch ein Profil Ribbentrops.
  • Milan Hauner: The Professionals and the Amateurs in National Socialist Foreign Policy. Revolution and Subversion in the Islamic and Indian World. In: Hirschfeld, Gerhard Kettenacker Lothar: Der „Führerstaat“: Mythos und Realität. Stuttgart 1981, 305-328.
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B Band V, Seite 306, Band 26 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1961, ISSN 0435-2408.
  • Annelies von Ribbentrop: Die Kriegsschuld des Widerstandes. Aus britischen Geheimdokumenten 1938/39. Aus dem Nachlass herausgegeben von Rudolf von Ribbentrop. Druffel-Verlag, Leoni am Starnberger See 1974.
  • Joachim von Ribbentrop: Zwischen London und Moskau. Erinnerungen und letzte Aufzeichnungen. Aus dem Nachlass herausgegeben von Annelies von Ribbentrop. Druffel-Verlag, Leoni am Starnberger See 1954.

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Joachim von Ribbentrop (1893 - 1946), Geschrieben von André Krajewski auf Shoa.de
  2. Stars and Stripes vom 28. Juli 1950
  3. Nürnberger Prozesse: Der Tod durch den Strick dauerte 15 Minuten, Spiegel Online, 16. Januar 2007
  4. Howard Kingsbury Smith: The Execution of Nazi War Criminals. Ausführlicher journalistischer Augenzeugenbericht.

[Bearbeiten] Weblinks