Annexion
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Unter einer Annexion (auch Annektierung) versteht man die nichteinvernehmliche, also einseitige rechtliche Aneignung eines bis dahin unter fremder Gebietshoheit stehenden Territoriums.
Eine Annektierung erfolgt meistens nach militärischer Gewaltanwendung oder wenigstens unter Androhung einer solchen. Sie geht über die Okkupation (Besetzung) insofern hinaus, als auf dem fremden Territorium nicht nur die Hoheitsgewalt de facto ausgeübt wird, sondern dieses auch de jure in das eigene Staatsgebiet oder Kolonialreich einverleibt wird. Zwischen Okkupation und Annexion kann auch eine längere Zeit liegen.
Das klassische Völkerrecht erlaubte dem Sieger in einer militärischen Auseinandersetzung, Gebiete des Gegners ganz oder teilweise zu okkupieren oder zu annektieren.
Nach Artikel 2 Zif. 4 der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 ist „jede gegen die territoriale Unversehrtheit […] eines Staates gerichtete […] Androhung oder Anwendung von Gewalt“ verboten. Daraus folgt das grundsätzliche völkerrechtliche Verbot von Okkupation und Annexion.
Nach Artikel 51 beeinträchtigt die Charta „im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung. […] Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen“.
[Bearbeiten] Beispiele
Beispiele sind die Annexionen
- von Neu-Amsterdam durch England 1664
- von Straßburg durch Frankreich 1681
- das polnisch-litauische Territorium durch Preußen, Österreich und durch das Russische Reich 1772, 1793 und 1795
- Ostgeorgiens (Kartlien-Kachetiens) durch Russland 1801
- der Gebiete des Heiligen Römischen Reichs links des Rheins durch das revolutionäre Frankreich 1797/1801
- der Freien Reichsstädte Augsburg und Nürnberg durch Bayern 1805 bzw. 1806
- von großen Teilen Nordwestdeutschlands und des Königreich Holland durch Frankreich 1810
- gesamt Schleswig-Holsteins, Königreich Hannovers, Kurhessens, Nassaus und der Freien Stadt Frankfurt durch Preußen 1866 (siehe Deutscher Krieg)
- Elsaß-Lothringens durch das Deutsche Reich nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871
- Königreich Birma durch die Briten nach drei Kriegen, ab 1886 vollständig in Britisch-Indien eingegliedert
- der Burenrepubliken Transvaal und Oranje-Freistaat durch Großbritannien 1900 infolge des Burenkrieges
- Bosniens durch Österreich-Ungarn 1908
- des Sudetenlandes 1938 durch das Deutsche Reich infolge des Münchner Abkommens
- der Freien Stadt Danzig 1939 durch das Deutsche Reich
- der übriggebliebene Teil Tschechiens durch das Deutsche Reich 1939
- Bessarabiens durch die Sowjetunion 2. August 1940 infolge des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes
- Luxemburgs 1942 durch das Deutsche Reich
- der Südkurilen durch die Sowjetunion am 2. Februar 1946
- Acehs durch Indonesien 1949
- Sikkims durch die Indische Union 1971
- Osttimors durch Indonesien 1976 (inzwischen beendet)
- der Westsahara durch Marokko 1976
- Ostjerusalems durch das israelische Jerusalemgesetz 1980
- der Golan-Höhen durch Israel 1981
- von Kuwait durch den Irak 1990, die den Zweiten Golfkrieg auslöste und anschließend wieder beendet wurde
Umstritten, aber wohl auch als Annexion anzusehen, ist der „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938.
Weitere Beispiele für Annektierungen sind die chilenische Übernahme von Teilen der Atacama, die zuvor Bolivien gehörten, oder die Übernahme ehemals portugiesischer Gebiete durch Indien 1961 (Goa).