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Die Wiener Gemeindebezirke
Wien gliedert sich politisch in 23 Wiener Gemeindebezirke (Stadtbezirke). Von den Wienern werden die Bezirke entweder mit ihren Namen (z.B. „Hernals“) oder mit ihren Nummern bezeichnet (z.B. „17. Bezirk“ oder auch „Der Siebzehnte“). Diese Nummern befinden sich auf jedem Straßenschild vor dem Straßennamen (z.B. „17., Pezzlgasse“) und bilden auch die 2. und 3. Stelle der Postleitzahl („1010“ für den 1. Bezirk bis „1220“ für den 22. Bezirk, im 23. Bezirk gelten Ausnahmen). Im Dialekt wird manchmal anstelle der Bezeichnung „Bezirk“ auch „Hieb“ verwendet.
Straßenschild am Schrödingerplatz
Die ursprüngliche Stadt Wien bestand nur aus dem von den Stadtmauern umgebenen Gebiet, heute der Großteil des 1. Bezirks, der Inneren Stadt. Ab dem 15. Jahrhundert erfolgte auch vor der Stadtmauer eine intensivere Besiedlung. Am Beginn der Türkenbelagerung 1529 wurden die mittelalterlichen Vorstädte niedergebrannt, um dem Feind keine Deckung zu bieten. Die später entstandenen neuzeitlichen Vorstädte waren rechtlich der jeweiligen Grundherrschaft unterstehende Ortschaften. 1683 wurden die Vorstädte bei der zweiten Türkenbelagerung erneut stark in Mitleidenschaft gezogen. 1707 wurde im Bereich des heutigen Gürtels der Linienwall zu ihrem Schutz errichtet.
1848 wurden die grundherrschaftlichen Rechte abgelöst, die Ortschaften zu Gemeinden. 1850 wurden die Stadt und 34 Vorstädte zusammengeschlossen, die Stadtmauer wurde erst ab 1858 demoliert. Die früheren Vorstädte wurden in die Bezirke 2 bis 8 eingeteilt. Durch Teilungen entstanden später 10 Bezirke - 1861 wurde der 5. Bezirk vom 4. Bezirk abgetrennt, dadurch verschob sich die Zählung der Bezirke 5 - 8 und sie wurden zu den Bezirken 6 - 9. 1874 wurden die außerhalb des neu angelegten „Gürtels“ gelegenen Teile des 5. Bezirks zum 10. Bezirk zusammengefasst.
Außerhalb des Linienwalles befanden sich die so genannten Vororte. Da der Linienwall eine Steuergrenze war, an der Einfuhren in die Stadt und die Vorstädte der Verzehrungssteuer unterworfen wurden, war das Leben in den Vororten deutlich billiger. Aus diesem Grund und weil einige Vororte längst zu selbstbewussten Gemeinden geworden waren, die ihre Autonomie durchaus schätzten, zogen sich die Verhandlungen zur Eingemeindung ca. 20 Jahre hin.
Erst als Kaiser Franz Joseph bei der Eröffnung des Türkenschanzparks in der Gemeinde Währing (heute 18. Bezirk) 1888 eine Aufsehen erregende Rede über die erhoffte baldige Beseitigung der physischen Grenze der Vororte hielt, wurde das Vorhaben endlich entscheidungsreif gemacht: Am 19. Dezember 1890 erfolgte der Gesetzesbeschluss, per 1. Jänner 1892 wurden dann die Vororte als Bezirke 11 bis 19 eingemeindet. 1900 wurde der 20. Bezirk vom 2. abgetrennt. 1904 wurde die auf der östlichen Donauseite (am linken Donauufer) gelegene Großgemeinde Floridsdorf als 21. Bezirk Teil von Wien.
Karte von
Groß-Wien (alte Grenzen dunkelorange, neue Grenzen hellorange, heutige Grenzen mittelorange)
Nach dem Anschluss im Jahr 1938 wurden 97 niederösterreichische Ortschaften nach einer Verordnung des damaligen Wiener Bürgermeisters Hermann Neubacher vom 1. Oktober 1938 eingemeindet, wodurch Wien bis zur Befreiung 1945 als „flächengrößte deutsche Stadt“ galt, und noch bis 1954 als Groß-Wien bezeichnet wurde, da während dieser Zeit 26 Bezirke zur Stadt gehörten.
Die Orte Breitenfurt, Laab im Walde, Perchtoldsdorf, Vösendorf und Hennersdorf blieben nicht beim Bezirk Mödling, sondern wurden dem Bezirk Liesing zugeschlagen. Diese neuen Bezirke wurden als Landbezirke mit den Randgemeinden bezeichnet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde 1946 in Wien, in Niederösterreich und im Nationalrat beschlossen, einen Großteil der Eingemeindungen rückgängig zu machen, doch scheiterte die Kundmachung der diesbezüglichen Gesetze zur Grenzänderung am Widerstand der sowjetischen Behörden im Kontrollrat. So entstand die Situation, dass die Bürger dieser Bezirke ihre Mandatare für den niederösterreichischen Landtag wählten. Diese Mandatare hatten aber dort kein Stimmrecht. Umgekehrt wurden die Randgemeinden von der Wiener Gemeindeverwaltung verwaltet, hatten aber keine Vertretung im Wiener Gemeinderat.
Erst 1954 stimmten auch die sowjetischen Behörden der Wiederausgliederung vieler Randgemeinden zu; die 1946 beschlossenen Gesetze wurden kundgemacht und traten in Kraft. Zu dieser Zeit hatten sich die Bürger vielfach aber schon an die Zugehörigkeit zu Wien gewöhnt. Die Gemeinde Wien selbst warb um ein Verbleiben im Stadtverband. Es fanden sogar nichtoffizielle Volksabstimmungen statt, wie in der Stadt Mödling und Klosterneuburg. Diese hatten aber keine Relevanz für die bereits 1945 getroffene Entscheidung. Nur Teile des 22. (heute Donaustadt) und 25. Bezirks (als 23. Bezirk) und etliche Gemeinden am Stadtrand verblieben somit bei Wien. 46 Gemeinden kamen zurück zu Niederösterreich. Wien verlor dadurch zwei Drittel seiner Fläche.
Folgen sind heute nur mehr beispielsweise bei der Strom- und Gasversorgung sichtbar. Vor allem die Stromversorgung erfolgt größtenteils noch immer durch die in Wien ansässige Wien-Energie und nicht durch die EVN. Die niederösterreichischen Randgemeinden Kledering, Mauerbach, Perchtoldsdorf, Schwechat, Vösendorf und andere bilden nach wie vor einen Teil des Wiener Telefonnetzes mit der Vorwahl 01 bzw. +43-1.
[Bearbeiten] Bezirke und Bezirksteile
Da sich das heutige Stadtgebiet durch zahlreiche Eingemeindungen ehemaliger Vorstädte und Vororte ergab, findet man deren Namen und die Namen einstiger Ortsteile noch immer auf dem Stadtplan. Es bestehen bis heute in einigen Teilen der Stadt baulich sowie mental abgrenzbare Nachbarschaften bzw. Wohngegenden, sogenannte Grätzl oder Viertel. Besonders deutlich sichtbar ist dies in den Außenbezirken, wo sich oft die traditionellen Ortskerne (z.B. Kaiserebersdorf, Mauer, Hütteldorf, Grinzing) erhalten haben.
Die Bezirke 1 bis 9 und 20 gelten als Innenbezirke (auch innerhalb des Gürtels gelegen bezeichnet, obwohl das für den 2., 20. und Teile des 3. Bezirks nicht stimmt), alle anderen werden als Außenbezirke bezeichnet.
Obwohl er die wenigsten Einwohner hat, zählt der 1. Bezirk mit 100.745 Beschäftigten die meisten Arbeitnehmer. Grund für diese hohe Arbeitsplatzdichte ist einerseits der Tourismus, der die teuren Geschäftsstraßen und -gassen belebt, andererseits die gute Erreichbarkeit im Zentrum der Stadt, für viele Firmen ein wichtiger Standortfaktor.
Donaustadt, der 22. Bezirk, ist der flächengrößte und nach Einwohnern zweitgrößte Bezirk. Er umfasst 10.234 Hektar Fläche und 136.444 Einwohner. Aufgrund der enormen Fläche zählt die Donaustadt allerdings auch zu den am dünnsten besiedelten Bezirken. Einzig der 13. Bezirk im Westen der Stadt, Hietzing, weist mit 1.315 Personen pro km² eine noch geringere Bevölkerungsdichte auf.
Die kleinste Fläche besitzt der 8. Bezirk, Josefstadt. Da auf den nur 1,08 km² allerdings 22.057 Personen wohnen, ergibt das die zweitgrößte Einwohnerdichte der Stadt. Eine noch höhere Einwohnerdichte gibt es nur im 5. Bezirk, Margareten. Auf zwei Quadratkilometern leben dort 49.111 Personen, was mit 24.191 Personen pro km² alle anderen Bezirke der Stadt übertrifft.
Die Bezirksdaten im Überblick:
Bezirk |
Wappen |
Bezirksteile |
Ein-
gemeindung |
Fläche
in ha |
Einwohner
2001 |
Einwohner
pro km² |
Beschäftigte
2001 |
1. Innere Stadt |
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2. Leopoldstadt |
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1850 (inkl. Brigittenau, seit 1900 20. Bezirk) |
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3. Landstraße |
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4. Wieden |
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1850 (bis 1861 inkl. Margareten und Süd-Favoriten) |
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5. Margareten |
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1850 als Teil Wiedens, 1861 Bezirk (bis 1891 inkl. Süd-Favoriten) |
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6. Mariahilf |
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7. Neubau |
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8. Josefstadt |
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9. Alsergrund |
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10. Favoriten |
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1874 - 1938 (Rothneusiedl, Oberlaa, Unterlaa bis 1954 beim damaligen 23. Bezirk Schwechat) |
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11. Simmering |
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12. Meidling |
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13. Hietzing |
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1892, 1938 (Lainzer Tiergarten, bis 1954 beim damaligen 25. Bezirk, Liesing) |
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14. Penzing |
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1892 Teil des 13. Bezirks, 1938 Bezirk, Hadersdorf-Weidlingau neu dazu |
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15. Rudolfsheim-
-
Fünfhaus
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1892 (bis 1938 2 Bezirke: 14 und 15) |
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16. Ottakring |
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17. Hernals |
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18. Währing |
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19. Döbling |
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20. Brigittenau |
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1850 als Teil des 2. Bezirks, 1900 von diesem abgetrennt |
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21. Floridsdorf |
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22. Donaustadt |
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23. Liesing |
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1938 25. Bezirk (mit größerem Umfang), 1954 heutiger Umfang |
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Gesamt |
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Das Oberhaupt des Bezirks ist der Bezirksvorsteher. Er wird immer von der stimmenstärksten Partei bei den Bezirksvertretungswahlen gestellt, einer seiner beiden Stellvertreter ebenfalls. Der zweite Stellvertreter gehört der zweitstärksten Partei an. Dabei stellen die Grünen den Bezirksvorsteher im 7. und 8. Bezirk, die ÖVP in den bürgerlichen Innenbezirken 1 und 4, sowie den Villenvierteln 13, 18 und 19. In allen anderen Bezirken wird der Bezirksvorsteher von der SPÖ gestellt (alle Angaben auf Grund der Bezirksvertretungswahlen 2005).
Seit dem Beitritt Österreichs zur EU (1995) sind nichtösterreichische EU-Bürger/innen, die in Wien ihren ständigen Wohnsitz haben, bei den Bezirksvertretungswahlen wahlberechtigt.
2002 wurde das Wahlrecht bei den Bezirkswahlen auch auf Nicht-EU-Bürger/innen, die mindestens fünf Jahre in Wien ihren Wohnsitz haben, ausgedehnt. Diese Regelung wurde jedoch 2004 vom Verfassungsgerichtshof auf Grund einer Beschwerde der FPÖ und der ÖVP wieder aufgehoben.
- Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien in fünf Bänden, Kremayr & Scheriau, Wien 1992 - 1997
- Peter Diem; Michael Göbl; Eva Saibel: Die Wiener Bezirke. Ihre Geschichte, ihre Persönlichkeit, ihre Wappen. Perlen Reihe, Wien (2002).