Weltbank
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Die in Washington, D.C. (USA) angesiedelte Weltbankgruppe hatte ursprünglich den Zweck, den Wiederaufbau der vom Zweiten Weltkrieg verwüsteten Staaten zu finanzieren.
Sie umfasst die folgenden fünf Organisationen, die jeweils eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, sich aber im Eigentum der Mitgliedstaaten befinden:
- Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (International Bank for Reconstruction and Development – IBRD; auch: World Bank)
- Internationale Entwicklungsorganisation (International Development Association – IDA)
- Internationale Finanz-Corporation (International Finance Corporation – IFC)
- Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (Multilateral Investment Guarantee Agency – MIGA)
- Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID)
Die Organisationen der Weltbankgruppe sind durch verwaltungsmäßige Verflechtungen und durch einen gemeinsamen Präsidenten (im Fall der ICSID als Vorsitzender des Verwaltungsrates) verbunden.
Der Begriff „Weltbank“ (im Ggs. zu „Weltbankgruppe“) umfasst nur die beiden ersten der fünf oben angeführten Organisationen.
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[Bearbeiten] Gemeinsame Kernaufgabe
[Bearbeiten] Wirtschaftsförderung durch Beratung, Finanzierung und Vermittlung zu Dritten bzw. Mischfinanzierungen
Die gemeinsame Kernaufgabe dieser Institutionen ist, die wirtschaftliche Entwicklung von weniger entwickelten Mitgliedsländern durch finanzielle Hilfen, durch Beratung und technische Hilfe zu fördern, und so zur Umsetzung der internationalen Entwicklungsziele beizutragen (vor allem den Anteil der Armen an der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2015 um die Hälfte reduzieren zu helfen). Sie dienen auch als Katalysator für die Unterstützung durch Dritte.
[Bearbeiten] Langfristige Kredite zu günstigen Konditionen für konkrete Projekte oder Programme, die bestimmte Kriterien erfüllen
Dies geschieht vornehmlich durch die Vergabe von langfristigen Darlehen zu marktnahen Konditionen (IBRD) beziehungsweise zinslosen, langfristigen Krediten (IDA) für Investitionsprojekte, umfassende Reformprogramme und technische Hilfe, zunehmend auch durch die Förderung der privatwirtschaftlichen Entwicklung durch die Beteiligung an Firmen (IFC) und durch die Übernahme von Garantien (MIGA).
1974 haben die Gouverneursräte der Weltbank und des IWF auf Wunsch der Entwicklungsländer einen gemeinsamen Ministerausschuss über den Transfer von finanziellen Ressourcen in Entwicklungsländer eingesetzt – das Development Committee (DC). Das DC hat 24 Mitglieder, die die gesamte Mitgliedschaft der Weltbankgruppe und des IWF vertreten, und tagt zweimal im Jahr. Seine Aufgabe ist es, die Gouverneursräte der Bank und des IWF über wichtige Entwicklungsfragen und über die für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in den Entwicklungsländern erforderlichen Ressourcen zu beraten. Im Laufe der Zeit hat das DC auch Fragen des Handels und des globalen Umweltschutzes in seine Beratungen einbezogen.
Die Weltbank veröffentlicht jährlich den Weltentwicklungsbericht (World Development Report), der jeweils einem übergreifenden und für die aktuelle Entwicklungsdiskussion bedeutsamen Thema gewidmet ist. Er fasst in seinen detaillierten Analysen nicht nur den Diskussionsstand zusammen, sondern gibt vor allem auch entscheidende Anstöße und bringt die internationale Debatte über Entwicklung um wichtige Schritte voran. Weitere zentrale Weltbank-Berichte sind der „Global Economic Prospects“, „Global Development Finance“ und „Doing Business“.
Die Private Sector Development (PSD) ist eine Strategie der Weltbank, die Privatisierung in Entwicklungsländern voranzutreiben, sie ist für alle Teile der Weltbank gültig, und alle anderen Strategien müssen auf PSD abgestimmt sein. Auch die Vergabe von Krediten ist an grundlegende Reformen im Sinne der PSD geknüpft, die private Herstellung von Infrastruktur soll gefördert werden: es wird argumentiert, dass die öffentliche Hand öffentliche Unternehmen bevorzuge und einen Wettbewerb verhindere (vgl. Strukturanpassungsprogramme).
[Bearbeiten] Struktur und rechtlicher Status
Ebenso wie der Internationaler Währungsfonds (IWF) ist auch die Weltbank eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Mitglieder bei der IBRD können nur Staaten werden, die bereits dem IWF angehören und alle damit verbundenen Verpflichtungen übernommen haben. Die Mitgliedschaft bei der IBRD ist wiederum Voraussetzung für den Beitritt zu Internationale Entwicklungsorganisation (IDA), Internationale Finanz-Corporation (IFC), Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) und Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID).
Oberstes Organ der IBRD (wie auch bei IFC, IDA und MIGA) ist der Gouverneursrat, für den jedes Mitgliedsland einen Gouverneur (in der Regel den Wirtschafts- oder Finanzminister) und einen Stellvertreter ernennt. Das Exekutivdirektorium besteht bei der IBRD, der IDA und der IFC seit Herbst 1992 aus 24 Personen[1]; davon werden fünf von den Mitgliedern mit den höchsten Kapitalanteilen (darunter Deutschland) ernannt, die übrigen 19 werden alle zwei Jahre durch die Gouverneure anderer Mitgliedsländer gewählt. Mit Ausnahme der Volksrepublik China, Russlands und Saudi-Arabiens, die durch einen eigenen Exekutivdirektor repräsentiert werden, vertreten die übrigen gewählten Direktoren jeweils mehrere Mitgliedsländer (Stimmrechtsgruppen). Die Exekutivdirektoren nehmen - im Auftrage Ihrer Gouverneure - das Tagesgeschäft wahr.
Die laufenden Geschäfte führt der Präsident entsprechend den Beschlüssen des Direktoriums. Er wird von den Exekutivdirektoren für jeweils fünf Jahre gewählt und darf weder Gouverneur noch Exekutivdirektor sein. Er hat den Vorsitz im Direktorium (ohne Stimmrecht, außer bei Stimmengleichheit) und ist Leiter des Mitarbeiterstabs. Präsident der IBRD und ihrer Schwestergesellschaften IDA und MIGA war zuletzt von 2005-2007 der Amerikaner Paul Wolfowitz, seit Juni 2007 Robert Zoellick. Bei der IFC und bei der MIGA bestehen organisatorische Besonderheiten insofern, als sie einen eigenen, von der IBRD und IDA getrennten Mitarbeiterstab und einen eigenen geschäftsführenden Vizepräsidenten haben.
Bei Abstimmungen im Gouverneursrat und Direktorium richtet sich das Stimmengewicht des einzelnen Landes im Wesentlichen nach der Höhe seines Kapitalanteils. Wie beim IWF verfügen alle Mitglieder — über eine bestimmte Anzahl von Basisstimmen hinaus — über Stimmrechte entsprechend ihrer finanziellen Beteiligung.
[Bearbeiten] Bisherige Präsidenten der Weltbankgruppe
Gemäß gängiger Praxis stellen die USA stets den Präsidenten der Weltbank und Europa den Vorsitzenden des Internationalen Währungsfonds. Hier eine Aufstellung der Präsidenten mit Angabe der Amtszeit:
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Präsident Von Bis Eugene Meyer Juni 1946 Dezember 1946 John Jay McCloy März 1947 Juni 1949 Eugene Robert Black Juli 1949 Dezember 1962 George D. Woods Januar 1963 März 1968 Robert S. McNamara April 1968 Juni 1981 Alden W. Clausen Juli 1981 Juni 1986 Barber B. Conable Juli 1986 August 1991 Lewis T. Preston September 1991 Mai 1995 James David Wolfensohn Juni 1995 Mai 2005 Paul Wolfowitz Juni 2005 Juni 2007 Robert Zoellick Juni 2007
[Bearbeiten] Stimmverteilung
Die Stimmrechte sind nach Anteilseigentum verteilt, zum Beispiel bei der IBRD (IFC) wie folgt:
- USA 16,39 % (23,68 %)
- Japan 7,87 % (5,88 %)
- Deutschland 4,49 % (5,37 %)
- Frankreich 4,3 % (5,04 %)
- Großbritannien 4,3 % (5,04 %)
(Auszug, Stand 7. September 2004)
[Bearbeiten] Kritik
Die Förderpraxis der Weltbank wird oftmals von Umweltschutzorganisationen und globalisierungskritischen Gruppen angegriffen. Zu oft würden Großprojekte wie Staudämme oder Pipelines gefördert, die verheerende Umweltschäden und Nachteile für die ansässige Bevölkerung zur Folge hätten und eher Konzernen aus den Industrieländern sowie den Eliten in den Entwicklungsländern dienten, als wirklich nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Des Weiteren wird die Weltbank für ihre neoliberale Haltung kritisiert. Vor allem in Südamerika und Afrika werden viele staatliche Betriebe auf ihren Druck hin privatisiert und Handelshemmnisse abgebaut, was, laut Kritikern, oftmals zu einer Ausbeutung von Beschäftigten und Rohstoffen, zu Umweltzerstörung durch internationale Konzerne und zur Ruinierung von einheimischen Bauern und Betrieben durch subventionierte Importe führe, oftmals ohne dass das Land oder seine Bewohner (mit Ausnahme der Machtelite) davon profitieren würden.
Auch wird der Weltbank die Unterwerfung unter außenpolitische Ziele der USA vorgeworfen, was sich z. B. in einer Bevorzugung von autoritären Regimes vor demokratischen Bewegungen gezeigt haben soll. So unter anderem in Argentinien (mit General Jorge Videla), Chile (Augusto Pinochet) und Nicaragua (Anastasio Somoza Debayle).
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Axel Dreher: Die Kreditvergabe von IWF und Weltbank: Ursachen und Wirkungen aus politisch-ökonomischer Sicht. wvb Berlin, Berlin 2003, ISBN 3936846545.
- Uwe Hoering: Wasser für Nahrung – Wasser für Profit. Die Wasserpolitik der Weltbank in der Landwirtschaft, Stuttgart, Brot für die Welt 2005 Volltext
- Joseph E. Stiglitz: Die Schatten der Globalisierung. Goldmann, München 2004, ISBN 3-442-15284-4.
- Michel Chossudovsky: Global brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Zweitausendeins, Frankfurt a.M. 2002, 476 S. ISBN 3-86150-441-3]
- John Perkins: "Bekenntnisse eines Economic Hit Man". Goldmann, München 2004, ISBN 3570500667.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Liste der 24 Exekutivdirektoren und ihrer Stellvertreter (pdf) (Stand 12. Mai 2008) auf web.worldbank.org
[Bearbeiten] Weblinks
- Website der Weltbank (mehrsprachig, unter anderem auf englisch, spanisch, französisch, arabisch, chinesisch).
- „Weltbank ist ein internationaler Agenda-Setter“ − Interview mit Dirk Messner, Geschäftsführer des Instituts für Entwicklungspolitik in Bonn, Deutschlandfunk, 20. März 2005.
- Weltbankkritik: Linkliste von Attac Infomaterial zu IWF und Weltbank.
- Kampagne gegen die Politik der Weltbank von 70 NRO´s
Koordinaten: 38° 53' 56" N, 77° 2' 33" W