Spitzkehre (Eisenbahn)
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Eine Spitzkehre ist eine Einrichtung, die dazu dient, unter möglichst geringem technischen Aufwand und Platzverbrauch im Eisenbahnbetrieb einen Höhenunterschied zu überwinden.
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[Bearbeiten] Bauweise und Definition
Sie besteht aus einem End- und Sackgleis, in das zwei Eisenbahngleise über eine Weiche zusammenlaufen. Auf dem End- und Sackgleis muss der Zug seine Fahrtrichtung wechseln. Dies ist die einfachste Bauform, mit der eine Eisenbahn eine größere Steigung überwinden kann. Folgen mehrere Spitzkehren nacheinander, kann eine Eisenbahnstrecke im Zickzack auch große Steigungen bewältigen. Eine Spitzkehre ist identisch mit einer einfachen Form des Kopfbahnhofs, das End- und Sackgleis kann zugleich auch als Bahnhofsgleis dienen. Jedoch hat die Spitzkehre primär die Funktion, einen Höhenunterschied zu überwinden.
Die Änderung der Fahrtrichtung kann bei aus einzelnen Wagen gebildeten Zügen durch Lokwechsel erfolgen. Dazu ist in den flachen Endstücken der Spitzkehre allerdings ein zweites Gleis erforderlich. Oder der Zug wird bis zur nächsten Spitzkehre rückwärts geschoben, um gegebenenfalls nach einer weiteren Spitzkehre wieder gezogen zu werden.
Spitzkehren behindern durch den Fahrtrichtungswechsel jedoch Betrieb und Kapazität einer Strecke. Deshalb findet man sie nur noch auf wenig befahrenen Strecken.
[Bearbeiten] Europa
[Bearbeiten] Deutschland
[Bearbeiten] Spitzkehrenbahnhöfe in Betrieb
- Lauscha (Bahnstrecke Sonneberg–Probstzella)
- Michaelstein (Rübelandbahn
- Wurzbach (Saalfeld–Blankenstein)
[Bearbeiten] Ehemalige Spitzkehren in Deutschland
- Schillingsfürst (abgebaut)
- Lenzkirch im Schwarzwald (abgebaut)
- Elm (1914 im Zuge der Frankfurt-Bebraer Eisenbahn durch den Distelrasen-Tunnel ersetzt, baulich aber noch im Zug der Strecke Fulda–Würzburg und der Verbindungskurve Schlüchtern–Elm erhalten.)
- Kleinbahn Steinhelle-Medebach: doppelte Spitzkehre
- Der Bahnhof Mainspitze war von 1846 bis 1848 Spitzkehre und Betriebsbahnhof der Main-Neckar-Bahn in Frankfurt am Main
- Erdbach, Westerwaldquerbahn
[Bearbeiten] Österreich / Italien
Beim Bau der Grödnerbahn in Südtirol (Klausen–Plan, 1915–1916) wurde in St. Christina eine Spitzkehre angelegt. Die endgültige Trasse sah hier einen Kehrtunnel vor. Mit der Spitzkehre konnte die Bahn vor der Fertigstellung des Kehrtunnels in Betrieb genommen werden. Nach Fertigstellung des Tunnels wurde die Spitzkehre wieder abgebaut.
[Bearbeiten] Schweiz
- In Chambrelien an der Strecke von Neuchâtel nach La Chaux-de-Fonds (Schweizerische Bundesbahnen).
- In Combe-Tabeillon an der Strecke der Chemins de fer du Jura von Glovelier nach Saignelégier.
- Die Wengernalpbahn besitzt mit der Station Grindelwald Grund einen Bahnhof mit Spitzkehre. Auf ihrem höchsten Punkt, der Station Kleine Scheidegg, gibt es ein Gleisdreieck (Wendedreieck), welches allerdings im Planverkehr nicht genutzt wird. Es ermöglicht ein Wenden der Züge, so dass sie auf jeder Seite des Berges vorschriftsgemäss mit der Lokomotive voran bergab fahren können.
- Vallorbe Kopfbahnhof mit Spitzkehre (bis 1915)
[Bearbeiten] Slowakei
- Waldeisenbahn mit historischen Spitzkehren Historická lesná úvraťová železnica Vychylovka (HLÚŽ)
[Bearbeiten] Dänemark
- Die Hafenbahn in Lemvig (auch "Bergbahn" genannt, mit Ausflugfahrten).
[Bearbeiten] Afrika
[Bearbeiten] Tansania
- Die Sigi-Bahn wies eine vierfache Sptzkehre auf. Die Bahn existiert nicht mehr.
- Die Usambarabahn wies zwischen Pongwe und Ngommi / Muheza eine Doppelspitzkehre auf. Ob diese noch in Betrieb ist, ist nicht bekannt.
[Bearbeiten] Amerika
[Bearbeiten] Argentinien
Der von Salta aus fahrende Touristenzug Tren a las Nubes muss auf seinem Weg nach San Antonio del los Cobres zwei Spitzkehren befahren. Ohne sie wären die Höhenunterschiede der Strecke nicht zu bewältigen. Die Eisenbahnstrecke weist außer der natürlichen Schönheit der Landschaft noch weitere bahntechnische Raffinessen wie Wendeschleifen und Viadukte auf.
[Bearbeiten] Ecuador
Die Zugverbindung von Riobamba (2.754 m) über die Anden nach Simbambe (1.806 m) enthält das Steilstück der Teufelsnase (span. Nariz del Diablo). Auf diesem Streckenabschnitt, der als steilste Bahnstrecke der Welt gilt, werden rund 500 Höhenmeter in mehreren Spitzkehren bewältigt.
[Bearbeiten] Peru
Die berühmteste Spitzkehre der Welt befindet sich auf der touristisch wichtigen Bahn zwischen Cusco und Macchu Picchu in Peru. Die Steigung wird ausschließlich durch Spitzkehren überwunden, wodurch die Fahrt auf der nur 120 km langen Strecke fünf Stunden dauert.
[Bearbeiten] USA
- Kohala Mill an der Hawaii Railway.
- Cascade Tunnel
[Bearbeiten] Asien
[Bearbeiten] China
Entlang der sogenannten Jing-Bao-Linie von Peking nach Zhangjiakou gibt es in Qinglongqiao zwei voneinander unabhängige Spitzkehren direkt unterhalb der Chinesischen Mauer, da jedes Gleis der zweigleisigen Strecke seinen Spitzkehrenbahnhof auf einer gegenüberliegenden Talseite hat.
[Bearbeiten] Indien
Im Verlauf der Darjeeling Himalayan Railway in Indien gibt es neben einigen Kreiskehrschleifen ebenfalls mehrere Spitzkehren. Die Strecke ist aufgrund ihrer baulichen Besonderheiten von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen worden.
[Bearbeiten] Libanon
Die Libanonbahn von Damaskus nach Beirut wies im Zuge der Überquerung des Libanongebirges zwei Spitzkehren auf.
[Bearbeiten] Pakistan
Entlang der Bahnstrecke über den Chaiber-Pass befinden sich kurz hintereinander zwei Spitzkehren, der Zug wird zwischen beiden bergwärts geschoben.
[Bearbeiten] Australien
- Glenbrook, Ostflanke der Blue Mountains im Zuge der Transaustralischen Eisenbahn, abgebaut
- Zig Zag Railway, Westflanke der Blue Mountains im Zuge der transaustralischen Eisenbahn bei Lithgow (NSW), heute: Museumsbahn