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Religionssoziologie – Wikipedia

Religionssoziologie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Religionssoziologie ist ein Spezialgebiet der Soziologie und zugleich der Religionswissenschaft. Sie befasst sich mit den sozialen Voraussetzungen von Religion, mit den sozialen Formen, die Religion annimmt, und dem Einfluss von Religion auf Gesellschaften. Die Religionssoziologie deckt hierbei ein weites Feld ab und reicht von Beiträgen zur Gesellschaftstheorie (die z. B. die Funktion von Religion für die Gesamtgesellschaft beschreiben) bis zu mikrosoziologischen Untersuchung einzelner religiöser Gruppen und religiöser Praktiken.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Grundbegriffe

[Bearbeiten] Religion

Die Soziologie hat keinen einheitlichen Begriff der Religion ausgebildet, vielmehr gehen die Autoren von unterschiedlichen Religionsbegriffen aus. Unterschieden werden substantiale und funktionale Definitionen der Religion:

  1. Substantiale Definitionen versuchen, charakteristische Wesensmerkmale der Religion zu bestimmen, die diese substantial (wesensmäßig, inhaltlich) von anderen sozialen Phänomenen unterscheidet, beispielsweise die Erfahrung von Gott oder dem Heiligen.
  2. Funktionale Definitionen hingegen versuchen Religion über ihre Funktion für einzelne Gesellschaftsmitglieder bzw. die Gesamtgesellschaft zu bestimmen. Funktionen der Religion sind zum Beispiel die Erklärung unerklärlicher Phänomene oder die Legitimation von Herrschaft.

Darüber hinaus gibt es Mischdefinitionen, die sowohl substantiale als auch funktionale Elemente einbeziehen. Da funktionalistische Theorien in der internationalen Soziologie lange Zeit eine vorrangige Stellung hatten, sind überwiegend funktionale soziologische Definitionen der Religion verbreitet. Für eine funktionale Bestimmung von Religion spricht auch die Begriffsgeschichte: Der Begriff der Religion stammt aus der christlich-abendländischen Tradition und ist daher nicht ohne weiteres auf Gesellschaften außerhalb dieses Kulturkreises anwendbar (siehe hierzu ausführlicher: Religion).

[Bearbeiten] Säkularisierung

Der Prozess der Säkularisierung beschreibt die zunehmende Trennung von Religion und gesellschaftlichen Prozessen und Einrichtungen, die früher religiös geprägt waren. Säkularisierung geht damit weiter als die bloße Aufhebung geistlicher Herrschaften im Rahmen der Säkularisation. War das Mittelalter noch von einem tiefgreifenden religiösen Einfluss auf alle Bereiche menschlichen Lebens gekennzeichnet, so wird Religion im Säkularisierungsprozess zu einem System neben anderen. So werden zum Beispiel heutzutage Krankenhäuser nicht mehr allein unter dem Gedanken christlicher Barmherzigkeit organisiert, sondern gelten als säkulare (weltliche) Anstalten zum Wohle der Allgemeinheit und werden dementsprechend staatlich finanziert und professionell betrieben. Ebenso wurde die Rolle des Klerus in der Gesellschaft im Laufe der europäischen Geschichte einem sozialen Wandel unterworfen. Wenngleich mit dem Säkularisierungsprozess zweifellos ein Verlust des Einflusses institutionalisierter Religiosität (insbesondere kirchlich institutionalisierter Religiosität) in vielen Lebensbereichen verbunden ist, ist es doch strittig, ob die Säkularisierung einen Bedeutungsverlust von Religion bzw. Religiosität als solchen beinhaltet oder ob sie nicht vielmehr einen Strukturwandel der Religion darstellt, sich also die Religiosität der Menschen nur in ihrer Form und in der Art und Weise ihrer Ausübung ändert. Thomas Luckmann spricht in diesem Zusammenhang von Säkularisierung als einer „Entkirchlichung“ bzw. „Privatisierung“ von Religiosität. Demgegenüber versuchten Detlef Pollack, Steve Bruce und andere mittels empirischer Studien nachzuweisen, dass mit dem Rückgang institutionalisierter Religiosität auch ein Rückgang individueller Religiosität einhergegangen ist.

[Bearbeiten] Ritual

Die Religionsausübung ist in der Regel mit der Praxis von Ritualen und Zeremonien verbunden, mit denen die Anhänger einer Religion ihre religiöse Lebensführung gestalten, ihre Weltanschauung zum Ausdruck bringen oder die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft demonstrieren und zelebrieren. Im Rahmen von Kult und Gottesdienst dienen solche Rituale sehr oft der Erfahrung von Transzendenz, der symbolisch oder zeichenhaft vermittelten (jedoch unter Umständen durchaus als „real“ empfundenen oder interpretierten) Verbindung mit dem (wie auch immer verstandenen) Göttlichen oder Absoluten, der Herstellung und dem Erlebnis von Gemeinschaft oder einer als sinnstiftend empfundenen Deutung und Überhöhung des lebensweltlichen Alltags durch religiöse Symbole und rituelle Vollzüge.

Siehe auch: Religiöse Riten

[Bearbeiten] Religiöse Organisationen

Religion äußert sich nicht nur in der religiösen Praxis von Ritualen, sondern auch in religiösen Organisationen, die sich in Aufbau, Hierarchie und Mitgliedschaftsvoraussetzungen unterscheiden. Schon Max Weber traf eine Unterscheidung zwischen Sekten einerseits und Kirchen andererseits. Der Begriff der Sekte ist im außerwissenschaftlichen Kontext in der Regel eindeutig negativ belegt. Neben der kategorialen Unterscheidung bestimmter Organisationsformen wie Kirche und Sekte richtet die Religionssoziologie ihr Interesse auch auf die Entstehung solcher Organisationsformen und den Übergang von einer Organisationsform in andere.

[Bearbeiten] Religiöse Rollen

Mit der Ausbildung organisierter Religiosität in Ritualen und Organisationen geht die Entstehung bestimmter sozialer Rollen einher, etwa der des Priesters und des Propheten. Religiöse Führer oder Gruppen religiöser Funktionsträger (z. B. der Klerus) können in einer religiös geprägten Gesellschaft eine bedeutende soziale Position einnehmen, mit der gesellschaftlicher Einfluss und Privilegien bis hin zur tatsächlichen oder beanspruchten politischen Herrschaft verbunden sein können (Klerikalismus).

Religionssoziologische (bisweilen auch von der Pastoraltheologie herangezogene) Forschungen befassen sich auch mit der praktischen Rolle von Seelsorgerinnen und Seelsorgern im modernen, durch Differenzierung und Konkurrenz der Systeme und Weltanschauungen gekennzeichneten gesellschaftlichen Kontext. Diese lässt sich soziologisch etwa (in Anlehnung an Anthony Giddens[1]) als die Rolle von Repräsentanten einer Religion als „Expertensystem“ beschreiben, das an die Stelle des hergebrachten allumfassenden und allgemeingültigen „Symbolsystems“ getreten ist.

  1. The Consequences of Modernity (1990), deutsch: Konsequenzen der Moderne (1996) [ISBN 3-518-28895-4]

[Bearbeiten] Theoriegeschichte

Bereits von dem vorsokratischen griechischen Denker Xenophanes († 470 v. Chr.) sind ausgesprochen religionssoziologische Fragmente überliefert. Als bedeutender Vorläufer der Aufklärung ist der von Charles de Montesquieu mit seinem L'esprit du lois (1749) beeinflusste Orientalist Johann David Michaelis mit seinem Werk Mosaisches Recht von 1793 anzusehen. Hier wurde erstmals die soziale 'Vernünftigkeit' der mosaischen Gesetze in der Bibel dargetan, und zur Prüfung seiner Hypothesen arbeitete Michaelis auch einen empirischen Fragebogen aus, den er Carsten Niebuhr und Pehr Forsskål auf ihre berühmte arabische Expedition mitgab.

Grundlegend für die Entwicklung der Religionssoziologie selbst sind vor allem die Schriften von Max Weber („Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus“, „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“) und Émile Durkheim („Die elementaren Formen des religiösen Lebens“).

[Bearbeiten] Religionskritik

Auguste Comte verstand Soziologie als Naturwissenschaft, die sich in Folge der Aufklärung als Steuerungsinstrument einer rationalen Gesellschaft etablieren sollte, soziale Physik. Im Vorfeld einer Soziologie der Religion steht daher das Erbe der Religionskritik, die neben philosophischen und psychologischen Argumenten immer auch mit soziologischen Argumenten betrieben wurde.

[Bearbeiten] Karl Marx

Auch wichtig zu beachten für eine Religionskritik aus soziologischer Perspektive ist Karl Marx. Dieser geht in seiner Gesellschaftstheorie davon aus, dass im Zuge der Entfremdung des Arbeiters durch den Zwangsverkauf der Arbeitskraft in der kapitalistischen Gesellschaft der Religion die Funktion zufalle, diese Entfremdung durch religiösen Trost und Jenseitsorientierung zu überdecken. Daher sieht Marx die Religion als „Opium des Volkes“ und, daraus folgend, die Kritik der Religion als Anfang aller Kritik an.

[Bearbeiten] Émile Durkheim

In seinem religionssoziologischen Hauptwerk „Die elementaren Formen des religiösen Lebens“ bezeichnet Émile Durkheim die Religion als Ausdruck des Sozialen. Während in der Vergangenheit Religion das Bindeglied der traditionellen Gesellschaften war, wird dies in der modernen Gesellschaft durch soziale Zusammenhänge zum großen Teil ersetzt. Er entwickelt demgemäß die grundsätzliche Unterscheidung zwischen „heilig“ und „profan“.

In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts versuchten die Soziologen und Intellektuellen des Collège de Sociologie angelehnt an Durkheim und seine Schüler (Marcel Mauss, Robert Hertz und Henri Hubert) eine soziologisch grundierte Religionstheorie und z. T. auch -praxis zu entwickeln, die dem ideologischen Einfluss des Nationalsozialismus auf den Einzelnen vorbeugen sollte.

[Bearbeiten] Max Weber

Max Webers berühmtester Beitrag zur Religionssoziologie ist seine sogenannte Protestantismusthese, die er in seiner Schrift „Die protestantische Ethik und der 'Geist' des Kapitalismus“ entwickelte. Weber versucht die Frage zu beantworten, weshalb sich ausgerechnet im Abendland (genauer: in den angelsächsischen Ländern) der moderne (= rationale) Kapitalismus entwickelte. Weber erklärt dies durch den Protestantismus, insbesondere die Prädestinationslehre. Dieser führte einerseits zu einer innerweltlichen Askese (und dazu zur nötigen Kapitalakkumulation), andererseits zu einer Lebenspraxis, die wirtschaftlichen Erfolg als Zeichen göttlicher Auserwähltheit als anstrebenswert erachtete. Auch wenn sich die religiöse Basis im Laufe der Zeit änderte, so blieb doch diese Lebenspraxis. Andere Religionen untersuchte Weber in der Aufsatzsammlung „Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen“. Neben der Protestantismusthese hat Weber in seinem Hauptwerk „Wirtschaft und Gesellschaft“ systematisch Grundbegriffe der Religionssoziologie wie z. B. Sekte abgehandelt. Sein vor allem in Kontext der von ihm definierten Herrschaftstypen bekannt gewordener Begriff des Charismas wird seit den 1990ern gewinnbringend in der Religionssoziologie angewandt.

[Bearbeiten] Georg Simmel

Bei Simmel klingt die Religion in seinem Werk der "Philosophie des Geldes" an. Symbolhaft steht hierfür seine Aussage "Geld wird Gott" (als Erweiterung zu Nietzsches: "Gott ist tot"). Geld und Kapitalismus setzten sich also ihmnach an die Stelle, die vorher die Religion inne hatte. Sprachliche Verwandtschaften verdeutlichen dies: Offenbarung und Offenbarungseid, Schuld und Schulden, Credo und Kredit, Erlös und Erlösung, heilige und kommerzielle Messe, Beruf und Berufung.

Wichtige Entwicklungen sind hierbei: kognitive Rationalisierung (Geld führt zur Notwendigkeit täglicher mathematischer Operationen), Geld als Wertesystem und Quasi-Religion (über den Kapitalismus wird das Geld vom Mittel zum Selbstzweck), Individualisierung (Geld als Schrittmacher individueller Freiheit).

[Bearbeiten] Talcott Parsons

Aus Sicht der strukturfunktionalen Systemtheorie Talcott Parsons ist die Religion ein wesentliches Element für die Begründung von Werten und Grundmustern sozialer Systeme.

[Bearbeiten] Peter L. Berger

siehe dort

[Bearbeiten] Thomas Luckmann

stellt die positive, konstruktive gesellschaftliche Rolle der Religion in den Vordergrund, indem er auf deren Potenzial bei der Krisenbewältigung und bei der Stabilisierung der Gemeinschaft in Phasen sozialer Umbrüche hinweist (vgl. Berger). (Lit.: Klaus Hock, Einführung in die Religionswissenschaft', 2002)

[Bearbeiten] Niklas Luhmann

In der Systemtheorie Luhmanns wird Religion als eigenes Subsystem der Gesellschaft funktional bestimmt. Im Zuge der funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften bildet sich u. a. neben Wirtschaft, Politik und Kunst ein eigenes Religionssystem heraus.

[Bearbeiten] Rodney Stark und William Sims Bainbridge

Mit ihrer grundlegenden Studie A Theory of Religion bringen diese beiden amerikanischen Soziologen (neben einigen anderen) die Theorie der rationalen Entscheidung (rational choice theory, auch ökonomische Handlungstheorie) in die Religionssoziologie ein. Sie bestreiten die Aussage der Säkularisierungsthese, wonach mit fortschreitender Modernisierung Religion und Religiosität an Bedeutung verlieren. Vielmehr gehen sie davon aus, dass sich die religiösen Bedürfnisse der Menschen trotz allgemeiner Rationalisierung der Lebensweisen nicht verändert hätten, und richten ihr Augenmerk stattdessen auf die Angebotsseite der Religion: auf die Religionsgemeinschaften und Kirchen. Ob es zu einer Säkularisierung in der Gesellschaft komme oder nicht, hänge demnach vielmehr von der Beschaffenheit des „Marktes der Religionen“ ab. Das Vorhandensein einer Vielzahl von Religionsgemeinschaften innerhalb einer Gesellschaft nämlich zwinge die religiösen Anbieter dazu, ihre „Ware“ möglichst attraktiv zu gestalten, und führe damit zu einem Aufblühen der Religiosität insgesamt. Hingegen würde die Dominanz einer einzigen Religion (etwa einer Staats- oder subventionierten Kirche) Konkurrenz ausschließen, Anreize zur Attraktivitätssteigerung des religiösen Angebots behindern und so zu einem Absterben aktiver Religiosität insgesamt führen.

[Bearbeiten] Ulrich Oevermann

Das von Ulrich Oevermann in einem Aufsatz von 1995 erstmals vorgelegte und später in weiteren Aufsätzen weiterentwickelte Strukturmodell von Religiosität gilt neben den Ansätzen von Thomas Luckmann und Niklas Luhmann zu den drei einflussreichen religionssoziologischen Paradigmen in Deutschland. Es ist unter diesen drei Ansätzen zugleich das mit Abstand jüngste Paradigma. Oevermann unterscheidet in seinem Modell zwischen der Struktur von Religiosität, die als universell gilt, und ihrem Inhalt, der in Gestalt von Herkunfts- und Bewährungsmythen als je historisch variabel betrachtet wird. Der Säkularisierungsprozess wird vor diesem Hintergrund gefasst als eine Transformation der Inhalte, als Transformation religiöser Glaubensinhalte in säkulare, bei Fortbestehen der grundlegenden Struktur von Religiosität.

Die universelle Struktur von Religiosität hängt in seinem strukturalistisch-pragmatistischen Modell unmittelbar mit den universellen Struktureigenschaften menschlicher Lebenspraxis zusammen. In deren Zentrum steht die sprachliche Bedeutungs- und Prädikationsfunktion, die gattungsgeschichtlich mit dem Übergang von Natur zu Kultur entstanden ist und die einen Dualismus zwischen der zeichenhaft repräsentierenden Welt hypothetischer Möglichkeiten in Vergangenheit und Zukunft einerseits und der repräsentierten Welt der Wirklichkeit im Hier und Jetzt der Gegenwart andererseits zeitigt. Aus diesem Dualismus resultiert nach Oevermann zwingend das Bewußtsein von der Endlichkeit des Lebens, das seinerseits das Problem der nicht still stellbaren Bewährungsdynamik hervorruft.

Dieselbe sprachlich bedingte Prädikations- und Bedeutungsfunktion bringt es nämlich mit sich, daß dieses biologisch und damit objektiv schon immer endliche Leben nicht nur als solches in dieser seiner Endlichkeit zu Bewußtsein kommt, sondern zugleich auch aufgrund des mit der Sprache eingerichteten Dualismus von im Hier und Jetzt repräsentierter Wirklichkeit und diese repräsentierender Bedeutungswelt, die immer eine hypothetisch geltende, konstruierte ist, als ein grundsätzlich zukunftsoffenes und insofern krisenhaftes zu Bewußtsein kommt. Diese Offenheit der Zukunft ist nicht nur eine der Spielräume, die die naturgesetzliche Determination von Biologie und Evolution, gewissermaßen residual, übrig läßt, sondern vor allem eine, die der sprachlich konstituierten Konstruktion von Bedeutungen und d.h. vor allem, von hypothetischen, möglichen Welten geschuldet ist. Die Zukunft bleibt bis zum Tode offen, ob wir wollen oder nicht. Zukunftsoffenheit und Endlichkeit bezeichnen also die Polarität, in der sich die Nicht-Stillstellbarkeit der Bewährungsdynamik aufspannt. Wer glaubt, dieses Problem innerhalb des Diesseits seines Lebens endgültig gelöst zu haben, hat seine Problembewältigung genau dadurch gründlich verspielt. Und jede Konstruktion eines eine Hoffnung auf Bewältigung verbürgenden Bewährungsmythos, als des zweiten Phasenmomentes der Struktur von Religiosität, muß in irgendeiner Weise Bezug auf dieses Problem der Nicht-Stillstellbarkeit der Bewährungsdynamik nehmen. Das kann von der Verlagerung auf die Gemeinschaft als Ganze bis zur explizit aufrechnenden Zuschreibung an das einzelne Leben reichen. Jedenfalls gilt: Je klarer das Bewährungs-problem in einem Bewährungsmythos elaboriert worden ist, um so drängender wird es und um so mehr zieht die Konstruktion des Bewährungsmythos die Nicht-Stillstellbarkeit bzw. Dynamisierung des Problems nach sich, zu dessen Bewältigung er eine Hoffnung verbürgen soll.“ (Oevermann 2002)

Das Strukturmodell von Religiosität besteht aus drei Struktureigenschaften, die im Sinne eines Phasenmodells auseinanderfolgen: 1. Das Bewährungsproblem aufgrund des Bewußtseins von der Endlichkeit des Lebens, das eine nicht still stellbare Bewährungsdynamik freisetzt. 2. Der Bewährungsmythos, der eine notwendige Hoffnung auf die Bewährtheit verbürgt und 3. die Evidenz des Mythos aufgrund einer vergemeinschafteten Praxis. Das erste Strukturmoment ist kulturell universell, das zweite je kulturspezifisch und das dritte sowohl universell, was die Vergemeinschaftung als Struktur anbetrifft als auch kulturspezifisch, was ihre von den jeweiligen Inhalten und den daraus folgenden Riten und Kultformen abhängige soziale Ausformung anbetrifft.

Literatur:

  • Oevermann, Ulrich (1995): Ein Modell der Struktur von Religiosität. Zugleich ein Strukturmodell von Lebenspraxis und von sozialer Zeit. In: Wohlrab-Sahr, Monika (Hgn.), Biographie und Religion. Zwischen Ritual und Selbstsuche, Frankfurt am Main: Campus, S. 27-102.
  • – (1996): „Strukturmodell von Religiosität.“ In: Gabriel, Karl (Hg.). Religiöse Individualisierung oder Säkularisierung. Biographie und Gruppe als Bezugspunkte moderner Religiosität. Gütersloh: Kaiser, S. 29-40.
  • — (2001): Bewährungsdynamik und Jenseitskonzepte. Konstitutionsbedingungen von Lebenspraxis.“ In: Schweidler, W. (Hg.). Wiedergeburt und kulturelles Erbe, St. Augustin: Academia, S. 289-338
  • — (2001): Die Krise der Arbeitsgesellschaft und das Bewährungsproblem des modernen Subjekts. In: Becker, Roland/Andreas Franzmann/Axel Jansen/Sascha Liebermann (Hgg.): Eigeninteresse und Gemeinwohlbindung. Kulturspezifische Ausformungen in den USA und Deutschland. Konstanz: UVK
  • — (2003): Strukturelle Religiosität und ihre Ausprägungen unter Bedingungen der vollständigen Säkularisierung des Bewusstseins. In: Gärtner, Christel/Detlef Pollack/Monika Wohlrab-Sahr (Hgg.): Atheismus und religiöse Indifferenz. Opladen: Leske + Budrich, S. 339-387
  • Oevermann, Ulrich/Manuel Franzmann (2006): Strukturelle Religiosität auf dem Wege zur religiösen Indifferenz. In: Franzmann, Manuel/Christel Gärtner/Nicole Köck (Hgg.): Religiosität in der säkularisierten Welt. Theoretische und empirische Beiträge zur Säkularisierungsdebatte in der Religionssoziologie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
  • Siehe auch: Oevermann-Bibliographie

[Bearbeiten] Empirische Religionssoziologie

[Bearbeiten] Quantitative Ansätze

Im Rahmen von groß angelegten Umfragen wie der European Values Study ([1]), dem World Values Survey ([2]), ALLBUS und der Shell-Jugendstudie sind Fragen nach der Religion ein fester Bestandteil.

Siehe auch die Heidelberger Elitestudie 04/05.

[Bearbeiten] Qualitative Ansätze

[Bearbeiten] Themen

[Bearbeiten] Zivilreligion

Robert N. Bellah hat in seinen Studien über die US-amerikanische Gesellschaft das Konzept der Zivilreligion eingeführt. Zivilreligion als analytisches Konzept eignet sich zur Beschreibung bestimmter religiöser Einstellungen, die von den meisten Mitgliedern der Gesellschaft geteilt werden. Für den von Bellah untersuchten Fall USA lässt sich folgendes feststellen: Zivilreligiöse Einstellungen werden mit Hilfe verschiedener Symbole ausgedrückt, zu denen neben nationalen Symbolen, z.B. der amerikanischen Flagge, auch Symbole mit stark biblischer Konnontation gehören. Diese zivilreligiösen Symbole treten vor allem im öffentlichen Raum auf und weniger in den eigentlichen religiösen Räumen der verschiedenen amerikanischen Religionsgemeinschaften. Besonders hervorzuheben ist die Benutzung von zivilreligiösen Symbolen in der politischen Rhetorik: Elemente der amerikanischen Zivilreligion sind der häufige Bezug zu Gott in Politikerreden. Aber auch die häufige Erinnerung und Ermahnung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika für bestimmte Werte stehen, die von allen Amerikanern geteilt werden (sollten), können als zivilreligiös angesehen werden, da hierdurch ein idelles Selbstbild der amerikanischen Gesellschaft zum Ausdruck kommt. Verglichen mit den USA lässt sich das Konzept Zivilreligion für Deutschland nicht im gleichen Maße anwenden. Weder gibt es nationale Symbole, die eine vergleichbare Stellung haben und ähnliche Reaktionen in der Gesamtbevölkerung hervorrufen, noch ist der öffentliche Raum geprägt von religiösen Symbolen, die einem idellen Selbstbild Ausdruck verleihen. Allerdings zeigt die Diskussion um das Konzept einer Leitkultur, wie auch die deutsche Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, erste Anzeichen, die auf eine Entstehung eines zivilreligiösen Symbolschatzes hinweisen. Die Frage nach einer Zivilreligion, bzw. nach einem gemeinsamen Fundus an Ritualen und religiös konnontierten Selbst-Bildern lässt sich hingegen auf der europäischen Ebene feststellen: Die Diskussion um europäische Leitkultur, um einen Gottesbezug in der Europäischen Verfassung und um einen möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union sind hier aktuelle Diskussionsfelder.

[Bearbeiten] Siehe auch

Religion, Religionsdefinition, Religionswissenschaft, Religionskritik, Säkularisierung, Zivilreligion, Religionsökonomie

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Übersichtsdarstellungen

  • Hubert Knoblauch: Religionssoziologie, 1999, ISBN 3-11-016347-0
  • Volkhard Krech: Religionssoziologie, 1999, ISBN 3-933127-07-6
  • Monika Wohlrab-Sahr: “Luckmann 1960“ und die Folgen. Neuere Entwicklungen in der deutschsprachigen Religionssoziologie. In: B. Orth, T. Schwietring, J. Weiß: Soziologische Forschung. Stand & Perspektiven. Opladen 2003, S. 427-448.
  • Stephan Moebius: Die Zauberlehrlinge. Soziologiegeschichte des Collège de Sociologie 1937-1939, 552 Seiten, 2006, Konstanz: UVK. ISBN 3-89669-532-0.

[Bearbeiten] Klassiker der Religionssoziologie

  • Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, zuerst erschienen 1920, ISBN 3-8252-1488-5 (enthält u.a. die „Protestantische Ethik“, zuerst erschienen 1904/05)
  • Émile Durkheim: Die elementaren Formen des religiösen Lebens, 1981 [1912], ISBN 3-518-28725-7
  • Marcel Mauss: Die Gabe, Frankfurt am Main 1990 [1924]
  • Gustav Mensching: Soziologie der Religion, Bonn ²1968 [1947]
  • Gustav Mensching: Soziologie der großen Religionen, Bonn 1966
  • Joachim Wach: Religionssoziologie, 1951

[Bearbeiten] Links im Netz


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