Kirche (Organisation)
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Kirche (von alem. kilche, chilche, ahd. chirihha, mnd. kerke)[1] ist eine soziale Organisationsform von Religion. Der Begriff wurde nach Jacobson durch keltische Christen von Britannien aus nach Mitteleuropa gebracht [2] und findet seit dem überwiegend Anwendung auf Religionsgemeinschaften einer christlichen Konfession. Die Ekklesia ist in verschiedenen Kirchen organisiert.
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[Bearbeiten] Theologische Grundlagen und Geschichte
Die Kirche ist das Volk Gottes in Kontinuität zum ersterwählten Bundesvolk Israel (der jüdisch-christliche Dialog hat diesbezüglich eine bewegte Geschichte hinter sich). Durch die Berufung der Apostel hat Jesus Christus Israel erneut sammeln wollen; in der Nachfolge dieser Apostel verstehen sich die christlichen Kirchen als die Zeugen des Evangeliums, die die Botschaft Christi weitergeben und so der Welt das Heil nicht nur verkünden, sondern es durch den Heiligen Geist auch in ihr vergegenwärtigen. Klassischerweise wird die Kirche mit dem Glaubensbekenntnis als die "eine, heilige, katholische und apostolische" bekannt. Genauer meint das: Ihr kommt als Kirche Jesu Christi von ihm her unverbrüchliche Einheit zu; sie ist in aller menschlichen Sündigkeit heilig, weil zu Gott gehörig und auf Ihn hingeordnet; sie wird als katholische im Sinne von allumfassend und weltweit bekannt; und schließlich steht sie in geschichtlicher Kontinuität mit den Aposteln und ist deshalb apostolisch.
Evangelische Theologie sieht die Kirche dabei vorrangig als "creatura verbi", als Geschöpf des Wortes, denn die Kirche lebt vom Wort Christi - und dies im zweifachen Sinne, zum einen von der Botschaft, die Jesus Christus selbst verkündet hat, zum anderen von der Botschaft, die die Kirche im Anschluss an die neutestamentlichen Zeugnisse von ihm verkündet. Die Confessio Augustana (Art. VII) bekennt dazu grundlegend die "eine heilige, christliche Kirche [...], die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden." Weiterhin geht das evangelische Kirchenverständnis von einer sichtbaren und einer unsichtbaren Kirche aus, zum einen von der "unsichtbaren" Kirche der Erwählten, die in eins geht mit der himmlischen Kirche mit den Engeln und Heiligen Gottes und zu der möglicherweise nicht alle gehören, die ihr nach außen hin verbunden sind; zum anderen von der auf Erden sichtbaren Kirche mit all ihren Unzulänglichkeiten und Fehlern. Die evangelischen Kirchen berufen sich auf die Ursprünge des Christentums im Neuen Testament und die reformatorischen Impulse der anbrechenden Neuzeit v.a. durch M. Luther.
Orthodoxes Kirchenverständnis sieht die Kirche zunächst als theandrische (d.h. gottmenschliche) Größe, die eine Interaktion von göttlichem und menschlichem Wirken darstellt und nach dem Bild der Dreifaltigkeit in Einheit und Vielheit geschaffen ist. Sie weiß sich dem Bild der Kirche als "Leib Christi" (vgl. 1Kor 12) verpflichtet und betont besonders das Wirken des Heiligen Geistes als Fortführung des Wirkens Christi. Wichtig sind ihr darum besonders die Sakramente, in erster Linie die Eucharistie, die sie als Schlüssel zum Verständnis der Kirche und des Christentums allgemein ansieht. Des weiteren ist der Orthodoxie die Verbindung zur himmlischen Kirche und ihre Gemeinschaft mit derselben wichtig. Dabei berufen sich die orthodoxen Kirchen vorrangig auf die ersten Konzilien der Kirchengeschichte und die Kirchenväter.
Die katholische Kirche hat sich auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil das erste Mal in einer Gesamtschau zu ihrem Kirchenverständnis geäußert und dabei verschiedene Aspekte betont. Traditionell sind die Sakramente und das kirchliche Amt ihr besonders wichtig. Diese Prämissen werden nun in die Bezeichnung der Kirche als Ur-Sakrament aufgenommen, eine Sicht, die die Kirche als Werkzeug und Zeichen des Heils (vgl. LG 1) bestimmt. Dazu kommt die sog. Communio-Theologie, die das Sein der Kirche als Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen und zwischen den einzelnen Menschen und Menschengruppen betrachtet. Ein wichtiger Punkt ist v.a. das "Einheitsamt des Petrus" - das Papstamt. Das Gleichgewicht zwischen der Gemeinschaft der Bischöfe einerseits und der Zentralstellung des Papstes andererseits muss theologisch erst noch gefunden werden. Quellen des Kirchenverständnisses der katholischen Kirche sind die Heilige Schrift und die eigene Tradition.
[Bearbeiten] Rolle in der Gesellschaft
In den säkular geprägten westlichen Gesellschaften ist der Einfluss der Kirchen seit längerer Zeit im Rückgang begriffen. Dies äußert sich nicht zuletzt in auch durch Kirchenaustritte bedingten schwindenden Mitgliederzahlen.
In Deutschland ist der Status der großen christlichen Kirchen (sowie des Judentums) per Verfassungsgesetz geregelt: Als nicht-staatliche Körperschaften des öffentlichen Rechts genießen sie besonderen staatlichen Schutz und Privilegien. Grundlage ist der ins Grundgesetz unverändert eingeflossene sogenannte Weimarer Kirchenkompromiss. Die Verfassung von 1919 verzichtete auf eine Trennung von Staat und Kirche nach französischem Vorbild (Laizismus). Statt dessen wurde religiösen Gemeinschaften unter gewissen Voraussetzungen der Körperschaftsstatus zugebilligt. Dieser Status war und ist für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften geöffnet. Im in Deutschland heute noch geltenden Artikel 137 Absatz 5 der Weimarer Verfassung heißt es: „Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.“
[Bearbeiten] Finanzierung
Die Finanzierung der Kirchen divergiert je nach Land. In Deutschland sind die als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Kirchen berechtigt, die Beiträge ihrer Mitglieder unter Zuhilfenahme der staatlichen Finanzverwaltung in Form der Kirchensteuer einzuziehen. Daneben spielen auch Erträge aus der Verwertung eigenen Vermögens, staatliche Zuwendungen verschiedenster Form (Baulasten, Militär-, Polizei-, Anstaltsseelsorge, Religionsunterricht an öffentlichen Schulen etc.) sowie Spenden eine Rolle. Die Freikirchen, oft auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, finanzieren ihre Arbeit überwiegend aus freiwilligen Beiträgen ihrer Mitglieder, die bis zu einer gewissen Höhe steuerlich absetzbar sind.
[Bearbeiten] Einzelne Kirchen
Zu den gemessen an der Zahl ihrer Mitglieder und ihrem gesellschaftlichen Einfluss im deutschen Sprachraum bedeutendsten Kirchen gehören:
- Katholische Kirchen, darunter
- Protestantische Kirchen, darunter
- Lutherische Kirchen, darunter
- Evangelisch-Lutherische Landeskirchen - Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (Lutherische Landeskirchen)
- Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche - (SELK) (Lutherische Bekenntniskirche)
- Evangelisch-reformierte Kirchen (auch "Reformierte Kirche", "Calvinisten", "Helvetisches Bekenntnis")
- Unierte Kirchen (auch "Evangelisch-unierte Kirche")
- Anglikanische Kirche
- Evangelische Freikirchen, darunter
- Lutherische Kirchen, darunter
- Orthodoxe Kirchen, darunter
- andere Glaubensgemeinschaften:
- eine Vielzahl an apostolischen Kirchen, darunter zum Beispiel die Neuapostolische Kirche und Alt-Apostolische Kirche
Weltweit ist die Römisch-katholische Kirche nach Mitgliederzahl mit großem Abstand die größte.[3]
[Bearbeiten] Struktur
Der interne Aufbau der einzelnen christlichen Kirchen weicht teilweise stark voneinander ab.
- Vergleiche Kirchenverfassung
[Bearbeiten] Siehe auch
- Innovative Kirche
- Portal:Christentum
- Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland
- Liste der christlichen Konfessionen
- Liste von Kirchen, religiösen Einrichtungen und Institutionen
- Religionsmündigkeit
- Sekte
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1854, Berlin, Digitale Ausgabe, Zweitausendeins,Frankfurt am Main, 2004
- ↑ Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, 1854, Berlin, Digitale Ausgabe, Zweitausendeins,Frankfurt am Main, 2004
- ↑ adherents.com
[Bearbeiten] Quellen
- [Antoine Henri de Bérault-Bercastel]: Des Herrn Abts de Berault-Bercastel, Domherrn an der Kirche zu Noyon, Geschichte der Kirche in einem getreuen Auszuge, I-X, 2. Aufl. Innsbruck 1842.