Dirac-Theorie
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Die Dirac-Theorie ist ein Teil der Quantenmechanik, der auch die spezielle Relativitätstheorie mit einbezieht. Sie wurde 1928 von Paul A. M. Dirac ausgehend von der Klein-Gordon-Gleichung entwickelt. Die Dirac-Theorie beschreibt die Eigenschaften und das Verhalten von Teilchen mit Spin 1/2 – also der Fermionen und deren Antiteilchen. Die Klein-Gordon-Gleichung beschreibt dagegen das Verhalten von Teilchen mit Spin 0, also der sogenannten Spin-0-Bosonen. Auf Teilchen mit Spin ≥ 1 kann zwar keine der beiden Gleichungen direkt angewandt werden, allerdings lassen sich unter Verwendung geeigneter Multispinoren [1] aus der Dirac-Theorie oder genauer gesagt aus der Dirac-Gleichung weitere Gleichungen ableiten, die das Verhalten von Teilchen mit Spin n/2 und n = 2,3,4,... sehr gut beschreiben. So ergeben sich etwa für Spin 1 und Ruhemasse 0 (Photonen) gerade die bekannten Maxwell-Gleichungen. Für Spin 3/2 und einer von Null verschiedenen Ruhemasse ergibt sich dagegen eine Gleichung, die auch unter dem Namen Rarita-Schwinger-Gleichung bekannt geworden ist. Sie wird bei der Untersuchung der Δ-Baryonen verwendet.
Die wichtigsten Erfolge der Dirac-Theorie sind:
- Die Vorhersage der Existenz von Antimaterie, insbesondere die des Positrons, die Dirac aus der Existenz von Zuständen mit negativer Energie ableitete. Sie gilt als ein Paradebeispiel für die Möglichkeit eines Erkenntnisvorsprungs der theoretischen Physik vor der experimentellen. Der erste experimentelle Nachweis des Positrons gelang 1932.
- Die korrekte Vorhersage für den Wert des Spindrehimpulses des Elektrons. Während der Bahndrehimpuls in der Quantenmechanik nur ganzzahlige Vielfache des Planckschen Wirkungsquantums annehmen kann, beträgt er für den intrinsischen Drehimpuls des Elektrons . Damit in Zusammenhang steht auch
- die Vorhersage für den Wert des Landé-Faktors des Elektrons.
- die korrekte Beschreibung der Feinstruktur des Wasserstoffspektrums.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Freie Dirac-Gleichung
Grundlage der Dirac-Theorie ist die Dirac-Gleichung. Dabei handelt es sich um eine Differentialgleichung für einen Spinor ψ, der im Allgemeinen als vierkomponentige Wellenfunktion geschrieben wird. Die Anzahl der Komponenten wird durch die zwei möglichen Zustände des Spins und die zwei möglichen Vorzeichen der Energieeigenwerte erklärt.
[Bearbeiten] Schrödingerform
Die Dirac-Gleichung für ein kräftefreies Teilchen der Masse m lautet in der Schrödingerform
- .
Dabei ist ein Vektor aus -Matrizen und der Impulsoperator. Durch Quadrieren der Gleichung ergibt sich die relativistische Energie-Impuls-Beziehung E2 = p2c2 + m2c4, wobei der Zeitentwicklungsoperator auf der linken Seite der Energie entspricht. Dazu müssen die Dirac-Matrizen αx,αy,αz und β paarweise antikommutieren. Dies wird üblicherweise durch die folgende Wahl von Matrizen (Darstellung) erreicht:
Diese Matrizen lassen sich kompakter mit Hilfe der Pauli-Matrizen schreiben:
Diese Form der Dirac-Gleichung heißt auch Dirac-Darstellung. Neben der Dirac-Darstellung gibt es noch andere mögliche Darstellungen, wie z.B. die Weyl- oder Majorana-Darstellung , die jedoch alle dieselben physikalischen Ergebnisse liefern. Der Hamiltonoperator der freien Dirac-Gleichung wird manchmal auch freier Diracoperator genannt und mit D0 bezeichnet. Die zugehörige Eigenwertgleichung, auch zeitunabhängige Diracgleichung genannt, lautet
- HDψ = Eψ,
wobei E die möglichen Energien des Teilchens sind. Diese Gleichung kann sowohl für positive als auch für negative E, genauer für erfüllt werden. Das Auftreten von negativen Energieeigenwerten war hier zunächst verblüffend. Eine Erklärung dafür gibt Dirac mit seiner Theorie vom Dirac-See, durch die auch die Existenz von Antimaterie postuliert wird. Die Theorie des Dirac-Sees weist jedoch mehrere Mängel auf. Eine bessere Erklärung negativer Energien liefert die Feynman-Stückelberg-Interpretation. Im masselosen Fall (m = 0), d.h. ohne den Summanden mit der β-Matrix, heißt die Diracgleichung auch Weylgleichung.
[Bearbeiten] Kovariante Schreibweise
Eine besonders elegante Schreibweise lässt sich durch die Einführung von Dirac-Matrizen γμ erzielen:
Nach dem ersten Gleichheitszeichen wurde hierbei die Feynmansche Slash-Schreibweise verwendet, wobei entsprechend der Einsteinschen Summenkonvention über die μ von 0 bis 3 zu summieren ist. Da es sich bei den γμ-Matrizen jedoch trotz der Schreibweise nicht um einen Vierervektor handelt, ist die Kovarianz der Gleichung nicht sofort einsichtig; das Transformationsverhalten lässt sich jedoch durch Anwendung einer Lorentztransformation bestimmen und liefert das notwendige Transformationsverhalten des Spinors ψ dabei.
[Bearbeiten] Sonstiges zur freien Dirac-Gleichung
Für jede Komponente ψα kann die Dirac-Gleichung als Quadratwurzel der Klein-Gordon-Gleichung aufgefasst werden. Wendet man den komplex-konjugierten Dirac-Operator auf die Dirac-Gleichung an, so entsteht für jede Komponente ψi des Dirac-Spinors mit Hilfe des Antikommutators der Dirac-Matrizen γμγν + γνγμ = 2gμν eine Klein-Gordon-Gleichung:
[Bearbeiten] Die elektromagnetische Wechselwirkung
[Bearbeiten] Minimale Kopplung
In der Quantenmechanik wird die Anwesenheit eines elektromagnetischen Feldes durch die folgenden Substitutionen des Impuls- und Zeitentwicklungsoperators in der Schrödingergleichung berücksichtigt:
- ;
Dabei ist e die elektrische Ladung des Teilchens, das Vektorpotenzial des elektromagnetischen Feldes und Φ das skalare Potenzial des elektrischen Feldes .
Damit ergibt sich die Diracgleichung für ein Teilchen im elektromagnetischen Feld:
Führt man mit dieser Gleichung einige Näherungen durch (Details), erhält man die Pauli-Gleichung, die das Verhalten eines nicht-relativistischen Spin-½-Teilchens im elektromagnetischen Feld beschreibt. Auf diese Weise kann das Stern-Gerlach-Experiment (Spinorientierung von Silberatomen im inhomogenen Magnetfeld - 1921) erklärt werden.
In der kovarianten Formulierung der Elektrodynamik werden die beiden Potenziale und Φ zu einem 4-Vektor zusammengefasst. Dann kann die minimale Kopplung durch den Übergang
hergestellt werden.
[Bearbeiten] Landé-Faktor
Für mehr Informationen siehe Landé-Faktor
Ein geladenes Teilchen der Masse m mit der Ladung e hat ein magnetisches Moment , das im wesentlichen das Verhalten des Teilchens in einem Magnetfeld bestimmt. Ein magnetisches Moment kann zum Beispiel durch den Bahndrehimpuls des Teilchens erzeugt werden:
Auch der Spin eines Teilchens trägt zum magnetischen Moment bei:
Der Faktor g wird Landé-Faktor (auch g-Faktor oder gyromagnetisches Moment) genannt. Er gibt die relative Stärke des von Bahndrehimpuls und Spin erzeugten magnetischen Moments an.
Der Landé-Faktor eines Elektrons beträgt g = 2. Diese Tatsache kann in der nicht-relativistischen Quantenmechanik nicht erklärt werden und muss als Annahme in die Pauli-Gleichung gesteckt werden. Bei der Ableitung der Pauli-Gleichung als nicht-relativistischer Grenzfall der Dirac-Gleichung kommt dieser Faktor jedoch automatisch richtig heraus.
Präzisionsmessung zeigen, dass der wahre g-Faktor des Elektrons von 2 abweicht und in Wahrheit ungefähr g = 2,0023 beträgt. Diese Abweichung kann im Rahmen der Quantenelektrodynamik als Ergebnis der Wechselwirkung des Elektrons mit seinem eigenen Strahlungsfeld verstanden und mit großer Genauigkeit theoretisch vorhergesagt werden.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Walter Greiner, Relativistische Quantenmechanik (s. Bücher)
[Bearbeiten] Artikel
- P.A.M. Dirac: The Quantum Theory of the Electron. Proc. Roy. Soc. London A117, 610-624, 1928.
- P.A.M. Dirac: The Quantum Theory of the Electron, Part II. Proc. Roy. Soc. London A118, 351-361, 1928.
- P.A.M. Dirac: A Theory of Electrons and Protons. Proc. R. Soc. A126 360 (1930)
- C.D. Anderson: The Positive Electron. Phys. Rev. 43, 491-494 (1933)
- R. Frisch & O. Stern: Über das magnetische Moment eines rotierenden Wasserstoffmoleküls. Z. Phys. 85 4 (1933)
[Bearbeiten] Bücher
- James Bjorken, Sidney Drell: Relativistische Quantenmechanik. ISBN 3-411-00098-8
- Walter Greiner: Relativistische Quantenmechanik. Wellengleichungen. Band 6, ISBN 3-8171-1022-7
- Franz Schwabl: Quantenmechanik für Fortgeschrittene (QM II). ISBN 978-3-540-25904-6