Czernowitz
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Czernowitz | |
(Чернівці/Tscherniwzi) | |
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Basisdaten | |
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Oblast: | Oblast Tscherniwzi |
Rajon: | Kreisfreie Stadt |
Höhe: | 248 m |
Fläche: | 153,0 km² |
Einwohner: | 242.300 (2005) |
Bevölkerungsdichte: | 1.583,66 Einwohner je km² |
Postleitzahlen: | 58000- |
Vorwahl: | +380 372 |
Geographische Lage: | 48° 18′ N, 25° 56′ OKoordinaten: 48° 18′ 0″ N, 25° 55′ 48″ O |
Verwaltungsgliederung: | 3 Stadtrajone |
Verwaltung | |
Bürgermeister: | Mykola Fedoruk |
Adresse: | площа Центральна 1 58000 м. Чернівці |
Website: | http://www.city.cv.ua/ |
Statistische Informationen |
Czernowitz (bzw. Tschernowitz; ukrainisch Чернівці/Tscherniwzi; russisch Черновцы/Tschernowzy, rumänisch Cernăuţi, polnisch Czerniowce) – ist die Hauptstadt der Oblast Tscherniwzi und die traditionelle Hauptstadt der Bukowina im Karpatenvorland, hauptsächlich am rechten Ufer des Flusses Pruth. Sie liegt in der westlichen Ukraine.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Eine befestigte Siedlung am linken Ufer des Pruths stammt aus der Zeit des altrussischen Fürstentums Halytsch-Wolhynien und wurde unter Fürst Jaroslaw Osmomysl gegründet, der zwischen 1153 und 1187 regierte. In den Legenden wird es anfangs Tschern genannt, was Schwarze Stadt bedeutet. Dies kann auf die schwarze Farbe der Stadtmauern oder auf die Schwarzerde zurückgehen. Die Festung wurde 1259 während der Mongoleninvasion unter Burundai zerstört, die Reste wurden jedoch weiterhin zu Verteidigungszwecken bis ins 17. Jahrhundert genutzt. Nach der Zerstörung der Festung verlagerte sich die Bebauung auf das höhere rechte Pruth-Ufer, da dies eine strategisch günstigere Position darstellte.
Von 1359 bis 1775 gehörte die Stadt und dessen Umgebung zum Fürstentum Moldau. Aus dieser Zeit stammt auch die erste urkundliche Erwähnung der Stadt (8. Oktober 1408), als sie in einem Handelsbrief zwischen dem moldauischen Fürsten Alexandru cel Bun und den Kaufleuten aus Lwiw (damals ein Teil des Polnischen Königreichs) auftaucht. 1775 wurde die Stadt österreichisch und war bis 1918 Hauptstadt des Herzogtums Bukowina.
Im Laufe der österreichischen Herrschaft hat sich der Anteil der Rumänen bzw. der Ukrainer in der Stadt und dessen Umgebung geändert:
Czernowitz (Stadt) |
Czernowitz (Landgemeinden) |
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Jahr | Rumänen | Ukrainer | Rumänen | Ukrainer |
1860 | 9.177 | 4.133 | 20.068 | 6.645 |
1870 | 5.999 | 5.831 | 28.315 | 35.011 |
1880 | 6.431 | 8.232 | 8.887 | 23.051 |
1890 | 7.624 | 10.385 | 11.433 | 34.067 |
1900 | 9.400 | 13.030 | 13.252 | 25.476 |
1910 | 13.440 | 15.254 | 18.060 | 22.351 |
1875 wurde von Kaiser Franz-Joseph I. anlässlich der 100-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich eine deutsche Universität gegründet, die Franz-Josephs-Universität Czernowitz.
Bis zum 15./28. November 1918 (je nach Kalender) gehörte die Stadt als Czernowitz zu Österreich-Ungarn, ab 10. September 1919 mit dem Vertrag von St. Germain als Cernăuţi zu Rumänien.
Am 28. Juni 1940 wurde sie von der Sowjetunion besetzt. 1941 bis 1944 gehörte die Stadt wieder zu Rumänien, von 1944 bis 1991 als Tschernowzi (oder auch Tscherniwzi) zur Sowjetunion, seit 1991 als Tscherniwzi zur Ukraine.
Seine kulturelle Blüte erlebte Czernowitz während seiner Zugehörigkeit zur österreich-ungarischen k.u.k. Monarchie als Hauptstadt des Kronlandes Bukowina. In der Stadt lebten Ukrainer, Rumänen, Polen, Ruthenen, Juden, Roma und Deutsche. Czernowitz war für seine Malerei und Literatur berühmt - und ist es bis heute für seine Architektur. Durch die Ermordung der Juden und die Umsiedlung und Vertreibung ganzer Volksgruppen, vor allem der Deutschen und Rumänen, ging diese Tradition nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend verloren. Die jüdische Gemeinde von Czernowitz in der Diaspora hält heute noch weltweit Kontakt untereinander durch die Zeitung «Die Stimme».
[Bearbeiten] Geographie
Czernowitz liegt in 248 m Höhe in einem gewellten, von Wäldern und Feldern umgebenen Gebiete überwiegend am rechten Ufer des Pruth, linksseitig befindet sich der Stadtteil Sadhora. Er ist Teil von einem der 3 Stadtrajone (Rajon Sadhora), die anderen 2 sind Rajon Perschotrawen und Rajon Schewtschenko
[Bearbeiten] Wirtschaft
Nahrungsmittel-, Textil- und Holzindustrie.
[Bearbeiten] Ehemalige Sportvereine
Bis zum Zweiten Weltkrieg gab es in Czernowitz eine Reihe von Sportvereinen, von denen viele ihre Ursprünge in der österreich-ungarischen k.u.k. Monarchie hatten und in denen sich die einzelnen Nationalitäten wiederfanden. Dazu zählten Dowbusch (ukrainisch), Dragoş Vodă (rumänisch), Hakoah (jüdisch), Jahn (deutsch), Makkabi (jüdisch) und Polonia (polnisch). Die steigende Bedeutung des Sports nach dem Ersten Weltkrieg hatte zudem zu der Gründung von Sportvereinen für Arbeiter (IASK) und Bahnarbeiter (CFR) geführt, die ebenfalls am überregionalen Meisterschaftsbetrieb teilnahmen. Neben Fußball war Eishockey die wichtigste Sportart, die zudem auf Landesebene durch den Meistertitel 1937/38 gekrönt wurde.
[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten
Die bedeutendste Sehenswürdigkeit von Czernowitz ist die ehemalige erzbischöfliche Residenz, ein imposanter Ziegelbau auf dem „Bischofsberg“, in dem seit sowjetischer Zeit die Universität untergebracht ist. Zuvor befand sich die 1875 gegründete Universität teilweise im Pädagogium in der Bischofsgasse, teilweise (Naturwissenschaften) im Priesterhaus bei der Residenz (nebst verschiedenen Sammlungen).
Des Weiteren ist der Kuppelbau der im Stile der Sankt-Petersburger Isaakskathedrale gebauten, 1864 vollendeten griechisch-orthodoxen Kathedrale am Franz-Josephs-Platz und das Opernhaus hervorzuheben.
Der bedeutendste Platz ist der Austria-Platz mit dem 1875 errichteten, 1918 verschollenen und erst 2003 teilweise wiederaufgefundenen Austria-Monument, einer Marmorfigur der Austria auf einem mit Bronzereliefs und Inschriften ausgestatteten Sockel.
Die Stadt verfügt über eine Reihe von Museen. Das jüngste von ihnen ist das Mitte Mai 2008 eröffnete Museum der Militärgeschichte der Bukowina (Музей військової історії Буковини).
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
[Bearbeiten] Söhne und Töchter der Stadt
- Aharon Appelfeld (1932), jüdischer Schriftsteller
- Ninon Ausländer (1895-1966), Kunsthistorikerin und Ehefrau von Hermann Hesse
- Rose Ausländer (1901–1988), Lyrikerin
- Charles K. Bliss, (1897–1985), Erfinder der Bliss-Symbole
- Klara Blum, (1904-1971), deutschsprachige, jüdische, chinesische Schriftstellerin
- Karl Bodek, Maler, malte an den Wandbildern von Les Milles mit.
- Josef Burg, (*1912), letzter lebender polnischer jiddischsprachiger Dichter in Czernowitz
- Paul Celan (1920–1970), Dichter
- Georg Drozdowski, (1899 Czernowitz - 1987 Klagenfurt), Journalist, Schriftsteller, Übersetzer und Schauspieler
- Erwin Chargaff (1905–2002), Biochemiker
- Eugen Ehrlich (1862–1922), Rechtssoziologe
- Maria Forescu (1875–1943), rumänische Operettensängerin und Filmschauspielerin
- Joseph Gregor (1888–1960), Theaterwissenschaftler und Librettist
- Friedrich Kiesler (1890–1965) Architekt und Visinonär
- Rudolf Kommer (1885-1943), Schriftsteller
- Oskar Laske (1874-1951), Maler
- Eusebius Mandyczewski (1857–1929), Musikwissenschaftler und Komponist, Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
- Itzig Manger (1901–1969), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
- Georg Marco (1863–1923), österreichischer Schachmeister und Autor
- Selma Meerbaum-Eisinger (1924–1942), Dichterin
- Carol Miculi (1821–1892), rumänischer Pianist und Komponist, Schüler von Frédéric Chopin
- Anton Pawlowski [* 20.06.1830 + 28.04.1901], k.u.k Oberbaurat, Komandeur des königlich-rumänischen Kronenordens Ehrenphilister des akad. Corps alemannia etc.
- Michail Prodan (1912–2002), Forstwissenschaftler
- Gregor von Rezzori (1914–1998), Schriftsteller und Journalist
- Walther Rode (1876–1934), Schriftsteller, Rechtsanwalt
- Victor von Röll, (1852-1922), österreichischer Ministerialbeamter, Publizist
- Ludwig Rottenberg (1864–1932), Dirigent und Komponist
- Elieser Steinbarg (1880–1932), jüdischer Schriftsteller, der in jiddischer Sprache schrieb
- Stefanie von Turetzki (1868–1929), Gründerin des 1. Mädchenlyzeums in der k.u.k. Monarchie in Czernowitz
- Viorica Ursuleac (1894–1985), rumänische Opernsängerin (dramatischer Sopran)
- James Immanuel Weissglas (1920–1979), Übersetzer und Lyriker
- Zvi Yavetz, (*1925), israelischer Althistoriker
[Bearbeiten] Sonstige Persönlichkeiten
- Antonin Borovec, auch Anton Borowetz (1870–1925), Tschechoslowakischer Diplomat in Czernowitz, Begründer des „Sozial innovativen Konzeptes für Witwen und Waisen.“
- Karl Emil Franzos (1848–1904), Schriftsteller und Publizist, wuchs in Czernowitz auf und setzte dem jüdischen Ghetto ein literarisches Denkmal: "die Juden von Barnow"
- Gala Galaction, eigentlich Grigore Pisculescu (1879–1961), Schriftsteller
- Anton Keschmann (1870-1947), Bezirkshauptmann und Abgeordneter zum Reichsrat, setzte sich für die Vertriebenen aus der Bukowina ein, später. Senatspräsident des österr. Verwaltungsgerichtshofes
- Friedrich F.G. Kleinwächter (1877–1959), Jurist, studierte in Czernowitz
- Friedrich von Kleinwächter (1838-1927), Nationalökonom, lehrte in Czernowitz
- Alfred Margul-Sperber (1898–1967), Dichter und Übersetzer
- Andreas Mikulicz, Architekt
- Wilhelm Reich (1897–1957), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geb. in Dobzau, ging in Czernowitz zur Schule
- Moses Rosenkranz (1904–2003), Dichter
- Joseph Schmidt (1904–1942), Sänger (Tenor), geboren im nahen Dawideny
- Joseph Schumpeter (1883–1950), Volkswirtschaftler und Finanzminister, 1909–1911 Professor in Czernowitz
- Wilhelm Stekel (1868–1940), Psychoanalytiker und Sexualforscher, geboren in Bojan, Bukowina, wuchs in Czernowitz auf und besuchte das Gymnasium
- Alexander Supan, Geograph
- Constantin Tomaszczuk, Gründer der Universität Czernowitz
[Bearbeiten] Literatur
- Braun, Helmut (Hrsg.): Czernowitz: Die Geschichte einer untergegangenen Kulturmetropole, Ch. Links Verlag, Berlin 2005. ISBN 3-86153-374-X
- Coldewey, Gaby (Hg): Zwischen Pruth und Jordan, Lebenserinnerungen Czernowitzer Juden, Köln 2003.
- Corbea-Hoisie, Andrei: Czernowitzer Geschichten. Über eine städtische Kultur in Mittel(Ost)-Europa, Böhlau Verlag, Wien, Köln, Weimar, 2003. ISBN 3-205-77034-X
- Corbea-Hoisie, Andrei (Hg): Jüdisches Städtebild Czernowitz. Frankfurt/Main 1998.
- Cordon, Cecile und Kusdat, Helmut (Hg): An der Zeiten Ränder. Czernowitz und die Bukowina. Geschichte - Literatur - Verfolgung - Exil, Wien 2002. ISBN 3-901602-16-X
- Heppner, Harald (Hrsg.): Czernowitz. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Stadt, Böhlau Verlag, Köln 2000. ISBN 3-412-04900-X
- Heymann, Florence: Le Crépuscule des Lieux. Identités Juives de Czernowitz, Paris 2003.
- Scharr, Kurt: Städtische Transformationsprozesse in der Westukraine seit der Unabhängigkeit 1991 am Beispiel der Entwicklung von Czernowitz. Eine Bestandsaufnahme, in: Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft 146 (2004), 125-146.
[Bearbeiten] Siehe auch
Czernowitzer Allgemeine Zeitung
[Bearbeiten] Filme
- „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“, Deutschland 1998/1999, Dokumentarfilm, 132 Min., Regie: Volker Koepp
- „Dieses Jahr in Czernowitz“, Deutschland 2003/2004, Dokumentarfilm, 134 Min., Regie: Volker Koepp
- „Czernowitz, einstige Kronstadt der K.K. Österreich-Ungarischen Monarchie“, Deutschland 2006, Doku-film, 80 Min., Produzenten: Oksana Czarny, geb. Nakonechna und Reinhold Czarny - RCP -;
[Bearbeiten] Weblinks
- Internetpräsenz der Stadt Czernowitz
- www.czernowitz.de, Czernowitz Bukowina - Wo Menschen und Bücher lebten
- Czernowitzer Straßenreferenz in vier Sprachen
- City of Five Languages - Bilder aus Czernowitz
- Sergij Osatschuk: Czernowitz heute und der Umgang mit dem gemeinsamen kulturellen Erbe
- Private Internetseite Mythos-Czernowitz.de
- „Eislaken auf Feldern. Eine Lange Nacht über die jüdische Kulturmetropole Czernowitz“, Deutschlandfunk, 19. Februar 2000
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