Studienstiftung des deutschen Volkes
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Die Studienstiftung des deutschen Volkes ist eine Organisation zur Begabtenförderung in Deutschland, welche an begabte Studierende und Doktoranden Stipendien vergibt. Die Studienstiftung, Deutschlands größtes Begabtenförderwerk, ist politisch, konfessionell und weltanschaulich unabhängig. Ihre Geschäftsstelle befindet sich in Bonn. Finanziell wird die Studienstiftung vom Bund, den Ländern und Kommunen, einer Vielzahl von Stiftungen und Unternehmen sowie mehr als 6.000 privaten Spendern getragen.
Die Studienstiftung wurde 1925 in Dresden gegründet, im Jahr 1934 aufgelöst und 1948 in Köln als eingetragener Verein neu gegründet. Seit ihrem Bestehen hat sie mehr als 40.000 besonders begabte Studierende und Doktoranden unterstützt. Jährlich werden mehr als 2.000 Stipendiaten neu in die Förderung aufgenommen.
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[Bearbeiten] Geschichte der Stiftung
1925 zunächst als Abteilung innerhalb der Wirtschaftshilfe der Deutschen Studentenschaft e. V. gegründet, wurde die Studienstiftung des Deutschen Volkes in der Zeit des Nationalsozialismus 1934 aufgelöst und durch die Reichsförderung des Reichsstudentenwerks (RSW) ersetzt. 1948 erfolgte die Neugründung als Studienstiftung des deutschen Volkes in Köln und 1990 dann die Ausdehnung der Aktivitäten auf die neuen Bundesländer.
[Bearbeiten] Aufnahme in die Studienstiftung
Die Studienstiftung des deutschen Volkes hat es sich zur Aufgabe gemacht, "Persönlichkeiten" zu unterstützen. Deswegen orientiert sich die Auswahl an den Kriterien Leistung, Initiative und Verantwortung. Eine Selbstbewerbung um eine Aufnahme in die Studienstiftung zur Unterstützung des Studiums ist in der Regel nicht möglich. Die Aufnahme geschieht hauptsächlich über vier Wege:
- Durch Schulvorschlag: Einen Schüler pro 25 Abiturienten darf die Schulleitung eines Gymnasiums oder einer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, der sich durch herausragende Leistungen in fachlicher Hinsicht, aber auch durch soziales Engagement etc. hervorgetan hat, für die Aufnahme in die Studienstiftung vorschlagen. Die vorgeschlagenen Abiturienten besuchen ein dreitägiges Auswahlseminar, bei dem durch Einzelgespräche und in Gruppendiskussionen versucht wird, die Förderungswürdigkeit der angehenden Studierenden festzustellen. Von den Vorgeschlagenen werden ca. 25 % in die Studienstiftung aufgenommen, wobei die Aufnahme der Studierenden unabhängig von evtl. Mitbewerbenden geschieht, weswegen sich auch keine genaue Quote angeben lässt.
- Durch Professorenvorschlag: Während des Studiums schlägt ein Professor Studierende vor, die er für besonders förderungswürdig hält. Nach einem vereinfachten Auswahlverfahren (zwei Professorengespräche) werden im Durchschnitt 50 % der so vorgeschlagenen Studierenden in die Stiftung aufgenommen. Auch Promovierende können vorgeschlagen werden.
- Durch Prüfungsamtvorschlag: Analog zum Schulvorschlag wird ein Studierender pro 50 Absolventen der Zwischenprüfung des jeweiligen Studienganges vorgeschlagen, ein Professor muss den Vorschlag unterstützen. Das Auswahlseminar ist ähnlich organisiert wie in der Abiturientenauswahl, allerdings spielt die Prüfung der fachlichen Exzellenz eine größere Rolle. Durchschnittlich 30 % der Vorgeschlagenen werden aufgenommen.
- Als Preisträger eines Bundeswettbewerbes (z. B. Bundeswettbewerb Informatik, Bundeswettbewerb Mathematik, Bundeswettbewerb Fremdsprachen, Jugend forscht) oder als Mitglied der deutschen Mannschaft bei einem internationalen Wettbewerb (z. B. Internationale Mathematik-Olympiade, Internationale Physik-Olympiade) nach einem gesonderten Auswahlverfahren.
Geschieht die Aufnahme vor der Zwischenprüfung, so ist die Förderung zunächst auf drei Semester begrenzt und kann bei überdurchschnittlich hohen Leistungen und nachgewiesenen nichtuniversitären Interessen und Engagements – unterstützt durch unabhängige Gutachten zweier Professoren – auf die Dauer des Regelstudiums ausgeweitet werden.
[Bearbeiten] Förderungen
Die Studienstiftung fördert ihre Stipendiatinnen und Stipendiaten sowohl finanziell als auch ideell.
[Bearbeiten] Finanzielle Förderung
Die finanzielle Förderung beläuft sich auf ein konstantes Büchergeld (derzeit 80 Euro/Monat) sowie auf ein persönliches Lebenshaltungsstipendium, welches sich etwa an den Sätzen des BAföG orientiert, aber nach dem Studium nicht zurückzuzahlen ist. Seit Oktober 2006 wird außerdem das Vermögen des Stipendiaten auf die Höhe des Stipendiums angerechnet. Doktorandinnen und Doktoranden erhalten ein monatliches Stipendium von 1.050 Euro; dazu kommt in der Regel eine monatliche Forschungskostenpauschale von 100 Euro. Verheiratete Stipendiaten und Stipendiaten mit Kind können einen Familienzuschlag von monatlich 155 Euro erhalten. Zusätzlich kann ein Kinderbetreuungszuschlag in Höhe von monatlich 155 bis 255 Euro gewährt werden. Damit orientiert sich die finanzielle Förderung an den Richtlinien des BMBF.
Auslandsaufenthalte bis zu einem Jahr werden zusätzlich durch Stipendien bzw. Auslandszuschläge und der Teilübernahme von Studiengebühren gefördert. Nach Einkommensteuergesetz § 3.11 gelten Zahlungen aus dem Stipendium als steuerfreies Einkommen und unterliegen auch nicht dem Progressionsvorbehalt. In der Wochenzeitung Die Zeit kündigt der Generalsekretär der Studienstiftung Gerhard Teufel Anfang 2006 an, er könne sich vorstellen, ein pauschales Stipendium für sämtliche geförderte Studierende, unabhängig von der Finanzlage der Eltern, auszuzahlen. Ferner fordert Teufel eine Befreiung der besten Studierenden von den nahenden Studiengebühren.
[Bearbeiten] Ideelle Förderung
Zum ideellen Förderprogramm der Studienstiftung gehören Sommerakademien, Wissenschaftliche Kollegs, Sprachkurse, Kurztagungen sowie die Betreuung durch örtliche Vertrauensdozenten, die dies ehrenamtlich für die Studienstiftung übernehmen. Die Stipendiaten müssen vor ihrer endgültigen Aufnahme jedes Semester, danach jedes Jahr, einen Bericht über ihr Studium und ihr sonstiges Engagement abgeben.
[Bearbeiten] Die Studienstiftung des deutschen Volkes in Zahlen
- Die Studienstiftung des deutschen Volkes fördert etwa 6.150 Stipendiaten mit einer Studienförderung. Dies sind etwa 0,31 % aller Studenten. (Stand: Oktober 2006)
- Die Studienstiftung des deutschen Volkes fördert etwa 600 Stipendiaten in einer Promotionsförderung.
- Etwa 2.000 Stipendiaten werden jedes Jahr neu aufgenommen. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Förderdauer von etwa dreieinhalb Jahren.
- Etwa 50 % der Stipendiaten erhalten als Studienförderung lediglich das Büchergeld, etwa 16 % der Stipendiaten erhalten ein Vollstipendium.
- Die Studienstiftung des deutschen Volkes selbst wird zu etwa 75 % (von 36,6 Millionen Euro pro Jahr) aus Mitteln des Bundes finanziert.
[Bearbeiten] Prominente Mitglieder und Alumni der Studienstiftung
[Bearbeiten] Preisträger
- Wolfgang Ketterle, Nobelpreis für Physik 2001
- Erwin Neher, Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 1991
- Robert Huber, Nobelpreis für Chemie 1988
- Hans Jensen, Nobelpreis für Physik 1963
- Manfred Eigen, Nobelpreis für Chemie 1962, ehemaliger Präsident der Studienstiftung (1982–1993)
- Gerd Faltings, Mathematiker, Fields-Medaille 1986
- Martin Beneke, Physiker, Leibnizpreis 2008
- Wolfgang Lück, Mathematiker, Leibnizpreis 2008
- Jochen Mannhart, Physiker, Leibnizpreis 2008
- Magdalena Götz, Biologin, Leibnizpreis 2007
- Oliver Primavesi, Philologe, Leibnizpreis 2007
- Detlef Weigel, Biologe, Leibnizpreis 2007
- Gyburg Radke, Philologin, Leibnizpreis 2006
- Felix Otto, Mathematiker, Leibnizpreis 2006
[Bearbeiten] Sonstige
- Andreas von Bechtolsheim, Informatiker und Unternehmer, co-founder Sun Microsystems
- Ulrich Beck, Soziologe
- Wolfgang Bernhard, Manager
- Hans-Jürgen von Bose, Komponist, Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Kai Brodersen, Althistoriker, Präsident der Universität Erfurt
- Thomas Buchheim, Philosoph
- Theo Brandmüller, Komponist, Professor an der Universität des Saarlandes
- Emil Cimiotti, Künstler
- Eugen Drewermann, Theologe
- Veronika Eberle, Geigerin
- Moritz Eggert, Komponist und Pianist
- Franziska Eichstädt-Bohlig, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/die Grünen, Abgeordnetenhaus Berlin
- Georg Milbradt, Politiker (sächsischer Ministerpräsident), Professor für Volkswirtschaftslehre
- Gudrun Ensslin, RAF-Mitglied
- Hans Magnus Enzensberger, Schriftsteller
- Wolfram Euler, Sprachwissenschaftler und Indogermanist
- Justus Frantz, Pianist
- Annette Fugmann-Heesing, Finanzministerin und Senatorin a. D.
- Petra Gerster, Journalistin
- Anna Gourari, Pianistin
- Vittorio Hösle, Philosoph
- Stefan Homburg, Wirtschaftswissenschaftler
- Margarita Höhenrieder, Pianistin und Professorin an der Hochschule für Musik und Theater München
- Stephan Jansen, Präsident der Zeppelin University
- Horst Janssen, Künstler
- Dirk Kaesler, Soziologe
- Bas Kast, Autor
- Christian Keysers, Hirnforscher
- Claus Kleber, Journalist, Moderator des heute-journal
- Wilfried Köpke, Journalist
- Fritz Kuhn, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/die Grünen
- Heinz Rudolf Kunze, Rocksänger und Komponist
- Michael Kunze, Liedtexter
- Rolf-Ulrich Kunze, Historiker
- Horst Mahler, ehemal. RAF-Terrorist, heute juristischer Vertreter rechtsradikaler Personen u. Organisationen
- Franz Massinger, Pianist, Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Frank Mattern, Leiter des deutschen Büros von McKinsey & Company
- Silke-Thora Matthies, Pianistin, Rektorin der Hochschule für Musik und Theater Würzburg
- Heinrich Meier, Philosoph
- Ulrike Meinhof, Publizistin, RAF-Mitglied
- Nadja Michael, Opernsängerin
- Benjamin Moser, Pianist
- Johannes Moser, Cellist
- Hanno Müller-Brachmann, Opernsänger und Dozent an der Hochschule für Musik Hanns Eisler
- Sten Nadolny, Schriftsteller
- Frei Otto, Architekt
- Matthias Pintscher, Komponist und Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Detlev Poguntke, Mathematiker
- Stephan Reimertz, Kunsthistoriker und Romancier
- Gerhard Robbers, Professor an der Universität Trier, Leiter des Instituts für Europäisches Verfassungsrecht, geschäftsführender Vorstand des Instituts für Rechtspolitik
- Gerhard Roth, seit 2004 Präsident der Studienstiftung
- Michael Sailstorfer, Künstler
- Karl Schiller, deutscher Politiker und Wissenschaftler
- Ragna Schirmer, Pianistin und Professorin an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Mannheim
- Frank Schirrmacher, Publizist, Mitherausgeber der FAZ
- Michael Schopper, Sänger und Professor a.D. an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main
- Anno Schreier, Komponist
- Gesine Schwan, Professorin, SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten 2004
- Nabil Shehata, Solokontrabassist der Berliner Philharmoniker, Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Wolf Singer, Hirnforscher
- Klaus Storck, Cellist
- Dieter Sturma, Philosoph
- Christine Teusch, Politikerin
- Ernst-Ludwig von Thadden, Wirtschaftswissenschaftler
- Robert Tillmanns, Politiker
- Philipp Tingler, Schriftsteller, Journalist und Wirtschaftswissenschaftler
- Ingolf Turban, Violinist und Professor an der Hochschule für Musik und Theater München
- Agnes Voigt, freie Künstlerin
- Antje Vollmer, Politikerin, bis 2005 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
- Endrik Wottrich, Sänger
- Juli Zeh, Schriftstellerin
- Ralf Ziervogel, Künstler
- Robert Zimmer, Philosoph
[Bearbeiten] Literatur
- Rolf-Ulrich Kunze: Die Studienstiftung des deutschen Volkes seit 1925. ISBN 3-05-003638-9
- Thomas Röbke: Beitrag über die Studienstiftung des deutschen Volkes. in der ZEIT: http://www.zeit.de/2002/33/200233_c-studienstiftun_xml