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Karbon – Wikipedia

Karbon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel befasst sich mit der Periode Karbon der Erdgeschichte; zu weiteren Bedeutungen siehe Karbon (Begriffsklärung).
< Devon | K a r b o n | Perm >
vor 359,2 - 299 Millionen Jahren
Atmosphärischer O2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 32,5 Vol %[1]
(163 % des heutigen Niveaus)
Atmosphärischer CO2-Anteil
(Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 800 ppm[2]
(3-faches heutiges Niveau)
Bodentemperatur (Durchschnitt über Periodendauer)
ca. 14°C [3]
(0°C über heutigem Niveau)
System Serie Stufe ≈ Alter (mya)
höher höher höher jünger
Karbon Pennsylvanium Gzhelium 299–303,9
Kasimovium 303,9–306,5
Moskovium 306,5–311,7
Bashkirium 311,7–318,1
Mississippium Serpukhovium 318,1–326,4
Viséum 326,4–345,3
Tournaisium 345,3–359,2
tiefer tiefer tiefer älter

Das Karbon ist das fünfte chronostratigraphische System und die fünfte geochronologische Periode des Paläozoikums. Es wurde bereits 1822 in England als geologisches System (= Periode) eingeführt. Namensgebend sind die weltweit verbreiteten Kohleflöze vor allem im Oberkarbon (lateinisch carbo - Kohle). Das Karbon begann vor etwa 359,2 ± 2,5 Millionen Jahren und endete vor 299 ± 0,8 Millionen Jahren. Die zeitlichen Grenzen zum älteren Devon und jüngeren Perm werden durch chronostratigrafische Leithorizonte festgelegt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Gliederung

Geologisches Profil durch das Kohlefeld bei Zwickau (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))
Geologisches Profil durch das Kohlefeld bei Zwickau (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))

Die stratigraphische Gliederung des Karbons wird regional unterschiedlich vorgenommen; die nebenstehende stratigraphische Tabelle gibt die globale Stufengliederung und deren internationale Benennung wieder. Das mitteleuropäische Unterkarbon wird als Dinantium, das Oberkarbon als Siles bezeichnet. In Nordamerika wird ebenfalls eine, jedoch von den europäischen Verhältnissen abweichende, Zweiteilung des Karbons vorgenommen. Das Mississippium (Mississippian) entspricht in etwa dem mitteleuropäischen Unterkarbon und ist nach mächtigen Kalksteinserien benannt, die besonders gut im Tal des Mississippi aufgeschlossen sind. Das Pennsylvanium (Pennsylvanian) enthält die kohlehaltigen Flöze des Oberkarbons. Das russische Karbon wird in Ober-, Mittel- und Unterkarbon unterteilt.

Die biostratigraphische Zonengliederung beruht hauptsächlich auf marinen Wirbellosen: Goniatiten (eine Gruppe der Ammoniten), Conodonten (zahnähnliche Hartteile schädelloser Chordatiere), Armfüßer (Brachiopoda), Korallen und Großforaminiferen sowie phosphatischem Material). Im Oberkarbon fußt die biostratigraphische Gliederung für die terrestrischen (festländischen) Ablagerungen zum Teil auch auf Landpflanzen.

[Bearbeiten] Paläobiologie

[Bearbeiten] Pflanzenreich

Landpflanzen des Karbons im Lebensbild (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))
Landpflanzen des Karbons im Lebensbild (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))

Man könnte das Karbon, zumindest das Oberkarbon, auch als das Zeitalter der Farne bezeichnen. Wenn man bedenkt, dass mehrere Kubikmeter Holz nötig sind um einen Kubikmeter Kohle entstehen zu lassen, lässt sich das enorme Ausmaß der Steinkohlewälder des Oberkarbon erahnen.

Die beherrschenden Vertreter der Flora in den Kohlesümpfen waren die Gattungen Lepidodendron und Sigillaria, baumartige Pflanzen, die zur Pflanzenabteilung der Bärlapppflanzen (Lycopodiophyta) gezählt werden. Die Vertreter beider Gattungen erreichten Größen von bis zu 40 Metern und Stammdurchmesser von über einem Meter.

Die Schachtelhalme (Spenophyta) brachten mit den Kalamiten (Calamites) ebenfalls bis zu 20 Meter große Baumformen hervor (meist sind von den Stämmen nur Steinkerne der verholzten Markröhren erhalten).

Die bereits im Devon erschienene Gruppe der Farnsamer (Pteridospermatophyta) brachte mit Glossopteris (vom damaligen Südkontinent Gondwana) ebenfalls baumartige Formen hervor. Diese Pflanzen zeigten Jahresringe, was auf die Gondwana-Vereisung im Oberkarbon zurückzuführen ist. Bereits seit dem Oberdevon lassen sich die ersten Vertreter der Samenpflanzen (Gymnospermen, Nacktsamer) nachweisen. Bekannte Beispiele für karbonische Samenpflanzen sind die Farnsamer und die nadeltragende Cordaiten. Die zu den Voltziales zählenden, ebenfalls benadelten Gattungen Lebachia der Utrechtiaceae und Walchia, treten erst im obersten Oberkarbon auf. Über die systematische Einordnung der beiden Gattungen existieren unterschiedliche Meinungen[4] Teilweise wird z.B. der Gattungsname Lebachia durch Utrechtia ersetzt, und Walchia wird oft als Formgattung für nicht sicher einzuordnende Fossilien geführt (im englischen auch als „walchian conifers“ bekannt). Ebenfalls treten die Cordaiten erstmals gegen Ende des Karbons auf. Diese Wälder bildende Nadelbäume überlebten das Massenaussterben im Perm nicht. Die Cordaiten und die im Unter-Jura ausgestorbenen Voltziales werden zu den Koniferen (Nadelbäume) gestellt.

[Bearbeiten] Tierreich

Am Ende des Devon war es zu einem Massenaussterben gekommen, bei dem 50 % aller Arten ausgestorben waren, darunter einige Fische, Korallen und Trilobiten. Es starben auch etliche "Riffbauer" unter den Korallen. Das hatte zur Folge, dass die Zahl der Korallenriffe abnahm. Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass dadurch der Sauerstoffgehalt im Wasser sank. Dies könnte einen Anstoß für die Entwicklungslinie der Amphibien gegeben haben. Erst im mittleren Unterkarbon kam es wieder zu einer größeren Radiation. Die fossilienarme Zeit von vor 360 Millionen bis vor 345 Millionen Jahren wird nach dem Paläontologen Alfred Romer als „Romer-Lücke“ (engl. Romer-Gap) bezeichnet.

[Bearbeiten] Leben in den Ozeanen

Die fossile Fauna des Karbonmeeres (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))
Die fossile Fauna des Karbonmeeres (Aus Meyers Konversations-Lexikon (1885-90))

Panzerfische (Placodermi), die in den Ozeanen des Devon die vorherrschende Gruppe waren, erholten sich nicht vom Massenausterben an der Wende Devon/Karbon. Die Entwicklung verlief hin zu beweglicheren Formen der Strahlenflosser. Auch die Trilobiten, die seit dem Kambrium wichtige Leitfossilien waren, überlebten im Karbon nur mit wenigen Arten und verloren ihre bisherige Bedeutung.

Es entstanden die Crinoiden, die zum Stamm der Stachelhäuter (Echinodermata) gehören. Crinoiden sind am Meeresboden festgeheftete Nahrungsfilterer, die in den Ozeanen des Karbon regelrechte „Rasen“ bildeten und oft gesteinsbildend auftraten. Andere gesteinsbildende Organismengruppen waren Moostierchen (Bryozoa, verästelte oder fächerförmige, koloniebildende Tiere) und Formen der Foraminiferen, die Großforaminiferen (vor allem die Gattungen Schwagerina und Fusulina). Großforaminiferen sind einzellige, benthisch lebende, amöboide Lebewesen, die jedoch bis 10 cm Größe erreichen.

Die Ammonoideen, eine Gruppe der Kopffüßer (Cephalopoda), entwickelten sich zu großer Mannigfaltigkeit. Die Biostratigraphie des Karbon beruht zum großen Teil auf dieser Gruppe.

[Bearbeiten] Leben an Land

Die ältesten, flügellosen Insekten (Insecta) sind bereits aus dem Unterdevon bekannt, im Oberkarbon waren bereits geflügelte Insekten entwickelt. Diese unterscheiden sich jedoch von heute lebenden Formen dadurch, dass ihre Flügel nicht zusammenfaltbar waren (heute sind nichtzusammenfaltbare Flügel nur von Libellen und Eintagsfliegen bekannt).

Die einzigen an Land lebenden Wirbeltiere des Karbon waren basale Tetrapoden, Amphibien und die ersten Reptilien, darunter die Protorothyrididae. Viele Formen, wie Crassigyrinus behielten jedoch eine aquatische oder zumindest semiaquatische Lebensweise bei. Die Amphibien hatten an Land keinerlei Nahrungskonkurrenten und entwickelten mannigfaltige Formen. Manche Arten erreichten Größen von bis zu sechs Metern.

Die ersten den Reptilien zugeordneten Skelette sind an der Basis des Oberkarbon gefunden worden. Vermutlich während des Oberkarbon entwickelte sich auch das so genannte Amnion-Ei, mit fester Außenschale und zwei Dottersäcken. Da das Amnion-Ei in sich einen abgeschlossenen Flüssigkeitskörper darstellt, bedeutete es größere Unabhängigkeit vom Wasser bei der Fortpflanzung.

[Bearbeiten] Paläogeographie

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Bereits im Devon war es zur Kollision der beiden Kontinentmassen Laurentia (Kontinent) (Nordamerika) und Fennosarmatia (Nordeuropa und Russische Tafel) gekommen. Dieses plattentektonische Ereignis bezeichnet man als kaledonische Orogenese. Die neu gebildete Kontinentmasse trägt den Namen Laurussia. Im Devon befand sich Laurussia in kontinentaler Position. Zwischen Laurussia und der etwas weiter südlich liegenden Kontinentmasse von Gondwana (Afrika, Südamerika, Antarktis, Australien und Indien) befand sich ein durch verschiedene Terranes, kleinere Massen kontinentaler Kruste, gegliederter Meeresraum. Erste Kollisionen in diesem Bereich hatten schon im oberen Devon die variszische Orogenese eingeleitet.

[Bearbeiten] Entwicklung im Karbon

Im Verlauf des Unterkarbon setzte sich die Konvergenz von Laurasia und Gondwana fort und erreichte an der Wende von Unter- und Oberkarbon einen ersten Höhepunkt. Diese Kontinent/Kontinent-Kollision ist die Ursache der variszischen Orogenese in Europa. Erst im Oberkarbon schloss sich der Bereich zwischen Nordwestafrika und Nordamerika, die Bildung der Appalachen fand damit ihren Abschluss. Mit dem Anschluss des sibirischen und des Kasachstan-Kraton an Laurussia (dabei entstand das Ural-Gebirge) waren schließlich im Perm alle großen Kontinentmassen zu einem Superkontinent, der Pangaea, vereinigt. Der die Pangaea umgebende Ozean wird Panthalassa genannt.

[Bearbeiten] Klima

Zu Beginn des Karbon befand sich die Südspitze Afrikas im Bereich des Südpols. Im weiteren Verlauf des Karbon drehte sich Gondwana im Uhrzeigersinn, im Perm befand sich die Antarktis über dem Südpol. Im Unterkarbon bildeten sich bereits erste Vergletscherungen, die Eisausbreitung fand allerdings erst an der Grenze Karbon/Perm ihren Höhepunkt. Hinweise auf diese permo-karbone-Vereisung finden sich auf allen Teilen des Gondwana-Kontinents in Form von Tilliten (Moränenablagerungen) in mehreren sedimentären Horizonten. Dies lässt auf einen mehrfachen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten schließen. Eine Ursache in den weitverbreiteten Kohleablagerungen des Oberkarbon kann in glazio-eustatischen Meeresspiegelschwankungen gesehen werden, die durch wiederholte Bildung großer Inlandseismassen im Südbereich von Gondwana hervorgerufen wurden.

[Bearbeiten] Das Karbon in Europa

[Bearbeiten] Unterkarbon

[Bearbeiten] Kohlenkalk-Fazies

Am Südrand von Laurussia (dem Kontinent, der sich im Devon durch die Kollision von Laurentia (Nordamerika) und Fennosarmatia (Nordeuropa und Russland) gebildet hatte) kam es im Unterkarbon zu einer sehr fossilreichen Sedimentation von Kalkstein. Der Bereich der Kohlenkalk-Fazies erstreckte sich von Irland/England, Belgien und die Ardennen über das linksrheinische Schiefergebirge bis nach Polen. Im Bereich Englands wurde die marine Karbonatsedimentation durch mehrere Hochzonen gegliedert (vor allem das London-Brabanter-Massiv und die Normannische Schwelle). Zur Ablagerung kamen Moostierchen-Riffkalke, Schuttkalke und dunkle bituminöse Kalke. An Fossilien sind vor allem Bryozoen, Korallen, Armfüßer (Brachiopoda), Goniatiten und Crinoiden überliefert. Die Mächtigkeit des Kohlenkalk erreicht 300-700 Meter und ist zur südlich anschließenden Kulm-Fazies, siehe unten, durch Riffschutt und Kalkturbidite verzahnt.

[Bearbeiten] Kulm-Fazies

Die Kulm-Fazies schließt sich südlich an die Kohlenkalk-Fazies an, sie stellt eine synorogene Sedimentation dar, also Ablagerungen, die gleichzeitig mit der Gebirgsbildung der variszischen Orogenese erfolgten. Das klastische Material wurde dabei von der Mitteldeutschen Kristallinschwelle, damals ein Inselbogen, geliefert. Das Sedimentationsbecken, in dem die Kulm-Fazies zur Ablagerung kam, wurde durch diese Schwelle grob in einen nördlichen und einen südlichen Bereich geteilt. Der nördliche Bereich bildet heute das Rheinische Schiefergebirge. In diesem Beckenbereich kamen hauptsächlich Tonschiefer (mit der bivalven Muschel Posidonia becheri) und Radiolarien führende Kieselschiefer (Lydite) zur Ablagerung.

Im südlichen Bereich herrschte eine Flyschfazies mit turbiditischen Sandsteinen, Grauwacken und Olisthostromen vor. Die Kulm-Fazies erreichte in diesem südlichen Becken Mächtigkeiten von bis zu 3.000 Meter.

[Bearbeiten] Die variszische Orogenese

Hauptartikel: Variszische Orogenese

Beim variszischen Gebirge handelt es sich um ein kompliziert gebautes Decken- und Faltengebirge. Die enorme Krustenverkürzung macht sich in starken Verfaltungen und internen Überschiebungen bemerkbar. Der Name stammt von den Variskern, einem im Vogtland ansässigen Volksstamm. Das mitteleuropäische Variszikum wird von Norden nach Süden in folgende Zonen eingeteilt:

Wie bereits erwähnt fanden erste Kollisionen von Terranes (kleinere Massen kontinentaler Kruste) bereits im Devon statt. Zur Hauptfaltungsphase der variszischen Orogenese kam es an der Grenze Unter/Oberkarbon, auch als sudetische Phase bezeichnet. Bis ins Perm ist in den mitteleuropäischen Varisziden tektonische Aktivität nachweisbar.

[Bearbeiten] Oberkarbon - Die postvariszische Entwicklung

Während der Hauptphase der variszischen Gebirgsbildung waren große Teile Europas zu Festland und damit zu Abtragungsgebieten geworden. Die Sedimentation im Oberkarbon unterschied sich damit grundlegend von den Verhältnissen im Unterkarbon.

[Bearbeiten] Subvariszikum

An den Rändern des Subvariszischen Beckens entwickelte sich hauptsächlich im Westfal (siehe stratigraphische Tabelle oben) ein paralischer Kohlegürtel mit ausgedehnten Kohlesümpfen (zur Entstehung paralischer Kohlen kommt es an Küstengebieten: durch wiederholten Anstieg und Abfall des Meeresspiegels werden Sumpfgebiete überschwemmt, von Schlamm überdeckt und wieder zu Festland, sodass sich neue Sumpfgebiete entwickeln ...). Dieser Gürtel paralischer Kohlen zieht sich von Südengland über das Ruhrgebiet bis nach Polen. Im Ruhrgebiet erreicht das Oberkarbon eine maximale Mächtigkeit von 6000 Metern.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Andreas Braun: Das Karbon: Nicht nur Steinkohle. Biologie in unserer Zeit 32(5), S. 286 - 293 (2002), ISSN 0045-205X
  • Peter Faupl: Historische Geologie, UTB für Wissenschaft, 2. Aufl. (2003), ISBN 3-8252-2149-0.
  • Wolfgang Frisch und Jörg Loeschke (1993): Plattentektonik, Kapitel 10.2: Paläozoische Gebirgsgürtel, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, ISBN 3-534-09410-7.
  • Reinhard Schönenberg und Joachim Neugebauer (1997): Einführung in die Geologie Europas, Rombach Verlag Freiburg, ISBN 3-7930-9147-3.
  • Ernst Probst: Deutschland in der Urzeit", C. Bertelsmann, München 1986, ISBN 3-570-01066-X

[Bearbeiten] Quellen

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Sauerstoffgehalt-1000mj.svg
  2. http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Phanerozoic_Carbon_Dioxide.png
  3. http://en.wikipedia.org/wiki/Image:All_palaeotemps.png
  4. Wilson N. Stewart, Gar W. Rothwell: Paleobotany and the Evolution of Plants, 2. Auflage, Cambridge University Press, 1993 ISBN 0521382947

[Bearbeiten] Weblinks


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