Beschleunigung
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Physikalische Größe | |||
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Name | Beschleunigung | ||
Größenart | Beschleunigung | ||
Formelzeichen der Größe | a | ||
Größen- und Einheitensystem |
Einheit | Dimension | |
SI | |||
CGS | |||
Planck |
Planck-Beschleunigung
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Beschleunigung ist die Änderung der Geschwindigkeit eines Körpers. Das Wort wird, sogar innerhalb der physikalischen Fachsprache, in zwei etwas verschiedenen Bedeutungen benutzt:
- Im alltäglichen Wortsinn, aber auch z. B. in dem Begriff Teilchenbeschleuniger, ist eine Erhöhung des Betrages der Geschwindigkeit gemeint;
- im allgemeineren Sinn bezeichnet Beschleunigung jede Änderung des Geschwindigkeitsvektors, also auch eine Abnahme des Betrages (Verzögerung oder Abbremsung) oder eine Richtungsänderung bei gleich bleibendem Geschwindigkeitsbetrag. Die Beschleunigung in diesem Sinne ist die zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit oder die zweite zeitliche Ableitung des Weges. Die Beschleunigung kann selbst wieder zeitabhängig sein; ihre zeitliche Ableitung (also die dritte Ableitung des Weges nach der Zeit) ist der Ruck.
Um einen Körper zu beschleunigen, ist immer eine Kraft notwendig.
Die SI-Einheit der Beschleunigung ist m/s².
Beschleunigungsvorgänge spielen in allen bewegten Systemen, wie z. B. Fahrzeugen, Flugzeugen oder Aufzügen, eine wichtige Rolle und sind aufgrund der in diesem Zusammenhang auftretenden Trägheitskräfte für die darin beförderten Menschen und Sachen meist deutlich spürbar.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Physikalische Definition
Die Beschleunigung ist eine physikalische Größe aus der Kinematik, die definiert ist als die Änderung der Geschwindigkeit
pro Zeitintervall dt. Sie ist also die zeitliche Ableitung
Da die Geschwindigkeit die Ableitung des Ortes nach der Zeit ist, kann man die Beschleunigung auch als zweite Ableitung des Ortsvektors darstellen
Eine mittlere Beschleunigung kann aus der Differenz der Geschwindigkeiten Δv = v(t2) − v(t1) zu zwei verschiedenen Zeitpunkten t1 und t2 dividiert durch das zwischen den beiden Zeitpunkten verstrichene Zeitintervall Δt = t2 − t1 berechnet werden
.
Der Geschwindigkeitsvektor setzt sich zusammen aus dem Geschwindigkeitsbetrag v und dem Tangenteneinheitsvektor
. Bildet man nun die Ableitung dieses Ausdrucks erhält man die Beschleunigung (Anwenden der Produktregel). Die zeitliche Ableitung des Tangenteneinheitsvektors kann über die Bogenlänge s berechnet werden (Anwenden der Kettenregel):
mit
Dabei ist ρ der Krümmungsradius der Bahn und Normaleneinheitsvektor.
Die Beschleunigung kann aufgeteilt werden in eine zur Bewegungsrichtung
parallelen Beschleunigung (Tangentialbeschleunigung)
und eine senkrecht dazu stehende Normalbeschleunigung
.
Ist die Tangentialkraftkomponente gleichgerichtet mit der Bewegungsrichtung, so ergibt sich eine Geschwindigkeitserhöhung, ist sie ihr entgegen gerichtet, spricht man vom Abbremsen oder Verzögern. Eine Normalbeschleunigung bewirkt die Krümmung der Bahnkurve eines Körpers.
Die Beschleunigung ist wie die Geschwindigkeit eine gerichtete Größe (Vektor). Sie ist eine der wesentlichen Größen der klassischen Mechanik, deren Dynamik (Änderung der Beschleunigung unter Einwirkung von Kräften) erstmals von Isaac Newton beschrieben wurde (siehe auch Newton-Axiome).
Für Systeme mit konstanter Masse in einem Inertialsystem ergibt sich die Beschleunigung aus dem Verhältnis von Kraft zu Masse
[Bearbeiten] Sonderfälle der Beschleunigung
- Konstante Beschleunigung in (bzw. entgegen der) Richtung der Geschwindigkeit (sowohl Richtung als auch Betrag der Beschleunigung sind konstant) führt laut klassischer Mechanik (nach Newton) zu geradliniger Bewegung mit zeitlich gleichförmig wachsender (bzw. abnehmender) Geschwindigkeit. Nach der speziellen Relativitätstheorie gilt diese Linearität aber nur näherungsweise bei nichtrelativistischen Geschwindigkeiten:
(c: Lichtgeschwindigkeit).
- Beim freien Fall auf der Erde werden alle Körper mit der Fallbeschleunigung g = 9,80665 m/s² (DIN 1305) in Richtung Erdmittelpunkt beschleunigt. Allerdings gibt es regionale Schwankungen, da die Erdgestalt von einer Kugel abweicht und der innere Aufbau nicht genau kugelsymmetrisch ist.
- Eine Zentripetalbeschleunigung (konstanter Betrag, aber Richtung quer zum Geschwindigkeitsvektor) führt zu einer gleichförmigen Kreisbewegung, bei der der Betrag der Geschwindigkeit konstant bleibt. Diese Beschleunigung auf den Kreismittelpunkt zu ist die Sicht eines im Kreismittelpunkt ruhenden Beobachters (Inertialsystem). Befindet man sich jedoch im mitbewegten Bezugssystem des umkreisenden Körpers, so wirkt eine vom Betrag gleich große Beschleunigung vom Mittelpunkt weg nach außen (Zentrifugalbeschleunigung).
- Stoß zwischen festen Körpern: Während des kurzen Zeitraums der Berührung ist die Beschleunigung extrem hoch.
[Bearbeiten] Ruck
Der Ruck, die zeitliche Änderung einer Beschleunigung, hat z. B. eine Bedeutung bei der dynamischen Anregung von Maschinen und anderen schwingungsfähigen Systemen. So vollführt bei einer Autofahrt der Beifahrer einen „Kopfnicker“, wenn der Fahrer zu schnell einkuppelt. Die zeitliche Änderung einer Zentripetalbeschleunigung heißt Querruck.
[Bearbeiten] Messung der Beschleunigung
Hochgenaue Beschleunigungssensoren erreichen heute bei ihren Messungen Genauigkeit von 0,005 g. Dies ermöglicht durch zweifache Integration über die Zeit bei bekannten Anfangsbedingungen eine Ortsbestimmung von Flugzeugen über einen mittellangen Zeitraum (z. B. für den Fall, dass das GPS-System ausfällt.)
[Bearbeiten] Beispiele für die Größe von Beschleunigungen
- Beim freien Fall im Schwerefeld der Erde beträgt die Beschleunigung g = 9,81 m/s2. Damit wird (ohne Luftwiderstand) eine Geschwindigkeit von 100 km/h in 2,83 Sekunden erreicht.
- Der menschliche Körper erträgt über längere Zeit ca. 10 g, ohne in Ohnmacht zu fallen, bei Autounfällen wirken kurzzeitig wesentlich höhere Belastungen. Die ohne Schäden überstehbare Beschleunigung ist umso größer, je kürzer die Zeitdauer der Beschleunigung ist.
- Bei Nähmaschinen wirken auf die Nadel Beschleunigungen von bis zu 6.000 g.
- Bei einer Waschmaschine wirken im Schleudergang mehr als 300 g auf den Trommelinhalt.
- Beim Fahrradfahren treten Beschleunigungen von etwa 1 m/s² auf (Freizeitfahrer) und bei Sportprofis etwa 2 m/s².
- Ein Mittelklassewagen kann Beschleunigungen bis zu 3 m/s² und Autos höherer Klasse sogar mehr als 4 m/s² hervorbringen.
- Beim Bremsen eines Autos treten negative Beschleunigungen von bis zu 10,5 m/s² auf.
- Bei den Dragster-Fahrzeugen der Top-Fuel-Klasse treten beim Start +6 g (60 m/s²) und beim Abbremsen −6 g an Beschleunigung auf.
- Ein vollbeladener Jumbo-Jet erfährt eine Beschleunigung von etwa 1,6 m/s².
- Der ICE erreicht eine Beschleunigung von etwa 0,5 m/s², ein moderner S-Bahn-Triebwagen sogar 1,0 m/s².
- Während der ersten Schritte eines Sprints wirken Beschleunigungen von etwa 4 m/s² auf den Sportler.
- Die Kugel beim Kugelstoßen wird bei der Abstoßphase mit etwa 10 m/s2 beschleunigt.
- Ein Tennisball kann Beschleunigungen bis zu 10.000 m/s² erfahren.
- Tischzentrifugen im Laborbedarf können Beschleunigungen von 12.000 g erzielen.
- Ultrazentrifugen im Laborbedarf können Beschleunigungen von 200.000 g erzielen.
- Auf der Achterbahn Silverstar im Europa-Park herrschen Querbeschleunigungen von bis zu 4 g (40 m/s²).
- Bei Nesselzellen wird der Stachel mit bis zu 5.410.000 g beschleunigt.
- Bei einer Atombombenexplosion werden Beschleunigungen von bis zu 100 Milliarden g erreicht.
- Am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs mit etwa 3 Sonnenmassen werden etwa 500 Milliarden g erzeugt.
[Bearbeiten] Umgangssprachliche Verwendung
- Das Wort ist in der Umgangssprache fälschlich auch im Sinne einer „erhöhten Geschwindigkeit“ im Gebrauch. Es wird vornehmlich in der Automobilsprache verwendet.
- Bei Kraftfahrzeugen wird die erreichbare Beschleunigung als ein wesentlicher Parameter zur Klassifizierung der Leistung verwendet. Es wird dabei jedoch nicht direkt die physikalische Größe angegeben (die ohnehin je nach Geschwindigkeit und Fahrzustand verschieden ist), sondern meist eine Art Mittelwert in der Form „Sekunden von 0 auf 100 km/h“ (auch 160 oder 200 km/h).
- Die „Kosmologische Beschleunigung“ ist ein für die Expansion des Universums verwendeter Ausdruck.
Die zunehmende subjektiv empfundene Geschwindigkeit im täglichen Leben ist ein relativ unerforschtes psychologisches Phänomen, das mit der Alterung in Verbindung gebracht wird. Siehe hierzu auch: Entschleunigung, Gerontologie
Vergleiche auch: Dynamik (Physik)