Bayerischer Landtag
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Bayerische Landtag ist das Landesparlament in Bayern. Bis 1999 gab es als zweite Kammer noch den Bayerischen Senat, seither hat auch Bayern ein Einkammersystem. Das Parlamentsgebäude ist das Maximilianeum in München.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorläufer
Seit 1819 existiert in Bayern ein Parlament. Das erste war die Ständeversammlung. Dabei kann man die 2. Kammer, die Kammer der Abgeordneten, als den Vorläufer des heutigen Landtags ansehen. Nach der Novemberrevolution wurde der Provisorische Nationalrat (1918–1919) eingerichtet. Von 1919 bis 1933 existierte der erste Bayerische Landtag. Nach der Aufhebung des Landtags am 30. Januar 1934 durch das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934 (RGBl. I S. 75) kam es erst nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches 1946 zu einem Versuch der Neugründung. Der Bayerische Beratende Landesauschuss mündete in die Bayerische Verfassunggebende Landesversammlung von 1946. Seit 1946 existiert in Bayern wieder der Bayerische Landtag.
[Bearbeiten] Verfassungsrechtliche Grundlagen
[Bearbeiten] Wahl
Die Bestimmungen zum Landtag sind in Abschnitt Zwei der Bayerischen Verfassung geregelt.
Seit 2003 sitzen im Landtag 180 Abgeordnete (vorher: 204). (Informationen zur Sitzverteilung: Sitzverteilung in den deutschen Landesparlamenten).
Die Wahlen finden alle 5 Jahre statt und sind allgemein, gleich, unmittelbar und geheim. Der Landtag wird gewählt nach einer speziell bayerischen Variante, die sowohl Verhältniswahlrecht wie Mehrheitswahlrecht integriert: anders als im übrigen Bundesgebiet gibt es keine gemeinsame Landesliste, sondern insgesamt sieben Listen für die sieben Wahlbezirke. Es gibt also keinen landesweiten „Listenplatz Nr.1“ auf den der jeweilige Spitzenkandidat gesetzt werden könnte. Bei der Verwendung der Zweitstimme gibt es ebenfalls Unterschiede zur Bundesregelung: die Wähler können nicht nur eine Partei, sondern einen speziellen Kandidaten auf deren Liste ankreuzen und so die Abfolge der Listenkandidaten erheblich verändern. Wie auch das bayerische Kommunalwahlrecht enthält das Landtagswahlrecht Elemente direkter Demokratie.
Ebenfalls im Unterschied zum Bundesrecht bestimmt sich die Zahl der Mandate im Landtag nicht aus den Zweitstimmen alleine, sondern aus der Addition von Erst- und Zweitstimmen.
Eine Praxis, die im Allgemeinen das Wahlergebnis für größere Parteien günstig beeinflusst, da diese meist mehr Erst- als Zweitstimmen erhalten.
Vor Ablauf seiner eigentlichen Wahldauer kann sich der Landtag durch Mehrheitsbeschluss selbst auflösen oder auf Antrag von einer Million wahlberechtigter Staatsbürger durch einen Volksentscheid abberufen werden.
[Bearbeiten] Aufgaben
Dem Landtag obliegt der Beschluss von Gesetzen und die Abstimmung über den Haushalt des Freistaates. (siehe auch: Gesetzgebungsverfahren in Bayern.)
Er wählt den Bayerischen Ministerpräsidenten und bestätigt die Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung.
Die Kontrolle der Staatsregierung übt er durch das Zitierungsrecht und die Möglichkeit zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen aus. Ein Misstrauensvotum ist in der Bayerischen Verfassung nicht vorgesehen, jedoch muss der Ministerpräsident zurücktreten, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Landtag auf Grund politischer Verhältnisse nicht mehr möglich ist. Tut er das nicht, kann er vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof angeklagt werden.
Des weiteren obliegt dem Landtag die Wahlprüfung und die Wahl des bayerischen Datenschutzbeauftragten.
[Bearbeiten] Landtagspräsident
Der Landtagspräsident wird in der konstituierenden Sitzung nach der Wahl zusammen mit dem Präsidium durch den Landtag gewählt. Der Präsident führt die Geschäfte des Landtags, vertritt den Staat in allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten des Landtags. Er übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Landtagsgebäude aus.
Der Präsident leitet die Sitzungen der Vollversammlung, des Präsidiums und des Ältestenrats. Er übt die Dienstaufsicht über die Angehörigen des Landtagsamtes und die Geschäftsstelle des Landesbeauftragten für den Datenschutz aus. Der Landtagspräsident ist protokollarisch nach dem Ministerpräsidenten der „Zweite Mann im Staate“.
Einer der bedeutendsten Landtagspräsidenten war Franz Heubl (CSU) (1978–1990).
Gegenwärtiger Präsident des Landtages ist Alois Glück (CSU). Barbara Stamm (CSU) und Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD) sind seine Stellvertreter.
Ehemalige Landtagspräsidenten waren
- 1946–1950 Michael Horlacher, CSU
- 1950–1951 Georg Stang, CSU
- 1951–1954 Alois Hundhammer, CSU
- 1954–1960 Hans Ehard, CSU
- 1960–1978 Rudolf Hanauer, CSU
- 1978–1990 Franz Heubl, CSU
- 1990–1994 Wilhelm Vorndran, CSU
- 1994–2003 Johann Böhm, CSU
[Bearbeiten] Landtagswahlen
[Bearbeiten] Landtagswahl September 2008
Die nächste Landtagswahl ist für September 2008 vorgesehen.
[Bearbeiten] Wahlergebnis vom 21. September 2003
In den Landtag gewählte Parteien (min. 5 %):
- CSU 60,7 %, 124 Sitze (+ 1 Sitz)
- SPD 19,6 %, 41 Sitze (− 26 Sitze)
- Bündnis 90/Die Grünen 7,7 %, 15 Sitze (+ 1 Sitz)
Nicht in den Landtag gewählte Parteien (< 5 %):
- Andere Parteien, Kandidaten insgesamt 12,00 %
- Freie Wähler 4,0 %
- FDP 2,6 %
- REP 2,2 %
- ödp 2,0 %
- BP 0,8 %
- PBC 0,2 %
- Aufbruch 0,1 %
- BüSo 0,1 %
- Freie Franken 0,0 %
- BB 0,0 %
- Unabhängige Kandidaten 0,0 %
[Bearbeiten] Weimarer Republik
Landtagswahl 1919:
Partei | Stimmanteil | Sitze |
---|---|---|
BVP | 35,0 % | 66 Sitze |
SPD | 33,0 % | 61 Sitze |
DVP | 14,0 % | 25 Sitze |
BBB | 9,1 % | 16 Sitze |
NLP | 5,8 % | |
USPD | 2,5 % | 3 Sitze |
Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (Weimarer Republik) (Provisorischer Nationalrat)
Landtagswahl 1920:
Partei | Stimmanteil | Sitze |
---|---|---|
BVP | 39,4 % | 65 Sitze |
SPD | 16,4 % | 25 Sitze |
DNVP/DVP | 13,5 % | 19 Sitze |
USPD | 12,9 % | 20 Sitze |
DDP | 8,1 % | 12 Sitze |
BBB | 7,9 % | 12 Sitze |
KPD | 1,7 % | 2 Sitze |
Die Nachwahl der drei Coburger Abgeordneten am 7. November 1920 ergab je einen weiteren Abgeordneten für DNVP/DVP, SPD und DDP
Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (Weimarer Republik) (1. Wahlperiode)
Landtagswahl 1924:
Partei | Stimmanteil | Sitze |
---|---|---|
BVP | 32,8 % | 46 Sitze |
SPD | 17,2 % | 23 Sitze |
Völkischer Block | 17,1 % | 23 Sitze |
DNVP/DVP-Pfalz | 9,4 % | 11 Sitze |
KPD | 8,3 % | 9 Sitze |
BBB | 7,1 % | 10 Sitze |
Deutscher Block | 3,2 % | 3 Sitze |
Zentrum | 1,9 % | 2 Sitze |
DVP | 1,0 % | 1 Sitz |
Beamtengruppe | 0,8 % | 1 Sitz |
Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (Weimarer Republik) (2. Wahlperiode)
Landtagswahl 1928:
Partei | Stimmanteil | Sitze |
---|---|---|
BVP | 31,6 % | 46 Sitze |
SPD | 24,2 % | 34 Sitze |
BBB | 11,5 % | 17 Sitze |
DNVP/DVP-Pfalz | 9,3 % | 13 Sitze |
NSDAP | 6,1 % | 9 Sitze |
KPD | 3,8 % | 5 Sitze |
DVP | 3,3 % | 4 Sitze |
Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (Weimarer Republik) (3. Wahlperiode)
Landtagswahl 1932:
Partei | Stimmanteil | Sitze |
---|---|---|
BVP | 32,6 % | 45 Sitze |
NSDAP | 32,5 % | 43 Sitze |
SPD | 15,5 % | 20 Sitze |
KPD | 6,6 % | 8 Sitze |
BBB | 3,3 % | 3 Sitze |
Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (Weimarer Republik) (4. Wahlperiode)
[Bearbeiten] Bundesrepublik Deutschland
[Bearbeiten] Stimmenanteile der Parteien in %
Jahr | CSU | SPD | B'90/Grüne | KPD | FDP | BP | BHE DG | GB BHE | NPD | WAV | Rep | FW | ödp |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1946 | 58,3 | 28,8 | 5,3 | 2,5 | 5,1 | ||||||||
1946 | 52,3 | 28,6 | 6,1 | 5,7 | 7,4 | ||||||||
1950 | 27,4 | 28,0 | 7,1 | 17,9 | 12,3 | ||||||||
1954 | 38,0 | 28,1 | 7,2 | 13,2 | 10,2 | ||||||||
1958 | 45,6 | 30,8 | 5,6 | 8,1 | 8,6 | ||||||||
1962 | 47,5 | 35,3 | 5,9 | 4,8 | 5,1 | ||||||||
1966 | 48,1 | 35,8 | 5,1 | 3,2 | 7,4 | ||||||||
1970 | 56,4 | 33,3 | 5,6 | 1,3 | |||||||||
1974 | 62,1 | 30,2 | 5,2 | 0,8 | |||||||||
1978 | 59,1 | 31,4 | 6,2 | 0,4 | |||||||||
1982 | 58,3 | 31,9 | 4,6 | 3,5 | 0,5 | 0,4 | |||||||
1986 | 55,8 | 27,5 | 7,5 | 3,8 | 0,6 | 3,0 | 0,7 | ||||||
1990 | 54,9 | 26,0 | 6,4 | 5,2 | 0,8 | 4,9 | 1,7 | ||||||
1994 | 52,8 | 30,0 | 6,1 | 2,8 | 1,0 | 3,9 | 2,1 | ||||||
1998 | 52,9 | 28,7 | 5,7 | 1,7 | 0,7 | 3,6 | 3,7 | 1,8 | |||||
2003 | 60,7 | 19,6 | 7,7 | 2,6 | 0,8 | 2,2 | 4,0 | 2,0 |
[Bearbeiten] Sitzverteilung
Jahr | zus. | CSU | SPD | B'90/Grüne | FDP | BP | BHE DG | GB BHE | NPD | WAV |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1946 | 180 | 109 | 51 | 4 | 8 | |||||
1946 | 180 | 104 | 54 | 9 | 13 | |||||
1950 | 204 | 64 | 63 | 12 | 39 | 26 | ||||
1954 | 204 | 83 | 61 | 13 | 28 | 19 | ||||
1958 | 204 | 101 | 64 | 8 | 14 | 17 | ||||
1962 | 204 | 108 | 79 | 9 | 8 | |||||
1966 | 204 | 110 | 79 | 15 | ||||||
1970 | 204 | 124 | 70 | 10 | ||||||
1974 | 204 | 132 | 64 | 8 | ||||||
1978 | 204 | 129 | 65 | 10 | ||||||
1982 | 204 | 133 | 71 | |||||||
1986 | 204 | 128 | 61 | 15 | ||||||
1990 | 204 | 127 | 58 | 12 | 7 | |||||
1994 | 204 | 120 | 70 | 14 | ||||||
1998 | 204 | 123 | 67 | 14 | ||||||
2003 | 180 | 124 | 41 | 15 |
Seit 1962 hat die CSU die absolute Mehrheit im Bayerischen Landtag nicht mehr eingebüßt. Die schwache Stellung der SPD wurde bereits mehrfach parodiert, etwa von Mitarbeitern des Satiremagazins Titanic die im Landtagswahlkampf 2003 vorgaben ein Wahlkampfteam der Bayern-SPD zu sein, als Motto für die Aktion wurde „Wir geben auf“ ausgewählt.
[Bearbeiten] Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag
Fraktion | Name | Im Amt seit... |
---|---|---|
Georg Schmid | 2007 | |
Franz Maget | 2000 | |
Sepp Dürr Margarete Bause |
1998 2003 |
[Bearbeiten] Abgeordnete 2003–2008
Siehe Artikel Liste der Mitglieder des Bayerischen Landtages (15. Wahlperiode). Für die älteren Abgeordnetenlisten siehe die Navigationsleiste am Ende des Artikels.
[Bearbeiten] Gremien
[Bearbeiten] Ständige Ausschüsse
- Staatshaushalt und Finanzfragen – Vorsitzender Manfred Ach (CSU)
- Verfassungs-, Rechts-, und Palamentsfragen – Vorsitzender Franz Schindler (SPD)
- Kommunale Fragen und Innere Sicherheit – Vorsitzender Dr. Jakob Kreidl (CSU)
- Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie – Vorsitzender Franz Josef Pschierer (CSU)
- Landwirtschaft und Forsten – Vorsitzender Helmut Brunner (CSU)
- Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik – Vorsitzender Joachim Wahnschaffe (SPD)
- Hochschule, Forschung und Kultur – Vorsitzender Dr. Ludwig Spaenle (CSU)
- Bildung, Jugend und Sport – Vorsitzender Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU)
- Fragen des öffentlichen Dienstes – Vorsitzender Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU)
- Eingaben und Beschwerden – Vorsitzender Alexander König (CSU)
- Bundes- und Europaangelegenheiten – Vorsitzender Dr. Martin Runge (Bündnis 90/Die Grünen)
- Umwelt- und Verbraucherschutz – Vorsitzender Henning Kaul (CSU)
[Bearbeiten] Untersuchungsausschüsse
- Untersuchungsausschuss Hohlmeier (zur Aufklärung der Münchner CSU-Affäre) – Vorsitzender Engelbert Kupka (CSU)
- Untersuchungsausschuss Wildfleisch und Verbraucherschutz (zur Aufklärung des Wildfleisch-Skandals) – Vorsitzender Thomas Kreuzer (CSU)
[Bearbeiten] Enquetekommissionen
- Jungsein in Bayern – Zukunftsperspektiven für die kommenden Generationen – Vorsitzender Josef Zellmeier (CSU)
[Bearbeiten] Weitere Ausschüsse
- Parlamentarisches Kontrollgremium – Vorsitzender Herbert Ettengruber (CSU)
- Datenschutzkommission – Vorsitzender Hans Gerhard Stockinger (CSU)
- Richter-Wahl-Kommission – Präsident Alois Glück (CSU)
- Zwischenausschuss – Präsident Alois Glück (CSU)
[Bearbeiten] Sonstiges
Die Kraftfahrzeuge des Bayerischen Landtags führen beim Kfz-Kennzeichen das Unterscheidungszeichen BYL–.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Politisches System Bayerns
- Bayerischer Senat
- Ergebnisse der Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland
[Bearbeiten] Weblinks
- Der Bayerische Landtag
- Parlamentszeitschrift "Maximilianeum"
- Landtagswahl 2008
- Übersicht über die Landtagwahlen in Bayern während der Weimarer Republik
- Bayerischer Landtag im Münchener DigitalisierungsZentrum
Land Baden-Württemberg | Freistaat Bayern | Land Berlin | Land Brandenburg | Freie Hansestadt Bremen | Freie und Hansestadt Hamburg | Land Hessen | Land Mecklenburg-Vorpommern | Land Niedersachsen | Land Nordrhein-Westfalen | Land Rheinland-Pfalz | Saarland | Freistaat Sachsen | Land Sachsen-Anhalt | Land Schleswig-Holstein | Freistaat Thüringen
Baden-Württemberg | Bayern | Brandenburg | Berlin | Bremen | Hamburg | Hessen | Mecklenburg-Vorpommern | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz | Saarland | Sachsen | Sachsen-Anhalt | Schleswig-Holstein | Thüringen
Verfassunggebende Landesversammlung (1946) | 1. Wahlperiode (1946–1950) | 2. Wahlperiode (1950–1954) | 3. Wahlperiode (1954–1958) | 4. Wahlperiode (1958–1962) | 5. Wahlperiode (1962–1966) | 6. Wahlperiode (1966–1970) | 7. Wahlperiode (1970–1974) | 8. Wahlperiode (1974–1978) | 9. Wahlperiode (1978–1982) | 10. Wahlperiode (1982–1986) | 11. Wahlperiode (1986–1990) | 12. Wahlperiode (1990–1994) | 13. Wahlperiode (1994–1998) | 14. Wahlperiode (1998–2003) | 15. Wahlperiode (2003–2008)
Koordinaten: 48° 08′ 10" n. Br., 11° 35′ 39" ö. L.