Stefan Aust
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Stefan Aust (* 1. Juli 1946 in Stade, Niedersachsen) ist ein deutscher Journalist. Er war von 1994 bis 2008 Chefredakteur des deutschen Nachrichtenmagazins Der Spiegel.
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[Bearbeiten] Leben
Aust ist der Sohn eines Landwirts. Er begann ein Studium der Soziologie und brach es ohne Abschluss ab. Von 1967 bis 1969 war Aust Redakteur bei der Zeitung „konkret“ sowie den „St. Pauli-Nachrichten“ und war seit 1970 Mitarbeiter des Norddeutschen Rundfunks NDR, von 1972 bis 1986 für das Fernsehmagazin „Panorama“. Ab Mai 1988 übernahm Aust die Funktion des Chefredakteurs für die Fernsehausgabe „Spiegel TV Magazin“. Anfangs kritisch kommentiert, konnte Aust mit Journalen und Dokumentationen eine gewinnträchtige Verlagsabteilung entwickeln.
Im September 1970 befreite er auf eigene Faust und mit Hilfe eines Aussteigers der RAF die Zwillinge Bettina und Regine Röhl, die Töchter von Ulrike Meinhof und dem ehemaligen „konkret“-Kollegen Klaus Rainer Röhl, die von Mitgliedern der Rote Armee Fraktion nach Sizilien verschleppt worden waren, und brachte sie zurück zu ihrem Vater, der das Sorgerecht hatte. Nach eigenen Angaben haben Andreas Baader und andere einmal versucht, ihn zu ermorden. Er sei allerdings damals durch einen Hinterausgang nachts entkommen, „so dass Baader & Co. unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten“.[1]
Zum Chefredakteur des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ wurde Aust am 16. Dezember 1994 ernannt; er schied daher aus der Spiegel-TV-Chefredaktion aus. Seit Juli 1995 war Aust auch Geschäftsführer der Spiegel TV GmbH. Er moderierte die Fernsehsendung regelmäßig.
Am 7. Mai 2001 gründete er gemeinsam mit der Produktionsfirma dctp den mittlerweile durch DMAX ersetzten Spiegel-TV-Ableger XXP. Der Sender XXP wurde an Discovery Channel verkauft. Am 6. Juli 2007 gab er seinen Posten als Geschäftsführer der Spiegel TV GmbH ab und wurde stattdessen Herausgeber der Sendung.[2]
Im Oktober 2005 kam es von Seiten zweier Gesellschafter des Blattes (Mitarbeiter KG und Augstein-Erben) zu einem medial vielbeachteten Konflikt mit Aust wegen ihm vorgeworfener "Qualitätsmängel in der Berichterstattung". Er setzte sich unter Verweis auf die geltenden Statuten des Magazins, die volle journalistische Unabhängigkeit der Redaktion garantieren, durch.[3]
Am 15. November 2007 wurde bekannt, dass die Gesellschafter des Spiegel-Verlags einvernehmlich und auf Initiative der Mitarbeiter-KG beschlossen hatten, den Chefredakteurs-Vertrag von Aust nicht über den 31. Dezember 2008 hinaus zu verlängern.[4] Dem 61-Jährigen seien „schlechter Führungsstil und mangelnde Innovationskraft“ zur Last gelegt worden.[5] Am 5. Februar 2008 wurde Aust mit sofortiger Wirkung vom Chefredakteursposten freigestellt. Seine Stelle traten Mathias Müller von Blumencron, bisher Chefredakteur von Spiegel Online und Georg Mascolo, bis zu diesem Zeitpunkt Leiter des SPIEGEL-Hauptstadtbüros Berlin, an.[6] Aust legte gegen seine Kündigung Klage ein.[7] Am 7. März 2008 gaben Der Spiegel und Stefan Aust bekannt, daß man sich außergerichtlich geeinigt habe. Demnach ist Stefan Aust mit sofortiger Wirkung nicht mehr in Diensten des Magazins. Über Einzelheiten und eine Abfindungshöhe wurde nichts verlautbart.
Stefan Aust lebt mit seiner Familie in Armstorf bei Stade. Er betreibt dort als persönliches Hobby einen Reiterhof mit Hannoveraner-Gestüt.
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1991 – DIVA-Award
- 2003 – Goldene Feder für seine langjährige journalistische Tätigkeit
- 2005 – Goldene Kamera in der Kategorie TV-Journalismus
[Bearbeiten] Werke
Ab 1980 hat Aust verschiedene Bücher zu meist politischen Themen verfasst:
- Kennwort 100 Blumen – Verwicklung des Verfassungsschutzes in den Mordfall Ulrich Schmücker. Konkret Literatur Verlag, Hamburg 1980. ISBN 3-922144-04-7
- Hausbesetzer: Wofür sie kämpfen, wie sie leben und wie sie leben wollen. Hoffmann und Campe, Hamburg 1981. ISBN 3-455-08765-5 (mit Sabine Rosenbladt)
- Brokdorf: Symbol einer politischen Wende. Hoffmann und Campe, Hamburg 1981. ISBN 3-455-08782-5
- Der Baader-Meinhof-Komplex. Hoffmann und Campe, Hamburg 1985. ISBN 3-455-08253-X (erweitert und aktualisiert: 1997, ISBN 3-455-11230-7; Taschenbuchausgabe 1998, ISBN 3-442-12953-2)
- Mauss – ein deutscher Agent. Hoffmann und Campe, Hamburg 1988. ISBN 3-455-08641-1 (Neuausgabe 1999, ISBN 3-442-12957-5)
- Der Pirat: Die Drogenkarriere des Jan C.. Hoffmann und Campe, Hamburg 1990. ISBN 3-455-08367-6 (Taschenbuchausgabe 2000, ISBN 3-442-15046-9)
- Die Flucht: Über die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Spiegel-Buchverlag, Hamburg 2002. ISBN 3-421-05682-X
- Der Lockvogel: Die tödliche Geschichte eines V-Mannes zwischen Verfassungsschutz und Terrorismus. Rowohlt, Reinbek 2002. ISBN 3-498-00063-2 (Taschenbuchausgabe 2003, ISBN 3-499-61638-6)
- 11. September. Geschichte eines Terrorangriffs. DVA, Stuttgart 2002. ISBN 3-421-05656-0 (mit Cordt Schnibben)
- Irak: Geschichte eines modernen Krieges. Spiegel-Buchverlag, Hamburg 2003. ISBN 3-421-05804-0 (Hrsg. mit Cordt Schnibben)
- Die Gegenwart der Vergangenheit: Der lange Schatten des Dritten Reichs. DVA, München 2004. ISBN 3-421-05754-0 (Hrsg. mit Gerhard Spörl)
- Der Fall Deutschland: Abstieg eines Superstars. Piper, München 2005. ISBN 3-492-04831-5 (mit Claus Richter, Gabor Steingart, Matthias Ziemann)
- Wettlauf um die Welt: Die Globalisierung und wir. Piper, München 2007. ISBN 978-3-492-05032-6 (mit Claus Richter, Matthias Ziemann)
Zwei seiner Bücher wurden verfilmt: Der Pirat im Jahr 1997 von Regisseur Bernd Schadewald und Der Baader-Meinhof-Komplex 2008 von Uli Edel.
[Bearbeiten] Filmografie
Aust hat als Autor bzw. Regisseur verschiedener Dokumentationen und Spielfilme gewirkt:
- 1976: Tod in Stammheim – der Weg der Ulrike Meinhof
- 1980: Der Kandidat – Co-Drehbuch, Co-Regie mit Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Alexander von Eschwege
- 1982: Krieg und Frieden – Co-Drehbuch, Co-Regie mit Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Axel Engstfeld
- 1983: Sag Nein – Regie
- 1986: Stammheim – Drehbuch (Regie: Reinhard Hauff)
Ausgezeichnet mit dem Goldenen Bären auf den Filmfestspielen Berlin - 1986: Baader-Meinhof – Drehbuch und Regie (zweiteilige WDR-Dokumentation über die RAF)
- 2005: Fall Deutschland – dreiteilige Spiegel TV/ZDF-Dokumentation (mit Claus Richter)
- 2007: Wettlauf um die Welt – dreiteilige Spiegel TV/ZDF-Dokumentation (mit Claus Richter)[8]
- 2007: Die RAF – zweiteilige Dokumentation für die ARD (mit Helmar Büchel)
[Bearbeiten] Literatur
- Oliver Gehrs: Der Spiegel-Komplex. Wie Stefan Aust das Blatt für sich wendete, Droemer/Knaur, München 2005, ISBN 3426273438 → Besprechung im Deutschlandradio, 27. Juni 2005
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Stefan Aust im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Stefan Aust in der Internet Movie Database (englisch)
- „Stefan Aust und die Turbulenzen beim ‚Spiegel‘“, NDR Zapp, 23. November 2005
- „Hoch zu Ross. Der Chefredakteur von Deutschland“, taz, 12. März 2005
- „Wir sind nicht im Krieg, wir sind im Wahlkampf“, Tagesspiegel, 28. Januar 2007, Interview
[Bearbeiten] Quellen und Fußnoten
- ↑ „Chat zur RAF-Debatte mit Stefan Aust“, Spiegel Online, 24. April 2007
- ↑ Aust wird Herausgeber von „Spiegel TV“, FAZ, 6. Juli 2007
- ↑ „Stefan Aust - Stationen einer Karriere“, Süddeutsche, 15. November 2007
- ↑ „Keine Vertragsverlängerung für Stefan Aust“, ARD-Tagesschau, 15. November 2007
- ↑ „"Spiegel"-Chef Aust soll gehen. Vorzeitiger Abgang“, Süddeutsche Zeitung, 15. November 2007
- ↑ „Blumencron und Mascolo neue Chefredakteure des SPIEGEL“, Spiegel Online, 5. Februar 2008
- ↑ „Stefan Aust will weiterkämpfen“,Die Welt, 5. Februar 2008
- ↑ „Zeig doch mal die Bilder“, die tageszeitung, 28. März 2007
Personendaten | |
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NAME | Aust, Stefan |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist und ehemaliger Chefredakteur des Spiegels |
GEBURTSDATUM | 1. Juli 1946 |
GEBURTSORT | Stade, Niedersachsen |