Rathenow
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wappen | Deutschlandkarte | |
---|---|---|
|
||
Basisdaten | ||
Bundesland: | Brandenburg | |
Landkreis: | Havelland | |
Höhe: | 29 m ü. NN | |
Fläche: | 105,68 km² | |
Einwohner: | 26.041 (31. März 2008) | |
Bevölkerungsdichte: | 246 Einwohner je km² | |
Postleitzahlen: | 14702, 14712 (alt: 1830) | |
Vorwahl: | 03385 | |
Kfz-Kennzeichen: | HVL (früher: RN) | |
Gemeindeschlüssel: | 12 0 63 252 | |
Stadtgliederung: | 6 Ortsteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: | Berliner Str. 15 14712 Rathenow |
|
Webpräsenz: | ||
Bürgermeister: | Ronald Seeger | |
Lage der Kreisstadt Rathenow im Landkreis Havelland | ||
Rathenow [ˈʁaːtənoː] ist eine Stadt an der Havel, ca. 70 Kilometer westlich von Berlin und Verwaltungssitz des Landkreises Havelland in Brandenburg.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geografie
[Bearbeiten] Stadtgliederung
Am 1. Januar 2002 wurden die eigenständigen Gemeinden Semlin, Böhne, Göttlin, Grütz und Steckelsdorf im Zuge der Gemeindegebietsreform Ortsteile von Rathenow.
[Bearbeiten] Geschichte
Schon in früher Vorzeit wurde die Gegend um Rathenow besiedelt. Im Jahr 1157 wurde auf der Steckelsberger Gemarkung ein Burgwall erwähnt, der als Ursprung der Stadt gilt. Die erste urkundliche Erwähnung datiert auf das Jahr 1216. Im Jahr 1295 verlieh Markgraf Otto IV. Rathenow das Stadtrecht. Unter dem Dreißigjährigen Krieg hatte die Stadt schwer zu leiden. So wohnten im Jahr 1648 nur noch 48 Einwohner in der Stadt. Während des Schwedisch-Brandenburgischen Krieges fand in der Stadt eine Schlacht der beiden Kriegsparteien statt, in der die brandenburgischen Truppen kriegsentscheidend gewinnen konnten.
Rathenow wird als Wiege der industriellen Optik in Deutschland bezeichnet. Johann Heinrich August Duncker entwickelte in Rathenow die erste Vielspindelschleifmaschine zur rationellen Herstellung von Brillengläsern und begründete dort 1801 die optische Industrie. Bekannt war auch die Ziegelindustrie; ein Großteil der Ziegel für die Bauten von Schloss Sanssouci, des Holländischen Viertels in Potsdam und des Roten Rathauses in Berlin stammen aus Rathenower Produktion.
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat im Jahr 1816 nach dem Wiener Kongress war Rathenow Verwaltungssitz des Kreises Westhavelland im Regierungsbezirk Potsdam in der preußischen Provinz Brandenburg, seit 1939 „Mark Brandenburg“.
1889-91 wurde die Zietenhusarenkaserne errichtet (einfach gegliederte Ziegelbauten).
Am 1. Juni 1925 schied die Stadtgemeinde Rathenow aus dem Landkreis Westhavelland aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis, der als Exklave mitten im Kreisgebiet lag.
Vom 2. April 1900 bis 1945 war Rathenow der Ausgangsbahnhof der Kreisbahn Rathenow-Senzke-Nauen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Bethaus der Jüdischen Gemeinde in der Fabrikenstraße 2 während des Novemberpogroms 1938 verwüstet und später von der NSV in ein Kinderheim umgewandelt. Heute befindet sich dort eine Einrichtung der Pestalozzischule für Lernbehinderte. Im Zweiten Weltkrieg errichteten die Faschisten an der Milower Landstraße ein Außenlager des KZ Sachsenhausen, in dem mindestens 1.000 Männer (nach anderen Angaben auch Frauen) Zwangsarbeit in den Arado-Flugzeugwerken verrichten mussten. Außerdem waren in mehr als zehn Kriegsgefangenenlagern Gefangene interniert, die bei der DAF und bei der Reichsbahn zwangsarbeiten mussten. Am 18. April 1944 wurde ein Teil Rathenows durch einen US-amerikanischen Bomberverband zerstört. Dieser war ursprünglich zum Ziel Berlin unterwegs, dort aber durch heftiges Flakfeuer zum Umdrehen gezwungen und lud dann einen Teil der Fracht über der ersten sich bietenden Stadt ab. Dabei entstand der größte Brand in der Tischlerei Blöbaum, über deren Gelände zwei Sprengbomben und dutzende von Brandbomben niedergingen.
Kurz vor Kriegsende im Mai 1945 zerschossen die anrückenden sowjetischen Truppen mehr als 75 Prozent der Stadt. Die Stadt wurde von einigen versprengten Truppen unter dem Kommando von Generalfeldmarschall Keitel verteidigt.
Durch die Verwaltungsreform 1952 wurde die Stadt Verwaltungssitz des Kreises Rathenow.
Am 17. Juni 1953 kam es in Rathenow zu heftigen Protesten. Dabei wurde der Spitzel der Sowjetischen Militäradministration Hagedorn von aufgebrachten Demonstranten gelyncht.
Während der Zeit der DDR arbeiteten in den Rathenower Optischen Werken (ROW) mehrere tausend Menschen. Ein Großteil des Ostblocks wurde von hier aus mit Brillen und optischen Geräten beliefert. Mit der deutschen Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion brachen diese Märkte schlagartig weg.
Am 6. Dezember 1993 wurde Rathenow im Rahmen der Kreisreform Kreisstadt des Landkreises Havelland.
Basierend auf den immer noch vorhandenen qualifizierten Fachkräften eröffnete der Optikerkonzern Fielmann im Jahr 2002 ein neues Produktions- und Logistikzentrum mit 600 Beschäftigten in der Stadt.
Trotzdem ist die Stadt geprägt von hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung vieler jüngerer Einwohner. Ein Großteil der Wohnungen im Plattenbaugebiet Rathenow Ost steht deshalb leer, mehrere hundert Wohneinheiten wurden dort bereits abgerissen.
[Bearbeiten] Politik
[Bearbeiten] Stadtverordnetenversammlung
Die Stadtverordnetenversammlung Rathenow besteht aus 32 Abgeordneten und dem hauptamtlichen Bürgermeister, Ronald Seeger (CDU).
(Stand: Kommunalwahl am 26. Oktober 2003)
[Bearbeiten] Wappen
Blasonierung: „In Silber ein goldbewehrter, rot gezungter roter Adlerkopf, begleitet von zwei blauen Sternen rechts und links mittig des Kopfes sowie einem blauen Stern unterhalb des Kopfes. Die Sterne sind sechszackig.“
[Bearbeiten] Städtepartnerschaften
Partnerstädte der Stadt sind:
[Bearbeiten] Kultur und Sehenswürdigkeiten
Vom 22. April 2006 bis 15. Oktober 2006 fand in Rathenow die Landesgartenschau des Landes Brandenburg unter dem Motto Den Farben auf der Spur statt, die knapp 500.000 Gäste besuchten. Dazu wurden umfangreiche Baumaßnahmen sowohl auf dem Weinberg als auch dem Schwedendammgelände durchgeführt. So wurde u. a. eine bereits stark verfallene Mühle komplett umgebaut. Diese diente vor und während Gartenschau der LAGA GmbH als Geschäftsstelle und beherbergt ein „grünes“ Klassenzimmer. Nach der Landesgartenschau zog die Musikschule Rathenow – nach kurzen Umbaumaßnahmen – in die Räumlichkeiten ein. Auf dem Gelände der Rathenower Landesgartenschau eröffnete am 28. April 2007 der Optikpark Rathenow.
Einzigartig in Mitteleuropa ist das Vorhaben, die Untere Havel zu renaturieren. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird hier ein Fluss (wieder-)entstehen, wie er von Natur aus vorkommt. Dadurch werden die Auen größer, der Flusslauf kurviger und des Hochwasser-Risiko minimiert.
Kulturzentrum Rathenow (Theater, Optikindustriemuseum, Kunstausstellungen und Restaurant) im Zentrum der Stadt.
Das Rolfsche Fernrohr ist ein weltweit einzigartiges Brachymedial-Fernrohr. Erbaut wurde es von dem Rathenower Ingenieur Edwin Rolf (1899-1991) in den Jahren 1949 bis 1953. Das Teleskop kann in der Gesamtschule Rathenow Ost – "Bruno-H.-Bürgel" – besichtigt werden.
Im Südosten der Stadt befindet sich das Naturschutzgebiet Wolzensee.
[Bearbeiten] Bauwerke
Die in der Altstadt gelegene St.-Marien-Andreas-Kirche wurde Anfang des 13. Jahrhunderts im spätromanische Stil errichtet und im 15. und 16. Jahrhundert nach Plänen von Meister Lindemann zu einer dreischiffigen Hallenkirche umgestaltet. Sie wurde nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut. Bei der Kirche befinden sich noch einige Fachwerkhäuser, welche unlängst restauriert worden sind. Ansonsten ist die Altstadt nach fast völliger Kriegszerstörung von Bauten aus der Nachkriegszeit geprägt.
In der Stadt steht das größte barocke Sandsteindenkmal Norddeutschlands, welches an den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm erinnert, der in der Schlacht von Fehrbellin 1675 die Schweden besiegte. Das Denkmal wurde 1736–38 von Johann Georg Glume nach einem Modell von Barthlomé Damart geschaffen und zeigt den Großen Kurfürsten in der Tracht eines römischen Imperators aus einem Postament, an dem Allegorien und Schlachtenreliefs angebracht sind.
Auf dem Weinberg, einem innenstadtnahen Erholungspark (2006 Teil der Landesgartenschau), steht der 1914 eingeweihte Bismarckturm, errichtet zu Ehren Otto von Bismarck, der in der Nähe von Rathenow in Schönhausen/Elbe geboren wurde. Der Turm wurde 1945 schwer beschädigt, in den 1960er Jahren gab es Umbauversuche zu einer Sternwarte, 2003 wurde er nach Sanierung wieder eingeweiht.
Am Friedrich-Ebert-Ring befindet sich eine ausgedehnte Wohnanlage aus dreigeschossigen Zeilenbauten, die 1929-31 von dem Architekten Otto Haesler (damals: Celle) errichtet wurde. Es handelt sich dabei um die architektonisch wohl bedeutendste Wohnsiedlung der Weimarer Republik auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg. Durch eine Sanierung Mitte der 1990er Jahre wurden die Proportionen der Fassaden durch das Aufbringen eines Wärmedämmsystems empfindlich gestört.
Der Architekt Otto Haesler, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die DDR übergesiedelt ist, hatte für die kriegszerstörte Innenstadt von Rathenow einen Wiederaufbauplan vorgelegt, der ebenfalls radikal auf der Zeilenbauweise basierte. Dieser Plan wurde nur in Rudimenten realisiert. So konnte Haesler rund um den Platz der Jugend in der Altstadt 1950/51 einige Gebäude tatsächlich bauen. Sie lehnen sich – zum Beispiel mit dem Motiv der erkerartig hervortretenden, verglasten Treppenhäuser – an die Entwürfe des Architekten der zwanziger Jahre an, erreichen allerdings deren Eleganz nicht mehr. Kurz darauf wurde in der DDR der Stil der stalinistischen „Nationalen Tradition“ obligatorisch; insofern sind die Haesler-Bauten in der Rathenower Altstadt von seltenem Zeugniswert für die kurze Liaison der jungen DDR mit der sozial engagierten Architektur der Vorkriegs-Avantgarde.
[Bearbeiten] Geschichtsdenkmale
- Denkmal von 1951 für die Opfer des Faschismus auf dem Platz der Freiheit
- Gedenkstätte für die antifaschistischen Widerstandskämpfer auf dem Städtischen Friedhof westlich der Großen Milower Straße für 98 Zwangsarbeiter aus verschiedenen Ländern. Auf dem gleichen Friedhof sind 56 weitere Opfer der Zwangsarbeit begraben
- Gedenkstätte für Zwangsarbeiter und ihre Kinder auf dem 1943 errichteten "Ausländerfriedhof" in einem Wald zwischen Bammer Straße und der B188, zu erreichen über die Neufriedrichsdorfer Straße
- Jüdischer Friedhof mit Gedenkstein für die von den Faschisten umgebrachten jüdischen Bürger der Stadt an der Neufriedrichsdorfer Straße 17
- Gedenktafel am ehemaligen Betsaal der Jüdischen Gemeinde Fabrikenstraße 2 zur Erinnerung an die ausgerottete Gemeinde
- Gedenktafel an der Dorfkirche des Ortsteils Steckelsdorf für die jüdischen Opfer der Umschulungsorganisation Landwerk ("Hachschara") am Horstenweg 5/6
[Bearbeiten] Wirtschaft und Infrastruktur
[Bearbeiten] Verkehr
Rathenow liegt am Kreuzungspunkt der Bundesstraßen B102 (Richtung Brandenburg und Neustadt (Dosse)) und B188 (Richtung B5 Hamburg–Berlin und Stendal).
Die Bahnlinien Berlin–Hannover und Treuenbrietzen–Neustadt (Dosse) (Brandenburgische Städtebahn) führen durch Rathenow. Seit Dezember 2007 hat die Stadt Anschluss an den Fernverkehr. Es bestehen folgende Verbindungen im Regionalverkehr der Eisenbahn: RE 2 nach Cottbus über Berlin, RB 51 nach Brandenburg (Havel) und RB 13 nach Stendal. Die Verbindung nach Neustadt (Dosse) wurde Ende 2003, das Teilstück von Rathenow nach Rathenow-Nord Ende 2005 eingestellt.
Privaten oder gewerblichen Flugverkehr gibt es in Stechow, etwa acht Kilometer nordöstlich der Stadt.
Rathenow hat durch seine Lage an der Havel die Möglichkeit, Schifffahrt zu betreiben. Es gibt einen Hafen und eine Anlegestelle, von wo aus die Ausflugsschiffe ins Havelland ablegen.
[Bearbeiten] Persönlichkeiten
[Bearbeiten] Söhne und Töchter der Stadt
- Gustav Hermann von Alvensleben (1827–1905), Militär
- Christian Beeck (* 1971), ehemaliger Fußballprofi
- Stephan Bodecker (1384-1459), Bischof v. Brandenburg
- Katrin Bühring (*1977), Schauspielerin
- Christoph Dieckmann (*1956), Journalist und Autor
- Johann Heinrich August Duncker (1767–1843), Begründer der dt. optischen Industrie
- Jörg Freimuth (* 1961), Leichtathlet
- Uwe Freimuth (* 1961), Leichtathlet
- Jörg Friedrich (*1959), ehem. Ruderer
- Kurt-Dieter Grill (*1943), Politiker
- Wolfgang Gruner (1926–2002), deutscher Kabarettist, Schauspieler und Regisseur
- Jörg Heinrich (* 1969), ehemaliger Fußballprofi
- Wolfgang Imle (1909-2001), Politiker
- Rosemarie Köhn (* 1939), deutschgeborene norwegische Theologin
- Kerstin Köppen (*1967), ehem. Ruderin
- Käthe Miethe (1893-1961), Schriftstellerin
- Georg Mierdel (1899-1987) Professor, Lehrstuhlinhaber TH Dresden
- Joachim Mrugowsky (1905–1948), Arzt, NS-Verbrecher
- Karl Adolph Paalzow (1823-1908), Physiker
- Bernd Rabehl (* 1938), Soziologe
- Marco Tschirpke (*1975), Musik-Kabarettist
- Samuel Christian Wagener (1763-1845), Feldprediger und Schriftsteller
- Otto Weber (1889–1972), kommunistischer Politiker
[Bearbeiten] Weblinks
Brieselang | Dallgow-Döberitz | Falkensee | Friesack | Gollenberg | Großderschau | Havelaue | Ketzin | Kleßen-Görne | Kotzen | Märkisch Luch | Milower Land | Mühlenberge | Nauen | Nennhausen | Paulinenaue | Pessin | Premnitz | Rathenow | Retzow | Rhinow | Schönwalde-Glien | Seeblick | Stechow-Ferchesar | Wiesenaue | Wustermark