Hexenhammer
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Der Hexenhammer (lat. Malleus Maleficarum) ist ein Buch, das der Dominikaner Heinrich Kramer (lat. Henricus Institor) nach heutigem Forschungsstand im Jahre 1486 in Speyer veröffentlichte und das bis ins 17. Jahrhundert hinein in 29 Auflagen erschien.
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[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte
Der Hexenhammer muss in engem Zusammenhang mit der sogenannten Hexenbulle des Papstes Innozenz VIII. vom 5. Dezember 1484 gesehen werden. Die päpstliche Bulle Summis desiderantes markierte zwar nicht den Beginn der Hexenverfolgungen in Europa, jedoch erreichte sie nun mit offizieller Beglaubigung durch das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche eine völlig neue Dimension.
Kramer sammelt in seinem Buch weit verbreitete Ansichten über die Hexen und Zauberer. Im Hexenhammer werden die bestehenden Vorurteile übersichtlich präsentiert und mit einer vermeintlich wissenschaftlichen Argumentation begründet. Durch klare Regeln wird eine systematische Verfolgung und Vernichtung der vermeintlichen Hexen ermöglicht.
Der Hexenhammer entstand, als Kramer mit einer Inquisition in Innsbruck in der Diözese Brixen scheiterte. Als Reaktion auf diese Niederlage verfasste er sein Traktat, um seine Position zu stärken und die Hexenverfolgung vor deren Gegnern zu rechtfertigen. Er stand dabei unter Zeitdruck, was durch zahlreiche Fehler bei den Nummerierungen der Kapitel, bei Fragestellungen und Querverweisen deutlich wird.
[Bearbeiten] Kramers Rechtfertigung und die Gegner des Hexenhammers
Um seine Aussagen zu rechtfertigen, berief sich Kramer auf anerkannte Autoritäten. Er stellte seinem Werk die von Papst Innozenz VIII. 1484 unterzeichnete apostolische Bulle Summis desiderantes affectibus voran. Um die Echtheit des kirchlichen Dokuments zu bestätigen, fügte er 1487 eine Approbation des Notariats der Universität zu Köln hinzu, deren Echtheit jedoch in Frage gestellt wird. Außerdem zitierte er bedeutende Persönlichkeiten, z. B. Thomas von Aquin mit seiner Superstitionentheorie (= Theorie vom Aberglauben) sowie Augustinus und Johannes Nider, den Autor der Schrift Formicarius. Er verwies auch oft auf die Bibel. Mit mehreren Dutzend Exempla illustrierte er seine Thesen, um zu verdeutlichen, wie verbreitet und gefährlich das Wirken der (vermeintlichen) Hexen sei. Er verfasste sein Werk in lateinischer Sprache. Die große Verbreitung der Abhandlung Hexenhammer wurde später durch die Erfindung des Buchdrucks ermöglicht.
Um dem Werk mehr Autorität zu verleihen, soll Kramer auch seinen Mitbruder Jakob Sprenger als Mitautor benannt haben. Dieser Umstand ist jedoch zumindest zweifelhaft, da der Drucker-Verleger Koberger in seinen Drucken nur von einem Autor im Singular spricht, jedoch nicht von den Autoren. Erstmals in der Nürnberger Ausgabe des Druckers Friedrich Peypus (1485–1534) von 1519 werden Heinrich Institoris und Jacob Sprenger gleichberechtigt als Autoren genannt, zu einem Zeitpunkt, da beide längst tot waren.[1] Laien und Kleriker, die die Hexenjagd ablehnten, wurden im Hexenhammer zu Häretikern erklärt und mithin der Verfolgung preisgegeben: „Hairesis maxima est opera maleficarum non credere (Es ist die größte Häresie, nicht an das Wirken von Hexen zu glauben). Bei einigen Autoren regte sich deutlicher Widerstand gegen diese Schrift. 1631 veröffentlichte einer der bekanntesten Gegner der Hexenprozesse, der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld, anonym die Cautio criminalis, in der er vor allem die juristischen Methoden, die bei diesen Prozessen angewandt wurden, allen voran die Folter, kritisierte. Der Jurist und Aufklärer Thomasius verwies in seiner Dissertatio de crimine magiae 1701 auf fehlende Beweise für die Existenz von Hexen und ihren Pakt mit dem Teufel.
[Bearbeiten] Inhalt des Werkes
Der Hexenhammer ist als scholastische Abhandlung verfasst und in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil definiert Kramer, was unter einer Hexe zu verstehen sei. Gelegentlich spricht er zwar von männlichen Zauberern, bezieht sich aber hauptsächlich auf das weibliche Geschlecht. Seiner Meinung nach sind Frauen für die schwarze Magie anfälliger als Männer. Sie seien schon bei der Schöpfung benachteiligt gewesen, weil Gott Eva aus Adams Rippe schuf. Die Gleichberechtigung der Geschlechter, die im ersten Teil der Genesis geschildert wird, ignorierte Kramer, weil es nicht zu seiner Argumentation passte. Außerdem warf er den Frauen, die er als „Feind der Freundschaft, eine unausweichliche Strafe, ein notwendiges Übel, eine natürliche Versuchung, eine begehrenswerte Katastrophe, eine häusliche Gefahr, einen erfreulichen Schaden, ein Übel der Natur“ bezeichnet, Defizite im Glauben vor. Dies begründete er mit einer eigenwilligen Etymologie des lateinischen Wortes femina, das er aus lat. fides „Glauben“ und minus „weniger“ ableitete. Er unterstellte den Frauen sexuelle Unersättlichkeit. Deshalb hätten sie auch intimen Kontakt mit den Dämonen (Incubi). Der Teufelspakt bilde zusammen mit der schlechten Veranlagung der Frauen und der göttlichen Zulassung die Grundlage für das gefürchtete Phänomen der Hexe. Die Männer fielen dem Zauber der Frauen zum Opfer.
Nicht zufällig dominieren im zweiten Teil des Werkes die magischen Praktiken, die sich auf den Geschlechtsverkehr und die männliche Impotenz (durch Wegzaubern des Glieds) beziehen. Die Diskrepanz der Geschlechter zeige sich auch bei der Rollenverteilung im Verhältnis von Magie und Wissenschaft. Die Männer befänden sich in Positionen, die sie aufgrund ihres Wissens einnähmen, während sich die Frauen der Magie bedienten und Schaden anrichteten. Kramer beschreibt im zweiten Teil auch, wie man sich vor Schadenszauber (maleficium) schützen und diesen aufheben könne.
Im dritten Teil präsentiert er die von Spee kritisierten detaillierten Regeln für die Hexenprozesse und beschreibt verschiedene Fälle.
[Bearbeiten] Einfluss des Hexenhammers
Kramer legitimierte die Hexenverfolgungen, sein Werk fand jedoch offiziell weder kirchliche noch weltliche Anerkennung. Er stellt völlig unberechtigt seinem Buch die päpstl. Bulle "summis desiderantes" voran. Die Verfolgungen verbreiteten sich unabhängig von diesem Werk, in den durch die Reformation differenzierten Konfessionen. Zu Lebzeiten Kramers gab es Hunderte von Hinrichtungen. Der Canon Episcopi der katholischen Kirche verurteilte bis dahin als Häretiker, wer an Hexen glaubt. Mit Kramer spricht nun jemand, der sich katholisch nennt, von der Existenz von Hexen. Die Aussage des Canon Episcopi wird umgedreht, nach Kramer ist ein Häretiker, wer nicht an Hexen glaubt. Er reagiert mit seinem Buch auf den bereits entgegen der katholischen Lehre bestehenden Hexenwahn. Er diskriminiert eine bestimmte Gruppe von Menschen. Damit lassen sich durchaus Parallelen zur Verfolgung der Juden erkennen, was auch der vom Hexenhammer geprägte Begriff des Hexensabbats verdeutlicht (siehe auch: Sabbat).
Siehe auch zu: Hexentheoretiker.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Heinrich Kramer(Institoris) Der Hexenhammer. Malleus Maleficarum, Neu aus dem Lateinischen übertragen von Wolfgang Behringer, Günter Jerouschek und Werner Tschacher. Herausgegeben und eingeleitet von Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer, München 2000, S. 31f.
[Bearbeiten] Literatur
- Günter Jerouschek (Hrsg.): Nürnberger Hexenhammer 1491. Faksimile der Handschrift von 1491 aus dem Stadtarchiv Nürnberg, Nr. D 251 von Heinrich Kramer (Institoris). Olms, Hildesheim 1992, ISBN 3-487-09380-4
- Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer. Malleus maleficarum. 3. revidierte Auflage. Dtv, München 2003, ISBN 3-423-30780-3 (Kommentierte Neuübersetzung von Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer)
- Peter Segl: Der Hexenhammer. Entstehung und Umfeld des Malleus maleficarum von 1487. Böhlau, Köln 1988, ISBN 3-412-03587-4
- Jakob Sprenger und Heinrich Institoris: Der Hexenhammer. Zum ersten Mal ins Deutsche übertragen und eingeleitet von J. W. R. Schmidt; ISBN 3-89996-069-6