Erste Portugiesische Republik
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Unter der ersten Republik versteht man in der Geschichte Portugals den Zeitraum von 1910 (Fall der portugiesischen Monarchie) bis 1926 (Militärputsch des Generals Gomes da Costa). Die Geschichte des Landes nach dem Militärputsch findet sich in dem Artikel über den Estado Novo.
[Bearbeiten] Vorgeschichte: Die Agonie der Monarchie
1861 war mit König Peter V. der letzte im Volk wirklich beliebte König jung und unerwartet an einer Fieberepidemie gestorben. Seinen beiden Nachfolgern Ludwig I. und Karl I. gelang es nicht, die Sympathien ihrer Untertanen für sich zu gewinnen.
1873 wird im benachbarten Spanien nach der Abdankung von Amadeus von Savoyen die Republik ausgerufen. Diese Entwicklungen hatten natürlich auch ihre Auswirkungen auf Portugal, die Anhänger der Republik fühlten sich gestärkt und gründeten 1876 die erste Republikanische Partei. Die konservative Regierung von António Maria de Fontes Pereira de Melo von der Regenerationspartei nahm das neue politische Phänomen zu Anfang nicht richtig ernst, ja unterstützte z.T. sogar die Kandidaturen republikanischer Kandidaten, da sie hoffte, so ihre Hauptgegner von der Progressiven Partei zu schwächen.
Eine Reihe von Krisen (so z.B. eine außenpolitische Krise mit England wegen sich widersprechender Kolonialansprüche im südlichen Afrika, die deutlich die Schwäche des portugiesischen Staates demonstrierte) und wirtschaftliche Probleme (Staatsbankrott 1891) führen zu einem Anwachsen republikanischer Strömungen, die innerhalb kurzer Zeit zum Massenphänomen wurden. 1881 erschien die Zeitung O Século ("das Jahrhundert") zum ersten Mal, die Republikaner verfügten damit auch über ein publizistisches Sprachrohr.
Die Reaktion der Regierung und der Monarchen schwankte zwischen hilflosen Entgegenkommen und autoritärer Härte. 1888 wird mit Teófilo Braga, dem späteren ersten Präsidenten, zum ersten Mal ein republikanischer Abgeordneter in die Cortes, das portugiesische Parlament gewählt. Auch wenn das Wahlsystem die Republikaner stark benachteiligte, u.a. da das Wahlrecht an einen gewissen Mindestbesitz gebunden war, und deshalb überhaupt nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung wahlberechtigt war (ähnlich dem Dreiklassenwahlrecht in Preußen), gelang es den Republikanern seitdem ständig durch einige Abgeordnete im Parlament vertreten zu sein.
Die innenpolitische Krise spitzt sich zu, als die Regierung von João Franco (1906 - 1908) nach einer anfängliche konzilianten Haltung gegenüber dem Republikanern, zunehmend autoritärer wurde und sie durch Pressenzensur und Verhaftungen zu verfolgen begann. Die Krise erreichte ihren Höhepunkt, als am 1. Februar 1908 König Karl und sein Thronfolger Ludwig Philipp in Lissabon einem Attentat zum Opfer fallen. Der neue König Emanuel II. versucht es wieder mit einer liberaleren Politik, viele der antirepublikanischen Maßnahmen des João Franco werden zurückgenommen. Es war jedoch zu wenig, zu spät.
Neben ihrer eigenen Stärke half den Republikanern auch die Schwäche der Monarchisten. Diese waren untereinander heillos zerstritten, was den Republikanern natürlich in die Hände spielte. Neben den traditionellen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden großen Parteien der Monarchie, der Regenerationspartei und der Progressiven Partei, kamen noch Streitigkeiten innerhalb der politischen Lager. Beide Parteien teilten sich in der Endphase der Monarchie in verschiedene sich feindlich gegenüber stehende Strömungen, ein Teil der Mitglieder der Progressiven Partei wanderte sogar in das Lager der Republikaner ab.
[Bearbeiten] Übergang von der Monarchie zur Republik
1909 setzten sich auf dem Parteikongress der Republikanischen Partei die radikalen Kräfte durch, die bewaffnete Revolution war nun das offizielle Ziel der Partei. Am 3. Oktober 1910 wird Miguel Bombarda, ein Psychiater und Vordenker der republikanischen Bewegung, von einem psychisch kranken ehemaligen Patienten ermordet. Auch wenn die Tat anscheinend keinen politischen Hintergrund hatte, führt sie zu Aufständen in Lissabon und anderen großen Städten des Landes.
Am 5. Oktober 1910 wird in Porto die Republik ausgerufen später, am gleichen Tag wird eine provisorische Regierung unter Führung des Republikaners Teófilo Braga gebildet.
Braga war überzeugter Republikaner und bereits ein bedeutender Schriftsteller, Intellektueller und Literaturwissenschaftler. Mit seiner Berufung an die Spitze der Provisorischen Regierung hatte man gehofft, eine überparteiliche Regierung bilden zu können.
Die neue Regierung ist strikt antiklerikal, sämtliche Jesuitenkloster werden aufgelöst, die Gefängnisse in Lissabon füllen sie mit katholischen Priestern und Ordensbrüdern. König Emanuel II. verlässt das Land und erreicht am 17. Oktober 1910 sein Exil in England. Der Religionsunterricht wird verboten, ebenso alle religiösen Bezüge bei Staatsakten, die Adelstitel werden aufgehoben. Der apostolische Nuntius verlässt unter Protest Lissabon. Das Tragen religiöser Habits in der Öffentlichkeit wird verboten, die Zivilehe und die Ehescheidung eingeführt.
Nach Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung 1911, bei denen das Wahlrecht zum ersten Mal auf alle erwachsenen männlichen Portugiesen ausgedehnt wurde und die von der Republikanischen Partei mit großer Mehrheit gewonnen werden, wird eine neue Verfassung verabschiedet. Die Monarchie wird nun auch offiziell beendet, ein Zweikammerparlament wird gegründet. Die Verfassung sah keine direkte Wahl des Präsidenten durch das Volk vor, der Präsident sollte vielmehr vom Parlament gewählt werden. Er hatte auch nicht die Befugnis, das Parlament aufzulösen. Mit der Verabschiedung der Verfassung endet die provisorische Regierung Teófilo Bragas, Manuel de Arriaga wird erster verfassungsmäßiger Präsident der Republik.
[Bearbeiten] Manuel de Arriaga; Putsch und Diktatur der Schwerter
Unter Manuel de Arriagas Präsidentschaft wird João Chagas erster Ministerpräsident. Seine Regierung hält allerdings nur drei Monate, bereits im Dezember 1911 übernimmt die zweite republikanische Regierung unter Augusto de Vasconcelos die Macht. Ebenfalls bereits 1911 erlebt das Land den ersten monarchistischen Aufstand, der allerdings niedergeschlagen werden kann. In Porto und Lissabon werden Universitäten gegründet, das jahrhundertealte Monopol der Universität von Coimbra ist damit gebrochen.
Mit dem “Gesetz der Trennung” (lei da separação) wird die Trennung von Staat und Kirche festgeschrieben. Das Gesetz versuchte allerdings auch, die katholische Kirche der Aufsicht des Staates zu unterstellen und führte so automatisch in den Gegensatz mit dem Vatikan. In einer eigenen Enzyklika „lamdudum in Portugal“ (24. Mai 1911) verdammt der Vatikan das neue Gesetz. Später werden auch die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. Die Kirchenfrage sollte die ganze Politik der frühen Republik bestimmen.
Streiks wurden legalisiert, eine Streikwelle erschütterte das Land und entfremdete so das Bürgertum der neuen Republik. Afonso Costa, der den radikalen Flügel der Republikanischen Partei anführt, gelingt es, sich auf dem Parteitag vom Oktober 1911 durchzusetzen. Die Republikanische Partei nennt sich in Demokratische Partei (PD) um und wird fortan von Afonso Costa geführt. Besonders der harte Antiklerikalismus Costas ruft auch innerhalb der Partei viel Kritik hervor. Im Februar 1912 verlässt António José de Almeida, der mit der neuen Richtung der Partei nicht einverstanden ist, zusammen mit einigen gemäßigten Anhängern die Demokratische Partei und gründet die Evolutionisten (PRE). Zwei Tage später verlässt auch Brito Camacho die Demokraten und gründet die Unionistische Partei. Damit hatte sich die alte Republikanische Partei in drei Strömungen gespalten. Die Demokraten standen für den linken, radikalen Teil des Parteienspektrums, die Unionisten markierten das Zentrum, die Evolutionisten die gemäßigten Konservativen.
Wahlbetrug war an der Tagesordnung. Da das Parlament nicht aufgelöst werden konnte, wechselten sich instabile Regierungen in rascher Folge ab. Zwischen 1910 und 1926 hatte die Republik 45 Regierungen.
Im Oktober 1912 kommt es zum zweiten monarchistischen Aufstand, angeführt von Hauptmann de Paiva Couceiro. Die beiden verfeindeten Linien des Königshauses, die Anhänger des Hauses Braganza (Legitimisten), die einem Abkömmling des nach dem Miguelistenkrieg ins Exil gezwungenen König Michael die Treue halten, und die Anhänger des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha (Konstitutionalisten), die dem abgesetzten König Emanuel II. unterstützten, verbünden sich im englischen Exil gegen die Republik (Vertrag von Dover). 1913 kommt die Demokratische Partei unter Afonso Costa an die Macht, die auch die Wahlen gegen Ende des Jahres gewinnt. In Lissabon verüben Monarchisten eine Reihe von Bombenattentaten. Im Juni 1913 erschüttert eine Streikwelle das Land, die Zentralen einer Reihe von Gewerkschaften werden durch die Regierung geschlossen. Im Dezember 1914 übernimmt Azevedo Coutinho, ebenfalls von der Demokratischen Partei, nach seinem Wahlsieg den Posten des Ministerpräsidenten.
Das Klima zwischen den politischen Parteien war zu diesem Zeitpunkt bereits vergiftet. Zusätzlich geschwächt wurde die Regierung noch durch die sehr kontrovers geführte Diskussion, ob Portugal auf Seiten der Entente in den Ersten Weltkrieg eintreten sollte.
Am 25. Januar 1915 kommt es zu einem Militärputsch konservativer Armeekreise gegen die Regierung Azevedo Coutinho und die hinter ihr stehende Demokratische Partei des Afonso Costa. Auslöser waren die antiklerikale Politik der Regierung und die Verhandlungen, die diese mit den Entente-Mächten über einen Eintritt Portugals in den Ersten Weltkrieg führte. Die Putschisten lösten das Parlament auf.
Am 28. Januar ernannte Präsident de Arriaga den Führer der Putschisten, General Joaquim Pimenta de Castro zum neuen Ministerpräsidenten. Die von ihm gebildete, vornehmlich aus Militärs bestehende Regierung (Diktatur der Schwerter - Ditadura das Espadas) regierte ohne Parlament durch vom Präsidenten gegengezeichnete Dekrete. Sie beendete die Verhandlungen mit der Entente und die kirchenfeindliche Politik der Vorgängerregierung.
Pimenta de Castro wird am 14. Mai 1915 durch einen erneute Putsch gestürzt. Träger dieses Putsches waren Offiziere, die den Demokraten und Afonso da Costa nahestanden. Eine Militärjunta übernimmt kurzzeitig die Macht, dann wird José Ribeira de Castro, ein weiterer Militär, der den Demokraten nahesteht, neuer Ministerpräsident. Durch den Sturz der Militärregierung wird auch Präsident de Arriaga mitgerissen, er muss am 26. Mai zurücktreten, Teófilo Braga wird erneut Übergangspräsident bis eine neue Präsidentenwahl abgehalten werden kann. Diese findet am 5. Oktober 1915 statt, zum neuen Präsidenten wird Bernardino Machado gewählt.
[Bearbeiten] 1. Präsidentschaft Machados, Erster Weltkrieg
Nach dem Sieg der Demokratischen Partei bei den Wahlen von des Juni 1915 wird Afonso Costa Ende November erneut Ministerpräsident. Er befiehlt im Februar 1916 alle deutschen Handelsschiffe in portugiesischen Gewässern zu beschlagnahmen, daraufhin erklärte das Deutsche Reich dem Land am 9. März 1916 den Krieg, Portugal trat damit offiziell in den ersten Weltkrieg ein. Durch den Krieg gezwungen, bildet sich eine Koalitionsregierung, die sog. "Regierung der geheiligten Einheit" (governo da sagrada união, nach dem französischen Vorbild der Union sacrée), in der alle Flügel der ehemaligen Republikanischen Partei vertreten sind. Ministerpräsident wird der Evolutionist José de Almeida, Afonso Costa wird Finanzminister. Zwar weigert sich Brito Camacho in die Regierung einzutreten, seine Unionisten spalten sich aber und ein Teil, geführt von Egas Moniz, unterstützt die neue Regierung. Anfang 1917 werden die ersten portugiesischen Soldaten an die Westfront geschickt.
Demonstrationen der Bauern gegen die Regierung führten im Mai 1917 zu zwei Toten in Porto, am 12. Juni 1917 wird der Ausnahmezustand ausgerufen. In diese Zeit fallen auch die Marienerscheinungen von Fátima und die republikanisch zentristische Partei wird gegründet.
Die Soldaten an der Westfront machen mit einem Pamphlet, „der Rolle der Unehre“ (Rol de deshonra) auf sich aufmerksam, in dem den demokratischen Politikern Versagen vorgeworfen wird. Am 5. Dezember 1917 kommt es schließlich zu einer Militärrevolte in Lissabon. Hauptmann Sidónio Pais stürzt die Regierung und übernimmt mit einer Militärjunta die Macht. Afonso Costa wird auf der Flucht verhaftet, das Parlament aufgelöst, Präsident Machado muss ins französische Exil gehen.
[Bearbeiten] Diktatur des Sidónio Pais, "Neue Republik"
Pais ruft die „Neue Republik“ aus, einen autoritären Staat mit starkem, vom Volk direkt gewähltem Präsidenten. Pais war ein charismatischer und populistischer Politiker, seine Neue Republik hatte stark Züge eines Ständestaates und nahm somit gewissermaßen bereits den Estado Novo und die Salazar-Jahre vorweg.
Im April 1918 lässt Pais ein Referendum durchführen, durch das er zum Präsidenten gewählt wird. Damit ist er der erste Präsident des Landes, der direkt vom Volk gewählt wurde. Im Mai 1918 werden dann Parlamentswahlen durchgeführt. Die von Pais gegründete Partei, die Nationalrepublikanische Partei, gewinnt eine überwältigende Mehrheit. Die Monarchisten werden zur zweitstärksten Kraft. Die drei republikanischen Parteien (Demokraten, Evolutionalisten und Unionisten) boykottieren allerdings die Wahl. Pais versucht vorsichtig, die antiklerikale Politik der bisherigen Regierungen zu korrigieren, diplomatische Beziehungen zum Vatikan werden wieder hergestellt. Auch Pais kann seine Politik allerdings nicht gegen die Widerstände der Evolutionisten und Monarchisten durchsetzen. Im Oktober kommt es in mehreren Städten zu Generalstreiks und Unruhen. Im Norden des Landes übernimmt eine monarchistisch eingestellte Militärjunta unter Hauptmann Paiva Couceiro die Macht. Pais eilt nach Braga, um dort Verhandlungen mit den Monarchisten zu führen und so einen Bürgerkrieg zu verhindern. Als er nach Lissabon zurückkehrt, wird er am 14. Dezember 1918 auf dem Bahnhof Rossio von einem Gewerkschaftsfunktionär und ehemaligen Frontkämpfer erschossen. Mit dem gewaltsamen Tode Pais brach die "Neue Republik" schnell zusammen.
[Bearbeiten] Rückkehr zur Demokratie, Präsidentschaft de Almeida
Nach der Ermordung von Sidónio Pais tritt das Parlament zusammen und wählt einen neuen Präsidenten. Da Pais keine Zeit gehabt hat, seinem Land eine neue Verfassung zu geben, findet die Präsidentenwahl wieder nach der alten Verfassung des Jahres 1911 durch das Parlament statt. Nachfolger von Pais wird Admiral João do Canto e Castro, ein Militär, der bereits während der Monarchie den Posten eines Gouverneurs von Mosambik bekleidet hatte. Do Canto e Castro ist offener Anhänger der Monarchisten, trotzdem wird er von der nördlichen Militärjunta nicht als Staatsoberhaupt anerkannt. Deren Führer, Paiva Couceiro, proklamiert am 19. Januar 1918 in Porto die Monarchie. Zeitgleich wird die Monarchie auch in Lissabon ausgerufen, im Gegensatz zu der Bewegung in Porto, kann der Aufstand der Monarchisten dort aber von der Regierung schnell unterdrückt werden. In Porto können sich die Monarchisten dagegen bis Ende Februar 1918 halten. Es kommt zu von den Gewerkschaften gesteuerten Aufständen und Generalstreiks. Präsident do Canto e Castro erklärt wegen dieser Unruhen seinen Rücktritt (Juni 1919), kann aber vom Parlament zunächst überzeugt werden, im Amt zu bleiben.
Die Unterzeichnung des Versailler Vertrages (28. Juni 1919) wird für Portugal zu einer großen Enttäuschung. Obwohl das Land auf Seiten der Siegermächte mitgekämpft hatte, kann es aus dem Frieden keine Vorteile ziehen, insbesondere nicht seine afrikanischen Besitzungen auf Kosten der ehemaligen deutschen Kolonien vergrößern. Das benachbarte Spanien, das im Krieg neutral geblieben war, konnte dagegen aus dem Friedensvertrag einige Vorteile verbuchen. Dies führte zu Verbitterung und weiteren Protesten, auch gegen die Demokratische Partei, da deren Führer Afonso Costa der Leiter der portugiesischen Delegation bei den Versailler Verhandlungen ist.
Im September wird ein neuer Gewerkschaftsverband, die Allgemeine Gewerkschaftsföderation (CGT – Confederação Geral do Trabalho) gegründet, mit zum Teil anarchischen Tendenzen, die bald große Macht im Staat erobern kann. Die Kommunistische Partei gründet sich (PCP –Partido Comunista Português) und gibt ihre eigene Zeitung, die „Rote Fahne“ (A Bandeira Vermelha) heraus. Evolutionisten und Unionisten vereinigen sich zur Republikanischen Liberalen Partei.
Im Oktober 1919 tritt do Canto e Castro dann schließlich doch zurück, António José de Almeida, der während des ersten Weltkrieges die "Regierung der geheiligten Einheit" geführt hatte, wird zu seinem Nachfolger gewählt. Er sollte der einzige Präsident der ersten Republik sein, dem es gelingt, eine volle Amtsperiode zu beenden.
Die sogenannten Integristen, also die Anhänger der Monarchie, versuchen vergeblich, sich als Partei zu konstitutionalisieren. Ein Teil der Integristen wendet sich enttäuscht von dem im Exil weilenden König Emanuel II. ab, da dieser ihrer Meinung nach die monarchistische Junta in Porto nicht genügend unterstützt hatte. So kommt es zu einer Spaltung innerhalb der integristischen Bewegung und dadurch zu einer Schwächung der Monarchisten.
Die Republik versinkt derweilen im politischen Chaos. Während der vier Jahre der Präsidentschaft de Almeida sieht das Land 17 verschiedene Regierungen mit 14 verschiedenen Ministerpräsidenten, darunter 1921 auch kurzzeitig Expräsident Machado, der nach der Ermordung des Sidónio Pais aus dem Exil zurückgekehrt war (2. bis 21. März). Ein Aufstand der Republikanischen Nationalgarde beendet die kurze Regierung Machado.
Am 19. Oktober 1921 erreicht die Anarchie neue Ausmaße, als Truppen der Republikanischen Nationalgarde und Marineeinheiten sich in Lissabon zusammenrotten, um die Regierung des Ministerpräsidenten António Granjo zu stürzen. Anlass waren Pläne Granjos, einen seiner Vorgänger, den Hauptmann Liberato Pinto, der die Unterstützung der Nationalgarde genoss, wegen Korruption gerichtlich zu verfolgen. Der Aufstand führte zu einer Welle von Anarchie und Gewalt in der Hauptstadt, bewaffnete Banden brachen in die Häuser vieler führender Politiker ein. Ministerpräsident Granjo wurde ermordet. Diese Ereignisse gingen als „Lissabonner Blutnacht“ (A Noite Sangrenta) in die portugiesische Geschichte ein.
1923 endet die Amtszeit des Präsidenten de Almeida, Manuel Teixeira Gomes wird zu seinem Nachfolger gewählt.
[Bearbeiten] Teixeira Gomes
Die Präsidentschaftswahlen von 1923 zeigten ein uneiniges Parlament, Teixeira Gomes wurde erst im dritten Wahlgang gewählt, sein wichtigster Gegenkandidat war Expräsident Machado.
Auch die zwei Jahre der Präsidentschaft Teixeira Gomes waren von Instabilität gekennzeichnet. Sieben Regierungen wechselten sich während seiner Präsidentschaft ab. Besonders seit dem Fall der Regierung Alfredo Rodrigues Gaspar am 22. November 1924 befand sich die erste Republik in einer Dauerkrise, aus der sie sich bis zu ihrem Ende nicht mehr befreien sollte. Im April 1925 versuchten Teile der Armee unter Sinel de Cordes zu putschen, der Putschversuch konnte aber noch einmal von Seiten der Regierung bekämpft werden.
Präsident Teixeira fühlt, dass die Republikaner von Tag zu Tag schwächer wurden, gleichzeitig wurden die Meinungsverschiedenheiten im republikanischen Lager jeden Tag größer. Da die Verfassung dem Präsidenten nicht die Machtmittel gab, sich gegen diese Entwicklung zu stellen, resigniert er schließlich und tritt am 11. Dezember 1925 zurück. Einige Tage nach seinem Rücktritt verlässt er Portugal, er sollte das Land bis zu seinem Tode 1941 nicht mehr betreten.
[Bearbeiten] 2. Präsidentschaft Machados, Ende der Republik
Nach dem Rücktritt Teixeiras wird Bernardino Machado zum zweiten Mal zum Präsidenten der Republik gewählt. Er kann die Republik jedoch nicht mehr retten. Die Parteienlandschaft zersplittert immer weiter: José Domingos dos Santos verlässt mit seinen Anhängern die Demokratische Partei und gründet die Republikanische Partei der Demokratischen Linken. Auch auf der rechten Seite des Parteinspektrums kommt es zu weiteren Brüchen. Die Nationalistische Partei schließt Cunha Leal aus, der die Liberalrepublikanische Union gründet.
Der letzte Akt der Republik beginnt am 28. Mai 1926. An diesem Tag spricht sich General Gomes da Costa bei einem Truppenbesuch in Braga gegen die Republik aus, das Fanal zum Aufstand. Militäreinheiten im ganzen Land unterstützen den General. General Gama Ochôa und General Fragoso Carmona schließen sich dem Aufstand an, die Städte Mafra und Évora, in denen die beiden Generäle stationiert sind, sagen sich so von der Regierung los. Nur in Lissabon und Porto gab es noch Truppen, die die Regierung unterstützten. In Porto wurden die Truppen von General Sousa Dias befehligt, der auf Seiten der Republikanischen Regierung stand, seine Unteroffiziere machten dem General aber schnell deutlich, dass auch sie den Putsch von Gomes da Costa unterstützten, so dass er auf seine Truppen beim Versuch, den Putsch niederzuschlagen nicht zählen konnte. Die Regierung versucht, loyale Truppen in den Norden des Landes zu verlegen und scheitert damit, da streikende Bahnarbeiter den Truppentransport verhindern. Zwei Tage später, ist die Republik am Ende. Präsident Machado löst das Parlament auf und übergibt die Regierungsgewalt an Hauptmann Mendes Cabeçadas, in der Hoffnung, dieser würde es noch einmal schaffen, die Republik zu retten. Am 31. Mai 1926 tritt Machado schließlich zurück, ernennt Mendes Cabeçadas zu seinem Nachfolger und verlässt fluchtartig das Land.
Mendes Cabeçadas trifft sich in Coimbra mit Gomes da Costa. Als Ergebnis dieses Treffens wird eine Militärjunta gegründet, der Mendes Cabeçadas, Gomes da Costa und General Ochôa angehören. Mendes Cabeçada wird Staatsoberhaupt und Regierungschef, die wirkliche Macht liegt aber bei Gomes da Costa, der als Kriegsminister de facto Oberbefehlshaber der Armee wird. In die neue Regierung Mendes Cabeçadas wird auch zum ersten Mal der katholische Wirtschaftswissenschaftler António de Oliveira Salazar zum Finanzminister berufen, der später eine herausragende Rolle spielen sollte.
Die neue Militärjunta, in der mit Mendes Cabeçada ein Anhänger der Republik und mit Gomes da Costa ein Gegner derselben vereinigt ist, hält nur eine Woche. Am 6. Juni 1926 marschiert General Gomes da Costa mit seinen Truppen in Lissabon ein. Mendes Cabeçada weigert sich, die Lissabonner Bevölkerung zu bewaffnen, da er ein Blutbad und die Zerstörung großer Teile der Stadt befürchtet. So hat das republikanische Lager den Truppen von Gomes da Costa nichts entgegenzusetzen. Am 17. Juni 1926 löst Gomes da Costa die Militärjunta auf, setzt Mendes Cabeçada als Präsidenten und Premierminister ab und übernimmt selbst beide Posten. Zwei Tage später geht Mendes Cabeçada ins Exil. Salazar gehört der neuen Regierung nicht mehr an und zieht sich nach Coimbra zurück. Die Verfassung wird jetzt auch offiziell suspendiert, die Kommunistische Partei verboten.
Damit war die erste portugiesische Republik beendet. Es folgte eine Militärdiktatur, die graduell in einen autoritären, von einigen Historikern auch faschistisch genannten Ständestaat, dem Estado Novo. Erst 1974 (vgl. Nelkenrevolution) sollte Portugal zur Demokratie zurückkehren.