Weltsprache
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Als Weltsprachen, internationale Verkehrssprachen oder Weltverkehrssprachen[1] werden natürliche Sprachen bezeichnet, die über ihr eigentliches Sprachgebiet hinaus als Verkehrssprachen weite Bedeutung erreicht haben und von vielen Menschen verstanden werden. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist die englische Sprache die international bedeutendste Weltsprache.
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[Bearbeiten] Definition
Nach den Regeln des Kommunikativen Netzwerkes moderner Sprachen zeichnen sich Weltsprachen dadurch aus, dass
- sie sowohl als Erst-, wie auch als Zweitsprachen gesprochen werden,
- mehr als 100 Mio. Sprecher haben,
- die Sprachgemeinschaft nicht an eine besondere Ethnie gebunden ist,
- sie Staats- oder Amtssprache in zahlreichen Ländern ist,
- in internationalen Handelskontakten eine Rolle spielen,
- als Amtssprache in internationalen Organisationen fungieren,
- sie einen privilegierten Status als Fremdsprache in der Schulausbildung haben,
- sie als Wissenschaftssprache fungieren,
- sie maßgeblichen Anteil an der Vermittlung von Wissen haben und
- sich mit ihnen Prestigewerte verknüpfen.
Eine Lingua franca muss im Gegensatz zur Weltsprache nur regionale Bedeutung über Sprachgrenzen hinweg haben; daher ist jede Weltsprache auch eine (weltweite) lingua franca, aber nicht jede lingua franca eine Weltsprache.
[Bearbeiten] Historische Weltsprachen
Als Weltsprachen der Antike gelten das Babylonische, das Aramäische und das Griechische. Das mit der Ausbreitung des Römischen Reiches zur Weltsprache avancierte Lateinische behielt diesen Status als Kirchen-, Literatur- und juristische Sprache bis ins 17. Jahrhundert. Das Sanskrit war im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Hinduismus und Buddhismus im ersten nachchristlichen Jahrtausend Weltsprache in Süd- und Südostasien und wurde später durch das Hindustani teilweise abgelöst. Bereits im frühen Mittelalter begann der Aufstieg des Arabischen zur Weltsprache.
[Bearbeiten] Moderne Weltsprachen
Die meisten Weltsprachen entstanden nicht durch friedlichen Beschluss der Völker. Viele neuzeitlichen Weltsprachen sind ehemalige Kolonialsprachen, die ihre Verbreitung auf anderen Kontinenten vor allem kriegerischer Eroberung, genozider Ausrottung und brutaler Kolonisation verdanken. Indigene und Stammessprachen wurden rigide bekämpft, verboten und mit drakonischen Methoden unterdrückt. Im Grunde hat der Besitz eines großen Kolonialreichs allen Kolonialmächten des 19. und 20. Jahrhunderts den Aufstieg ihrer Nationalsprache zur Weltsprache garantiert, so dem Englischen, Spanischen, Portugiesischen und Niederländischen. Letzteres hat seine Bedeutung als Weltsprache heute verloren, da die niederländische Regierung die Sprache weniger radikal durchsetzte, da sie befürchtete, bei einer Einführung des Niederländischen in die riesige Kolonie Niederländisch-Indien (heute Indonesien) würden die Niederländer eine Minderheit innerhalb ihrer eigenen Sprache. Das Russische erlangte seine Bedeutung erst durch die Expansion Russlands bis nach Ostasien; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Bedeutung durch die Dominanz der Sowjetunion für die kommunistische Welt weiter etabliert. Deutsch war bis zum Ersten Weltkrieg in den USA sehr verbreitet (ähnlich wie heute Spanisch) und wichtige Verkehrssprache in Ost- und Mitteleuropa.
So schwingt in dem Begriff Weltsprache ein gewisser imperialer Anspruch mit, der von Sprechern kleinerer Sprachen als repressiv empfunden werden kann. Dies galt bereits für die Weltsprache der klassischen Antike, das Altgriechische, dessen Verbreitung sich vor allem auf den Feldzug Alexanders des Großen zurückführen lässt.
Als Weltsprachen werden demnach heute gemeinhin angesehen (in Klammern die Summe der Primär- und Zweitsprachler) (alle UNO-Amtssprachen sowie Deutsch, Hindi und Portugiesisch):
- Mandarin (867,2 Mio. Sprecher)
- Englisch (690 Mio. Sprecher)
- Hindi (525 Mio. Sprecher; s. auch Hindustani)
- Spanisch (447 Mio. Sprecher)
- Französisch (290 Mio. Sprecher)
- Arabisch (290 Mio. Sprecher)
- Russisch (240 Mio. Sprecher)
- Portugiesisch (218 Mio. Sprecher)
- Deutsch (155 Mio. Sprecher)
Mandarin ist die wichtigste der chinesischen Sprachen und hat etwa 850 Mio. Muttersprachler, das sind mehr Muttersprachler als Englisch Mutter- und Fremdsprachler zusammengenommen hat, sowie etwa 350 Mio. Zweitsprachler: in China und in Taiwan müssen sowohl alle nicht-mandarinsprechenden Chinesen, wie die Wu, Yue (Kantonesisch), Jin, Xiang, Min Nan, Hakka, usw. sowie alle nicht-chinesischen Minderheiten wie die Uiguren, Mongolen, Tibeter, Mandschuren, Koreaner, usw. Mandarin in der Schule lernen. Mandarin ist Amtssprache in China und Taiwan, in Singapur eine der vier Amtssprachen. Mandarin ist auch eine der sechs UNO-Amtssprachen. In praktisch allen Ländern der Welt finden sich chinesische Minderheiten, die oft in sogenannten Chinatowns konzentriert sind und in denen Mandarin und Kantonesisch die vorherrschenden Verkehrssprachen sind. Mandarin spielt nicht nur im internationalen Handel, sondern auch im Schulunterricht vieler Staaten eine immer größere Rolle (z. B. in Japan und in Australien), da Unternehmen und Institutionen aller Länder, die Handel mit China treiben, heute verstärkt Arbeitskräfte mit guten Mandarinkenntnissen benötigen.
Auch Hindustani hat mehr Muttersprachler als Englisch. In Mauritius und Fidschi spricht eine knappe Bevölkerungsmehrheit Hindi, in Guyana und Suriname jeweils eine Minderheit. Bei der Volkszählung 2001 stammten 6,1 Prozent der Bevölkerung Londons vom indischen Subkontinent. Schreibt man dies fort, dürfte heute mehr als eine halbe Million der Einwohner dieser Stadt Hindustani zumindest verstehen. Ähnliches gilt - in kleinerem Maßstab - für viele andere Städte. Aufgrund der Globalisierung schreitet die Diaspora von Menschen indischer oder pakistanischer Herkunft rasch voran.
Bengalisch wird von rund 215 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen. Allerdings wird es beinahe nur in Bangladesch und im indischen Bundesstaat Westbengalen gesprochen und gilt daher nicht als Weltsprache.
[Bearbeiten] Weltsprachen in speziellen Bereichen
Das Französische erlangte im 17. Jahrhundert als Sprache der Diplomatie, des Postwesens und des europäischen Adels seine Bedeutung als führende Weltsprache. Das Deutsche war etwa ab 1860 fast neunzig Jahre lang die dominierende Weltsprache in Wissenschaft und Kunst war, verlor diesen Status dann durch die Niederlage in den zwei Weltkriegen (nicht durch die abnehmende Bedeutung der deutschen Wissenschaftler). Kleinere Bereiche, in denen Sprachen weltweit maßgeblich sind, sind das Ballett mit der Französischen und die klassische Musik mit der Italienische Sprache.
[Bearbeiten] Verbreitung der Weltsprachen
Die Grafiken zeigen die Verbreitung der einzelnen Weltsprachen.
Die arabischsprachige Welt (offiziell - grün und kooffiziell - blau) |
Die chinesischsprachige Welt |
Heutige deutsche Sprachgebiete (dunkles Orange: Amtssprache/Muttersprache, helles Orange: Zweitsprache oder nicht offizielle Amtssprache, Orange Quadrate: Deutschsprachige Minderheiten) |
Länder mit Englisch als offizieller oder de facto offizieller Sprache. |
Französischsprachige Welt - dunkelblau: Muttersprache; blau: Verwaltungssprache; hellblau: Verkehrssprache; grün: Minderheitensprache |
Verbreitung der portugiesischen Sprache |
Die russischsprachige Welt |
Die spanischsprachige Welt |
[Bearbeiten] Welthilfsspachen
Plansprachen wie beispielsweise Esperanto wurden bislang von keiner staatlichen Organisation als Verkehrssprachen eingeführt, obwohl in den UNESCO-Resolutionen von 1954 und 1985 ausdrücklich Esperanto als geeignetes Mittel zur internationalen Verständigung anerkannt wurde und in der Resolution von 1985 die Mitgliedsstaaten von der Generalkonferenz eingeladen wurden, Studien zum Sprachenproblem und zu Esperanto in den Schulen und höheren Bildungseinrichtungen durchzuführen (The General Conference … invites the Member States … to promote the introduction of a study programme on the language problem and Esperanto in their schools and higher educatinal institutions). Eine weitere künstlich geschaffene Sprache mit weltweiter Verbreitung ist die Internationale Gebärdensprache.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Definition bei Meyers Lexikon online
- Stichwort Weltsprachen auf den Seiten des Fischer-Weltalmanachs
- vergleichende Zusammenstellung verschiedener Quellen zur Verbreitung der Weltsprachen (englisch)
- George Weber, The World's Top Languages (englisch)
- Sprachen im Internet
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Heinz F. Wendt: Fischer Lexikon Sprachen, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24561-3