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Siegfried Unseld – Wikipedia

Siegfried Unseld

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Karl Siegfried Unseld (* 28. September 1924 in Ulm; † 26. Oktober 2002 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Verleger und Leiter des Suhrkamp Verlags.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Elternhaus

Unseld war der Sohn des Verwaltungsangestellten Ludwig Unseld und dessen Ehefrau Maria Magdalena Kögel, gen. Lina. Walter Unseld war sein vier Jahre jüngerer Bruder.

[Bearbeiten] Schul- und Militärzeit

Seine erste Schulzeit verbrachte Unseld in Ulm und kam im Juni 1933 zum Jungvolk der Hitler-Jugend. Dort lernte er auch Hans Scholl kennen, welcher kurz nach ihm eintrat.

Ab 1935 besuchte Unseld das Realgymnasium am Blauring (heute Schubart-Gymnasium) in Ulm. Dort absolvierte er 1942 ein Notabitur und ging am 20. Oktober von der Schule ab. Weihnachten 1942 wurde er zum Militär eingezogen und verbrachte seine Grundausbildung in Aurich. Dort wurde er zum Marinefunker ausgebildet und im Sommer 1943 an die Krim geschickt. Mitte Mai 1944 kam er nach Warna (Bulgarien), wurde nach Griechenland versetzt und konnte Weihnachten 1944 in Ulm verbringen.

[Bearbeiten] Lehre

Das Kriegsende erlebte Unseld in Flensburg und erreichte im Januar 1946 wieder seine Heimatstadt. Noch im Oktober des selben Jahres begann er eine Lehre zum Buchhandelsgehilfen im Ulmer Aegis-Verlag. Im Sommer 1946 holte er sein Abitur nach (Zitat Unseld „ein richtiges Abitur“); bemerkenswert vielleicht sein Abituraufsatz „Faust und Wagner - zwei Menschen, zwei Welten“. Im September 1947 legte Unseld bei der IHK Stuttgart seine Gehilfenprüfung ab. Einer der Prüfer war der Verleger Paul Siebeck, der Inhaber des J.C.B. Mohr Verlag in Tübingen.

[Bearbeiten] Berufseinstieg und zeitgleiches Studium

Von Unseld überzeugt, engagierte ihn Siebeck noch am Prüfungstag. Unseld nahm das Angebot an und begann ab Oktober 1947 parallel zu seiner Arbeit an der Universität Germanistik, Philosophie und Bibliothekswissenschaft zu studieren. Er war u.a. Schüler des Philosophen Prof. Wilhelm Weischedel, der sich von Anfang an sehr für Unseld einsetzte.

Am 14. April 1951 heiratete Unseld im Ulmer Münster die Hauswirtschaftslehrerin Hildegard Schmid. Neben Zwillingen, die sehr früh starben, hatte er mit ihr einen Sohn, den späteren Verleger Dr. Joachim Unseld.

Sein Studium schloss Unseld mit einer Dissertation über Hermann Hesse ab und brach damit einige Regeln. Bis 1951 war es üblich, nur über verstorbene Schriftsteller zu forschen und außerdem war Hesse nicht unumstritten. Ein weiteres Problem ergab sich, als Unselds Doktorvater, Prof. Friedrich Beißner erfuhr, dass Unseld in einem Brief von Hesse bereits „Doktor“ genannt wurde, obwohl er die Prüfung noch nicht abgelegt hatte. Beißner prüfte Unseld, wahrscheinlich zur Strafe, nur im Fach Althochdeutsch, das einzige, das Unseld nie gelernt hatte.

Am 24. Juli 1951 hatte die Qual dann dennoch ein rühmliches Ende gefunden und Unseld durfte sich mit dem Titel Dr. schmücken. Mit ihm saßen übrigens Walter Jens, Gerhard Storz, Johannes Poethen, Peter Meuer und Martin Walser in Beißners Doktorandenkolleg.

[Bearbeiten] Buchhändler und Arbeitsverhältnis bei Suhrkamp

Noch im selben Jahr begann Unseld als Buchhändler in Heidenheim an der Brenz zu arbeiten. Am 23. Oktober fand das erste Treffen zwischen Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld statt und am 7. Januar 1952 begann Unselds Arbeitsverhältnis bei Suhrkamp. 1955, von Juli bis August, fuhr Unseld zum ersten Mal in die USA. An der Harvard Summer School of Arts and Sciences hatte Henry Kissinger ein International Seminar eingerichtet. Mit Empfehlungsschreiben von Hermann Hesse und Peter Suhrkamp konnte Unseld dort teilnehmen.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1955 erteilte man Unseld Prokura und exakt drei Jahre später avancierte er zum Gesellschafter des Verlags. Ausschlaggebend war dabei, dass Unseld von der Ullstein AG abgeworben werden sollte. Während dieser Jahre hatte Unseld enge Kontakte zu fast allen Mitgliedern der Gruppe 47.

[Bearbeiten] Der Verleger Unseld

Alleiniger Verleger. Nach dem Tod von Peter Suhrkamp 1959 übernahm Unseld als alleiniger Verleger den Suhrkamp Verlag.

Um 1955 begann Unseld eine Affäre mit Corinne Pulver, einer Schwester der Schauspielerin Liselotte Pulver. Mit Corinne hatte er eine Tochter, Nino Pulver (* 1959).

Insel Verlag. In dieser Zeit ließ sich das westdeutsche Verlagshaus des Insel Verlags, das 1945 zunächst in Wiesbaden ansässig war - in Leipzig war der ostdeutsche Verlagsteil verblieben -, in Frankfurt/M. nieder. Die finanzielle Situation des Verlags war etwas schwierig und die Inhaberin Jutta von Hesler, die Tochter des Gründers Anton Kippenberg wollte lieber heute denn morgen verkaufen. Über Hermann Hesse konnte Unseld die Unternehmer Peter Reinhart und Balthasar Reinhart aus Winterthur zu einer stillen Teilhaberschaft gewinnen. Am 19. Februar 1963 kaufte Unseld den Insel Verlag und rückwirkend zum 1. Januar wurde er durch den Suhrkamp Verlag übernommen.

Nomos Verlag. Am 1. Juli desselben Jahres kaufte Unseld den juristischen Fachverlag Lutzeyer in Baden-Baden. Das Wichtigste daran für den Suhrkamp Verlag waren die Lutzeyerschen Druckereien. Dieser Verlag firmiert noch heute unter dem Namen Nomos Verlag (griech. „weltliches Recht“). Da der Umsatz des Suhrkamp Verlags in den nächsten Jahren sprunghaft anstieg, wurde er für die schweizerischen Teilhaber Reinhart immer mehr zum Wirtschaftsfaktor.

Seit dem Mauerbau setzte sich Unseld dafür ein, dass es Verlagen aus der DDR ermöglicht und erlaubt wurde, sich auf der Frankfurter Buchmesse zu präsentieren. Dies wurde ihm jahrelang vorgehalten.

Am 28. September 1974 wurde Unselds 50. Geburtstag in Königstein, dem letzten Wohnort Suhrkamps, in großem Stil gefeiert. Fast 250 Gäste waren geladen, als Hauptredner fungierte der Philosoph Ernst Bloch und musikalisch wurde der Abend von Milva begleitet, die Lieder mit Brecht-Texten sang.

Deutscher Klassiker Verlag. Der Deutsche Klassiker Verlag wurde am 1. Juli 1981 als Tochter des Insel Verlags gegründet. Unseld berief eine Kommission ein, bestehend aus den Professoren Reinhard Brinkmann, Wolfgang Frühwald, Reinhart Koselleck, Jochen Schmidt und Albrecht Schöne, die über den editorischen Plan wachen und ihn überwachen sollten. Ab 1985 wurden die ersten Bände veröffentlicht.

Familiäre Neuordnung. 1985 trennte sich das Ehepaar Unseld, da die Ehefrau die Affären nicht länger dulden wollte. Zu dieser Zeit war Unseld bereits mit der Schriftstellerin Ulla Berkéwicz und früheren Schauspielerin liiert. Als gleichberechtigter Partner seines Vaters kam am 1. Januar 1988 Dr. Joachim Unseld in den Suhrkamp Verlag. Doch schon nach Kurzem kam es zu heftigen Streitereien zwischen Vater und Sohn. Da auch die Schlichtungsversuche durch Hans Magnus Enzensberger, Martin Walser und Jürgen Habermas nichts halfen, verließ Joachim Unseld den Verlag wieder.

Inhaber- und Anteilsrechte. Als Inhaber des Insel Verlags meldete Unseld 1990 seine Rechte am Insel Verlag Leipzig an und ein Jahr später wurde der Insel Verlag Leipzig ihm auch zugesprochen. Unseld war auch maßgeblich an den Plusauflagen-Prozessen beteiligt. Darin forderten westdeutsche Verlage Honorare ein, die entstanden, als die DDR widerrechtlich höhere Auflagen drucken ließ. Die Schulden mussten 1:1 in DM gezahlt werden.

1999 verkaufte die Schweizer Volkart Holding AG (Vorstand: Andreas Reinhart) Teile ihrer Gesellschafteranteile der Suhrkamp KG und der Suhrkamp Verlagsleitung GmbH an Unseld, nachdem dieser durch den Verkauf des zur Suhrkamp-Verlagsgruppe gehörenden Nomos-Verlags eine größere liquide Vermögensmasse zur Verfügung hatte. Damit hatte dieser endlich die absolute (51 %) Mehrheit des Unternehmens, nachdem er bereits einige Jahre vorher 20% der Gesellschaftsanteile an der Suhrkamp KG an seinen Sohn übertragen hatte. Da nach den Streitigkeiten mit seinem Sohn dieser nicht mehr als Nachfolger für Unseld in Frage kam, gründete er 1999 die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung; damit wollte er seine Nachfolge endlich regeln.

Anfang 2002 wurde Prof. Dr. Siegfried Unseld schwer krank und starb im Alter von 78 Jahren in der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober 2002 in seinem Haus in Frankfurt. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.

Seine zweite Ehefrau Ulla Berkéwicz und Martin Walser haben die Biographie Siegfried Unseld jeweils in einem Schlüsselroman thematisiert.

[Bearbeiten] Ehrungen

[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Begegnungen mit Hermann Hesse, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1975, ISBN 3-518-36718-8
  • Der Autor und sein Verleger, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-518-37704-3
  • Hermann Hesse, Werk und Wirkungsgeschichte, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1985 (2. Aufl.), ISBN 3-518-03233-X
  • Peter Suhrkamp. Zur Biographie eines Verlegers in Daten, Dokumenten und Bildern, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1975, TB 2004, ISBN 3-518-45597-4
  • Gemeinsam mit Eberhard Fahlke: Uwe Johnson: „Für wenn ich tot bin“, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-40301-X
  • Goethe und seine Verleger, Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-458-34200-1
  • „Das Tagebuch“ Goethes und Rilkes „Sieben Gedichte“ , Insel Verlag, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-458-19000-7 (Insel-Bücherei 1000/2)
  • Eberhard Fahlke und Raimund Fellinger (Hrsg.): Uwe Johnson - Siegfried Unseld: Der Briefwechsel, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-41072-5
  • Goethe und der Ginkgo. Ein Baum und ein Gedicht, Insel Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-458-19188-7 (Insel-Bücherei 1188)
  • Hans-Joachim Simm (Hrsg.): „Und jeder Schritt ist Unermeßlichkeit“- Gedanken über Goethe, Insel Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-458-19244-1 (Insel-Bücherei 1244)
  • Rainer Weiss (Hrsg.): Briefe an die Autoren, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-22384-4
  • Wolfgang Schopf (Hrsg.): „So müßte ich ein Engel und kein Autor sein“. Adorno und seine Frankfurter Verleger. Der Briefwechsel mit Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-58375-1
  • Veröffentlichungen 1946 bis 1999 - Eine Bibliographie. Zum 28. September 1999, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-518-41097-0

[Bearbeiten] Literatur

  • Autoren des Suhrkamp Verlages: Der Verleger und seine Autoren  –  Siegfried Unseld zum sechzigsten Geburtstag, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1984, o.ISBN.
  • Autoren des Suhrkamp Verlages: Der Verleger und seine Autoren  –  Siegfried Unseld zum siebzigsten Geburtstag, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1994, o.ISBN.
  • Berkéwicz, Ulla: Engel sind schwarz und weiß. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1994, ISBN 3-518-38796-0. Schlüsselroman zur Person Siegfried Unselds.
  • Michalzik, Peter: Unseld - Eine Biographie. München: Goldmann 2003, ISBN 3-442-73120-8. Biographie, die noch zu Lebzeiten Unselds 2002 veröffentlicht und vom Suhrkamp-Verlag stark kritisiert wurde. Insgesamt aber eine sehr gut recherchierte Darstellung der Beziehungen von Unseld zu seiner Umwelt - Autoren, Lektoren, Gesellschafter, jeweils im geschichtlichen Kontext.
  • Tiedemann, Rolf: Die Abrechnung. Walter Benjamin und sein Verleger. Hamburg: Kellner 1989, ISBN 3-927623-91-1.
  • Walser, Martin: Brief an Lord Liszt. Roman, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1982, ISBN 3-518-04632-2. Schlüsselroman zur Person Siegfried Unselds.
  • Wittstock, Uwe: Als Siegfried Unseld starb: Die Legende und das Ende, in Wittstock, Uwe: Die Büchersäufer. Streifzüge durch den Literaturbetrieb. Dietrich zu Klampen Verlag, Springe 2007, Schriftreihe: Zu Klampen Essay, S.59-65, ISBN 978-3-86674-005-1.

[Bearbeiten] Weblinks


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