Selenografie
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Die Selenografie ist das zum Mond gehörige Analogon zur Geografie. Das Wort ist aus den griechischen Begriffen für Mond (Σελήνη, Selene) und zeichnen (γραφειν, grafe·in) zusammengesetzt.
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[Bearbeiten] Breiten- und Längengrade
Am häufigsten wird die Bezeichnung selenografische Breite und Länge verwendet. Die Kartierung von Mondstrukturen erfolgt dabei analog zur geografischen Breite und Länge auf der Erde. Auch auf dem Mond verläuft die Koordinatenachse durch die beiden Rotationspole. Um diese Achse dreht sich der Erdtrabant einmal in 27,3 Tagen und wendet so der Erde immer dieselbe Seite zu (bis auf einige Grad Abweichung, die sog. Libration). Senkrecht zu dieser Drehachse verläuft die gedachte Äquatorebene. Parallel zum Mondäquator verlaufen die Breitengrade, Kreislinien von gleicher selenografischer Breite. Durch beide Pole verlaufen senkrecht zum Äquator Längengrade (Meridiane), Kreislinien von gleicher selenografischer Länge. Der Nullmeridian orientiert sich dabei an der Sichtachse von der Erde aus, den Schnittpunkt von Mondäquator und Nullmeridian sieht man also von der Erde aus ungefähr im der Mitte des Mondes im "Sinus Medii".
Nach der astronautischen Orientierung ist auf dem Mond Osten die Richtung, in der für einen Beobachter auf dem Mond (Astronaut) die Sonne aufgeht. Mit zunehmendem Mond wandert die beleuchtete Seite allmählich von rechts (Osten) nach links (Westen) über die Mondscheibe. Auf alten Karten sind Ost- und Westorientierung gegenüber heutigen Karten vertauscht, da früher mit umkehrenden Teleskopen von der Erde aus beobachtet wurde und der Mond nach der astronomischen Orientierung kartiert wurde.
Zum Beispiel liegt der 93 km große Krater Copernicus bei 9° 42′ nördlicher Breite und 20° 06′ westlicher Länge. Für einen Betrachter auf der Nordhalbkugel der Erde befindet er sich also „links oberhalb“ der Mondmitte. Benannt wurde er 1935 von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) nach dem polnisch-deutschen Astronomen und Domherrn Nikolaus Kopernikus (1473–1543).
Den Längengrad, an dem auf dem Mond die Sonne aufgeht, nennt man die selenografische Colongitude. Diese Längenangabe wird als Winkelabstand vom Nullmeridian des Mondes in westlicher Richtung bis 360 Grad gezählt – im Unterschied zu den sonst üblichen Längenangaben, die vom Nullmeridian ausgehend je 180 Grad nach Osten und Westen zählen. Die Colongituden Null und 360 Grad kennzeichnen den zunehmendem Halbmond. Bei Vollmond beträgt die Colongitude 90 Grad (westlicher Mondrand). Neumond entspricht die Colongitude 270 Grad.
[Bearbeiten] Mondkarten
Klassische Mondkarten sind nur bedingt mit Landkarten der Erde zu vergleichen. Sie zeigen den Erdtrabanten aus großer Entfernung in jener Perspektive, wie man an ihn von der Erde aus im Fernrohr sieht: als grau-gelb hervortretende Kugel mit dunklen „Meeren“ und hellen Kraterflächen. Die Gebiete am Mondrand erscheinen dabei wegen der streifenden Sichtlinie in radialer Richtung stark verkürzt. Diese Projektion wird auch orthografische Azimutalprojektion genannt. Aufgrund der starken Verzerrungen am Rand sind Landkarten (der Erde) mit dieser Eigenschaft selten, doch bei Mond- und Planetenkarten wünscht der Betrachter meist einen ähnlichen Eindruck wie am Fernrohr.
Neuere, fotografische Mondkarten sind meist aus mehreren Fotos zusammengefügte „Fotomosaike“. Beleuchtungseffekte werden mit Bildverarbeitung gemildert und es wird darauf geachtet, dass die Richtung des Schattenwurfes bei allen Reliefstrukturen gleich ist. Durch den Einsatz von Raumsonden ist auch die Kartierung der erdabgewandten Seite des Mondes möglich.
[Bearbeiten] Mondatlanten
Ein Mondatlas ist – in Entsprechung zu einem Atlas der Erdoberfläche – eine systematisch angelegte kartografische Dokumentation der Oberfläche des Mondes in Buchform.
Die ersten gezeichneten Mondatlanten stammen aus dem 18. Jahrhundert (Selenografie von Hieronymus Schröter und andere). Wilhelm Beer und Johann Heinrich Mädler gaben 1837 den ersten Mondatlas heraus, der die gesamte sichtbare Mondhälfte umfasste. Um 1880 setzte sich dann die fotografische Kartierung durch und erreichte ihren Höhepunkt durch die Sonden der Serie Lunar Orbiter von 1966 bis 1968.
Noch genauere Karten stammen aus den 1990ern durch die Clementine- und Lunar Prospector-Missionen.
[Bearbeiten] Systematische Selenografie
Das Vorliegen erster guter Grundlagen regte seit dem 19. Jahrhundert zahlreiche Astronomen an, nach Veränderungen auf dem Mond zu forschen. Bis in die 1960er Jahre war ja noch keineswegs klar, ob am Mond noch aktive Tektonik und Vulkanismus existiert.
Einzelne Forscher konnten am Fernrohr solche Veränderungen feststellen, allerdings nur im kleinen Maßstab. Sie werden Lunar Transient Phenomena genannt. Um 1959 wurde vom russischen Astronomen Nikolai Kosyrew über Gaswolken im Krater Alphonsus berichtet, den er nach fotografischen Mustern als mögliches vulkanisches Objekt eingestuft hatte.
Weitere lange Beobachtungsreihen erfolgten auch an anderen Mondkratern.
Fotografisch sind solche Analysen kaum erfolgreich, weil die Erscheinungen – an denen freilich manche Astronomen zweifeln – nur kurzfristig zu beobachten sind. Als Grundlage für systematische Studien von Oberflächenstrukturen und ihren Entstehungen sind Atlanten wie jener der Lunar Orbiter allerdings unentbehrlich.