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Oberschlesien – Wikipedia

Oberschlesien

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen werden unter Oberschlesien (Begriffsklärung) aufgeführt.
Lage Oberschlesiens
Lage Oberschlesiens
Historisches Wappen Oberschlesiens von H. Strohl aus dem 19. Jahrhundert
Historisches Wappen Oberschlesiens von
H. Strohl aus dem
19. Jahrhundert
Altstadt von Oppeln und der Mühlgraben, ein Seitenarm der Oder
Altstadt von Oppeln und der Mühlgraben, ein Seitenarm der Oder
Oberschlesien 1905
Oberschlesien 1905
Der St. Annaberg; Symbol und wichtigster Wallfahrtsort Oberschlesiens
Der St. Annaberg; Symbol und wichtigster Wallfahrtsort Oberschlesiens
Karte Schlesiens 1746
Karte Schlesiens 1746
Postkarte zur Volksabstimmung in Oberschlesien
Postkarte zur Volksabstimmung in Oberschlesien

Oberschlesien (tschechisch: Horní Slezsko, polnisch: Górny Śląsk und im schlesischen Dialekt des Polnischen: Górny Ślonsk[1]) ist der südöstliche Teil der Region Schlesien, welcher heute größtenteils in Polen in der Woiwodschaft Oppeln und der Woiwodschaft Schlesien und zu einem Teil, das Hultschiner Ländchen, in Tschechien liegt.

Im östlichen Teil Oberschlesiens erstreckt sich ein weiträumiges Industriegebiet. Vor der auf der Teheran-Konferenz beschlossenen Westverschiebung Polens gehörte Oberschlesien als Regierungsbezirk Oppeln zur preußischen Provinz Schlesien und wurde nach dem Ersten Weltkrieg dort eine eigenständige Provinz.

Die Teile die historisch zu Oberschlesien gehörten und die nicht zu Preußen gehörten, früher Österreichisch-Schlesien, bezeichnet man heute als Teschener Schlesien bzw. als Tschechisch Schlesien.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geografie

Oberschlesien bildet den südöstlichen Teil der Landschaft Schlesien. Der größere Teil Oberschlesiens liegt im Südsüdwesten Polens, der kleinere tschechische Teil im Nordosten Tschechiens.

[Bearbeiten] Städte

Zu den oberschlesischen Orten mit mehr als 100.000 Einwohnern zählen Kattowitz, Gliwice, Zabrze, Bytom, Ruda Śląska, Świętochłowice, Rybnik, Tychy, Oppeln und Chorzów.

[Bearbeiten] Geschichte

Zur allgemeinen Geschichte Schlesiens siehe Schlesien (Geschichte)

Nach der Völkerwanderungszeit kamen die slawischen Opolanen (nach ihnen ist die Hauptstadt Oppeln benannt) ins Land und vermischten sich vereinzelt mit zurückgebliebenen Germanen. Im Laufe des Mittelalters kamen deutsche Siedler auch nach Oberschlesien. Die deutsche Kolonisation setzte in Oberschlesien jedoch relativ spät ein, da es zum einen östlicher als andere Zielgebiete lag und zum anderen wegen der großen Wald- und Feuchtgebiete eher widrige Bedingungen herrschten. Als schließlich in den Jahren 1347/48 die Große Pest im Reich ausbrach, nahm der Strom der Zuwanderer aus dem Reich stark ab und die Ostsiedlung kam praktisch zum Erliegen. Dadurch stockte im Gegensatz zu Niederschlesien der sprachliche Assimilierungsprozess.

Während die Niederschlesier zu etwa 96% deutschsprachig waren, gaben 53% der Oberschlesier Polnisch als Erstsprache an.[2] Wobei unter polnischer Sprache hier vor allem der schlesische Dialekt, der auch Wasserpolnisch genannt wurde, zu sehen ist, der mit zahlreichen Germanismen versetzt war. Neben diesem Dialekt sprachen die meisten als Zweitsprache Deutsch, in der Dialektform Oberschlesisch, welcher sich vom Hochdeutschen durch besonders harte Rachenlaute und systematische Entrundung der vorderen gerundeten Vokale (z.B.: Bühne = Biene, lösen = lesen) unterschied, was auch sonst für Deutschsprechende mit slawischer Muttersprache charakteristisch ist.

Die Bedeutung der deutschen Sprache verstärkte sich mit Verstädterung und der Industrialisierung des oberschlesischen Industriegebietes. Es kamen zu den (Wasser-)polnisch sprechenden Oberschlesiern weiterhin viele Deutsche aus Niederschlesien oder den benachbarten sudetendeutschen Gebieten und außerdem eine große Zahl von Polen aus der Provinz Posen oder dem angrenzenden russischenKongresspolen“ nach Oberschlesien. Trotz oder gerade wegen dieser schwierigen und komplexen sprachlichen Situation – im südlichen Landesteil wurde zudem noch Lachisch gesprochen – war das Zusammenleben der Bevölkerungsteile bis zum Ersten Weltkrieg friedlich und es bestand Loyalität zum Deutschen Reich.

Außerhalb des Industriegebietes, den Gebieten um Oppeln, dem späteren Westoberschlesien konnte sich die o.g. ursprüngliche Situation erhalten, jedoch verlor der schlesische Dialekt des Polnischen besonders in der Zwischenkriegszeit immer mehr an Sprechern.

[Bearbeiten] Volksabstimmung und Teilung 1922

Hauptartikel: Provinz Oberschlesien

Nach dem Ersten Weltkrieg sollten nach dem Versailler Vertrag Teile des Grenzverlaufs zwischen Polen und Deutschland per Volksabstimmungen geregelt werden. Zwischen Kriegsende und Abstimmung kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen polnischen Einwohnern, die den Anschluss an Polen forderten, und deutschen Polizeieinheiten sowie Freikorps (Aufstände in Oberschlesien). Am Abstimmungstag, dem 20. März 1921 stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 97,5 Prozent 707.045 (59,4 Prozent) Oberschlesier, also auch viele, die in Volkszählungen Polnisch als Muttersprache angegeben hatten, für Deutschland und 479.232 (40,6 Prozent) für Polen.[3] Das Abstimmungsgebiet stellte zudem nur den Teil Oberschlesiens dar, in dem bei Volkszählungen ein hoher Anteil slawischsprachiger Bevölkerung ermittelt worden war. So umfasste das Abstimmungsgebiet zusätzlich auch einen kleinen Teil des niederschlesischen Landkreises Namslau – die Landkreise Falkenberg O.S., Grottkau, Neisse und der Westteil des Landkreises Neustadt O.S. sowie der bereits 1920 an die Tschechoslowakei abgetretene Südteil des Kreises Ratibor, das Hultschiner Ländchen, waren dagegen von der Abstimmung ausgeschlossen.

Im Mai kam es zu einem weiteren Aufstand mit dem Ziel der kompletten Angliederung an Polen, der ziemlich erfolgreich verlief. 1922 kam dann der kleinere (29%), aber dichter besiedelte Teil Oberschlesiens, „Ostoberschlesien“ genannt und mit ihm der Großteil des Oberschlesischen Industriegebiets mit der Hälfte aller Hüttenwerke, einem Großteil der Kohle- und Eisenerzvorkommen und den wirtschaftlich bedeutenden Bergbauregionen, auf Beschluss des Völkerbundes vom 10. Oktober 1921 zur neugegründeten Autonomen Woiwodschaft Schlesien in Polen. Die Städte und Industrieorte Königshütte (Królewska Huta), Kattowitz (Katowice), Myslowitz (Mysłowice), Schwientochlowitz (Świętochłowice), Laurahütte (Huta Laura), Siemianowitz (Siemianowice Śląskie), Bismarckhütte (Hajduki Wielkie), Lipine (Lipiny), Friedenshütte (Nowy Bytom) und Ruda wurden damit polnisch.

Der größere Westteil Oberschlesiens verblieb bei Deutschland („Westoberschlesien“). Am 3. September 1922 wurde in diesem Teil Oberschlesiens eine Volksabstimmung durchgeführt, bei der über die Bildung eines eigenen Landes Oberschlesien im Deutschen Reich, wie es z.B. Preußen war, entschieden werden sollte. Jedoch sprachen sich über 90 % für den bisherigen Status quo, also den Verbleib Oberschlesiens im Freistaat Preußen der Weimarer Republik.[4]

[Bearbeiten] Nach dem Zweiten Weltkrieg

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Oberschlesien 1945 von der Roten Armee erobert und kam bis auf das Hultschiner Ländchen, welches wieder zur Tschechoslowakei kam, zunächst unter polnische Verwaltung und gehört seit 1990 auch völkerrechtlich zu Polen. Anders als in Niederschlesien gab es im oberschlesischen Industriegebiet aus ethnischen und ökonomischen Gründen keine flächendeckende Vertreibung, da viele Einwohner zweisprachig waren. Darüber hinaus verfügten viele Oberschlesier über berufliche Qualifikationen, die in der Kohle- und Stahlindustrie nicht kurzfristig ersetzt werden konnten. Wer einen mehr oder weniger streng gehandhabten polnischen Sprachtest bestand und als „autochthon“ eingestuft wurde, erhielt ein Bleiberecht. Auch Oberschlesier, die als (allein) deutschsprachig eingestuft wurden, erhielten ein Bleiberecht, wenn sie in wichtigen Industrien arbeiteten. Schließlich wurden von der oberschlesischen Bevölkerung etwa 40 % und nicht, wie in Niederschlesien, mehr als 90%, vertrieben. Insbesondere um Oppeln und Kattowitz blieb daher bis heute eine deutsche Minderheit zurück, die nicht vertrieben wurde oder aussiedelte.

[Bearbeiten] Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten] Schlösser

[Bearbeiten] Bevölkerung

Der größte Teil der deutschen Minderheit Polens lebt in Oberschlesien, besonders im Oppelner Land. Etwa 350.000 Bewohner Oberschlesiens besitzen neben der polnischen die deutsche Staatsbürgerschaft.

Durch den Zugang zu deutschen und deutschsprachigen Medien und dem Deutschunterricht in vielen Schulen seit den 1990er Jahren und durch regelmäßiges Pendeln zur Arbeit in die Bundesrepublik Deutschland entwickelt sich Deutsch (in der Hochsprache) seit einiger Zeit zu einer Zweitsprache.

Amtssprache ist nur die polnische Standardsprache.

Obwohl in Oberschlesien überwiegend Polen, Deutsche und Tschechen leben, gibt es heute wieder eine Gruppe von Oberschlesiern, die sich ausschließlich als Schlesier bezeichnen, was auch bei der letzten Volkszählung von 2002 zur Geltung kam. Dieses Phänomen hat viele Ursachen, u. a. die historisch stark ausgeprägte eigene Identität der Oberschlesier, die autochthonen Schlesier, die Schlesisch (polnischer Dialekt) als ihre Muttersprache bezeichnen, und auch die Sanktionen durch den polnischen Staat von 1945 bis 1989 an der Bevölkerung Oberschlesiens.

Provinz Schlesien: 37.013 km²; 4.846.333 Einwohner (Mai 1939), von denen in Oberschlesien der Großteil römisch-katholischen Glaubens war, was eine (weitere) Besonderheit darstellte, da die Mehrheit im östlichen Deutschland (einschließlich Niederschlesiens) protestantisch war.

[Bearbeiten] Kultur

Osterreiten in Ostropa (Gliwice)
Osterreiten in Ostropa (Gliwice)
Mädchen in oberschlesischer Tracht
Mädchen in oberschlesischer Tracht

[Bearbeiten] Feiertage

Der Barbaratag ist der Feiertag der Bergleute.

[Bearbeiten] Traditionen, Bräuche, Feste

Zu Ostern gibt es verschiedene Bräuche. Ein in ganz Schlesien verbreiteter Brauch am Ostermontag war das Schmackostern. Während man in Niederschlesien die Mädchen mit einer mit Bändern geschmückten Rute schlug, begießt man sie in Oberschlesien meistens mit Wasser, vergleichbar mit dem polnischen Śmigus-dyngus, wodurch auch vom Ostergießen gesprochen wird. Teilweise wurde früher auch das Begießen mit dem Rutenschlagen kombiniert oder es war mancherorts nur die Variante mit der Rute verbreitet. Mit der Polonisierung Oberschlesiens sind die Ruten eher unüblich geworden. Daraufhin erwarten die Jungen (und Männer) ein Geschenk. Meistens sind das bemalte Ostereier oder in heutiger Zeit auch Süßigkeiten, früher hingegen zusätzlich Kuchen, Kaffee und Gelbbrot. Am Osterdienstag können die Mädchen (und Frauen) schmackostern.[5] Ein weiterer Osterbrauch ist das Osterreiten, das heute noch in einigen Orten stattfindet.

  • Oktoberfest

Am Erntedankfest dem in Oberschlesien so genannten Erntefest findet ein Umzug statt, vorangetragen wird die „Erntekrone“ oder der „Erntekranz“. Zu diesem Anlass werden mehrere Wagen geschmückt und meist lustige Motive gestaltet. Die Leute, die mit diesen Wagen fahren, sind verkleidet. Zusätzlich werden Transparente mit Sprüchen angebracht. Zum Abschluss findet ein Fest mit gemeinsamen Essen, Musik und Tanz statt.

[Bearbeiten] Küche

Siehe Hauptartikel: Schlesische Küche

[Bearbeiten] Tracht

Trachten wurden in Schlesien bis Mitte des 19. Jahrhunderts getragen. In einigen Regionen und Orten (z.B. in Schönwald) überdauerte die Tradition teilweise bis ins 20. Jahrhundert, doch Trachten galten seitdem im allgemeinen als altmodisch.

Man unterschied zwischen Alltags-, Sonntags- und Festtagstrachten.

Heute sind Trachten kaum mehr verbreitet und werden ausschließlich von Trachtengruppen getragen oder sind in Museen oder Heimatstuben ausgestellt. Trachten werden bei einigen Volksfesten getragen, haben im Alltag aber keine Bedeutung mehr.

[Bearbeiten] Medien

[Bearbeiten] Verweise

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Literatur

  • Erle Bach: Oberschlesien. Vom Sudetenland zur Oberschlesischen Platte, Flechsig 1998, ISBN 3881892184
  • Schriften der Stiftung Haus Oberschlesien / Stiftung Haus Oberschlesien <Ratingen>, Berlin 1990
  • Pelka Daniela: Der deutsch-polnische Sprachkontakt in Oberschlesien am Beispiel der Gegend von Oberglogau, Berlin 2006, ISBN 3-89626-524-5

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. Seltener auch Gůrny Ślůnsk
  2. Reinhold Vetter, "Schlesien - Deutsche und polnische Kulturtraditionen in einer europäischen Grenzregion", DuMont Verlag Köln 1999, ISBN 3-7701-4418-X (S. 34)
  3. Vgl. dieser Internetseite von Falter u.a. 1986, S. 118
  4. Vgl. http://www.gonschior.de/weimar/Preussen/Oberschlesien/Volksentscheide.html
  5. Dr. Franz Schroller: Schlesien - Eine Schilderung des Schlesierlandes, Dritter Band, Seite 249


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