Lucona
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Lucona ist der Name eines Schiffes, das im indischen Ozean im Jahr 1977 bei einem Sechsfach-Mord und versuchten Versicherungsbetrug durch eine Sprengung versenkt wurde, und ist gleichzeitig Synonym für einen damit zusammenhängenden Skandal, bei dem österreichische Politiker in höchsten Regierungsämtern kriminelle Machenschaften deckten.
Der Lucona-Skandal war der größte Skandal der Zweiten Republik, der 1977 bis 1992 Österreich bewegte.
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[Bearbeiten] Ablauf
Der Frachter Lucona wurde 1977 von Udo Proksch gechartert, in Chioggia (Italien) mit einer bei der Bundesländer-Versicherung in Wien für 212 Millionen Schilling versicherten angeblichen Uranerzaufbereitungsanlage beladen und mit einer Sprengladung in der Gegend der Malediven im Indischen Ozean versenkt. Dabei wurde kaltblütig der Tod der zwölfköpfigen Besatzung in Kauf genommen, sechs kamen dann tatsächlich ums Leben.
Die Bundesländer-Versicherung verweigerte auf Druck ihres britischen Rückversicherers allerdings die Auszahlung der Versicherungssumme, da sie den Verdacht hegte, die Lucona habe nicht die behauptete wertvolle Fracht, eine Uranerzaufbereitungsanlage, sondern vielmehr Schrott geladen gehabt, was sich letztlich als richtig erweisen sollte: Die Lucona war in Wirklichkeit von aus österreichischen Heeresbeständen stammendem Sprengstoff zerrissen worden. Die Ladung repräsentierte einen wahren Wert von lediglich einer Million Schilling. Adressat der Lieferung war ein Strohmann Prokschs. Der „Fall Lucona“ gilt als negatives Lehrstück in Sachen Wirtschaftskriminalität und versuchten Versicherungsbetruges.
Es wurde nie geklärt, womit die Sprengladung genau gezündet wurde. Eine Fernauslösung scheidet wegen der großen Distanz (6000km) zwar aus, allerdings konnte die Verwendung eines Zeitzünders nicht nachgewiesen werden. Zeitzünder aus österreichischen Heeresbeständen arbeiteten auf chemischer Basis und konnten maximal auf 10 Tage eingestellt werden. Trotzdem gilt die Verwendung eines, vermutlich selbstgebauten, Zeitzünders als wahrscheinlich.
[Bearbeiten] Aufdeckung
Der Fall Lucona wurde durch die Journalisten Gerald Freihofner (Wochenpresse) und Hans Pretterebner aufgedeckt. Die gesammelten Details verarbeitete Hans Pretterebner literarisch in seinem Buch Der Fall Lucona, das er im Jahr 1987 im Eigenverlag veröffentlichte.
[Bearbeiten] Aufklärung
Zur Klärung der Verwicklung von Politikern in den Fall, insbesondere politischer Verbindungen zur SPÖ („Club 45“), wurde 1988–1989 ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, in dessen Folge der Nationalratspräsident Leopold Gratz (SPÖ) und der Innenminister Karl Blecha (SPÖ) zurücktraten. Die juristische Aufarbeitung des Vorfalls stürzte das Land in einen nie da gewesenen Politskandal: 16 Politiker, Juristen und Spitzenbeamte wurden von ihren Posten entfernt, angeklagt oder verurteilt; ein Dutzend weiterer beteiligter Personen kam auf mysteriöse Weise ums Leben.
Im Auftrag der Wiener Justiz fand die auf Tiefsee-Bildaufnahmen spezialisierte US-Firma Oceaneering am 5. Februar 1991 nach mehrtägiger Suche das Wrack der Lucona am Grund des Indischen Ozeans. Ein ferngesteuerter Tauchroboter erstellte fünfzehn Stunden Videobänder und rund hundert Standbilder vom Wrack. Sie zeigen ein Trümmerfeld auf dem Meeresboden: Der Bug des Schiffs war völlig zerstört, das Hinterschiff wies hingegen nur relativ geringe Schäden auf.[1][2] Die Gesamtkosten allein dieser Aktion beliefen sich auf über 20 Millionen Schilling.
Der Gerichtsprozess gegen Proksch endete 1992 mit einem Schuldspruch wegen sechsfachen Mordes und der Verurteilung zu lebenslanger Haft. Proksch starb Ende Juni 2001 nach einer Herzoperation während der Haft. Der zweite Drahtzieher im „Fall Lucona“ – Hans Peter Daimler – wurde 1997 vom Landgericht Kiel zu einer 14-jährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum sechsfachen Mord verurteilt. Hinweise auf etwaige Verstrickungen ausländischer Geheimdienste (CIA, KGB, Stasi und BND) in dieser Affäre und damit einhergehende Scheingeschäfte wurden vor dem Gericht in Kiel zwar aufgebracht, jedoch nicht weiter verfolgt. Der Versuch, Daimler als Bauernopfer darzustellen, scheiterte.
[Bearbeiten] Verfilmung
Das Buch Der Fall Lucona diente als Vorlage für eine Verfilmung (1993)[3] mit dem britischen Schauspieler David Suchet (bekannt auch als Hercule Poirot in der gleichnamigen englischen Fernsehserie) in der Rolle des dort in Rudi Waltz umbenannten Proksch.
[Bearbeiten] Musical
- 2004 wurde in Wien das Musical „Udo 77“ der Künstlergruppe monochrom zur Uraufführung gebracht, das sich mit dem Fall Lucona und Udo Proksch auseinandersetzte.
[Bearbeiten] Literatur
- Hans Pretterebner: Der Fall Lucona: Ost-Spionage, Korruption u. Mord im Dunstkreis d. Regierungsspitze 1. Aufl. Dezember (1987) ISBN 3-900710-01-5
- Hans Pretterebner: Das Netzwerk der Macht: Anatomie der Bewältigung eines Skandals ISBN 3-900710-02-3
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.houstonmarineseminar.com/Attachments/2005/Huff_Presentation.pdf Bilder von der versenkten Lucona (PDF Oceaneering En: Lucona1991 Page 27-30)
- ↑ http://www.akustische-chronik.at (1991) Nach mehrtägiger Suche wird am 5. Februar 1991 im Indischen Ozean in 4.700 m Tiefe das Wrack der im Auftrag von Udo Proksch versenkten "Lucona" gefunden.
- ↑ http://www.wega-film.at/index.php?film_id=41 wega-film Der Fall Lucona
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Der Film Der Fall Lucona in der Internet Movie Database (englisch)
- Eintrag über den Fall Lucona im Österreich-Lexikon von aeiou
- Wie wurde die Lucona versenkt? (Wolfgang Blum, Die Zeit 39/1995)
- Herr Daimler und die Toten von der Lucona (Andreas Förster, Berliner Zeitung vom 14. März 1996)
- Genealogie des Verbrechens: Parallelen zum Anschlag auf die Mosel im Jahre 1875 (taz vom 24. März 2007)