Lidocain
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Strukturformel | |||||||||
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Allgemeines | |||||||||
Freiname | Lidocain | ||||||||
Andere Namen | |||||||||
Summenformel | C14H22N2O | ||||||||
CAS-Nummer | 137-58-6 | ||||||||
PubChem | 3676 | ||||||||
ATC-Code | |||||||||
DrugBank | APRD00479 | ||||||||
Kurzbeschreibung | Weißes bis fast weißes, kristallines Pulver [1] | ||||||||
Arzneistoffangaben | |||||||||
Wirkstoffklasse | |||||||||
Wirkmechanismus |
Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle[2] |
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Fertigpräparate |
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Verschreibungspflichtig: Ja (außer in kleinen Dosen, z. B. bei Hustenpastillen) | |||||||||
Eigenschaften | |||||||||
Molare Masse | 234,34 g·mol−1 | ||||||||
Schmelzpunkt |
68,5 °C [3] |
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Siedepunkt |
180–182 °C (522,2 Pa) |
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pKs-Wert |
8,01 [3] |
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Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | |||||||||
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LD50 | |||||||||
WGK | 3 (stark wassergefährdend)) [4] | ||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Lidocain (Handelsnamen beispielsweise Xylocain®) ist ein Lokalanästhetikum vom Typ der Amide, das auch als Klasse Ib-Antiarrhythmikum eingesetzt wird.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Anwendung
Lidocain wird in der Human- und Veterinärmedizin als gut und schnell wirksames örtliches Betäubungsmittel häufig eingesetzt (Lokalanästhesie).
Hierzu wird es entweder in das Gewebe eingespritzt (Infiltrationsanästhesie), um so ein kleineres Areal zu betäuben, wie es für die Naht einer Platzwunde oder ähnlichen kleineren Eingriffe notwendig ist. Alternativ wird dieses Medikament in den Bereich eines Nervs gespritzt, um so dessen Versorgungsgebiet zu betäuben (Leitungsanästhesie).
Das Medikament sollte 1 bis 3 Minuten einwirken, dann ist eine ausreichende Lokalanästhesie gegeben. Die Wirkdauer ist dosisabhängig und beträgt 1 bis 3 Stunden.
Da es gut über die Schleimhaut aufgenommen wird, gibt es diesen Wirkstoff als Spray oder als Inhaltsstoff in Gleitmitteln zur Erleichterung der endotrachealen Intubation oder Salben (Oberflächenanästhesie).
In geringer Dosierung (z. B. in Salben oder Hustenpastillen) ist es rezeptfrei erhältlich. Das Mittel wird von Zahnärzten zur örtlichen Betäubung eingesetzt und hat deshalb vor allem im süddeutschen und Schweizer Sprachraum den Spitznamen „Zahnarzt-Kokain“.
Seit 2007 ist Lidocain in Europa als Pflaster mit 5 % w/w Lidocain erhältlich, das unter dem Handelsnamen Versatis® zur Behandlung neuropathischer Schmerzen nach Herpes-Zoster-Infektion zugelassen ist.[5]
Außerdem ist Lidocain ein Medikament zur Stabilisierung des Herzrhythmus'. Es kann recht gut Herzrhythmusstörungen unterdrücken, die ihren Ursprung in den Herzkammern haben (ventrikuläre Extrasystolen/Tachykardie). Der früher häufige Gebrauch als Notfallmedikament ist heute sehr stark zurückgegangen, da Lidocain seinerseits Herzrhythmusstörungen erzeugen und die Kontraktionskraft des Herzens einschränken kann (= negativ inotrope Wirkung).
Lidocain wird von Männern verwendet, die unter vorzeitigem Samenerguss leiden. Im Handel sind diese lidocainhaltigen „Langzeitsalben“ beziehungsweise „Verzögerungscremes“ rezeptfrei erhältlich. Die Creme wird – bei ganz zurückgezogener Penis-Vorhaut – auf die Eichel aufgetragen und einmassiert.
Je nach Dosierung setzt Lidocain häufig erst nach 30 Minuten die Empfindungsfähigkeit der Eichel herab. Bis dahin sollten die Partner den Liebesakt also noch nicht beginnen. Ersatzweise kann die Zeitspanne mit einem rascher wirkenden Verzögerungsmittel (beispielsweise Benzocain) überbrückt werden.
Der Vorteil von Lidocain ist, dass die Betäubung des Penis häufig über 60 Minuten anhält. Somit gibt das Medikament also beiden Partnern die Möglichkeit zu einem langen, erfüllten Liebesakt.
[Bearbeiten] Wirkprinzip
Lidocain blockiert spannungsabhängige Natrium-Kanäle in den Zellmembranen der Nervenzelle. Wenn sensible Rezeptoren auf der Haut die Empfindung von Druck, Schmerz, Wärme, Kälte etc. an das Gehirn weiterleiten soll, wird die Erregungsweiterleitung über die Nervenzellen blockiert, da kein Natrium in die Nervenzelle einströmen kann und so die Entstehung eines Aktionspotentials erschwert wird. Lidocain wirkt bei Injektion unter die Haut oder bei Auftragung als Salbe nur an den sich dort befindlichen Nervenzellen. Dünne Nervenfasern werden früher in ihrer Weiterleitung blockiert als dicke. Daraus ergibt sich folgende Reihenfolge des Funktionsausfalls: Schmerz – Temperatur – Berührung – Druck – und zuletzt Efferenzen. Efferenzen sind Fasern, die vom ZNS kommen und zum Beispiel Muskeln innervieren. Dadurch fällt die Motorik (Muskelbewegung) an dieser Stelle aus.
[Bearbeiten] Unerwünschte Wirkungen
Wie alle örtlichen Betäubungsmittel kann Lidocain die typischen Nebenwirkungen erzeugen; dazu gehören Wirkungen im Bereich des zentralen Nervensystems (wie z. B. Unruhe, Krampfanfälle u. a.), des Herzens (Rhythmusstörungen), Blutdruckabfall und allergische Reaktionen.
[Bearbeiten] Streckmittel in Kokain
Durchaus verbreitet ist der Zusatz von weiteren pharmakologisch wirksamen Substanzen, welche gezielt bestimmte spezifische Wirkungen des Kokains „imitieren“, um die subjektiv wahrnehmbare Qualität des gestreckten Kokains wieder besser erscheinen zu lassen. So wird beispielsweise häufig dem Kokain das in jeder Apotheke in Deutschland rezeptfrei erhältliche Lokalanästhetikum Lidocain beigemengt. Laut Bundeslagebild Rauschgift 2004 konnte in 28 % aller Fälle Lidocain nachgewiesen werden. Als weitere häufige Zusatzstoffe mit pharmakologischer Wirkung sind zu nennen: Phenacetin (36 %), Koffein (7 %), Procain (2 %), Benzocain (1,4 %) und Paracetamol (1,4 %). Seltene Zusatzstoffe (unter 1 %) sind Diltiazem, Tetramisol, Amphetamin, Ibuprofen, Acetylsalicylsäure, Ascorbinsäure, Ephedrin, Hydroxyzin, MDMA, Methamphetamin, Pholedrin, Tetracain, Articain, Diacetylmorphin, Ketamin und Phenmetrazin.[6]
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ a b c Europäische Arzneibuch-Kommission (Hrsg.): EUROPÄISCHE PHARMAKOPÖE 5. AUSGABE. 5.0 - 5.7, 2006.
- ↑ Mutschler, Geisslinger, Kroemer, Schäfer-Korting, Mutschler Arzneimittelwirkungen, 8. Auflage, 2001, ISBN 3-8047-1763-2, S. 267 ff.
- ↑ a b c d e Lidocain bei ChemIDplus
- ↑ a b Sicherheitsdatenblatt für Lidocaine powder – Sigma-Aldrich 04.01.2008
- ↑ Versatis 5 % medicated plaster Fachinformation zu Versatis (engl.)
- ↑ Bundeslagebild Rauschgift 2004 und www.suchtmittel.de
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