Hawker Hurricane
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Hawker Hurricane war ein britisches Jagdflugzeug aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs.
Als im Sommer und Herbst 1940 die Luftschlacht um England über Südengland tobte, waren es die Jagdflieger der Royal Air Force, die verbissen gegen den Ansturm der deutschen Luftwaffe kämpften. Zu zwei Drittel flogen die jungen Piloten die Hawker Hurricane, die vielleicht zu Unrecht im Schatten der Supermarine Spitfire stand. So gingen auch die meisten Abschüsse auf das Konto der robusten und zuverlässigen Hurricane.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Entwicklung
Unter der Leitung von Chefkonstrukteur Sidney Camm hatte man bei Hawker seit 1933 an einem neuen Eindeckerjagdflugzeug gearbeitet, dessen Prototyp am 6. November 1936 zum Erstflug startete.
Bei der Royal Air Force (RAF) fand der schnelle Jäger großen Anklang, und bereits im Juli 1936 wurden 600 des Hurricane benannten Typs in Auftrag gegeben, um die veralteten Doppeldeckerjäger der RAF schnellstens zu ersetzen. Die ersten Serienmaschine Hurricane I flog schließlich am 12. Oktober 1937.
[Bearbeiten] Konstruktion
Von der Konstruktion her war der neue Hawker-Jäger altbewährt: Rumpf und Flächen bestanden aus einem Stahlrohrgerüst, (tragende Komponente) und aus Sperrholz gesägten und laminierten Rippen und Spanten, die größtenteils stoffbespannt oder mit Balsaholz beplankt waren (Formgebende Komponente). Diese Bauweise entsprach zwar schon damals nicht mehr dem neuesten Stand der Technik (der in metallbeplanktem Mischmetalltragwerk Stahl/Alu mit zunehmender Verwendung von geodätischen Elementen bestand), ermöglichte aber die schnelle Serienproduktion der Hurricane, vor allem dezentral, wobei kleine holz- und metallverarbeitende Betriebe die Einzelteile im Manufakturstil fertigten. Auch in diesem Stil war die Kabinenhaube entstanden: ein aus Winkeleisen geschweißtes Rahmengestell mit planen Glasscheiben (später zur Gewichtsreduktion dann Plexiglas), welche durch Kleinbetriebe herstellbar waren. Diese Eigenschaft war zur Zeit des Bomberkrieges ein großer strategischer Vorteil. Die Waffen und der Motor waren freilich die Produkte der Industriezentren, auch die Endmontage erfolgte durch die Hawker-Werke.
[Bearbeiten] Bewaffnung und Motorisierung
Der Hawker Hurricane war zunächst mit acht Browning-Maschinengewehre vom Kaliber 7,7 mm bewaffnet. Angetrieben wurde der stabile, mit Einziehfahrwerk versehene Tiefdecker von einem 1030 PS leistenden Rolls-Royce Merlin II Motor, der auf eine starre Zweiblattluftschraube wirkte, Anfang 1939 kam der gleichstarke Merlin III zum Einbau, der einen effizienteren, mit konstanter Drehzahl laufenden Verstellpropeller mit drei Blättern antrieb.
Die Tragflächen wurden mit Blech beplankt und innen nur noch bis zu den Fahrwerkanschlüssen hin als Rohrgerüst, darüber hinaus in moderner Schalenbauweise gefertigt.
Um die Leistung der Hurricane, besonders die Höchstgeschwindigkeit und Steigrate, zu erhöhen, erhielt die Version Mk.II den stärkeren Merlin XX Motor mit zweistufigem Lader und einer Leistung von 1300 PS.
Die ersten der um rund 20 km/h schnelleren Hurricanes Mk.IIA wurden im Herbst 1940 ausgeliefert. Bei dieser Baureihe kam auch ein neuer Flügel zum Einsatz, der zum Tragen von Abwurflasten oder Zusatztanks ausgelegt war. Zugleich erhielt das Flugzeug einen verlängerten Rumpf. Mit der Mk.IIB erhöhte man die Flügelbewaffnung auf zwölf 7,7 mm-MGs.
Versuche hatten jedoch gezeigt, dass eine Bewaffnung mit Bordkanonen effektiver war als mit MGs, deshalb erhielt die nachfolgende, 1941 erschienene Version Mk.IIC, vier 20-mm-Maschinenkanonen von Hispano-Suiza. Da die Hurricane mit Fortschreiten des Krieges als Jäger gegenüber ihren Gegnern immer mehr ins Hintertreffen geriet, richtete sich das Augenmerk der Entwickler vorrangig auf die Tiefangriffsqualitäten der Hurricane.
Dies führte zur Variante Mk.IID, die mit zwei schweren 40-mm-Bordkanonen unter den Tragflächen als Schlachtflugzeug zur Panzerjagd verwendet wurde.
Eine erst Mk.IIE, dann Mk.IV genannte Version, angetrieben von einem Motor des Typs Rolls-Royce Merlin 24 oder 27 mit 1620 PS Leistung, konnte wahlweise mit schweren Kanonen, Bomben oder Raketen ausgerüstet werden. Sämtliche in weit südlichen Regionen eingesetzten Hurricanes erhielten spezielle Sandfilter, die allerdings die Motorleistung und damit die Geschwindigkeit erheblich herabsetzten. Für den Flugzeugträger-Einsatz bei der Fleet Air Arm (FAA), der britischen Marineluftwaffe, wurden verschiedene Varianten mit Fanghaken für den Einsatz auf Flugzeugträgern und Hilfsträgern versehen. Dabei kam der Hurricane wiederum ihr Aufbau zugute, bei dem man zur Gewichtsreduktion formgebende Teile austauschen konnte. Insgesamt wurden über 14.000 Hurricanes gebaut, viele davon in Lizenz im Ausland. Rund 3000 Maschinen wurden an die sowjetische Luftwaffe geliefert.
[Bearbeiten] Die Hurricane im historischen Rückblick
Wie schon erwähnt, wurde die Stabilität des Rumpfes und des Tragwerks durch die gesamte Baumustergeschichte durch eine Kombination von tragenden und formgebenden Teilen gewährleistet. Dadurch war die Hurricane weniger anfällig gegen Explosivgeschosse als ihre Pendants mit tragender Außenhülle. Ihr modularer Aufbau ermöglichte es, nachträglich Dinge wie einen gepanzerten Sitz einzubauen, ein Panzerschott nach vorne und einen gepanzerten Boden.
Selbstdichtende Treibstofftanks standen 1940 allerdings nicht zur Verfügung, und obwohl die Hurricane eine Löscheinrichtung für den Motorraum hatte, war das Flugzeug bei einem Vergaserbrand praktisch verloren, da das Tragwerk (zum Feuchtigkeitsschutz aus ölgetränktem Sperrholz gefertigt) sofort in Brand geriet. Diese Mängel konnten auch nie wirklich behoben werden. Zur weiteren Gewichtsreduktion hatte man zudem die Maschinenkanonen ausschließlich für die Flügelmontage vorgesehen. Ein Unterbrecher, der das Feuern durch den Propellerkreis erlaubte, war nicht vorgesehen. Daher lagen die Geschütze außerhalb des Propellerradius und mussten synchron abgefeuert werden. Fiel eine Batterie aus, geriet die Hurricane aufgrund des großen Salvengewichtes ihrer 2×4 Bewaffnung beim Feuern schnell ins Trudeln.
Ihren schlechten Ruf als Abfangjäger, ungeachtet ihrer großartigen Leistung, verdankt die Hurricane der "Legende Spitfire". Die englische Propaganda bauschte die Einführung der Spitfire Mk.II auf, als wäre der Sieg damit sicher (wobei die Schwächen der Spitfire aus propagandistischen Gründen unterschlagen wurden). Dabei wurde die Hurricane unberechtigterweise zum Stiefkind. Ihre Existenz war den Briten seit Beginn des Krieges bekannt, die anfängliche Überlegenheit der Reichsluftwaffe war offensichtlich gewesen. Die Einführung der Spitfire Mk.II fiel zeitgleich mit der spürbaren Wende im Luftkrieg. Daher dachte niemand über die Gründe nach.
[Bearbeiten] Einsatz
Kurze Zeit nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die leistungsstärkere, spätere Mk.I-Variante der Hurricane mit dreiblättriger Luftschraube an die Einheiten geliefert, doch konnte es auch diese Variante nur mit Mühe gegen die deutschen Messerschmitt Bf 109 aufnehmen, denen sie über Frankreich im Frühjahr 1940 begegnete. Anfang August 1940 waren 32 Jägerstaffeln mit der Hurricane ausgerüstet, nur 19 dagegen mit der Spitfire. Während der Luftschlacht um England erzielten die Hurricane-Piloten einen Großteil der britischen Abschüsse, und nicht wenige Jagdflieger zogen (1940) die langsamere und wendigere Hurricane der zwar schnelleren und besser steigenden, aber beschussempfindlicheren Spitfire vor. Große Erfolge verbuchten Hurricane-Einheiten auch bei der Verteidigung von Malta und über Nordafrika, wo sie sich schon in ihrer neuen Rolle als Jagdbomber bei der Unterstützung von Bodentruppen bewährte. Mit zwei schweren 40-mm-Kanonen bewaffnet, gingen Hurricanes sogar erfolgreich auf Panzerjagd. Auch hier zeigte sich die Hawker-Konstruktion wieder als hervorragende Waffenplattform. So waren es auch Hurricanes, mit denen alliierte Piloten 1942 erstmals Raketengeschosse gegen Erdziele einsetzten. Weitere Einsatzgebiete lagen in der Fotoaufklärung und in der Nachtjagd. Schon im Herbst 1940 starteten Hurricanes zu Dämmerungs- und Nachtjagdeinsätzen, was sich bis ins Jahr 1943 in nennenswertem Umfang fortsetzte. Außer in der Royal Air Force flogen Hurricanes auch in vielen anderen Luftstreitkräften, unter anderem der folgenden Länder:
- Ägypten (ab 1941: 7 Hurricane I, ab 1943: 52 Hurricane II)
- Australien (1 Hurricane I)
- Belgien (30 Hurricane I, 6 Hurricane IIc)
- Griechenland (30 Hurricane I, 1 Hurricane II)
- Finnland (12 Hurricane I, 1 Hurricane IIb)
- Frankreich (4 Staffeln der Luftwaffe der "freien Franzosen")
- Indien (insgesamt ca. 370 in den Kämpfen gegen Japan)
- Iran (1 Hurricane I ab 1939, 36 Hurricane II ab 1946)
- Irland (11 Hurricane I, 8 Hurricane II, 1 Hurricane X)
- Jugoslawien (24 Hurricane I)
- Kanada (72 Hurricane I, 1 Hurricane IIc, 401 Hurricane XII, 50 Hurricane XIIa; insgesamt 524)
- Niederlande (ab 1942: 24 Hurricane I in Indonesien)
- Norwegen (9 Hurricane I, 14 Hurricane IIb)
- Portugal (135 Hurricane II von 1943 bis 1952)
- Rumänien (15 Hurricane I)
- Sowjetunion (insgesamt ca. 3000)
- Südafrika (31 Hurricane I, 43 Hurricane II)
- Türkei (35 Hurricane I, 129 Hurricane II)
Polen hatte 10 Hurricane I bestellt, um damit eine Jagdstaffel auszurüsten. Die Flugzeuge wurden fertiggestellt und mit polnischen Hoheitszeichen versehen, konnten aber vor dem deutschen Angriff auf Polen nicht mehr ausgeliefert werden. Auch konnte Deutschland einige über deutschem Gebiet abgeschossene Hurricanes wieder flugfähig machen. Zu erwähnen wäre noch, daß es zu Kämpfen zwischen finnischen und sowjetischen Hurricanes gekommen ist.
[Bearbeiten] Taktik
Weil die Flugleistungen der Hurricane schlechter waren als die der Spitfire, schlug die RAF eine Aufgabenteilung vor: die Spitfires sollten den Begleitschutz der deutschen Bomber angreifen, die Hurricanes die Bomber selbst. Der ausgedehnte, in Vorausjagd, erweiterten Begleitschutz und Nahbegleitschutz aufgeteilte Jagdschirm der deutschen Bomber konnte in der Praxis aber die meisten Hurricane-Staffeln in Luftkämpfe verwickeln, bevor der Durchbruch zu den Bombern gelang. Da außerdem auch die Spitfire-Staffeln weiterhin Bomber angriffen, wenn sich die Gelegenheit bot, wurde diese Aufgabenteilung im Einsatz nicht verwirklicht.
[Bearbeiten] Technische Daten
Kenngröße | Daten |
---|---|
Länge | 9,98 m |
Flügelspannweite | 12,20 m |
Höhe | 3,98 m |
Antrieb | Ein Rolls-Royce Merlin XX 12-Zylinder-V-Motor mit 1280 PS |
Höchstgeschwindigkeit | 542 km/h in 6700 m Höhe |
Reichweite | 752 km |
Besatzung | 1 Mann |
Dienstgipfelhöhe | 11.000 m |
Leergewicht | 2560 kg |
Fluggewicht | 3740 kg |
Bewaffnung | Zwölf 7,7-mm-MGs, zwei 113- oder 227 kg-Bomben und/oder acht Raketen |
[Bearbeiten] Vergleichbare Typen
- Vereinigte Staaten: Curtiss P-40
- Vereinigtes Königreich: Supermarine Spitfire
- Sowjetunion: Mikojan-Gurewitsch MiG-1, Mikojan-Gurewitsch MiG-3, Jakowlew Jak-1
- Frankreich: Dewoitine D.520, Morane-Saulnier MS.406
- Tschechien: Avia B.135
- Jugoslawien: Rogožarski IK-3
- Deutsches Reich: Messerschmitt Bf 109, Focke-Wulf Fw 190
- Italien: Reggiane Re.2001
[Bearbeiten] Kommentare von Piloten
- Squadron Leader Bob Stanford Tuck, OC No 257 Squadron, Martlesham Heath, 1940:
Ich war nicht sonderlich beeindruckt, ich verglich sie [die Hurricane] eher mit einem stämmigen Ackergaul als mit einem reinrassigen Rennpferd, wie's die Spit war.
Nach dem ersten Kampfeinsatz mit meiner Staffel mit Hurricanes waren meine ersten Bedenken völlig weggewischt, denn die enormen Qualitäten dieses Flugzeugs waren offensichtlich - es hatte keine Laster. Man hatte eine Supersicht nach vorn über die Nase, wenn man die Grösse des vor einem arbeitenden Rolls-Royce Merlin Motors bedenkt, und es war eine stabile Schussplattform, wenn die acht Gewehre auf einmal loslegten. Nur mehr Geschwindigkeit wäre wünschenswert gewesen. Ich hatte den Eindruck, dass die Hurricane enorme Beschussschäden einstecken konnte, was sich später ja auch bewahrheiten sollte.[1] [evtl. eine Anspielung darauf, dass er im Juni 1941 über dem Ärmelkanal abgeschossen wurde]
- Flight Officer Jim Goodson, No 71 ‚Eagle‘ Squadron, Martlesham Heath, 1941:
Ich schreibe über die Hurricane mit viel Zuneigung und Wertschätzung, nur eine kleine Sorge bewegt mich. Eigentlich war es schade, dass dieses verdiente Schlachtross von seinem Nachfolger derart in den Schatten gestellt wurde. Die elegante Spitfire stand von Anfang an im Rampenlicht, und ihr wurde der Sieg in der Schlacht um England zugesprochen, wo doch weit mehr Hurricanes eingesetzt waren als Spitfires. Natürlich war die Spitfire ein tolles Flugzeug, das Geschwindigkeit, Manövrierbarkeit und Schönheit kombinierte. Aber vergesst die alte Hurricane nicht; wir, die sie flogen, können sie jedenfalls nicht vergessen. Sie hat uns viele Fehler vergeben, welche die Spitfire nicht vergeben würde, sowohl im Flug als auch am Boden. Und in früheren Tagen, in denen wir fast ohne Erfahrung fliegen mussten, brauchten wir viel Vergebung.[1]
[Bearbeiten] Weblinks
- Zahlreiche Bilder mit den Bemalungen der Hurricanes verschiedener Luftstreitkräfte bei "WingsPalette" (russische Webseite, auf englisch)
- Interessante Randinformation über niederländische Hurricanes, die über dem fernöstlichen Kriegsschauplatz eingesetzt wurden (englisch)
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Siehe auch