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Gilles de Rais – Wikipedia

Gilles de Rais

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Graf Gilles de Montmorency-Laval, Baron de Rais (* 1404 auf Schloss Champtocé, bei Angers, † 26. Oktober 1440 in Nantes) war ein französischer Heerführer, Marschall von Frankreich und Serienmörder (cause célèbre) des 15. Jahrhunderts.

Der gefeierte Held des Hundertjährigen Krieges, Kampfgefährte der Jeanne d'Arc, aus der Linie Laval der berühmten französischen Familie der Montmorency, gilt – wegen der großen Zahl seiner Opfer – als einer der berüchtigtsten Serienmörder aller Zeiten und diente als erzählerische Vorlage für die Sage von König Blaubart.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

[Bearbeiten] Herkunft

Gilles war der ältere Sohn des Grafen Guy de Montmorency-Laval (Adoptivsohn und Erbe seines Onkels Thibaut de Montmorency-Laval und dessen Gattin Jeanne de Rais) und der Marie de Craon, Tochter Jeans I. de Craon und seiner Gemahlin Maria de Chatillon. Nach dem frühen Tod ihres Mannes ( † 1415) heiratete Marie in zweiter Ehe den Baron Jean I. de Croy. Ihre beiden Söhne, Gilles und René, wuchsen beim Großvater auf.

Nachdem die Heiratspläne mit einer normannischen Adligen gescheitert waren, heiratete er am 30. November 1420 in Chalonnes-sur-Loire seine Cousine Catherine de Thouars († 1462), Tochter des Grafen Guy I. und dessen Gattin Constanze de Bretagne, Alleinerbin von Besitzungen in der Bretagne, in der Vendée und im Poitou. Aus der Ehe ging eine Tochter hervor.

Sein größtes Besitztum war die südlich der Loire im Grenzgebiet zur Bretagne gelegene Baronie Retz, die im 16. Jahrhundert zum Herzogtum und zur Pairie erhoben wurde. Gilles wurde Parteigänger der Montforts und unterstützte Johann VI., Herzog der Bretagne, gegen das rivalisierende Haus Penthièvre. Er war an der Auslösung Herzog Johanns aus der Gefangenschaft des Olivier de Blois, Graf von Penthièvre, beteiligt und wurde dafür mit ausgedehnten Ländereien belohnt, die dann vom bretonischen Parlament in Geldzahlungen umgewandelt wurden.

[Bearbeiten] Militärische Erfolge

1426 stellte er sieben Kompanien bewaffneter Männer auf und nahm unter Artur de Richemont, dem neu ernannten Connétable, am Krieg gegen die Engländer teil. Nachdem er sich mehrfach ausgezeichnet hatte, wurde er ausgewählt, Jeanne d'Arc nach Orléans zu begleiten. Er blieb auch in der Folge ihr Schutzbeauftragter und kämpfte zunächst in Orléans an ihrer Seite, dann auch bei Jargeau und Patay. Er befürwortete weitere militärische Unternehmungen gegen die Engländer, bevor der Dauphin zum König gekrönt werden sollte. Nachdem dieser am 17. Juli in Reims als Karl VII. zum König gekrönt worden war, ernannte er Gilles noch am selben Tag zum Marschall von Frankreich. Nach der Erstürmung von Paris gewährte der König ihm das Recht, das Wappenzeichen Frankreichs, die Fleur-de-Lis, als Saum zu seinem eigenen hinzuzufügen, dieses Privileg wurde jedoch niemals bestätigt. Den Winter verbrachte Gilles in Louviers (Eure) in der Normandie. Ob er dort die Absicht hatte, Jeanne, die in Rouen gefangengesetzt war, zu befreien, ist nicht sicher belegt. Nach Jeannes Tod auf dem Scheiterhaufen in Rouen im Jahre 1431 zog sich Gilles auf seine Güter bei Nantes zurück.

Wappen des Gilles de Rais
Wappen des Gilles de Rais

Obwohl er damals einer der reichsten Männer Frankreichs war, schwand sein Vermögen im Laufe der Zeit immer mehr dahin. Er hatte im Dienst des Königs enorme Summen aufgewendet und unterhielt einen höfischen Kreis von Rittern, Knappen, Herolden und Priestern, der mehr der Hofhaltung eines Königs als der eines Barons entsprach. Er führte ein offenes Haus und zeigte sich als freigiebiger Förderer der Künste, der Literatur und der Musik. Seine Bibliothek enthielt viele wertvolle Werke. Er selbst war ein geschickter Illustrator und Buchbinder und besaß eine große Leidenschaft für das Theater. Er veranstaltete viele, große Theateraufführungen, bei denen er selbst als Schauspieler auftrat. Es wird sogar behauptet, dass die Passionsfestspiele 1420 in Angers von ihm selbst zur Feier seiner Hochzeit veranstaltet wurden. Die erste Ausgabe des Schauspiels "Le mystère du Siège d'Orleans" ("Das Geheimnis der Belagerung von Orleans") entstand wahrscheinlich unter seiner Anleitung und enthält viele Details, die von einer engen Beziehung des Verfassers zur Jungfrau zeugen.

Wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten begann Gilles, Land zu veräußern und seine Güter unter Wert zu verkaufen. Diese Vorgehensweise versah seine Erben noch Jahre hinaus mit ausreichend Material für Rechtsstreitigkeiten. Zu den Profiteuren dieses Ausverkaufs gehörten auch der Herzog der Bretagne und sein Kanzler, Jean de Malestroit, Bischof von Nantes, bis Gilles' Verwandte schließlich 1436 an Karl VII. appellierten, der weitere Verkäufe untersagte. Herzog Johann V. widersetzte sich diesem Erlass und sprach dem König das Recht ab, Dekrete dieser Art in der Bretagne zu erlassen. Im Gegenzug ernannte er Gilles zum Statthalter der Bretagne und bestätigte ihn als seinen Waffenbruder.

[Bearbeiten] Die Verbrechen des Gilles de Rais

Gilles hoffte nun darauf, seinen Reichtum mit Hilfe der Alchemie zurückzugewinnen. Er gab enorme Summen für Geisterbeschwörer aus, die den Teufel für seine Ziele einspannen sollten. Auf der anderen Seite versuchte er, das Böse durch großzügige Wohltätigkeit und prachtvolle Gottesdienste abzuwenden. Die entsetzlichen Praktiken, derer er sich schuldig machte, scheinen den gleich- oder höhergestellten Adligen seiner Umgebung nicht aufgefallen zu sein, obwohl er viele Komplizen hatte und bei der Landbevölkerung schon lange in Verdacht stand. Seine Gemahlin, die möglicherweise mit seinen Untaten vertraut war, verließ ihn 1434/35, und als sein Bruder René de Suze Schloss Champtocé, wo die ersten Morde verübt wurden, eroberte, fand man dort noch alle Spuren seiner Verbrechen vor. Aber "Familienrücksichten" erzwangen zweifellos Stillschweigen.

Gilles' Diener entführten Kinder, vor allem Jungen, die er folterte und dann ermordete. Die Zahl seiner Opfer wird in den kirchlichen Untersuchungsprotokollen mit 140 angegeben, jedoch wird berichtet, dass es noch weit mehr waren. Seine erstaunliche Unantastbarkeit fand 1440 ein Ende, als er so unklug war, sich durch eine Gewalttat, verbunden mit einem Sakrileg und einer Verletzung der Immunität des Klerus, in einen Konflikt mit der Kirche zu begeben. Er hatte Saint Étienne de Malemort an Geffroi le Ferron, den Schatzmeister des Herzogs Johann VI., verkauft. Aufgrund einer Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Übergabe des Eigentums an den Bruder Geffrois, Jean le Ferron, der Priester war, wurde Jean, während er die Pfingstmesse las, auf Betreiben Gilles in der Kirche überfallen und gefangen genommen. Gilles widersetzte sich weiterhin dem Herzog, versöhnte sich aber in Richemont wieder mit ihm. Trotzdem wurde er im Herbst verhaftet und aufgrund verschiedener Anklagepunkte, darunter die Hauptanklagen Häresie und Mord, vor das Gericht des Bischofs Jean II. de Châteaugiron von Nantes geladen. Da das kirchliche Gericht für die Mordanklage nicht zuständig war, weigerte sich Gilles am 8. Oktober, dessen Urteilsspruch zu akzeptieren. Unter Androhung der Exkommunikation bestätigte er dann aber die Aussagen der Zeugen und sicherte sich durch ein Geständnis die Absolution zu.

Er wurde durch den Inquisitor des Abfalls vom Glauben und der Häresie und durch den Bischof der Untugend und des Frevels schuldig gesprochen. Am 21. Oktober wurde ihm durch Androhung der peinlichen Befragung ein detailliertes Geständnis abgerungen. Gleichzeitig wurde durch den Präsidenten des bretonischen Parlaments, Pierre de l'Hospital, ein Zivilprozess abgehalten, auf dessen Schuldspruch hin Gilles am 26. Oktober 1440 mit zweien seiner Komplizen gehängt wurde, nicht lebendig verbrannt, wie es oft heißt.

In Anbetracht seiner eigenen, wiederholten Geständnisse scheint an seiner Schuld kein vernünftiger Zweifel möglich. Aber die zahlreichen Prozessunregelmäßigkeiten und die Tatsache, dass der Nekromantiker Francesco Prelati, und andere Mittäter, ungestraft davonkamen, in Verbindung mit einem finanziellen Interesse Herzog Johanns VI. an seinem Ruin, lassen bis heute einen gewissen Zweifel an der Prozessdurchführung bestehen, an einem Prozess, der neben dem der Jeanne d'Arc einer der berühmtesten und meistbeachteten Prozesse im Frankreich des 15. Jahrhunderts war.

Die Prozessakten befinden sich noch heute in der Nationalbibliothek in Paris und in Nantes.

[Bearbeiten] Rezeption

Gilles de Rais gilt als Ausgangspunkt der Sage vom König Blaubart, obwohl die Übereinstimmung der beiden Geschichten eher vage ist.

An der Kirche von Saint Étienne de Mer Morte befindet sich eine Gedenktafel mit der Aufschrift:

„Gilles de Raiz, Maréchal de France pénétra en cette Église Le jour de la Pentecôte 1440, en armes à la tête de ses routiers pendant la grand-messe. Il s'emparait de Jean Le Ferron, clerc tonsuré qu'il enfermait en sa forteresse toute proche. Jean de Malestroit Évèque de Nantes le citait à comparaître devant son official par mandement du 15 septembre. Jean V, Duc de Bretagne, faisait arrêter Gilles dès le lendemain. Il avouait ses crimes, jugé, condamné, il fut mis au gibet en Prairie de Biesse à Nantes le 26 octobre 1440.“

„Gilles de Raiz, Marschall von Frankreich, drang am Pfingsttage 1440 während des Hochamtes in Waffen an der Spitze seiner Gefährten in diese Kirche ein. Er brachte Jean Le Ferron, einen Geistlichen, in seine Gewalt und kerkerte ihn in seiner nahegelegenen Festung ein. Jean de Malestroit, Bischof von Nantes, lud ihn per Befehl vom 15. September vor. Johann V., Herzog der Bretagne, ließ Gilles bereits am folgenden Tage gefangen nehmen. Er gestand seine Verbrechen, nachdem er gerichtet und verurteilt ward, kam er am 26. Oktober 1440 auf der Biessewiese bei Nantes an den Galgen.“

In seinem Roman Là-bas lässt der Autor Joris-Karl Huysmans die Geschichte des Gilles de Rais von der Hauptfigur des Romans recherchieren und nacherzählen.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Literatur

  • Georges Bataille: Gilles de Rais : Leben und Prozeß eines Kindermörders, 8. Auflage, 2006, ISBN 3-875-36042-7
  • Hubert Lampo, De duivel en de maagd, 207 p., Amsterdam, Meulenhoff, 1988 (11e druk), ISBN 90-290-0445-2 (1e druk: ’s-Gravenhage, Stols, 1955).
  • Hubert Lampo, Le Diable et la Pucelle, 163 p., Presses universitaires du Septentrion, 2002, ISBN 2-85939-765-5 (traduction française de De duivel en de maagd).
  • Joris-Karl Huysmans, Là-bas (1890), dt. als Tief unten, Aus der Reihe: «Diogenes Taschenbücher», ISBN 3-257-21446-4, Einband: kartoniert, Roman. Mit e. Nachw. von Manfred Ach 18 cm, Auflage: 3. Auflage, Seitenzahl: 352 dk

[Bearbeiten] Weblinks


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