Fußball-Weltmeisterschaft 1978
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FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 1978 | |
---|---|
Argentina '78 | |
Anzahl Nationen | 16 (von 101 Bewerbern) |
Weltmeister | Argentinien (1. Titel) |
Austragungsort | Argentinien |
Eröffnungspiel | 1. Juni 1978 |
Endspiel | 25. Juni 1978 |
Spiele | 32 |
Tore | 102 (Ø: 3,19 pro Spiel) |
Zuschauer | 1.700.000 (Ø: 53.125 pro Spiel) |
Torschützenkönig | Mario Kempes (Argentinien) 6 Tore |
Die Endrunde zur 11. Fußball-Weltmeisterschaft wurde vom 1. bis zum 25. Juni 1978 in Argentinien ausgetragen.
Argentinien bekam den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschafts-Endrunde 1978 bereits auf dem FIFA-Kongress in London am 6. Juli 1966. Zeitgleich wurde auch die WM 1974 an Deutschland und die WM 1982 an Spanien vergeben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Der Gastgeber
Argentinien galt als sehr schwieriger Gastgeber für die Fußball-Weltmeisterschaft, da das Land unter einer Militärdiktatur litt (Folterungen und Verschwindenlassen von Regimegegnern; Tötungen Gefangener ohne Gerichtsverfahren). In Deutschland wurde sogar darüber diskutiert, die WM aus diesem Grunde zu boykottieren, deshalb stand im Vorfeld bei der Berichterstattung der politische Aspekt in der Beurteilung des Geschehens oft im Vordergrund. Der Kommentar zur prunkvollen Eröffnungsfeier war dann auch nicht synchron zum Bild, sondern eher politisch geprägt.
Zweifellos sollte die WM − ähnlich wie vier Jahre später der Falklandkrieg − aus Sicht der argentinischen Machthaber die Herrschaft im Land stabilisieren. Im Gegensatz zum verlorenen Falkland-Abenteuer ging die Rechnung 1978 auch halbwegs auf, denn Argentinien veranstaltete eine WM ohne gravierende Zwischenfälle, mit Ausnahme der kurzfristig anberaumten, skandalösen Verschiebung des letzten Zwischengruppenspiels gegen Peru. Somit konnte das nachmittägliche 3:1 der Brasilianer gegen Polen mit einem 6:0 noch mehr als egalisiert werden, wodurch Argentinien als Zwischenrunden-Gruppensieger ins Finale einziehen und am Ende Weltmeister werden konnte. Dass einige argentinische Spieler und namentlich der Trainer César Luis Menotti alles andere als Anhänger der Diktatoren waren (Menotti verweigerte dem Präsidenten nach dem Titelgewinn den Handschlag), trübte die Freude der Obristen allerdings.
[Bearbeiten] Austragungsorte
In den folgenden Städten wurden WM-Spiele ausgetragen:
Buenos Aires – Córdoba – Mar del Plata – Mendoza – Rosario
[Bearbeiten] Qualifikation
Hauptartikel: Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 1978
Folgende Mannschaften konnten sich für die WM 1978 qualifizieren:
10 aus Europa | Deutschland (Info) | Frankreich (Info) | Italien (Info) | Niederlande (Info) |
Österreich (Info) | Polen (Info) | Schottland (Info) | Schweden (Info) | |
Spanien (Info) | Ungarn (Info) | |||
3 aus Südamerika | Argentinien (Info) | Brasilien (Info) | Peru (Info) | |
1 aus Nord- und Mittelamerika | Mexiko (Info) | |||
1 aus Afrika | Tunesien (Info) | |||
1 aus Asien | Iran (Info) |
[Bearbeiten] Auslosung und Modus
- gesetzte Teams: Argentinien • Italien • BR Deutschland • Brasilien • Niederlande
- Topf 1: Spanien • Mexiko • Peru
- Topf 2: Polen • Schottland • Schweden • Ungarn
- Topf 3: Frankreich • Österreich • Iran • Tunesien
Schon vor dem Beginn der Auslosung stand eine Spielpaarung bereits fest. Gastgeber Argentinien trifft in seinem letzten Gruppenspiel auf Italien. Dies geschah aus rein kommerziellen Gründen. Denn sehr viele Argentinier sind italienischer Abstammung, und die Argentinien-Gruppe spielt natürlich in den größten Stadien. Deshalb blieben in Lostopf 1 nur drei Mannschaften übrig.
Aus Lostopf 1 durfte Peru nicht zu Brasilien gelost werden, damit südamerikanische Mannschaften nicht schon in der Vorunde aufeinander trafen. Weil in der Gruppe 1 bereits zwei Mannschaften gesetzt waren, wurde dort keine Mannschaft aus Lostopf 1 zugelost. Aus den Töpfen 2 und 3 wurden alle Mannschaften frei zugelost.
Gruppe 1 | Gruppe 2 | Gruppe 3 | Gruppe 4 |
---|---|---|---|
Argentinien | Polen | Österreich | Niederlande |
Ungarn | BR Deutschland | Spanien | Iran |
Frankreich | Tunesien | Schweden | Peru |
Italien | Mexiko | Brasilien | Schottland |
Der Austragungsmodus war der gleiche wie schon bei der WM 1974. 16 Mannschaften spielten in vier Vierergruppen. Die Gruppensieger und Gruppenzweiten zogen in die zweite Finalrunde ein. Dort wurde in zwei Vierergruppen gespielt. Die beiden Gruppensieger bestritten das Finale und die beiden Gruppenzweiten spielten um den 3. Platz.
[Bearbeiten] Spielergebnisse
[Bearbeiten] Gruppenspiele
Gruppe 1
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Italien | 6:2 | 6:0 |
2 | Argentinien | 4:3 | 4:2 |
3 | Frankreich | 5:5 | 2:4 |
4 | Ungarn | 3:8 | 0:6 |
Gruppe 2
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Polen | 4:1 | 5:1 |
2 | Deutschland | 6:0 | 4:2 |
3 | Tunesien | 3:2 | 3:3 |
4 | Mexiko | 2:12 | 0:6 |
Gruppe 3
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Österreich | 3:2 | 4:2 |
2 | Brasilien | 2:1 | 4:2 |
3 | Spanien | 2:2 | 3:3 |
4 | Schweden | 1:3 | 1:5 |
Gruppe 4
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Peru | 7:2 | 5:1 |
2 | Niederlande | 5:3 | 3:3 |
3 | Schottland | 5:6 | 3:3 |
4 | Iran | 2:8 | 1:5 |
[Bearbeiten] Zweite Runde
Gruppe A
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Niederlande | 9:4 | 5:1 |
2 | Italien | 2:2 | 3:3 |
3 | Deutschland | 4:5 | 2:4 |
4 | Österreich | 4:8 | 2:4 |
14. Juni 1978 in Córdoba | |||
Niederlande | – | Österreich | 5:1 (3:0) |
14. Juni 1978 in Buenos Aires | |||
Deutschland | – | Italien | 0:0 |
18. Juni 1978 in Córdoba | |||
Deutschland | – | Niederlande | 2:2 (1:1) |
18. Juni 1978 in Buenos Aires | |||
Italien | – | Österreich | 1:0 (1:0) |
21. Juni 1978 in Córdoba | |||
Österreich | – | Deutschland | 3:2 (0:1) |
21. Juni 1978 in Buenos Aires | |||
Niederlande | – | Italien | 2:1 (0:1) |
Gruppe B
Rang | Land | Tore | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Argentinien | 8:0 | 5:1 |
2 | Brasilien | 6:1 | 5:1 |
3 | Polen | 2:5 | 2:4 |
4 | Peru | 0:10 | 0:6 |
[Bearbeiten] Spiel um Platz 3
24. Juni 1978 in Buenos Aires | |||
Brasilien | – | Italien | 2:1 (0:1) |
Tore:
- 0:1 Causio (38. Min)
- 1:1 Nelinho (63. Min.)
- 2:1 Dirceu (65. Min.)
[Bearbeiten] Finale
25. Juni 1978 in Buenos Aires | |||
Argentinien | – | Niederlande | 3:1 (1:1, 1:0) n.V. |
Tore:
Zuschauer: 77.000
Aufstellungen:
- : Fillol – Olguin, Luis Galvan, Passarella, Tarantini, Ardiles (ab 66. Larrosa), Gallego, Kempes, Bertoni, Luque, Ortiz (ab 75. Houseman)
- : Jongbloed – Poortvliet, Krol, Brandts, Jansen (ab 72. Suurbier), Neeskens, Haan, Willy van de Kerkhof, René van de Kerkhof, Rep (ab 59. Nanninga), Rensenbrink
Schiedsrichter: Gonella (Italien)
Bemerkung: Es war das erste Finale seit dem 2.Weltkrieg, in dem weder Deutschland noch Brasilien stand.
[Bearbeiten] Weltmeister Argentinien
Die Weltmeistermannschaft: Ubaldo Fillol; Luis Galvan, Jorge Olguin, Daniel Passarella, Alberto Tarantini; Norberto Alonso, Osvaldo Ardiles, Americo Gallego, Omar Larrosa, Miguel Oviedo, Ricardo Villa; Daniel Bertoni, Rene Houseman, Mario Kempes, Leopoldo Luque, Oscar Ortiz, Daniel Valencia.
[Bearbeiten] Das Abschneiden Deutschlands und Österreichs
Deutschland und Österreich stießen beide in die zweite Runde vor und trafen dort in Gruppe A aufeinander. Der Sprung unter die besten Vier gelang keiner der beiden Mannschaften. Dennoch hat sich die WM sehr unterschiedlich ins Gedächtnis der beiden Fußball-Länder eingeprägt, als ein Erfolg für Österreich und ein bitterer Misserfolg für Deutschland, nicht zuletzt aufgrund des für beide Teams letzten Spiels, des 3:2-Sieges der Österreicher gegen Deutschland in Córdoba am 21. Juni 1978. Österreich hatte die anderen beiden Spiele der zweiten Runde gegen Holland und Italien verloren, und war damit bereits sicher ausgeschieden; das Spiel gegen Deutschland war für Österreich daher für den weiteren Turnierverlauf bedeutungslos. Deutschland konnte hingegen mit einem Sieg gegen Österreich noch weiter kommen. Zur allgemeinen Überraschung dominierten die Österreicher das gesamte Spiel. Ein Tor Hans Krankls in der 88. Minute besiegelte die sogenannte deutsche „Schmach von Córdoba“ und löste in Österreich, wo man stattdessen vom „Wunder von Córdoba“ spricht, einen kollektiven Freudentaumel aus.
Bleibenden Ruhm erlangte die Rundfunkreportage Edi Fingers vom 3:2: „...da kommt Krankl in den Strafraum, Schuss, Tor, Tor, Tor, Tor, Tor, Tor. I werd narrisch – Krankl schießt ein, 3:2 für Österreich. Wir busseln uns ab. 3:2 für Österreich durch ein großartiges Tor unseres Krankl. Er hat alles überspielt, meine Damen und Herren, und warten's noch ein bisserl. Warten's noch ein bisserl, dann können wir uns vielleicht ein Vierterl genehmigen...“
Die WM 1978 stand für die deutsche Mannschaft von vornherein unter ungünstigen Vorzeichen. Mit den Meisterschaften 1970–1976 hatten Bundestrainer Helmut Schön und der DFB vier sehr erfolgreiche Turniere in Folge hinter sich und das Misserfolgserlebnis, das Trainer und Funktionäre kannten, war nicht so sehr das frühe sportliche Ausscheiden, sondern die teils erfolgreiche Rebellion der Spieler vor und nach der WM 1974 gegen den Verband. Eine solche Bloßstellung der Führung sollte dieses Mal vermieden werden, und dies gelang dann auch. Allerdings trat das sportliche Erfolgsziel hinter dem Ideal einer disziplinierten, geschlossenen und "bequemen" Mannschaft zurück. Im Vorfeld wurde Kritik laut, weil DFB und Bundestrainer einige herausragende, teils aber unbequeme Spielerpersönlichkeiten nicht in der Nationalmannschaft haben wollten (wie Franz Beckenbauer, Paul Breitner, Uli Stielike, Jürgen Grabowski, Manfred Burgsmüller). Bei der damals vor einer WM üblichen Aufnahme einer Langspielplatte mit Liedern, die von den deutschen Fußballern gesungen wurden ("Buenos dias, Argentina"), deutete sich bereits an, welchen Charakter die WM für Deutschland haben würde. Es war die vermutlich musikalisch beste Produktion einer deutschen Nationalmannschaft, schon, weil die Einzelstimmen der Fußballer kaum zu hören waren und das professionelle Arrangement durch Udo Jürgens eine hohe Qualität aufwies, dessen Stimme und Musik auch im wesentlichen die Lieder prägte. Erinnern wird man sich an die Musik damit nicht als Werk der Nationalmannschaft, sondern als herausragende Leistung eines Österreichers.
Die Erwartungen der deutschen Fans waren hoch, da man im Jahr zuvor auf einer Südamerikareise in Argentinien 3:1 und in Uruguay 2:0 gewonnen, sowie gegen Brasilien ein 1:1 erzielt hatte.
Zur Festigung des Mannschaftsgeistes wurden die deutschen Spieler vom Trainer schon früh und für relativ lange Zeit in einem Trainingslager im argentinischen Outback versammelt, in einem Ort namens Ascochinga. Die Teilnehmer beschreiben die dortige Atmosphäre als ruhig, lethargisch und etwas bedrückend. Zur Unterstützung der Mannschaft stattete u. a. der nach Argentinien ausgewanderte Ritterkreuzträger und Altnazi Hans-Ulrich Rudel mit Billigung von Verband und Trainer dem Trainingscamp eine Visite ab.
Der Verlauf der WM bis zum "Endspiel" zwischen Deutschland und Österreich war für beide Teams recht unterschiedlich. Deutschland als Titelverteidiger hatte eine leichte Vorrundengruppe mit Polen, Mexiko und Tunesien bekommen. Es gelang Deutschland, gegen Mexiko, die schlechteste Mannschaft der WM, hoch zu gewinnen und ansonsten über zwei zähe 0:0-Unentschieden gegen Polen (Eröffnungsspiel der WM) und Tunesien in die Zwischenrunde zu kommen. Dort gab es abermals zwei Unentschieden gegen die Niederlande (das beste Spiel der deutschen Mannschaft bei diesem Turnier, da man das 6:0 gegen Mexiko, die schlechteste Mannschaft des Turnieres nicht zählen kann) und Italien, darunter wieder ein 0:0. Deutschland kam mit einem Sieg und vier Unentschieden ins letzte Spiel und hatte gegen die vermeintlich unterlegenen Österreicher noch die Chance, sich für das Spiel um Platz 3, wofür ein Unentschieden gereicht hätte, zu qualifizieren. Da Helmut Schön damit nicht zufrieden war, ließ er gegen Ende des Spieles noch auf Sieg spielen.
Für Österreich dagegen war schon die WM-Qualifikation ein Erfolg gewesen. Alles andere war nun ein zusätzlicher Bonus, zumal Österreich als vermeintlich schwache Mannschaft eine schwierige Vorrundengruppe mit Brasilien, Spanien und Schweden zugeteilt bekommen hatte. Tatsächlich gelang es Österreich, über zwei knappe Siege hintereinander Spanien und Schweden auszuschalten. Das entscheidende Tor schoß beide Male Hans Krankl. Die knappe Niederlage gegen Brasilien im dritten Spiel machte nichts mehr aus. In der Zwischenrunde verlor Österreich gegen die Favoriten Niederlande und Italien und konnte danach keinen Platz unter den besten Vier mehr erreichen, hatte aber gegen Deutschland nichts mehr zu verlieren, sondern nur noch zu gewinnen und errang in dieser Situation einen historischen Erfolg.
[Bearbeiten] Statistik
Beste Torschützen
Name | Land | Tore |
---|---|---|
Mario Kempes | Argentinien | 6 |
Teofilo Cubillas | Peru | 5 |
Rob Rensenbrink | Niederlande | 5 |
Hans Krankl | Österreich | 4 |
Leopoldo Luque | Argentinien | 4 |
Siehe auch: Fußball-Weltmeisterschaft/Rekorde
[Bearbeiten] Weblinks
- Alle Details auf Fussballdaten.de
- Statistik WM-Qualifikation 1978
- Statistik WM-Endrunde 1978
- Radioreportagen online!: Edi Finger von der WM - Österreichische Mediathek.
- Zusammenfassung des Endspiels auf YouTube
Uruguay 1930 | Italien 1934 | Frankreich 1938 | 1942 | Brasilien 1950 | Schweiz 1954 | Schweden 1958 | Chile 1962 | England 1966 | Mexiko 1970 | Deutschland 1974 | Argentinien 1978 | Spanien 1982 | Mexiko 1986 | Italien 1990 | USA 1994 | Frankreich 1998 | Südkorea/Japan 2002 | Deutschland 2006 | Südafrika 2010 | Brasilien 2014