Earl Warren
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Earl Warren (* 19. März 1891 in Los Angeles; † 9. Juli 1974 in Washington, D. C.) war Bezirksstaatsanwalt im Alameda County, Kalifornien, Gouverneur von Kalifornien und Oberster Richter der USA (1953 bis 1969). Seine Amtszeit war von vielen kontroversen und bemerkenswerten juristischen Entscheidungen geprägt, insbesondere zur Aufhebung der Rassentrennung an den Schulen und der Stärkung der Bürgerrechte z.B. gegenüber der Polizei. Außerdem ist er bekannt als Vorsitzender der Warren Kommission zur Aufklärung des Kennedy-Attentats.
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[Bearbeiten] Anfangsjahre seiner Karriere
Warrens Vater, Matthew Warren, war ein norwegischer Zuwanderer, der sehr lang bei der Eisenbahngesellschaft Southern Pacific Railroad arbeitete. Seine Mutter, Christine „Chrystal“ Hernlund, war eine Zuwanderin aus Schweden. Vermutungen mancher Autoren, Warrens skandinavische Herkunft habe seine spätere liberale Politik beeinflusst steht die Tatsache eine anfangs eher konservativen Orientierung entgegen. Warren wuchs in Bakersfield, Kalifornien auf, einer Kleinstadt ungefähr 180 Kilometer von Los Angeles entfernt. Hier wurde sein Vater bei einem Raubüberfall durch einen Unbekannten ermordet.
Er studierte an der Universität von Kalifornien (Berkeley), wo er 1912 seinen Bachelor-Abschluss und 1914 sein Juradiplom bekam und im gleichen Jahr als Anwalt zugelassen wurde. Er arbeitete ein Jahr bei der Ölfirma Associated Oil Co. in San Francisco und trat dann der Anwaltskanzlei Robinson u. Robinson bei. 1917/8 leistete er als Leutnant seinen Wehrdienst im 1. Weltkrieg, kam aber nicht in Übersee zum Einsatz. 1919 assistierte er dem Justizausschuss des kalifornischen Parlaments, war 1919 bis 1920 Unterstaatsanwalt (Deputy City Attorney) in Oakland und danach in gleicher Funktion in Alameda County, bevor er mit Unterstützung des republikanischen Lokalpolitikers Joseph R. Knowland (Herausgeber der Oakland Tribune) 1925 zum Staatsanwalt ernannt wurde (der Vorgänger kündigte plötzlich). Man wählte ihn dreimal, sodass er insgesamt zwölf Jahre als Staatsanwalt von Oakland diente. Dabei erwarb er sich den Ruf, hart gegen Kriminalität vorzugehen (aber auch etwas autoritär zu sein).
[Bearbeiten] Gouverneur von Kalifornien
Warren war nun eine prominente Figur in Kalifornien. Schon während seiner Amtszeit ernannte man ihn zum Vorstand der Universität von Kalifornien (Board of Regents of the University of California). 1939 wurde er Justizminister Kaliforniens; drei Jahre danach kandidierte er im Gouverneurswahlkampf als Republikaner und gewann die Wahl. Im Jahr 1946 war Warren bereits so populär, dass er die Vorwahlen für alle Parteien gewann. Er hatte deswegen im Herbst bei der allgemeinen Wahl („general election“) keine Gegner. Dann gewann er 1950 für eine dritte Amtsdauer.
In seine Amtszeit fällt auch Warrens Unterstützung für Präsident Franklin D. Roosevelts später sehr umstrittene Entscheidung, amerikanische Bürger japanischer Abstammung in sogenannte „Internierungslager“ („internment camps“) wie Manzanar zu deportieren, gefällt auf dem Höhepunkt einer beinahe hysterischen Angst vor einer japanischen Invasion Kaliforniens nach Pearl Harbor.
Ein Pluspunkt seiner Amtszeit war der von Warren und Clark Kerr betriebene Ausbau des riesigen öffentlichen Universitätssystems Kaliforniens, eine der Grundlagen des erstaunlichen Aufschwungs Kaliforniens nach dem Krieg, auch auf wissenschaftlichem Gebiet. Aus ihren Plänen stammt die Aufteilung des kalifornischen Universitätssystems: die University of California mit neun Bereichen, die die Forschung und reine akademische Bestrebungen betonten; und die California State University, ein größeres System mit 19 Bereichen. Die California State University trainiert Lehrer und bietet auch praktische Programme an; in diesem Sinne ähnelt sie ansatzweise den Hochschulen in Deutschland oder den ehemaligen Polytechnika in England.
Warren war 1948 der republikanische Vizepräsidentschafts-Kandidat neben dem Präsidentschaftskandidaten Thomas E. Dewey. Sie unterlagen jedoch knapp den Demokraten Harry S. Truman und Alben Barkely.
[Bearbeiten] Wirken am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten
1953 war der Wendepunkt in Warrens Leben. US-Präsident Dwight D. Eisenhower ernannte ihn zum Obersten Richter der Vereinigten Staaten, zum (Chief Justice) des Obersten Gerichtshofes (Supreme Court). Die meisten Beobachter (auch Präsident Eisenhower) erwarteten von Warren ein vorsichtiges, konservatives Vorgehen, aber das Gegenteil trat ein: er überraschte durch engagierte Entscheidungen, die großen Einfluss auf die US-amerikanische Gesellschaft haben sollten.
Die berühmteste Entscheidung war Brown v. Board of Education, 374 US 483 (1954). Dieser Fall beendete formal die lange etablierte Rassentrennung oder Segregation in den öffentlichen Schulen im Süden. Die unerbittliche Opposition dagegen in den Südstaaten und der engagierte Kampf der Bürgerrechtsbewegung zu seiner Umsetzung stiftete große Unruhe, die mehr als zwanzig Jahre dauerte.
Warrens Gericht begründete auch das „one-man-one-vote“-Prinzip: Die Stimmen jedes Wählers müssen gleichwertig sein. Dieser Schritt beschränkte die unverhältnismäßige Macht der konservativen Wähler auf dem Land.
Aus dem Fall Miranda v. Arizona entstand die Regelung, die die Polizei anwies, Verdächtige bei der Festnahme ihre Bürgerrechte zu erklären. Diese Regelung stieß bei Polizeibeamten, Staatsanwaltschaften, den Justizministern der Bundesstaaten und FBI- Chef J. Edgar Hoover auf Empörung. Der sogenannte „juristische Aktivismus“ des „Warren-Gerichts“ wurde von konservativen Kreisen heftig angeprangert.
Gleich nach der Ermordung von John F. Kennedy ernannte der neue Präsident, Lyndon B. Johnson, Warren zum Leiter einer Sonderkommission (die „Warren-Kommission“), die die Fakten des Attentats sammeln und ermitteln sollte. Schließlich beschloss die Kommission, dass nur der mutmaßliche Attentäter, Lee Harvey Oswald, verantwortlich war. Diese Schlussfolgerung hieß „die Theorie eines einzelnen Schützen“ („the lone gunman theory“). Viele Kritiker blieben skeptisch, denn es gab in dem Bericht der Kommission mehrere Widersprüche, und heute glauben viele Menschen noch an verschiedene Verschwörungstheorien. Unter anderem argumentiert man, es wäre für Oswald unmöglich gewesen, drei Schüsse so schnell nacheinander abzufeuern. Trotz allem blieb Warren fest.
1969 ging Warren in den Ruhestand, obwohl alle Richter des Obersten Gerichtshofs lebenslang amtieren dürfen. Seine Kollegen schätzten ihn als den „Superchef“, obwohl er die Zielscheibe vieler Konservativer war. Zu dieser Zeit gab es in den südlichen Bundesstaaten zahllose Plakate mit der Devise: „Impeach Earl Warren!“ („Enthebt Earl Warren des Amtes!“)
Warren starb 1974 in Washington, D.C. und wurde am Nationalfriedhof Arlington beigesetzt.
[Bearbeiten] Weblinks
- Protokoll, Interview mit Earl Warren für das mündliche Geschichtsprojekt von Joe B. Frantz (englisch)
Militärgouverneure (1846–1849):
Sloat | Stockton | Fremont | Kearny | Mason | Smith | Riley
Bundesstaat Kalifornien (seit 1849):
Burnett | McDougall | Bigler | Johnson | Weller | Latham | Downey | Stanford | Low | Haight | Booth | Pacheco | Irwin | Perkins | Stoneman | Bartlett | Waterman | Markham | Budd | Gage | Pardee | Gillett | Johnson | Stephens | Richardson | Young | Rolph | Merriam | Olson | Warren | Knight | Brown sr. | Reagan | Brown jr. | Deukmejian | Wilson | Davis | Schwarzenegger
John Jay | John Rutledge | Oliver Ellsworth | John Marshall | Roger Taney | Salmon Chase | Morrison Waite | Melville Fuller | Edward White | William Howard Taft | Charles Hughes | Harlan Stone | Frederick Vinson | Earl Warren | Warren Burger | William Rehnquist | John Roberts
Personendaten | |
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NAME | Warren, Earl |
KURZBESCHREIBUNG | Gouverneur von Kalifornien und Oberster Richter der USA |
GEBURTSDATUM | 19. März 1891 |
GEBURTSORT | Los Angeles |
STERBEDATUM | 9. Juli 1974 |
STERBEORT | Washington, D. C. |