Christina (Schweden)
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Christina von Schweden (eigentlich Kristina, nach ihrem Übertritt zum Katholizismus Maria Alexandra) (* 18. Dezember 1626 in Stockholm; † 19. April 1689 in Rom), zweite Tochter des schwedischen Königs Gustav II. Adolf (1594–1632) und dessen Gemahlin Maria Eleonora von Brandenburg (1599–1655), war Königin von Schweden von 1632 bis 1654.
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[Bearbeiten] Leben
Als ihr Vater in der Schlacht bei Lützen fiel und sie seine Thronfolgerin wurde, war sie sechs Jahre alt. Bis 1636 lebte sie bei ihrer Mutter Maria Eleonora von Brandenburg, danach, als diese depressiv wurde, bei ihrer Tante Katharina von Zweibrücken-Kleeburg (1584–1638), deren Sohn Karl Gustav (1622–1660) später Christines Nachfolger werden sollte. Christina lernte reiten und jagen, legte wenig Wert auf ihre Kleidung und verbrachte ihre Nächte lieber mit ihren Studien als mit Schlaf.
Seit 1635 zur Königin erzogen (auf Wunsch des Vaters wurde sie wie ein Mann ausgebildet), übernahm sie 1644 als 18-Jährige die Regierungsgewalt. Bis dahin hatte Kanzler Axel Oxenstierna (1583–1654) die Regentschaft geführt. Dieser erwarb im Westfälischen Frieden 1648 Vorpommern, Rügen und Bremen für Schweden. Auch wurde während ihrer Regierung Jämtland gewonnen, Königsberg jedoch erfolglos besetzt.
Zu ihrer Regierungszeit führte sie einen sehr prunkvollen Hof, einen der prunkvollsten in Europa, was zwar einen starken Eindruck auf ihre Zeitgenossen machte und dazu führte, dass sie ernst genommen wurde, Schweden allerdings an den Rand des Ruins brachte. Dies brachte Christine später den Vorwurf der Verschwendung ein. Gelehrte und Künstler aus aller Welt verkehrten zu ihrer Zeit an Schwedens Hof. Dabei wurden von den katholischen Mächten (Spanien, Frankreich) auch insgeheim Jesuiten-Gelehrte geschickt, die nebenbei die Lage des Katholizismus in Schweden verbessern sollten und auch diplomatisch aktiv waren. Nachdem sie mit ihm schon ab 1647 korrespondierte, ließ sie im Oktober 1649 Rene Descartes kommen, den sie regelmäßig frühmorgens um 5 Uhr zu Gesprächen kommen ließ, auch im Winter, was seiner Gesundheit gar nicht bekam – er starb ein Jahr später. Sie kaufte und baute Bibliotheken, unterhielt eine Gemäldesammlung und unterstützte Gelehrte mit großzügigen Renten. Eines ihrer Lieblingsprojekte war die Universität Uppsala, die sie großzügig mit Gebäuden und Büchern ausstattete, darunter auch Beutekunst aus dem dreißigjährigen Krieg (unter anderem die Bibliothek der Universität Würzburg).
Der Regierung überdrüssig, dankte Christine nach zehn Jahren 1654 gegen den Willen des Reichsrates ab. Bereits 1651, kurz nach ihrer offiziellen Krönung am 20. Oktober 1650[1], hatte Christina eine diesbezügliche Absicht verlauten lassen, war aber damals noch von Oxenstierna überredet worden davon Abstand zu nehmen. Ein weiterer Grund dafür war, dass sie ihren Vetter heiraten sollte, aber jede Heirat prinzipiell ablehnte. Auf dem Reichstag zu Uppsala wurde am 16. Juni 1654 die Abdankungsurkunde verlesen und ihr Nachfolger bestimmt. Die Krone Schwedens überließ sie ihrem oben erwähnten Cousin Karl Gustav von Zweibrücken-Kleeburg, dem neuen König Karl X. Gustav (1654–1660).
Nach ihrer Abdankung konvertierte sie am 3. November 1655 in der Innsbrucker Hofkirche öffentlich zum Katholizismus, nachdem sie schon Dezember 1654 in Brüssel vor Zeugen konvertiert war, was aber aus politischen Gründen geheim gehalten wurde. Über die Gründe der Konversion ist viel diskutiert worden, etwa als Protest gegen die strenge protestantische Erziehung, weil sie von der kulturellen Blüte katholischer Länder im Barock fasziniert war oder weil sich die eigensinnige Ex-Königin in dem von ihr geliebten Italien mit seinem warmen Klima so freier bewegen konnte. Bereits seit 1650 hatten Jesuiten wie Gottfried Franken, der Christina in Mathematik unterrichtete, darauf hingearbeitet. Für die gegenreformatorischen Kräfte Europas war der Übertritt ein Triumph, schließlich war sie die Tochter des protestantischen Helden im Dreißigjährigen Krieg Gustav Adolf. Bei ihrer Firmung durch Papst Alexander VII. erhielt sie die Namen Maria Alexandra. Mit den Formalitäten ihrer neuen Religion nahm sie es allerdings nicht so genau – sie sei keine „Betschwester“, äußerte sie auf Vorhaltungen, sie würde selten zur Beichte gehen. Auch setzte sie sich stets für religiöse Toleranz ein, verurteilte die Verfolgung der Protestanten unter Ludwig XIV. und nahm 1686 die Juden in Rom unter ihren persönlichen Schutz.
Ab 1655 nahm sie ihren Wohnsitz in Rom (im Palazzo Farnese), wo sie sich ganz den Wissenschaften und der Kunst widmete und das erste öffentliche Theater der Stadt gründete. Noch zweimal reiste sie 1660 (als nach dem Tod von Karl X. Gustav die Abdankung neu verhandelt wurde) und 1667 nach Schweden, wo man ihr aber die Weiterreise und (bis zur Krönung eines neuen Königs) die künftige Einreise untersagte, da sie in Begleitung eines katholischen Priesters war. 1666–1668 war sie in Hamburg, um sich von dort um die Verwaltung ihrer schwedischen Güter zu kümmern. Auch ihre politischen Ambitionen hatte sie nicht zuletzt aus finanziellen Gründen noch nicht ganz aufgegeben, so auf die Kronen Neapels und Polens (1668). Über die Krone Neapels verhandelte sie zunächst erfolglos mit den Spaniern, dann insgeheim mit Kardinal Mazarin, der sie nach dem Tod Christinas für Frankreich haben wollte. Auf einer Frankreichreise Christinas 1656 wurden die Einzelheiten festgelegt. Der Plan wurde verraten und Christina ließ den vermutlichen Verräter aus ihrem Gefolge, den Oberstallmeister Markgraf Giovanni Monaldeschi, in Schloss Fontainebleau am 10. November 1657 töten. Die Umstände der Tat (sie besaß ja keinerlei königliche Rechte mehr) empörten die Franzosen so, dass sie als Persona non grata das Land verlassen musste und auch in Rom von der Gesellschaft längere Zeit geächtet wurde. Sie starb am 19. April 1689 in Rom und wurde im Petersdom bestattet. Als Erben und Nachlassverwalter setzte sie ihren Vertrauten, den Kardinal Azzolini ein, der aber schon sechs Wochen nach ihr starb. Die kostbare Bibliothek erwarb später der Papst.
Man bezeichnete sie als „Pallas des Nordens“, „Semiramis des Nordens“ und „Sybille des Nordens“. Später wurde gelegentlich behauptet, sie wäre lesbisch gewesen. Einige Quellen geben an, dass Briefe solcher Art sich als Fälschungen herausgestellt hätten. Andere Quellen legen jedoch nahe, dass Christine bisexuell veranlagt war. Insbesondere ihre von 1644 bis 1662 andauernde Zuneigung zu ihrer Hofdame Ebba Sparre (1626–1662) ist in zeitnahen Quellen dokumentiert, beispielsweise in ihrem Briefwechsel. Andererseits vermutete man auch eine Liebesbeziehung zu ihrem engen Vertrauten Kardinal Dezio Azzolini, der sich deswegen sogar mehrfach vor dem Papst verantworten musste. In ihrer Jugend schwärmte sie auch für den Grafen Magnus Gabriel De la Gardie, der dies zur Förderung seiner diplomatischen Karriere ausnutze und dann eine enge Freundin Christinas heiratete. Sie weigerte sich ihr ganzes Leben lang, zu heiraten – allein die Vorstellung einer Abhängigkeit von einem Mann erregte in ihr eine heftige Abneigung.
Der Komponist Graf Friedrich Wilhelm von Redern widmete ihr seine einzige Oper Christine, Königin von Schweden. August Strindberg schrieb über sie ein Drama. Der Spiegel der Königin von Nina Blazon ist ein guterzählter Jugendroman über die Geschichte Christinas. Bekannt ist Rouben Mamoulians Film von 1933 mit Greta Garbo Königin Christina.
[Bearbeiten] Porträts
Bekannte Portraits sind unter anderem:
- Das oben abgebildete bekannte Portrait von Sébastian Bourdon (1616–1671), der 1652 nach Schweden kam, entstand 1653 und hängt im Nationalmuseum Stockholm.
- Das oben abgebildete Gemälde von Dumesnil Königin Christina im Kreis berühmter Gelehrter zeigt Christina am Tisch mit Elisabeth von Bayern, während ihr gerade Descartes etwas erklärt. Weiter sind abgebildet unter anderem Christian Huygens, Leibniz und Pascal.
- Ein Stich von Robert Nanteuil von 1654.
- Ein Gemälde des holländischen van Dyck-Schülers David Beck (1621–1656) aus dem Jahr 1650 im finnischen Nationalmuseum. Beck folgte Christina nach Rom und wurde später von Christina auch für diplomatische Missionen benutzt.
[Bearbeiten] Werke
Christina ließ ihre Briefe an Descartes veröffentlichen und postum ihre Maximen. Deutsche Ausgaben sind:
- Historische Merkwürdigkeiten der Königin Christina von Schweden, Herausgeber Johannes Archenholtz, Amsterdam und Leipzig, vier Bände 1751–1760 (Werke, auch französisch Mémoires pour servir à l’histoire de Christine de Suède, vier Bände 1751–1760)
- Memoiren, Aphorismen, München, Winkler 1967 (Herausgeberin Anni Carlson)
- Gedanken über Religion und Leben, Düsseldorf, Schwann, 1930 (Herausgeber Hermann Joseph Schmidt)
- Gesammelte Werke − Autobiographie, Aphorismen, historische Schriften, Hamburg, Autorenverlag Maeger 1995 (mit 130 restaurierten Faksimileseiten der Archenholtz-Ausgabe 1751/2)
Briefwechsel unter anderem mit Descartes:
- Lettres choisis des Christine reine de Suede, 1760, und Lettres Secrets, Genf 1761
[Bearbeiten] Literatur
- Veronica Buckley Christina Königin von Schweden- das rastlose Leben einer Exzentrikerin, Eichborn Verlag 2005
- Jörg-Peter Findeisen Christina von Schweden – Legende durch Jahrhunderte, Frankfurt, Societäts-Verlag, 1992
- Hans Emil Friis: Königin Christine von Schweden 1626–1689: ein Lebensbild, Leipzig: G. H. Meyer, 1899. – 191 S. (Dt. Übers. des dän. Orig.: Dronning Christina af Sverrig)
- Ulrich Hermans (Hrsg.) Christina, Königin von Schweden, Ausstellungskatalog Osnabrück 1997
- Verena von der Heyden-Rynsch: Christina von Schweden – die rätselhafte Monarchin; Böhlau; 2000; ISBN 3-7400-1135-1, Piper 2002
- Else Hocks: Christine Alexandra Königin von Schweden, Leipzig 1936
- Gloria Kaiser: Die Amazone von Rom. Das abenteuerliche Leben der Christina von Schweden. Verlag Seifert, Wien 2005.
- Sabine König / Anne-K. Jung: Christina von Schweden; in: lespress, Januar 2003: S. 38f.; dieser Artikel ist hier online abrufbar.
- Hanns-Peter Mederer: Deutsche Musiker an schwedischen Residenzen des 17. Jahrhunderts. In: CONCERTO 6. 2004. S. 32 f.
- Sven Stolpe Königin Christina von Schweden, Frankfurt 1962
[Bearbeiten] Weblinks
- Druckschriften von und über Christina (Schweden) im VD 17
- Literatur von und über Christina (Schweden) im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Christina (Schweden). In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Kurzbiographie mit Links zu weiteren Biographien von Koniarek und Schreiber
- Königin-Christine-Gesellschaft e.V.
- Stich Christinas von Nanteuil
- Portrait von Beck
- Englische Webseite zu ihr von Tracy Marks, auch zum Garbo-Film
[Bearbeiten] Einzelnachweise
Vorgänger |
Königin von Schweden 1632–1654 |
Nachfolger |
Personendaten | |
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NAME | Christina |
ALTERNATIVNAMEN | Kristina; Maria Alexandra |
KURZBESCHREIBUNG | Königin von Schweden |
GEBURTSDATUM | 18. Dezember 1626 |
GEBURTSORT | Stockholm |
STERBEDATUM | 19. April 1689 |
STERBEORT | Rom |