Badische Revolution
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Die Badische Revolution von 1848/1849 im Großherzogtum Baden war regionaler Bestandteil der revolutionären Umbrüche dieser Jahre in Mitteleuropa, hier im engeren Sinn den Staaten des Deutschen Bundes.
Siehe auch: Märzrevolution
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[Bearbeiten] Historischer Überblick
Nach Ausbruch der französischen Februarrevolution 1848 und der dortigen Ausrufung der Republik sprang der revolutionäre Funke der demokratischen Aufstände zuerst auf Baden über, bevor es in weiteren Staaten des Deutschen Bundes ebenfalls zu revolutionären Aufständen und Umbrüchen kam.
Damit begann die deutsche Märzrevolution in Baden, wo sie schließlich auch am 23. Juli 1849 nach der Einnahme der Festung Rastatt, der letzten Bastion der Revolutionäre, durch preußische Truppen endgültig gewaltsam beendet wurde.

Die Badische Revolution kann im Wesentlichen in zwei Phasen eingeteilt werden: Die erste Phase zwischen Anfang März 1848 und September 1848 mit den Versuchen, von Südwestdeutschland ausgehend die Republik durchzusetzen. (Heckerzug, Aufstand Gustav Struves in Lörrach). Nach der Niederlage Friedrich Heckers und seiner Anhänger bei Kandern und dessen Flucht ins Exil, und der Verhaftung Gustav Struves im September war diese erste Phase gescheitert. – Die zweite Phase begann nach dem Scheitern der Paulskirchenverfassung in Frankfurt am Main mit den Maiaufständen 1849, die – nicht nur in Baden – einen Versuch darstellten, eine demokratische Verfassung in einigen Teilstaaten des Deutschen Bunds doch noch durchzusetzen (Reichsverfassungskampagne). Diese zweite Phase endete in Baden mit der Niederschlagung der Revolution insgesamt nach den letzten Kämpfen im Juli 1849 in Rastatt.
Kennzeichnend für die badische Revolution im Unterschied zu den anderen Aufständen im deutschen Bund war, dass in ihr die Forderung nach einer demokratischen Republik am konsequentesten vertreten wurde. Dagegen wurde in den Gremien und Revolutionsparlamenten der anderen Fürstentümer des deutschen Bundes mehrheitlich eine konstitutionelle Monarchie mit Erbkaisertum favorisiert.
Radikaldemokratische und frühsozialistische Revolutionäre waren in Baden stark vertreten. Einige ihrer profiliertesten Köpfe waren beispielsweise Friedrich Hecker, Gustav Struve mit seiner Ehefrau Amalie, Gottfried Kinkel und Georg Herwegh mit seiner Frau Emma. Des Weiteren war Wilhelm Liebknecht, der zu dieser Zeit noch relativ unbekannte spätere Mitbegründer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), der Vorläuferpartei der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands), im September 1848 am Aufstand in Lörrach und im Mai 1849 als Adjutant Struves ein Teilnehmer der badischen Revolution. Auch der Sozialist Friedrich Engels, der während der Märzrevolution für die von Karl Marx in Köln herausgegebene „Neue Rheinische Zeitung“ schrieb, war 1849 in der Endphase der Badischen Revolution aktiv an den Kämpfen gegen konterrevolutionäre preußische Truppen beteiligt. Des Weiteren stießen aus Köln die Eheleute Fritz und Mathilde Franziska Anneke zu den Freischärlern.
Die Basis der Revolution in Baden bildeten die vielerorts gegründeten badischen Volksvereine.
[Bearbeiten] Zeittafel der Badischen Revolution

- 12. September 1847: In der Offenburger Versammlung werden die „Forderungen des Volkes in Baden“ nach Bürgerrechten, sozialer Sicherheit und Gleichheit erhoben.
- 27. Februar 1848: Auf der Mannheimer Volksversammlung werden die sogenannten Märzforderungen artikuliert.
- 1. März 1848: Demonstranten dringen in das Ständehaus des Landtags ein. Hecker verlangt die Beseitigung der Adelsprivilegien und Bauernbefreiung, damit die Aufhebung der Überreste des mittelalterlichen Feudalsystems.
- 4. März 1848: Bauernerhebung in Nordbaden. Die Revolution greift auf andere Staaten des deutschen Bundes über.
- 19. März 1848: Große Volksversammlung in Offenburg mit 20.000 Teilnehmern.
- 12. April 1848: In Konstanz rufen Hecker und Struve beim so genannten „Heckeraufstand“ die Republik aus. Der „Heckerzug“ macht sich auf den Weg Richtung Rheinebene, wo er sich mit einem Zug Georg Herweghs, der „Deutschen Demokratischen Legion“ aus Frankreich vereinigen will, um die Landeshauptstadt Karlsruhe einzunehmen.
- 20. April 1848: Bei Kandern im Schwarzwald werden die Aufständischen des Heckerzuges von regulären Truppen besiegt und zerrieben. Friedrich Hecker flieht ins Exil, das ihn zunächst in die Schweiz und schließlich in die USA führt.
- 27. April 1848: Herweghs 900 Mann starke „Deutsche Legion“ wird bei Dossenbach von württembergischem Militär besiegt.
- 21. September 1848: Bei einem Aufstand in Lörrach ruft Struve erneut die Republik aus. Der wird niedergeschlagen, Struve wenige Tage später verhaftet und inhaftiert. Bei den Maiaufständen 1849 wird er wieder befreit.
- 11. Mai 1849: Im Zuge der Maiaufstände 1849 als Folge der Reichsverfassungskampagne, durch die die Anerkennung der revolutionären Errungenschaften in den einzelnen Staaten durch die gescheiterte Reichsverfassung erzwungen werden sollte, meutert in der Bundesfestung Rastatt die badische Garnison.
- 14. Mai 1849: Großherzog Leopold von Baden flieht vor den Unruhen ins Exil nach Koblenz.
- Mai 1849: Ein revolutionärer Landesausschuss der Volksvereine verbündet sich mit den aufständischen Soldaten und übernimmt faktisch die Regierungsgewalt.
- Mai 1849: Johann Philipp Becker wird mit der Schaffung und Organisation der Volkswehr beauftragt. Sein erster Tagesbefehl datiert vom 21. Mai.
- 30. Mai 1849: Gefecht bei Heppenheim gegen hessische Truppen.
- 1. Juni 1849: Unter dem liberalen Politiker Lorenz Brentano wird eine provisorische demokratische Regierung gebildet, in der die konservativ-liberalen Kräfte dominieren; der Landesausschuss löst sich auf.
- 5. Juni 1849: In Karlsruhe bildet sich unter der Führer von Struve und Becker ein „Klub des entschiedenen Fortschritts“ und fordert von der Regierung entschiedene revolutionäre Maßnahmen. Diese lässt die Delegation festnehmen, muss sie jedoch unter dem Druck der in der Stadt stationierten Freischaren wieder freilassen.
- Juni 1849: Der polnische Revolutionär Ludwik Mieroslawski wird zum General der Revolutionsarmee ernannt. Bundestruppen unter dem Kommando des Generalleutnant von Peucker und mehrere preußische Armeekorps unter dem Prinzen von Preußen Wilhelm dringen in Baden ein, um die Revolution niederzuschlagen.
- 15./16. Juni 1849: Siegreiche Gefechte der badischen Truppen an der Neckarlinie bei Mannheim, Käferthal, Ladenburg und Hirschhorn
- 20. Juni 1849: Preußische Truppen erzwingen bei Germersheim den Rheinübergang
- 21./22. Juni 1849: Gefecht bei Waghäusel, daraufhin Rückzug der badischen Truppen, um einer drohenden Umschließung zu entgehen.
- 25. Juni 1849: Gefecht bei Durlach, durch Beckers Volkswehr wird der Rückzug der Armee auf die Murglinie gedeckt.
- 29./30. Juni 1849: Gefechte an der Murg (Gefecht bei Gernsbach am 29. Juni), Mieroslawski ernennt Major Gustav Tiedemann aus dem Kreis um Struve zum Gouverneur der Festung Rastatt.
Brentanos zögerliche Haltung in der provisorischen Regierung angesichts der konterrevolutionären Gefahr führt zu dessen Sturz durch Gustav Struve und seine Anhänger.
Die revolutionären Einheiten ziehen sich nach Südbaden zurück und überschreiten bei Jestetten die Grenze zur Schweiz. Das eingeschlossene Rastatt wehrt sich erfolgreich gegen die preußische Zernierung.
- 23. Juli 1849: Nach dreiwöchiger Belagerung wird die umkämpfte Festung Rastatt von preußischen Truppen eingenommen. Die Revolution ist gescheitert. Die badische Armee wird aufgelöst und unter preußischer Führung neu aufgebaut. Nun richten Standgerichte in preußisch-badischer Besetzung die Revolutionäre hin: 27 Revolutionäre werden erschossen (darunter der letzte Gouverneur der Festung Rastatt, Gustav Tiedemann), lange Haftstrafen in preußischen Gefängnissen verhängt. Viele andere fliehen ins Exil, darunter auch Struve, Brentano, Carl Schurz und Friedrich Engels. Karl Alois Fickler, Bruder des badischen Agitators Joseph Fickler, war nach dem Fall Rastatts von dem preussischen Kommando mit der Verteidigung der Angeklagten vor Gericht beauftragt worden.[1]
[Bearbeiten] Die in Rastatt standrechtlich erschossenen Freiheitskämpfer
- Gottfried Bauer – Soldat, Gissigheim
- Karl Bernigau – Major, Mühlhausen
- Ernst von Biedenfeld – Bataillonskommandeur, Bühl
- Georg Böning – Uhrmacher, Chef der Flüchtlingslegion, zuletzt Oberst, Wiesbaden
- Andreas Counis – Soldat, Pforzheim
- Ernst Elsenhans – Publizist, Feuerbach
- Josef Günthard – Soldat, Konstanz
- Konrad Heilig – ehem. badischer Unteroffizier, zuletzt Major und Kommandant der Festungsartillerie Rastatt, Pfullendorf
- Carl Höfer – Lehrer, Brehmen/Altneudorf
- Karl Jakobi – Major des Arbeiter-Bataillons, Mannheim
- Peter Jäger – Soldat, Assamstadt
- Jean Josef Jansen – Geometer, Köln
- Josef Kilmarx – Feldwebel, Rastatt
- Ludwig Kohlenbecker – Soldat, Karlsruhe
- Konrad Lenzinger – Korporal, Durlach
- Theophil Mniewski – polnischer Offizier, Wodzierady (Russ.-Polen)
- Ludwig Peter Wilhelm Schade – Leutnant, Karlsruhe
- Friedrich Wilhelm Schrader – Deserteur der 8. preußischen Artillerie-Brigade, Mansfeld
- Gustav Nikolaus Tiedemann – ehem. badischer Dragonerleutnant, zuletzt Oberst und Kommandant der Festung Rastatt, Landshut,
- Philipp Zenthöfer – Büchsenmacher und Soldat, Mannheim
[Bearbeiten] Literatur
- Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): 1848/49. Revolution der deutschen Demokraten in Baden. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1998, ISBN 3-7890-5201-9.
- Alfred Georg Frei, Kurt Hochstuhl: Wegbereiter der Demokratie. Die badische Revolution 1848/49. Der Traum von der Freiheit. Verlag G. Braun, Karlsruhe 1997, ISBN 3-7650-8168-X.
- Stefan Heym: Lenz oder die Freiheit. btb Verlag, Neuauflage September 2005, ISBN 3442734576.
- Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler. Hrsg. v. Arbeitskreis der Archive im Rhein-Neckar-Dreieck. Mit Beiträgen von Hans Fenske und Erich Schneider. Verlag Regionalkultur Ubstadt-Weiher, 1998. ISBN 3-929366-64-9
- Otto Wermuth: „Wir haben´s gewagt“, Die badisch-pfälzische Revolution 1849. Rombach Verlag, 1981, ISBN 3-7930-0367-1.
[Bearbeiten] Siehe auch
Märzrevolution, Fritz Anneke, Mathilde Franziska Anneke, Friedrich Hecker, Gustav von Struve, Georg Herwegh, Ludwik Mieroslawski, Lorenz Brentano, Friedrich Engels, Enno Sander, Carl Schurz, Franz Sigel, Valentin Streuber, Februarrevolution 1848
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Weblinks
- Alphabetische Liste mit Links zu jeder badischen Stadt und Gemeinde, dort jeweils Angaben zur allgemeinen und demographischen Situation während der Revolutionszeit und gegebenenfalls weitere Links (oben: Chronologie, Indices, Persönlichkeiten, Bibliographie usw.) zu den örtlichen Ereignissen u. a. während der badischen Revolution 1848/49 Unterseite eines quellenbasierten Lexikons zu den europäischen Revolutionen des historischen Seminars der Universität Düsseldorf
- Umfangreiche Chronik der revolutionären Aufstände in Württemberg und Baden, auch mit Ereignissen in kleineren Orten
- Virtueller Rundgang durch eine Museumsausstellung zur Badischen Revolution (auf „Rundgang“ klicken)
- Gründe für die Revolution und für den badischen Sonderweg im Jahr 1848
- Schulprojektarbeit einer Hauptschule zur badischen Revolution
- Fotos von dem oben genannten Denkmal (nach unten scrollen, unter Ankündigung bei Schopfheim auf Badische Revolution klicken)
- Freiburgs Geschichte in Zitaten und die Revolution in Baden