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Albert Hofmann – Wikipedia

Albert Hofmann

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Albert Hofmann (* 11. Januar 1906 in Baden, Aargau; † 29. April 2008 in Burg im Leimental) war ein Schweizer Chemiker und der Entdecker des LSD.

Albert Hofmann, 2006 im Alter von 100 Jahren
Albert Hofmann, 2006 im Alter von 100 Jahren

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Albert Hofmann wuchs als ältestes von vier Geschwistern auf. Als sein Vater, ein Werkzeugmacher, schwer erkrankte, musste er zum Familienunterhalt beitragen und absolvierte daher eine kaufmännische Lehre. Währenddessen bereitete er sich auf seine Matura vor. Sein Patenonkel finanzierte das Studium. Hofmann begann 1925 sein Chemiestudium an der Universität Zürich und promovierte vier Jahre später mit Auszeichnung. Anschließend war er für mehr als vier Jahrzehnte bis zu seiner Pensionierung 1971 bei Sandoz in Basel tätig. Im Jahr 1943 entdeckte er die halluzinogene Wirkung des LSD. Er lebte auf der Rittimatte, in der Gemeinde Burg am Rande des Jura. Eine große Freundschaft bestand zu Ernst Jünger ("In Stahlgewittern"). Anlässlich seines 100. Geburtstags fand vom 13. bis 15. Januar 2006 in Basel das Symposium „LSD – Sorgenkind und Wunderdroge“ statt. Ende 2007 erhielt der Psychotherapeut Peter Gasser aus Solothurn die Erlaubnis der aargauischen Ethikkommission, LSD zu therapeutischen Zwecken versuchsweise zu benutzen, was Albert Hofmann in einem Fernseh-Interview als Erfüllung seines Traums beschrieb. Albert Hofmann starb am 29. April 2008 im Alter von 102 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts.

[Bearbeiten] Forschungsarbeiten

[Bearbeiten] Mutterkorn und LSD

Im Rahmen von Arzneimittelforschungen mit dem Getreidepilz Mutterkorn und unter der Zielsetzung, ein Kreislaufstimulans zu entwickeln, synthetisierte Hofmann 1938 verschiedene Amid-Derivate der Lysergsäure, darunter – als 25. Substanz dieser Versuchsreihe – das Diethylamid LSD-25. In Tierversuchen löste der Stoff Unruhe unter den Tieren aus, zeigte aber keine verwertbaren oder pharmakologisch interessanten Eigenschaften und wurde daher nicht weiter untersucht. 1943 entschied sich Hofmann dennoch, LSD noch einmal herzustellen. Während der Laborarbeit veranlasste plötzliche Unruhe und Unwohlsein ihn, seine Arbeit abzubrechen und heimzufahren. Zu Hause angekommen, hatte er bei geschlossenen Augen für etwa zwei Stunden intensive kaleidoskopartige, farbige Visionen. Vermutlich hatte er unbeabsichtigt und auf ungeklärte Weise eine Spur LSD aufgenommen.

[Bearbeiten] Der bewusste LSD-Selbstversuch

Um diesem ungewöhnlichen Erlebnis auf den Grund zu gehen, entschied er sich am 19. April 1943, die Substanz mit der kleinsten für ihn denkbaren wirksamen Dosis im Selbstversuch zu testen, und protokollierte das Erlebnis drei Tage später:[1]

„16:20 Einnahme der Substanz
17:00 Beginnender Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen, Lähmungen, Lachreiz.
Mit Velo nach Hause. Von 18 – ca. 20 Uhr schwerste Krise, siehe Spezialbericht:
Die letzten Worte konnte ich nur mit grosser Mühe niederschreiben. […] die Veränderungen und Empfindungen waren von der gleichen Art [wie gestern], nur viel tiefgreifender. Ich konnte nur noch mit grösster Anstrengung verständlich sprechen, und bat meine Laborantin, die über den Selbstversuch informiert war, mich nach Hause zu begleiten. Schon auf dem Heimweg mit dem Fahrrad […] nahm mein Zustand bedrohliche Formen an. Alles in meinem Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie in einem gekrümmten Spiegel. Auch hatte ich das Gefühl, mit dem Fahrrad nicht vom Fleck zu kommen. Indessen sagte mir später meine Assistentin, wir seien sehr schnell gefahren. [Zu Hause angelangt] wurden Schwindel und Ohnmachtsgefühl zeitweise so stark, dass ich mich nicht mehr aufrecht halten konnte und mich auf ein Sofa hinlegen musste. Meine Umgebung hatte sich nun in beängstigender Weise verwandelt. […] die vertrauten Gegenstände nahmen groteske, meist bedrohliche Formen an. Sie waren in dauernder Bewegung, wie belebt, wie von innerer Unruhe erfüllt. Die Nachbarsfrau […] war nicht mehr Frau R., sondern eine bösartige, heimtückische Hexe mit einer farbigen Fratze. etc. etc.“

Albert Hofmann: Protokoll des LSD-Selbstversuchs

Später beim Ausklang des Rausches:

„Jetzt begann ich allmählich, das unerhörte Farben- und Formenspiel zu geniessen, das hinter meinen geschlossenen Augen andauerte. Kaleidoskopartig sich verändernd drangen bunte phantastische Gebilde auf mich ein, in Kreisen und Spiralen sich öffnend und wieder schliessend, in Farbfontänen zersprühend, sich neu ordnend und kreuzend, in ständigem Fluss. Besonders merkwürdig war, wie alle akustischen Wahrnehmungen, etwa das Geräusch einer Türklinke oder eines vorbeifahrenden Autos, sich in optische Empfindungen verwandelten. Jeder Laut erzeugte ein in Form und Farbe entsprechendes, lebendig wechselndes Bild.“

Albert Hofmann: Protokoll des LSD-Selbstversuchs

Nachträglich stellte sich heraus, dass es sich bei der von ihm gewählten Dosis (etwa 250 µg) um das drei- bis fünffache der (aus heutiger Sicht) normal wirksamen Dosis handelte. LSD gehört zu den potentesten und stärksten bekannten Halluzinogenen (vgl. DMT, Psilocin). Er selbst resümierte später die zufällig geschehene Entdeckung mit den Worten: „Das LSD ist zu mir gekommen“.[2] Seine von starken Halluzinationen begleitete Fahrradfahrt vom Labor nach Hause ging unter dem Namen „Fahrradtag“ (Bicycle-Day) in die Geschichte der LSD-Kultur ein.

Das Mutterkorn, dessen negative Wirkung schon im Mittelalter als „Heiliges Feuer“ bekannt war,[3] wurde allerdings auch weiterhin in der Medizin beforscht, da seine Inhaltsstoffe unter anderem eine auf den Muskeltonus wirkende Substanz enthalten, die beispielsweise bei Schwangeren zur Einleitung der Wehen genutzt werden kann.[4] Der Name Mutterkorn rührt von dieser Wirkung auf die Gebärmutter her und ist seit dem Mittelalter bekannt.

[Bearbeiten] Abseits von LSD

Hofmann erforschte außerdem andere psychoaktive Stoffe wie psilocybin- und psilocinhaltige Pilze, auch bekannt als Teonanacatl oder Zauberpilze, die LSA-haltigen Samen der Prunkwinden und der Ololiuqui sowie das Salvinorin der Wahrsager- oder Zaubersalbei Salvia divinorum. Weiterhin isolierte und synthetisierte er die Wirkstoffe bedeutender Arzneipflanzen, um deren Wirkungen zu untersuchen.

[Bearbeiten] Hofmanns Ansichten

Albert Hofmann, 1993
Albert Hofmann, 1993

Hofmann setzte sich zeitlebens dafür ein, dass psychedelische Substanzen wie das LSD zu Forschungszwecken legalisiert werden sollen. Optimistisch äußerte er die Ansicht, die richtige Anwendung von LSD in der menschlichen Kultur sei eine Frage der Zeit.[5]

Als in den USA in den 1960er Jahren Timothy Leary den Massenkonsum von LSD propagierte, übte Hofmann starke Kritik. Mit der Substanz müsse vorsichtig umgegangen werden, es handle sich nicht um eine Genussdroge. Als in dieser Zeit die CIA zu Forschungszwecken LSD an nicht darüber informierte Versuchspersonen verabreichte (mit einem folgenschweren Todesfall),[6] bezeichnete er diese Vorgehensweise als Verbrechen.[7]

„Je tiefer man in die lebendige Natur hineinsieht, desto wunderbarer erkennt man sie. Ich glaube, man fühlt sich dann auch geborgen. Man gehört ja zu ihr, man kann sie sehen, man kann sie erleben. Das Bewusstsein ist schon das grösste Geschenk des Schöpfers an die Menschen; dass man ein Bewusstsein hat und wir uns unserer Schöpfung bewusst werden können – nicht nur einfach blind durch das Paradies gehen.“

Albert Hofmann: im Fernsehinterview zur 3sat-Dokumentation LSD – Wunderdroge und Horrortrip – Albert Hofmann, der Erfinder des LSD wird 100, 2005

[Bearbeiten] Ehrungen

  • Für sein wissenschaftliches Werk wurde ihm mehrfach die Ehrendoktorwürde verliehen.
  • 2007 wurde er nach einer Umfrage im Auftrag der Tageszeitung Guardian unter 4'000 Briten von einer Jury aus zehn Experten zum bedeutendsten lebenden Genie gewählt („world's top 10 living geniuses“).[8]

[Bearbeiten] Schriften

  • LSD – mein Sorgenkind. Die Entdeckung einer „Wunderdroge“. Klett-Cotta, Stuttgart 1979, ISBN 3-608-94300-5
  • Pflanzen der Götter. Die magischen Kräfte der Rausch- und Giftgewächse (mit Richard E. Schultes). Hallwag, Bern 1980
  • Einsichten – Ausblicke. Essays, Sphinx, Basel 1986
  • Naturwissenschaft & mystische Welterfahrung. Eine Volkspredigt. Grüne Kraft, Löhrbach 1992, ISBN 3-925817-50-6
  • Lob des Schauens. Mit Fotos von Werner Huber. Nachtschatten, Solothurn 2002, ISBN 3-907080-84-X

[Bearbeiten] Literatur

  • Mathias Bröckers: Trans Psychedelischer Express. Eleusis – Basel – Babylon – und weiter. Nachtschatten, Solothurn 2002, ISBN 3-907080-89-0
  • Mathias Bröckers / Roger Liggenstorfer: Albert Hofmann und die Entdeckung des LSD. Auf dem Weg nach Eleusis. AT, Aarau 2006, ISBN 978-3-03-800276-5
  • Günter Engel / Paul Herrling: Grenzgänge – Albert Hofmann zum 100. Geburtstag, Schwabe, Basel 2006, ISBN 978-3-7965-2210-9
  • Nathaniel S. Finney, Jay S. Siegel: In Memoriam – Albert Hofmann (1906–2008). Chimia 62 (2008), 444–447, doi:10.2533/chimia.2008.444

[Bearbeiten] Film

  • Hofmann's Potion. Dokumentarfilm, Kanada, 2002, 56 Min., Regie: Connie Littlefield, Produktion: National Film Board of Canada, Inhaltsangabe

[Bearbeiten] Hörspiel-/CD-Produktionen

  • Lob des Schauens. Ein Portrait zum 95. Geburtstag des LSD-Entdeckers Albert Hofmann, Audio-CD, Nachtschatten, Solothurn 2001, ISBN 978-3-907080-83-2
  • Erinnerungen eines Psychonauten. Von der Entdeckung entheogener Drogen,Marcel Schwarz Audio-CD (Originaltonaufnahmen) [9], hg. v. Thomas Knoefel, supposé Köln 2003, ISBN 978-3-932513-38-1
  • Die Eleusinischen Mysterien und ihre Bedeutung für die moderne Welt, DVD-Box, AVR 2004, ISBN 978-3-938317-06-8
  • Hofmanns Elixier oder Die Welt ist perfekt. 2005, 43 Min., Regie: Regine Ahrem, Musik: Michael Rodach, Produktion: Rundfunk Berlin-Brandenburg [10]

[Bearbeiten] Weblinks

Commons
 Commons: Albert Hofmann – Bilder, Videos und Audiodateien

Interviews

Videos

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Handbuch der Rauschdrogen, Wolfgang Schmidbauer, Jürgen vom Scheidt, S. Fischer Verlag, ISBN 3-596-13980-5.
  2. „Das LSD ist zu mir gekommen“, taz, 11. Januar 2006, Interview zum 100. Geburtstag
  3. Ministerium für Ernährung und Landwirtschaftlichen Raum Baden-Württemberg zum Mutterkorn
  4. http://de.oddb.org/de/drugs/ddd/code/G02AB01 Open drug database – Mutterkornalkaloide
  5. Video-Dokumentation „Hofmann's Potion“ von Connie Littlefield, 2002; Hofmann's Potion in der Internet Movie Database (englisch)
  6. Der Fall Dr. Olson
  7. BBC Video-Dokumentation „LSD, The Beyond Within“ von Max Whitby, 1986
  8. „Sheer genius: from the web to Homer Simpson“, The Guardian, 29. Oktober 2007
  9. [http://www.3sat.de/denkmal/aufloesung/8Mar 3sat, 2005
  10. Inhaltsangabe der ARD mit Audio-Ausschnitten


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