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Strukturalismus – Wikipedia

Strukturalismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel behandelt die sozial- und geisteswissenschaftliche Forschungsrichtung. Zur wissenschaftstheoretischen Position innerhalb der analytischen Philosophie siehe Wissenschaftstheoretischer Strukturalismus, zum Strukturalismus in der Architektur siehe Strukturalismus (Architektur).
Fragezeichen

Strukturalismus ist eine Untersuchungsmethode innerhalb der Gesellschaftswissenschaften, die von der Annahme ausgeht, dass der Mensch seine natürliche Umgebung in bestimmte Wahrnehmungsmuster einteilt um sie zu verstehen, und dieselben Muster in seinen kulturellen Hervorbringungen zu finden sein müssen. Die Welt wird aufgrund von vorgedachten Kriterien oder Strukturen wahrgenommen und interpretiert, diese Strukturen ergeben dann innerhalb der Kultur Konventionen. Strukturalismus untersucht die einzelnen Muster dieser Übergänge und unterscheidet sich damit von früheren Methoden, die nach formalen Gemeinsamkeiten innerhalb der verschiedenen Kulturen und zwischen ihnen gesucht hatten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Methode

Die Methoden, diese Muster zu identifizieren und in allen Kulturen wiederzufinden, sind linguistisch und anthropologisch. Der Strukturalismus beruht auf der Grundannahme, dass Phänomene nicht isoliert auftreten, sondern in Verbindung mit anderen Phänomenen stehen. Der Bereich des Beobachtbaren wird eingeteilt in strukturell beschreibbare und strukturell nicht beschreibbare Sachverhalte. Die beschreibbaren Phänomene werden segmentiert. Zwischen den Segmenten wird ein Zusammenhang (re)konstruiert. Dabei ist unter Umständen eine den Segmenten zugrunde liegende weitere (abstraktere) Beschreibungsebene anzusetzen, auf der wieder eine Segmentierung ihrer Einheiten möglich ist.

[Bearbeiten] Linguistische Methode

Der Strukturalismus sieht in der Sprache als Zeichensystem den Grundtyp jeder ganzheitlichen Organisation der Wirklichkeit. Dabei wird zwischen der Sprache als System (langue) und der gesprochenen Sprache (parole) unterschieden. Parole ist die Aktualisierung der langue durch individuelle Sprecher. Die langue umfasst ein in sich geschlossenes, grammatisches und lautliches System, das den Sprechern der parole vorgegeben ist. Dieses System strukturiert die Masse der sprachlichen Äußerungen. Die langue aktualisiert sich in der parole, hat aber keine Existenz unabhängig von ihr und ist den Sprechern meist unbewusst. Zwei weitere Merkmale der langue sind die willkürliche Natur des sprachlichen Zeichens und die differentielle Erzeugung seiner Bedeutung. Das sprachliche Zeichen besteht aus dem Signifikanten als Bedeutungsträger und dem Signifikat als Inhalt. Die Differenz zwischen den Inhalten erzeugt erst das Signifikat und den Signifikanten. Am deutlichsten wird die differentielle Natur der Bedeutung am Beispiel binärer Gegensätze wie Frau/Mann, oben/unten sowie gut/böse. Das Gute gewinnt seine Bedeutung erst durch die Differenz zum Bösen. Ohne das Böse gäbe es auch das Gute nicht. Neben der sprachlichen Struktur gibt es auch eine Tiefenstruktur der Kultur. Die kulturellen und gesellschaftlichen Erscheinungen lassen sich als Modelle einer umfassenderen Struktur von Differenzen nach dem Vorbild der langue erklären. Dazu gehören beispielsweise Texte aller Art oder gesellschaftliche Machtverhältnisse.

Dies läßt sich am Beispiel des Schachspiels verdeutlichen: Die Bedeutung der einzelnen Schachfiguren bestimmt sich nur durch ihre funktionale Differenz zu den anderen Figuren. Ähnlich wie Schachfiguren interessieren individuelle Dinge und Ereignisse nur, wenn sie uns über die Beziehungen zu anderen Elementen des Systems und damit über das zugrundeliegende System selbst informieren.[1]

In allen Fällen wird versucht, die analysierten Phänomene mit einer Art „Gitternetz“ zu erfassen (synchronische und diachronische Anordnung ihrer Symbole), in dem jedes Element durch die Merkmale, Korrelationen und Oppositionen bestimmt ist, die sich aus dem Verhältnis der Elemente untereinander ableiten lassen.

[Bearbeiten] Entwicklung

[Bearbeiten] Ferdinand de Saussure

Als Begründer des Strukturalismus gilt der Genfer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts Vorlesungen über Allgemeine Sprachwissenschaft hielt (Cours de linguistique générale), in denen er die Grundlage für seine neue Methode schuf. Seine Vorlesungen wurden erst postum 1916 veröffentlicht. Nach Saussure gründen die einzelnen Redeereignisse (parole), durch die die Möglichkeiten des Systems (langue) variantenreich verwirklicht werden, in einem Beziehungsgefüge, dessen Glieder nicht substantiell bestimmt sind, sondern „in dem Geltung und Wert des einen nur aus dem gleichzeitigen Vorhandensein des anderen sich ergeben.[2] Neuartig ist bei Saussure die Anwendung präziser Analysemethoden mit Anleihen an denen der Naturwissenschaften auf einen Gegenstandsbereich wie den der Sprachwissenschaft. Viele Konzeptionen der modernen semiotischen (zeichenwissenschaftlichen) Teildisziplinen haben hier ihre Ursprünge.

[Bearbeiten] Claude Lévi-Strauss

Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss hat mit ethnosoziologischen Materialien wichtige Beiträge zur Struktur von Familien, totemischen Clans und den Mythen der Menschheit vorgelegt und dadurch deren Untersuchbarkeit ermöglicht. Die Mythen der unterschiedlichen Kulturen sind nach Lévi-Strauss Modelle eines auf Ganzheit zielenden wilden Denkens. Unabhängig von ihren verschiedenen Inhalten lassen sich die Mythen auf eine vergleichsweise kleine Gruppe so genannter Mytheme und ihrer Kombinationen zurückführen. Bei den Mythemen handelt es sich um die fundamentalen Einheiten der Mythen, z. B. Held tötet Drachen. Die Mytheme gewinnen ihre Bedeutung nicht durch ihren Inhalt sondern durch ihre Relation zu anderen Mythemen. Mythos, Dichtung und Literatur sind keine kreativen Schöpfungen sondern die Produkte struktureller Determination. Die menschliche Wirklichkeit selbst bringt Strukturmodelle hervor. Dabei ist es das Grundprinzip, dass der Begriff der sozialen Struktur sich nicht auf die empirische Wirklichkeit bezieht sondern auf die nach dieser Wirklichkeit konstruierten Modelle. [3]

[Bearbeiten] Sonstige Strukturalisten

Strukturalistische Methoden wurden auf kulturelle Phänomene aller Art übertragen: auf die Linguistik, mythische Diskurse, die Anthropologie oder die Psychoanalyse. Nach Jacques Lacan hat das Subjekt seinen Ursprung im symbolischen System. Das Unbewusste sei wie eine Sprache strukturiert und würde von Sprache hervorgebracht. Lacan leugnet die Einheit des cogito ergo sum, dass also das Ich, das denkt, mit dem Ich, das existiert, identisch wäre. Er behauptet stattdessen: „Ich bin nicht, wo ich denke.“ [4]

Es gibt daneben zahlreiche weitere Versuche, die Methode auf alle kulturwissenschaftlichen Disziplinen auszuweiten, beispielsweise auf die Literaturwissenschaft durch Tzvetan Todorov und Roland Barthes. Einer der prägendsten Strukturalisten des 20. Jahrhunderts ist Roman Jakobson, ein Hauptvertreter des Prager Strukturalismus. Er arbeitete strukturalistische Zeichen-, Sprach-, Kommunikations- und Literaturtheorien aus. Im Bereich der Phonetik wurden schon sehr früh strukturalistische Methoden ausgearbeitet und angewandt. Die Erarbeitung des Lautschriftsystems der IPA/API (International Phonetic Association/Association phonétique internationale) kann mit diesen Anfängen in Zusammenhang gebracht werden.

Der kulturbezogene Strukturalismus hatte seine Hochzeit in den 1970er Jahren. Strukturalistische Methoden wirkten vor allem in der Semiotik und Literaturtheorie fort. Beziehungen bestehen teilweise auch zur Systemtheorie und zur Psychoanalyse, Anwendungen finden sich u.a. in den Sozial- und Geisteswissenschaften, besonders der Linguistik, der Erkenntnistheorie, der Literaturwissenschaft, der Psychologie, der Soziologie und der Anthropologie. Siehe auch Strukturalismus (Architektur).

[Bearbeiten] Kritik

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Strukturalismus brachten philosophische Strömungen, die später als Poststrukturalismus bezeichnet wurden. Die Diskursanalyse von Michel Foucault ist in ihrer Beziehung zum Strukturalismus umstritten. Foucault selbst hat sich mehrfach kritisch gegen eine einfache Beiordnung zu strukturalistischen Schulen geäußert.[5] Die von Jacques Derrida entwickelte Methode der Dekonstruktion wendet sich ebenfalls kritisch gegen wesentliche Thesen des klassischen Strukturalismus.

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Ferdinand de Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. 2. Aufl., Berlin 1967
  2. Ferdinand de Saussure, Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, Berlin 1967, S. 136
  3. Claude Lévi-Strauss, Strukturale Anthropologie. Bd. 1, Frankfurt am Main 1967, S. 301
  4. Jacques Lacan, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse. Weinheim-Berlin 1987, Kap. XVI
  5. S. u.a. auch Hubert Dreyfuß, Paul Rabinow: Michel Foucault. Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Frankfurt: Athenäum 1987

[Bearbeiten] Literatur

  • Gilles Deleuze: Woran erkennt man den Strukturalismus? Berlin : Merve-Verlag, 1992, ISBN 3-88396-092-6
  • Jacques Derrida: De la grammatologie, Paris 1967, dt. übers. Hans-Jörg Rheinberger, Hanns Zischler: Grammatologie, Frankfurt am Main : Suhrkamp 1983, ISBN 3-518-28017-1
  • François Dosse: Geschichte des Strukturalismus, 2 Bde., Hamburg : Junius 1997f, ISBN 3-88506-268-2
  • Manfred Frank: Was ist Neostrukturalismus?, Frankfurt a. M. : Suhrkamp 1984, ISBN 3-518-11203-1
  • Rainer Grübel: Formalismus und Strukturalismus, in: Heinz Ludwig Arnold, Heinrich Detering (Hgg.): Grundzüge der Literaturwissenschaft. München: dtv 1996, 386-408
  • Albrecht Jörn: Europäischer Strukturalismus. Ein forschungsgeschichtlicher Überblick, Tübingen: Francke 2000
  • Ferdinand de Saussure: Cours de linguistique générale, Geneva 1915; krit. Ausg. hg. Rudolf Engler, 2 Bde., Wiesbaden : Harrassowitz 1967, 1974; dt. Übers. Charles Bally: Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, 2. Aufl. mit neuem Register, Berlin : DeGruyter 1967
  • Günther Schiwy: Der französische Strukturalismus, München (Beck), 1969, ISBN 3-4995-5310-4

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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