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Oskar Negt – Wikipedia

Oskar Negt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Oskar Negt (* 1. August 1934 in Kapkeim in Ostpreußen) ist ein deutscher Sozialphilosoph.

Oskar Negt wurde 1934 im ostpreußischen Kapkeim geboren. Er studierte Rechtswissenschaft und Philosophie in Göttingen. Sein Studium der Soziologie beendete er in Frankfurt/M, wo er 1962 bei Theodor W. Adorno mit der Arbeit über den Gegensatz zwischen positivistischen und dialektischen Denkweisen am Beispiel von Hegel und Auguste Comte promovierte. Oskar Negt war Assistent von Jürgen Habermas bevor er 1970 auf den Lehrstuhl für Soziologie der Universität Hannover berufen wurde, an der er bis zu seiner Emeritierung 2002 lehrte.

In der Stadt Hannover wurde er vor allem als Mitbegründer der Glocksee-Schule bekannt, einer der wenigen Alternativschulen, die die Bundesrepublik hervorgebracht hat. Oskar Negt über sich selbst: „Im Grunde bin ich in meiner ganzen wissenschaftlichen Entwicklung durch das Raster der Disziplinen gefallen“.

Politisch den Gewerkschaften nahestehend, verbindet er als Wissenschaftler die Soziologie mit der Philosophie. 1994 begründete er die Loccumer Initiative kritischer Wissenschaftler mit.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben und Werk

Als einer der Wortführer der sogenannten "68er-Generation" beschäftigt sich Oskar Negt mit der Beobachtung der gesellschaftlichen Entwicklung. Als Student der Rechtswissenschaft, Philosophie und Soziologie studierte er vor allem bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Später wurde er Assistent von Jürgen Habermas. Heute ist Oskar Negt den Gewerkschaften sehr verbunden. Sein wichtigstes Werk war Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen. Zur Theorie der Arbeiterbildung, welches Mitte der 60er Jahre erschienen, bis heute die gewerkschaftliche Bildungspolitik maßgeblich beeinflusst hat.

[Bearbeiten] Wozu noch Gewerkschaften?

Oskar Negt beschäftigt sich in seinen neueren Büchern mit der Frage um Arbeit, Würde und Globalisierung. In seinem gewerkschaftskritischen Buch „Wozu noch Gewerkschaften?“ beschreibt der linke Soziologe Oskar Negt die neuen Herausforderungen der Gewerkschaften in unserer modernen Gesellschaft. Politisches Engagement folge nicht mehr dem traditionellen organisatorischen Typ und die Zeiten in denen Gewerkschaften „die Zukunftsperspektive und das Monopol auf den Fortschritt gepachtet hatten, sind vorbei“. Negt sieht hier die Gewerkschaften allgemein verpflichtet sich um den außerbetrieblichen Bereich zu kümmern. Hier soll das Kulturmandat erweitert werden. Negt geht es darum, dass die Gewerkschaften heutzutage nicht nur für einen "ökonomisch verengten Interessenskampf" eintreten, sondern ihre außerbetrieblichen Angebote erweitern. Freizeit und Kulturprogramme sollen Gewerkschaften mehr ins Visier nehmen. Weiter schreibt Negt, dass eine Selbstbeschränkung der Gewerkschaften auf ihre traditionelle Rolle zu Misserfolgen führen muss. In der heutigen Zeit, in der das Kapital durch technische Möglichkeiten so schnell fließt und flexibel ist, lässt es sich nicht mehr mit Organisationen auf einen Kampf ein. Es weicht dieser Konfrontation aus und wandert ab. Dazu soll in einer Zeit, in der Gewerkschaften immer mehr Kompetenzen abgenommen werden immer daran erinnert werden, dass es die Gewerkschaften waren, die den mächtigen Industriellen Zugeständnisse abgerungen haben. Nach Negt: “[..] Denn Sozialstaat und Demokratie bildeten eine unzertrennbare Einheit. Wer den Sozialstaat in seinem Kern beschädigt, legt die Axt an die Wurzel der Demokratie“. Negt hat in diesem Buch den Menschen im Ganzen im Blick, er beschränkt sich nicht auf die innerbetrieblichen Probleme, sondern geht auf die Probleme auch außerhalb des Arbeitslebens ein. Umweltverschmutzung und Lärmbelästigung um nur zwei Themen zu nennen, sind Probleme, die von der kapitalistischen Produktionsweise hervorgebracht werden.

[Bearbeiten] Arbeit und menschliche Würde

Der Mensch wird durch die Ökonomie geleitet und gesteuert. Nach Negt ist es die Aufgabe der Gewerkschaften, dieses „Kulturmandat“ ernst zu nehmen. Die Gewerkschaften, die durch ihre Organisation, Mitglieder, ihre politischen Ressourcen, eine humane und fortschrittliche Ideologie besitzen, sind auch in ihrer eigenen Tradition dazu verpflichtet, an der außerbetrieblichen Front tätig zu werden. In einem seiner weiteren Bücher „Arbeit und Menschliche Würde“ beschreibt Negt, dass die faktischen Auswirkungen vorherrschender Arbeitslosigkeit ein Gewaltakt sind, welcher Millionen von Menschen ihrer Würde beraubt und dies, obwohl die Industriestaaten heute so reich sind wie nie. Dieses Buch gibt die Ideen und Vorstellungen Negts zur heutigen Zeit wieder. Negt greift nicht das komplette System an und das Unmögliche auf. Seine Ideen beruhen auf den momentanen Machtverhältnissen unserer Gesellschaft. Negt redet über zwei Ökonomien. Die erste Ökonomie folgt den Gesetzen des Marktes. Die zweite Ökonomie, die nicht nach den Regeln des Marktes funktionieren soll, befasst sich mit dem Gemeinwohl der Gesellschaft. Negt möchte nicht die Eigentumsverhältnisse abschaffen, er vertritt eher eine linkssozialdemokratische Position, die dem Kapital Grenzen setzt. Allgemein ist noch zu sagen, dass Negt eine sehr umstrittene Position vertritt. Gerade seine neueren Bücher haben viel Lob, aber auch sehr viel Kritik hinnehmen müssen.

[Bearbeiten] Öffentlichkeit und Erfahrung

Ein wichtiger Beitrag, den er zusammen mit Alexander Kluge verfasste, heißt: „Öffentlichkeit und Erfahrung: Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit“. Der Beitrag sollte ein Fundament dafür abgeben, wie die Impulse des Aufbruchs von 1968 in eine langfristige Strategie zur "Verlebendigung" der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung umgesetzt werden können.

Negt/Kluge zeigen, dass die Subjekte „die bloße Abbildung der Realität" sich nur dann aneignen, wenn sie wissen, dass sie eine Handlungsalternative haben: „Erst aus dieser Handlungsmöglichkeit könnte sich ihr Interesse am Realismus rekrutieren."

In der Diskussion um die Person Joschka Fischer und dessen Verbindung zur 68er Generation meldete sich Oskar Negt auch zu Wort. Nach seiner Auffassung hat die Hetzjagd auf Joschka Fischer eine tiefsinnigere Bedeutung. Zum einen sollte damit die Utopie oder die Alternative zum Kapitalismus, die 1968 aufgeworfen wurde, in Missgunst gebracht werden, indem man sie mit Gewalt in Verbindung bringt. Nach Auffassung Negts soll somit die konservative Hegemonie gestärkt werden. Die Utopie von Sozialismus und anderen gesellschaftlichen Alternativen soll ins Abseits gestellt werden.

[Bearbeiten] Bildung

Negt sieht, so wie Charles Wright Mills, soziologische Phantasie an erfahrungsorientierte Bildungsarbeit gekoppelt. Das Gelingen einer solchen Kopplung läge darin, "die grundlegenden, oft verdrängten oder verzerrt wahrgenommenen Konflikte des Indviduums als strukturelle Widersprüche der Gesellschaft zu erklären und von bloßen Symptomen derartiger Konflikte zu unterscheiden."

Negt propagiert gesellschaftliche Schlüsselqualifikationen, eine Entwicklung von Kompetenzen in den Dimensionen des Lebens:

[Bearbeiten] Zitat

Die Gewerkschaft muss ihr politisches Mandat erweitern. Das bedeutet nicht, dass sie zu einer Ersatzpartei werden soll, sondern dass sie sich ihres historischen Auftrages für die gesamte gesellschaftliche Entwicklung bewusst wird. Die Gewerkschaften stehen nicht nur für die lebendige Arbeitswelt, sondern auch für Gestaltungswillen in der Gesellschaft.

[Bearbeiten] Werke (Auswahl)

  • Strukturbeziehungen zwischen den Gesellschaftslehren Comtes und Hegels. Frankfurt a. M. 1964.
  • Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen. Zur Theorie der Arbeiterbildung. Frankfurt a. M. 1968.
  • Politik als Protest. Reden und Aufsätze zur antiautoritären Bewegung. Frankfurt a. M. 1971.
  • Mit Alexander Kluge: Öffentlichkeit und Erfahrung. Zur Organisationsanalyse von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit. Frankfurt a. M. 1972.
  • Keine Demokratie ohne Sozialismus. Über den Zusammenhang von Politik, Geschichte und Moral. Frankfurt a. M. 1976.
  • Mit Alexander Kluge: Geschichte und Eigensinn. Geschichtliche Organisation der Arbeitsvermögen -- Deutschland als Produktionsöffentlichkeit -- Gewalt des Zusammenhangs. Frankfurt a. M. 1981.
  • Lebendige Arbeit, enteignete Zeit. Politische und kulturelle Dimensionen des Kampfes um die Arbeitszeit. Frankfurt a. M./New York 1984.
  • Alfred Sohn-Rethel. Bremen 1988.
  • Modernisierung im Zeichen des Drachen. China und der europäische Mythos der Moderne. Reisetagebuch und Gedankenexperimente. Frankfurt a. M. 1988.
  • Die Herausforderung der Gewerkschaften. Plädoyers für die Erweiterung ihres politischen und kulturellen Mandats. Frankfurt a. M./New York 1989.
  • Mit Alexander Kluge: Maßverhältnisse des Politischen: 15 Vorschläge zum Unterscheidungsvermögen. Frankfurt a. M. 1992
  • Kältestrom. Göttingen 1994. ISBN 3-88243-358-2
  • Unbotmäßige Zeitgenossen. Annäherungen und Erinnerungen. Frankfurt a. M. 1994.
  • Achtundsechzig. Politische Intellektuelle und die Macht. Göttingen 1995.
  • Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche. Göttingen 1997.
  • Mit Hans Werner Dannowski: Königsberg -- Kaliningrad: Reise in die Stadt Kants und Hamanns. Göttingen 1998.
  • Warum SPD? 7 Argumente für einen nachhaltigen Macht- und Politikwechsel. Göttingen 1998.
  • Mit Alexander Kluge: Der unterschätzte Mensch. Frankfurt a. M. 2001. (Kompilation der Zusammenarbeit mit Kluge)
  • Arbeit und menschliche Würde. Göttingen 2001 ISBN 3-88243-786-3
  • Kant und Marx. Ein Epochengespräch. Göttingen 2003.
  • Wozu noch Gewerkschaften? Eine Streitschrift; Steidl Verlag, 2004; 175 S.,ISBN 3-86521-165-8, Besprechung in Die Zeit
  • Die Faust-Karriere. Vom verzweifelten Intellektuellen zum gescheiterten Unternehmer. Göttingen 2006. ISBN 3-86521-188-7

Interview

Artikel in Zeitschriften

[Bearbeiten] Auszeichnungen

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks


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