Kosmogonie
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Kosmogonie (griechisch κοσμογονία „die Weltzeugung“) bezeichnet Erklärungsmodelle zur Weltentstehung. Diese können mythisch die Welt deuten oder rational die Welt erklären.
Kosmologie ist die Wissenschaft, die sich mit den Methoden von Physik und Astronomie mit dem Ursprung und der heutigen Struktur des Universums beschäftigt. Als Teildisziplin geht es bei der Kosmogonie um die Frage der Entstehung und Entwicklung der Himmelskörper.
Häufiger wird der Begriff Kosmogonie mit der umfassenderen Bedeutung verwendet, sinnstiftend den Ursprung der Welt vorstellbar zu machen und die Grundordnung für den Lebensraum des Menschen festzulegen. Dabei haben lebendiger Mythos und Wissenschaft die selbe Überzeugungskraft.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Unterscheidung
Der Ausgangspunkt ist derselbe: die Entstehung der Welt liegt fernab einer Beobachtungsmöglichkeit weit in der Vergangenheit und ist im Experiment nicht wiederholbar. Die Urknalltheorie ist in der Wissenschaft zwar allgemein akzeptiert, aber nicht direkt überprüfbar. Nur die sich aus ihr ergebenden Voraussagen können geprüft werden. Wenn mit der Theorie andere Phänomene erklärt werden können, ergibt sie Sinn.
Elementarer Teil der religiösen Mythen in jeder Kultur sind Ursprungsmythen, in deren Zentrum wiederum der kosmogonische Mythos als Modell für alle Ursprungsmythen besonderes Ansehen genießt. Aufgabe des Mythos ist es, der Welt Sinn zu geben, indem Bestandteile der Erfahrung miteinander in Beziehung gebracht werden. Dabei bezieht sich der Mythos auf eine unbedingte Ebene der Realität (Wahrheit). Der Unterschied zur wissenschaftlichen Theorie besteht darin, dass im Mythos nicht hauptsächlich Verständnis angestrebt wird, sondern – als eine religiöse Tugend – Ergebung.
[Bearbeiten] Kosmogonie als Wissenschaft
Von der Wissenschaft selbst aufgestellte Naturgesetze bilden die Grenzen der Erkenntnis. Mit der Planck-Skala wird eine untere Grenze für physikalische Größen festgelegt und eine Betrachtung jenseits davon ausgeschlossen. Dennoch von der Wissenschaft angebotene Erklärungen zum Ursprung des Universums werden damit paradox oder Spekulation. Die Warum-Frage kann von vornherein nicht Gegenstand der Betrachtung sein, da Naturwissenschaften als eigenständige Disziplin im 17. Jahrhundert aus dem Bereich der Philosophie ausgegliedert wurden. Philosophische Stellungnahmen sollen nun als Rahmen dienen, im Zweifelsfall kann für Warum-Fragen ein Einwirken Gottes in Betracht gezogen werden (englisch: God of the gaps – "Gott als Lückenbüßer").
[Bearbeiten] Descartes
René Descartes (1596–1650) machte den ersten Schritt zur Befreiung der Naturwissenschaft von der philosophischen Spekulation und gilt als Begründer der modernen Philosophie, indem er rationale Erkenntnismethoden unabhängig und in diplomatischem Abstand zur religiösen Gewissheit einführte. Zu den ersten wissenschaftlichen Kosmologien gehören seine Prinzipia philosophiae ("Grundlagen der Philosophie") von 1644. Zu den Vorläufern zählt Aristoteles, nachfolgend aufgegriffen wurde die kosmologische Theorie von Kant.
Mit mechanistischen Modellen versuchte Descartes, die Gravitation zu erklären. Die dazu notwendigen, durch Fliehkräfte entstandenen Verwirbelungen von Materiewolken, wobei die darin eingesperrten Teilchen ihre Energie nur in direktem Kontakt austauschen sollten, erklärten Planetenbewegungen und auch die Entstehung des Weltsystems. Descartes nahm gegenüber christlicher Auffassung damit den Menschen aus dem Mittelpunkt und erklärte zugleich mittels sprachlicher Verwindungen die Erde für unbeweglich.[1] Ein Verhältnis zur Kirche zwischen Rücksichtnahme und Aufbegehren war typisch für das 17. Jahrhundert; letzteres endete für Giordano Bruno, der sich ebenso wie Descartes zum kopernikanischen Weltbild bekannt hatte, auf dem Scheiterhaufen.
Als Erklärung des Ursprungs lässt Descartes Gott eine dichte Packung Materiewirbel mit je einem Fixstern im Zentrum erschaffen. Die Hilfskonstruktion Gott als Urantrieb sorgte in einer ansonsten mathematisch konstruierten Welt für die heute noch vorhandene Bewegungsenergie.
[Bearbeiten] Antike Naturphilosophie
Kosmologie als Wissenschaft begann, als im antiken Griechenland dem Mythos der Begriff von Vernunft Logos entgegen gestellt und der Versuch, die Welt zu erklären über das Ziel, Sinn zu stiften gestellt wurde; daran zu erkennen, dass nicht mehr handelnde Götter oder Helden, sondern Elemente oder Atome zur Erklärung von Naturphänomenen herangezogen wurden. Es ging darum, alles mit allem zu verknüpfen, vom ersten Grundstoff ausgehend die Welt als System zu betrachten.
Dieses ist Aufgabe der Naturphilosophie, deren spekulative Anfänge bei den Vorsokratikern (etwa 610–547 v. Chr.) liegen. Hervorzuheben ist Anaximander, der bei der Suche nach dem Ursprung als erster nicht einen Urstoff (Arché) wie Wasser oder Luft, sondern das "Unbegrenzte" (Apeiron) in eine erstmals mythologiefreie physikalische Kosmogonie einführte.
In seiner Timaios-Kosmologie stellt Platon (427–347 v. Chr.) eine systematische Naturordnung dar, in der ein Schöpfergott (Demiurg) in ähnlicher Aufgabenteilung wie bei Descartes auf vernünftige Art planvoll eine schöne Welt konstruiert. Auch die mythologischen Elemente haben in Platons Modell erklärende Funktion.
Die kosmologische Theorie des Aristoteles (384–322 v. Chr.) übernimmt vom griechischen Mathematiker Eudoxos die grundlegende Orientierung: eine räumlich endliche, aber zeitlich unendliche Welt, und Sphären, die sich schichtartig über der Erde im Mittelpunkt ausbreiten. Der erste kosmische unbewegt Bewegende beginnt außen an den Sphären anzusetzen, die Bewegung pflanzt sich nach innen fort, bis auch hier der ganze Kosmos durch eine göttliche Kraft, die in aller Natur enthalten ist, angetrieben wird. Diesen Gott setzt Aristoteles mit Logos, Vernunft gleich. Für ihn waren die Kräfte (Dynameis) in der Welt noch rein psychischer Natur und im Mythos verwurzelt.
[Bearbeiten] Kant
Naturphilosophische Betrachtungen reichen von Aristoteles über Descartes bis Immanuel Kant (1724–1804). Dieser hatte in seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755) eine kosmologische Theorie aufgestellt, in der er Logos (Theorie) und Mythos (Geschichte) zusammenführen wollte. Descartes wissenschaftlich formulierte Kosmologie brauchte noch einen Gott als ursächlichen Antrieb, Kant versuchte die Ordnung der Natur aus der Geschichte der Natur zu fassen. Philosophisch bedeutend ist Kants Theorie, da erstmals ohne Gott das Planetensystem aus einer Staubwolke entsteht, einzig geformt durch die Kräfte der Anziehung und Abstoßung und zwar solange, bis der fertige Zustand erreicht ist.
Später entwarf Kant mit der Feststellung, dass seine kosmologische Theorie unzulässig von Erfahrung begrifflich auf Allgemeines schließen würde, eine einschränkende Kritik. Angewandt auf die heutige Urknalltheorie, bei der aus beobachtbaren Fakten wie der kosmischen Hintergrundstrahlung auf den Ursprung der Welt rückgeschlossen wird, könnte Kants Kritik zu philosophischem Nachdenken anregen. Zur aktuellen wissenschaftlichen Diskussion siehe den
- Hauptartikel: Kosmologie.
[Bearbeiten] Kosmogonischer Mythos
Noch Isaac Newton (1643–1727) unterschied zwischen universal gültigen Naturgesetzen und kosmogonischen Urgründen, zu denen es Geschichten, aber keine Erklärungen geben konnte. Ein außen stehender Gott musste regelmäßig der Welt einen Schubs geben, um die Gravitationskraft zwischen den Planeten auszugleichen. Aus der biblischen Offenbarung des Johannes berechnete er das Alter der Welt auf rund 5600 Jahre. Das Einwirken der göttlichen Kraft auf die Welt entspricht einem Uhrmacher, der sein Erzeugnis ständig nachstellen muss, damit es richtig funktioniert. Ansonsten würde die Menschheit untergehen.
Mythen sind wahr. Aus den Erzählungen über den Ursprung der Welt, das Werden der Dinge, von Menschen und Tieren ergibt sich im Zusammenhang die Geschichte der eigenen Gesellschaft. Im Anfang war stets ein ungeschiedenes Ganzes, ein Urstoff oder ein Urwesen, im simpelsten Fall ein Ei, das zerbricht und sich in Himmel und Erde teilt. Nach diesem Urzustand ist die Welt nicht mehr vollkommen, aber das, was sich teilt, ergibt etwas Geordnetes.
Nun folgt die Zeit der Ahnen. Deren Ursprungsmythen berichten aus einer Urzeit abgetrennt von der eigenen Zeit und von Mächten, die von außerhalb der eigenen Welt wirken. Daher rührt der besondere Respekt, den die "Heiligen Geschichten" aus dem "paradiesischen Zeitalter" genießen. Es gibt auch Mythen von einer periodisch wiederkehrenden Schöpfung aus dem Urzustand (der "Traumzeit"), die begründen, dass die Gesellschaft immer aufs Neue weiterleben kann. Die Kosmogonie der Welt wiederholt sich bei der Menschwerdung.[2] Die in der Urzeit noch auf der Erde wandernden Heroen brachten den Menschen alle Kulturtechniken einschließlich der sozialen und religiösen Rituale bei. Diese Vorfahren aus dem Paradies zogen sich nicht ganz zurück, sondern nehmen noch gelegentlich von außerhalb Einfluss.
Es gibt rituelle Orgien, in denen für kurze Zeit gesellschaftliche Verbote aufgehoben sind, die durch das Prinzip der Wiederholung an die glückliche Welt der Ahnen erinnern. In der zur Wintersonnenwende gefeierten Fastnacht steckt noch dieser Kern.
[Bearbeiten] Griechische Mythen
Ein Mythos wird nach griechischem Vorbild zumeist als Dichtung verstanden. Die griechische Dichtung wurde zwar gründlich beschrieben und analysiert, dennoch fehlt die Kenntnis des lebendigen Mythos als religiös-kultische Praxis. Somit wird es schwierig, die zugrunde liegenden Wertmaßstäbe richtig einzuschätzen.
Nach einer Geschichte des Orpheus war am Anfang die Nacht Nyx, ein Vogel mit schwarzen Flügeln. Aus dessen vom Wind befruchteten Ei entsteigt der Liebesgott Eros mit goldenen Flügeln. Das Ei lag noch im Chaos (Anfangsbedeutung: "leerer Raum"), umgeben von Nacht und Finsternis, der Erebos. Die Geschichte hat Varianten: im Ei lagen Okeanos, ein Flussgott und bei Homer Ursprung der Götter, und die Göttin Thetys. Von diesen Urgöttern entstammen 3000 Söhne, die Flüsse, und ebenso viele Töchter. Bei Hesiod sind es später 40 Töchter, darunter Aphrodite, die Liebesgöttin, die auch als Tochter des Kronos oder älteste Moira gilt. Die Verzweigungen sind zahllos, es gibt auch weitere Ursprungsgeschichten.
Zuerst war das Chaos da. Nach der Erzählung von Hesiod entstand danach die Erdmutter Gaia, die Uranos gebar, den Himmel über ihr, Pontos, das Meer und Eros. Himmel und Erde zeugten Riesen, drei einäugige Kyklopen und ein Dutzend Titanen, deren jüngster Kronos war, dessen Schwester und Gemahlin , die Titanin Rhea, Göttervater Zeus gebar.
Ein Sohn des Titanen Iapetos ist der Riese Atlas. Bei den Hesperiden im fernen Westen trägt er nach der Trennung von Himmel und Erde die Himmelskuppel auf seinen Schultern.[3]
[Bearbeiten] Babylon
Das Bild vom Weltenei als das ursprüngliche Ganze hat einen asiatischen Ursprung. Allgemein gibt es zwei Vorstellungen vom Urchaos: in einem Urozean befindet sich ein Ei und teilt sich, alternativ ist da ein Seeungeheuer; oder aus einer Totalität trennen sich Himmel und Erde. In die Kategorie Geschlechtliches übertragen heißt, dass das Ideal der Vollkommenheit in der Androgynie oder der Geschlechterdistinktion liegt.
Bestes Beispiel für die Zweiteilung eines Urwesens und einer der ältesten kosmogonischen Mythen, beinahe 2000 v. Chr., stammt aus Babylon und ist in der umfangreichen Dichtung Enûma elîsch ("Als droben") aus etwa dem 7. Jahrhundert v. Chr. erhalten (älteste Fragmente stammen aus dem 9. Jahrhundert v. Chr., die jüngsten aus dem 2. Jahrhundert v. Chr.). Gott Marduk erschlug, genauer: zerteilte während des Urchaos, zu Zeiten, als "Himmel und Erde noch keine Namen hatten" und die Urwasser noch miteinander vermischt waren, in einem Generationenkampf den welterschaffenden, weiblichen Drachen Tiamat. Der Demiurg gewann gegen die Mächte des Chaos. Die Zerteilung erzeugte Erde und Himmel. Marduk entspricht der Sonne, die mit ihren Strahlen die Wolken des durch Tiamat personalisierten Meeres vertreibt. Auch die periodische Erneuerung der Natur in den Jahreszeiten ist hier schon eingeführt. Später wird bei der Erschaffung des Menschengeschlechts dieses mythologische Modell wiederholt, bei dem ein Gott geopfert werden muss, damit eine neue Welt entsteht. Bis es in dem Drama zu Marduks Tat kommt, vollführt die Handlung komplizierte Erweiterungen. Am Ende gelingt es ihm, das durch Scharen von Ungeheuern aufgewühlte Chaos zur vollkommenen Ordnung zu bringen.[4] [5] [6]
[Bearbeiten] Bibel
In der babylonischen Kosmogonie entstehen die Unterwelt und die Menschenwelt aus dem Dualismus der Geschlechter, während in der Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments die Welt aus dem Nichts und dem geschlossenen Einen darin, dem Schöpfergott hervorgeht.
- Hauptartikel: 1. Buch Mose
- Hauptartikel: Schöpfungsgeschichte (Priesterschrift)
[Bearbeiten] Dayak
Was hat das Seeungeheuer für eine Funktion? Sonnengott und vorweltlicher Drachen der Unterwelt bilden den Gegensatz und die Ausgangslage für den Zweikampf. In den Mythen zahlreicher Völker kämpft ein Vogel (gleich Sonne) gegen eine Schlange (auch Drache, gleich Wasser). Das Gegensatzpaar bietet die Gelegenheit, sich die zu erstrebende uranfängliche Vollkommenheit in der Vereinigung als mythisches Vogel-Schlange-Wesen vorzustellen. Der Vogel kämpft als der Erste gegen die Alte Welt und schafft dadurch die grundlegenden Strukturen für die neue. Dieser Erschaffungsmythos ist Vorbild für Geschichten, in denen ein Held aus der Fremde den alteingesessenen Drachen besiegt, damit neuer Friede im Land einkehren möge.
Gründlich untersucht, da von exemplarischer Bedeutung, wurden Religion und Totenzeremonie der Ngadju-Dayak in Kalimantan. Es ist ein lebendiger Mythos.[7] Die uranfängliche Ganzheit war im Maul der zusammen gerollten Wasserschlange. Aus dem Zusammenstoßen zweier Berge entstand allmählich die Welt.
Die zwei Berge sind Götter und auch Sitz des personalisierten männlichen Gottes Mathala und der Göttin Putir, die Himmel und Unterwelt hervorbringen. Nach der Welterschaffung geschieht die Schöpfung des menschlichen Raums durch zwei Nashornvögel, die in nunmehr dritter Gestalt den beiden Göttern gleich sind. Die beiden Vögel kämpfen heftig in der Krone des Lebensbaums miteinander. Aus Teilen des beim Kampf zerfetzten Baums geht das Ahnenpaar der Dayak hervor. Am Schluss sind beide Vögel tot und auch der Baum ist zerstört.
Leben entsteht aus einer Polarität und zerstört dabei die uranfängliche Einheit. In den Übergangsriten wird der urzeitliche Kampf zweier Mächte nachgeahmt und die verlorene Ganzheit kurzzeitig wieder hergestellt. Modellhaft wird das Wohnhaus zum Universum. Es ruht auf der Wasserschlange, das Dach wird zum Götterberg.
Ein weit verbreitetes mythisches Bild ist der Lebensbaum als kosmische Achse im Mittelpunkt der Welt. In der Tradition eines australischen Volkes wurde ein Heiliger Pfahl auf Wanderungen eingeschlagen, um den neuen Lagerplatz in eine organisierte Welt zu verwandeln. Verlust des Pfahls wäre notwendig mit dem Untergang im Chaos verbunden gewesen.
Bei der Hochzeitszeremonie hält sich das Dayak-Paar am Lebensbaum fest und tritt auf Wegen, die genau gefunden werden müssen, die Reise in die jenseitige Welt an. Es wiederholt sich während der Zeremonie die Schöpfung des ersten menschlichen Paares aus dem Lebensbaum. Durch aufwändige Begräbnisrituale mit einem Sarg als Seelenschiff muss sichergestellt werden, dass der Verstorbene zur Ganzheit des Ursprungs zurückkehren kann.[8] Das Hinüberwechseln in den göttlichen Bereich macht die Toten verehrungswürdig im Ahnenkult.
[Bearbeiten] Ägypten
Einer der ägyptischen Schöpfungsmythen stammt aus Heliopolis. Am Anfang war kein Nichts, sondern es existierte ein formloses Chaos (Nun), vorgestellt als Urwasser; was angesichts der ägyptischen Agrargesellschaft, deren Überleben von den periodischen Überschwemmungen des braunen Nilwassers abhängig war, ein verständliches Bild eines vollkommenen Urzustands ist. Auf dem Nun segelt tagsüber das Sonnenschiff, nachts erneuert es seine Kräfte. Alles außer dem Wasser hatte eine Entstehung. Auf unerklärliche Weise tauchte eines Tages ein aus sich selbst entstandenes Urprinzip, Gott Atum ("Der Vollständige") auf und brachte ohne weibliches Gegenstück das erste Götterpaar Schu, die leere Luft, und Tefnut, die Göttin der Feuchtigkeit hervor. Der Ursprungsmythos dieses Demiurgen gehört zu den ältesten, er stammt aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., vermutlich vor der 3. Dynastie.
- Hauptartikel: Nun
- Hauptartikel: Ägyptische Mythologie
[Bearbeiten] Afrika
Die Erschaffung der Welt ist in der afrikanischen Mythologie kein zentrales Thema. Es bestand immer schon eine ungeformte Urwelt. Selbst die in den meisten Gesellschaften bekannten Himmelsgötter sind im Lauf der Zeit in die Ferne gerückt und haben Platz für die eigentlichen Akteure gemacht: die direkten Nachkommen dieser Hochgötter, die in deren Auftrag mit der Erschaffung der Menschen beschäftigt sind. Erdgötter und sonstige untere Gottheiten üben einfachere Hervorbringungen aus, bei denen Menschen aus Bäumen oder Felsspalten hervortreten. Näheres zur enormen Bandbreite afrikanischer Weltordnungs- und Erklärungsvorstellungen im
- Hauptartikel: Afrikanische Kosmogonie.
[Bearbeiten] Indische Weltalter und Wiederholung
Das Gesetzbuch des Manu beginnt, bevor die sozialen Verhaltensregeln für die vier Lebensstadien des Menschen dargelegt werden, mit der Beschreibung der Weltschöpfung. Die Welt war zu Anfang eine ruhende, undifferenzierte Finsternis, aus der eine sich selbst erschaffende Urkraft hervortrat. Zunächst erzeugte diese das Wasser und aus dem Samen, der ins Wasser fiel, entstand ein goldenes Ei. Aus dem Ei gebar diese Kraft sich selbst als Schöpfergott Brahma. Nachdem er ein Jahr lang nichts tuend in diesem Ei gewohnt hatte, teilte er es durch seine Willenskraft in zwei Hälften, schuf daraus Himmel, Erde und in der Mitte Luft, die acht Weltgegenden, den Ozean und die Menschen, die zu Anbeginn bereits in die vier Kasten eingeteilt waren. Damit sind die beiden wichtigsten Strukturen für die Menschen vorgegeben: die geografische Ortsbestimmung in der Welt und die hierarchische Eingliederung in die Gesellschaft.[9]
Urprinzip ist die Einheit ohne Dualität. Vishnu liegt unbeweglich auf der Weltenschlange Ananta-Shesha am Grund des Ozeans und bewacht die Schöpfung. Wie Vishnu am Grund des Ozeans zur Schildkröte wird, als Basis für die Weltenachse, den Berg Mandara, der in Kreisbewegung versetzt die übrigen Dinge und Wesen der Schöpfung entstehen lässt, steht im
- Hauptartikel: Milchozean.
Es folgt die Erschaffung des Menschen, die als Übergang aus dem Urzustand in einem der ältesten kosmogonischen Mythen im Rigveda[10] geschildert wird. Die Götter opferten den Urmenschen Purusha – was einfach "Mensch" bedeutet, der mit seinen tausend Köpfen und tausend Beinen so groß war, dass er die ganze Erde umschlossen hielt. Ähnlich riesig stellt man sich auch die Weltenschlange vor. Der Mythos von beiden gelangte bis in die nordische Mythologie Skandinaviens, letztere als riesige Midgardschlange, der Urriese findet sich im Norden als Ymir wieder und als Gayomard in der mittelpersischen Schöpfungsgeschichte Bundahischn der Zoroaster. Aus dem Opfer des Urmenschen entstand die Menschenwelt: die Tiere, der Mond, die Sonne aus seinen Augen, die Luft aus seinem Nabel, aus seinem Kopf der Himmel, aus den Füßen die Erde, und zur Ordnung für die Menschen entstanden gleich die vier verschiedenen Kasten. Durch dieses Opfer konnten die Götter in den Himmel gelangen.[11]
Purusha wurde mit dem Kopf nach unten auf die flache Erde (Vastu) gedrückt, nach der Orientierung des kosmischen Mandalas ins Zentrum der Welt. Dieses Vastupurushamandala wird in mittelalterlichen Architekturlehrbüchern überliefert als quadratischer Neun-Felder-Grundriss mit von Brahma im zentralen Feld platziertem Vastupurusha. Der Vorstellung nach wird genau darauf jedes Bauwerk und besonders jeder Tempel errichtet. Der Bauvorgang wird als wiederholende Schöpfung betrachtet.
Nochmals zurück zum Urei: Der einfache Erdhügel als frühes indisches Totenmal erfuhr durch Buddha eine Wandlung zum Symbol der Erleuchtung. Erste buddhistische Stupas waren Erdhügel, später halbkugelförmige Steinmale und Abbild des Himmelsgewölbes. Sie wurden wegen ihrer Form und als Sinnbild des schöpferischen Prinzips mit dem Urei verglichen und als Anda ("Ei") ebenso benannt; Abbild einer Erlösungslehre, deren Ziel jenseits von Tod und Wiedergeburt liegt.[12]
Dem indischen Erschaffen folgt im endlosen Kreislauf der Untergang. Der Weltzyklus ist in vier Weltalter (Yuga) aufgeteilt. Die heutige Welt ist das Kaliyuga, dessen Anfang für den 18. Februar 3102 v. Chr. angenommen wird. Je exakter die Aussage, desto wahrer wird sie.
[Bearbeiten] Bedeutung und Struktur
Für Karl Jaspers wird mit der Teilnahme am Mythos von der Schöpfung bis zum Weltende und wieder Neubeginn "die Welt als Erscheinung einer transzendenten Geschichte" gedacht, als "vorübergehendes Dasein im Gang eines überweltlichen Geschehens."[13]
In der Struktur des Mythos sind zugleich rationale wie irrationale Elemente, auch der Mythos beinhaltet Erklärung, es geht nur darum herauszufinden, an welcher Stelle.[14]
[Bearbeiten] Siehe auch
- Schöpfung
- Germanische Schöpfungsgeschichte
- Indische Schöpfungsgeschichte des weißen Elefanten Airavata
- Areop-Enap Schöpfungsgeschichte der Pazifikinsel Nauru
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Fritz Mauthner: Wörterbuch der Philosophie. Leipzig 1923, S.288-295. Online bei zeno.org
- ↑ Mircea Eliade: Die Sehnsucht nach dem Ursprung. Frankfurt 1976
- ↑ Karl Kerényi: Die Mythologie der Griechen. Band 1: Die Götter und Menschheitsgeschichten. München 1966
- ↑ Pierre Grimal (Hg.): Mythen der Völker. Band 1, Frankfurt 1967
- ↑ Mircea Eliade: Die Schöpfungsmythen. Zürich 1964
- ↑ Enuma Elisch – der mesopotamisch-altbabylonische Schöpfungsmythos. Tafel 1 bis 6. Text der Dichtung.
- ↑ Jani Sri Kuhnt-Saptodewo: A bridge to the upper world: sacred language of the Ngaju. (Research Notes). Borneo Research Bulletin, January 1, 1999
- ↑ Mircea Eliade: Die Sehnsucht nach dem Ursprung. Frankfurt 1976, S.111-115
- ↑ Helmuth von Glasenapp: Indische Geisteswelt. Band 1: Glaube und Weisheit der Hindus. Hanau 1986. Manusmriti-Text S. 142-149
- ↑ Rigveda 10, 90. Englische Übers.: Ralph T. H. Griffith, 1896
- ↑ Karl Kerényi: Die anthropologische Aussage des Mythos. In: Hans-Georg Gadamer und Paul Vogler (Hg.): Philosophische Anthropologie. Erster Teil. Stuttgart 1975, S. 316-339
- ↑ Ernst Diez: Indische Kunst. Ullstein Kunstgeschichte, Bd. 19, Frankfurt 1964, S. 31-38.
- ↑ Karl Jaspers: Einführung in die Philosophie. München 1971, S. 65
- ↑ C. I. Gulian: Mythos und Kultur. Zur Entwicklungsgeschichte des Denkens. Wien 1971