Homo erectus
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Homo erectus | |||||
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Rekonstruktion eines Homo erectus im Westfälischen Museum für Archäologie
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Zeitraum | |||||
Pleistozän | |||||
1,8 bis 0,04 Millionen Jahre | |||||
Fossilfundorte | |||||
Systematik | |||||
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Wissenschaftlicher Name | |||||
Homo erectus | |||||
(Dubois, 1892) |
Homo erectus ist eine ausgestorbene Hominiden-Art aus der Gattung des Menschen (Homo). Das Art-Epitheton erectus kommt aus dem lateinischen und bedeutet „aufgerichtet“.
Heute werden zahlreiche Fossilfunde der Art Homo erectus zugeordnet, die von ihren Entdeckern ursprünglich eigene Gattungs- und Artnamen erhalten hatten, so zum Beispiel der Peking-Mensch, der Java-Mensch und Telanthropus capensis, ein Fund aus Swartkrans.
Inhaltsverzeichnis |
Vorkommen
H. erectus lebte von vor etwa 1,85 Mio. Jahren bis vor ca. 40.000 Jahren. Fossilfunde gibt es insbesondere aus Algerien, Türkei, Marokko, China und Java. H. erectus war die erste Menschenart, die sich weit über Afrika hinaus verbreitete. Bereits vor 1,77 Millionen Jahren ist H. erectus in Dmanisi (Georgien) nachgewiesen (vergl. Hominine Fossilien von Dmanisi). Neueste Datierungen machen es wahrscheinlich, dass auch die Funde von Java 1,8 Millionen Jahre alt sind.
Als Vorfahren von H. erectus werden H. habilis und H. rudolfensis angesehen. Neue Funde machen die bisher vertretene These, dass H. habilis als Vorfahr des H. erectus zu sehen ist, aber eher unwahrscheinlich. 2007 wurde ein Fund veröffentlicht, der dem H. habilis zugeordnet wird und 1,44 Millionen Jahre alt sein soll. Das würde bedeuten, dass H. habilis und H. erectus bis zu einer halben Millionen Jahre nebeneinander existierten. Die Wissenschaftler vermuten, dass beide Arten unterschiedliche ökologische Nischen besetzten und so keine direkten Konkurrenten waren.[1]
Zur Art H. erectus werden der Peking-Mensch (H. erectus pekinensis), der in der Gegend von Peking lebte (Funde in Zhoukoudian), sowie der Java-Mensch (auch: Pithecanthropus erectus = aufgerichteter Affenmensch) gezählt, von dem 1891 von Eugene Dubois auf der indonesischen Insel Java in Trinil ein Schädel als Typusexemplar gefunden wurde.
Von manchen Anthropologen werden zu H. erectus auch Fossilien von H. heidelbergensis, H. ergaster und H. antecessor gerechnet. Auf der anderen Seite könnte man auch von „Homo sapiens erectus“ sprechen, wenn man Ernst Mayrs Begriff Superspezies für die Systematik der Hominiden nutzt, wie es z.B. Otto Kleinschmidt schon 1931 getan hat.
Morphologie
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Der Körperbau von Homo erectus erinnert bereits deutlich an moderne Menschen, ist allerdings robuster. Dies unterscheidet Homo erectus auch vom zeitgleich in Afrika lebenden Homo ergaster. Das Gehirnvolumen ist größer als das von Homo habilis und lag zwischen 800 und 1300 cm3. Die Stirn ist steiler, die Zähne sind kleiner. Der Unterkiefer ist im Vergleich zu Homo sapiens breiter und leicht V-förmig. Ein vorspringendes Kinn fehlt. Die Körperlänge konnte lange Zeit nur auf etwa 1,60 Meter geschätzt werden, da postcraniales Skelettmaterial fehlte. Funde aus Afrika (Turkana-See) haben dies korrigiert: Homo erectus war ausgewachsen etwa 1,80 Meter groß. Sein Gehirnvolumen vergrößerte sich im Verlauf der Millionen Jahre seiner Existenz deutlich.
2007 wurde in der Türkei ein Schädeldach von Homo erectus aus 500.000 Jahre altem Travertin geborgen, das deutliche Merkmale einer durch Tuberkulose ausgelösten Hirnhautentzündung (Leptomeningitis tuberculosa) aufwies. [2]
Ernährung
Der Homo erectus war bereits Jäger und Sammler. Paläoanthropologen der University of Arkansas haben 2005 aufgrund der Abnutzungsspuren von 1,8 Millionen Jahre alten Zähnen im Vergleich die Theorie aufgestellt, dass sich Homo erectus und Homo habilis von Früchten, Wurzelgemüse und zähem Fleisch ernährten. Welchen Anteil die einzelnen Nahrungskomponenten hatten, ist umstritten. Er erlernte das Jagen und den Gebrauch des Feuers; der afrikanische Homo habilis blieb hingegen eher Sammler.
Kultur
Für Homo erectus ist Werkzeuggebrauch ebenso nachgewiesen wie die Nutzung des Feuers. Kulturell gehört er der Altsteinzeit an.
- Zahlreiche bereits nach Funktion differenzierte Steinwerkzeuge belegen die Kunst der Werkzeugherstellung. Die ersten Steinwerkzeuge (Chopper und Chopping Tools) gehören der Kulturstufe des Oldowan an. Vor etwa 1,5 Million Jahren wurde in Afrika die Stufe des Acheuléen erreicht. Vor etwa 500.000 Jahren kam diese Technikentwicklung auch nach Europa. Sie zeichnet sich durch beidseitige Klingen aus, die sehr sorgfältig gefertigt wurden. Man kann klare Grundtypen erkennen, die über viele Generationen gleich geblieben sind. Die Technik ist aufwändig zu erlernen. Daher ist anzunehmen, dass die afrikanischen und europäischen Homo erectus bereits über eine ausgeprägte Tradierung sowie die dafür notwendigen geistigen Fähigkeiten verfügten. Nach der Funktion kann man Hackmesser bzw. Schaber und größere Handäxte (sogenannte Faustkeile) unterscheiden. Auch in China (Bose-Bassin) wurden Faustkeile gefunden, die 800.000 Jahre alt sind. Allerdings sind Steinwerkzeuge aus Ostasien sehr selten. Der Fund aus dem Bose-Bassin stammt aus einer Zeit, als Meteoriten riesige Waldbrände verursacht hatten, so dass Holz knapp war. Daher wird angenommen, dass die asiatischen Homo erectus insbesondere Holzwerkzeuge benutzten.
- Im Braunkohletagebau von Schöningen (Niedersachsen) wurden etwa 400.000 Jahre alte Holzspeere sowie ein beidseitig zugespitztes Wurfholz gefunden, die Homo erectus (bzw. Homo heidelbergensis) zugeordnet werden. Die Schöninger Speere sind überwiegend aus Fichtenholz gefertigt und bis zu 2,5 m lang. Aufgrund der Schwerpunktlage dürften sie als Wurfspeere benutzt worden sein. Die Speere befanden sich auf einem Jagdlagerplatz zwischen den Überresten von mindestens 15 Pferden. Daher kann angenommen werden, dass Homo erectus bereits die Großwildjagd zur Ernährung nutzte. Die sorgfältige Bearbeitung der Speere lässt auf eine gut ausgeprägte Kultur der Werkzeugherstellung schließen. Sehr ähnliche Funde wurden bei dem Fundplatz Bilzingsleben gemacht. Neben den Holzspeeren wurde hier ein Lagerplatz mit einfachen Wohnbauten und einem zentralen, gepflasterten Platz ausgehoben.
- Besonders bei den späteren Homo erectus-Exemplaren wie in Schöningen und Bilzingsleben, die etwa 500.000 bis 370.000 Jahre vor heute anzusetzen sind, wird häufig schon von einer grundsätzlichen Fähigkeit zur Sprache ausgegangen.
Siehe auch
Anmerkungen
- ↑ Meldung auf Spiegel.de
- ↑ John Kappelman et al.: First Homo erectus from Turkey and implications for migrations into temperate Eurasia. American Journal of Physical Anthropology, online Vorabveröffentlichung vom 7. Dezember 2007, doi:10.1002/ajpa.20739
Literatur
- Ernst Probst: Deutschland in der Steinzeit. Bertelsmann, München 1991. ISBN 3-570-02669-8 (Neuaufl. Orbis, München 1999 ISBN 3-572-01058-6)
- Die Evolution des Menschen. GEO kompakt. Hamburg 2005,4 (Sehr anschaulich und aktuell, aber ohne weitere Literaturangaben) ISSN 1614-6913