Helmut Ridder
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Helmut Ridder (* 18. Juli 1919 in Bocholt; † 15. April 2007 in Biebertal) war ein deutscher Verfassungsrechtler und Professor für Öffentliches Recht und die Wissenschaft von der Politik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Dort hat er zu den Gründungsprofessoren der erst 1965 wieder eröffneten rechtswissenschaftlichen Fakultät gehört; diese war 1946 aufgrund kriegsbedingter Zerstörungen geschlossen worden. Ridder galt als ein profilierter linksliberaler Bürgerrechtler und trug zur Entwicklung des sogenannten „Gießener Modells“ der Juristenausbildung bei, das in der Verzahnung von Rechtswissenschaft, Wirtschaftswissenschaften und Politikwissenschaft bestand.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Berufsleben
1947 wurde Helmut Ridder an der Universität Münster mit seiner Dissertation „Wesen und Friedensaufgabe des Waffenstillstandes“ promoviert. Seine 1950 gleichfalls in Münster vorgelegte Habilitationsschrift trug den Titel „Die verfassungsrechtliche Stellung der englischen Verwaltung“. Helmut Ridder war ab 1951 als Hochschullehrer an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main und ab 1959 an der Universität Bonn tätig, wo er u. a. Arbeiten über „Kirche – Staat – Rundfunk“, „die verfassungsrechtliche Stellung der Gewerkschaften“ und „Enteignung oder Sozialisierung“ verfasste.
Der Gießener Rechtswissenschaftler Gerhard Köbler würdigte 1982 die Berufung Ridders im Jahr 1965 an die Universität Gießen so:
„Mit ihm gewann die Fakultät einen erfahrenen und profilierten Ordinarius, der vor und nach seiner Berufung nach Gießen zu vielen verfassungspolitischen Streitfragen entschieden und mit brillanten Formulierungen Stellung bezog.[1]“
Seine Lehr- und Forschungstätigkeit lag auf den Grenzgebieten zwischen dem Verfassungsrecht und der politischen Wissenschaft: Er beschäftigte sich, auch in rechtsvergleichender Perspektive, mit Demokratietheorie und den Grundrechten, mit Medienrecht, Presserecht, Urheberrecht und der Verfassungsgerichtsbarkeit sowie der Verfassungszeitgeschichte. In der 1960er-Jahren war Ridder u. a. Vorsitzender des Kuratoriums Notstand der Demokratie, das gegen die deutschen Notstandsgesetze argumentierte. Jahrzehntelang war er ferner Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik. In den 1970er-Jahren war Ridder u. a. Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. Seine Bemühungen um die Verständigung von Deutschen und Polen wurden 1983 mit der Ehrendoktorwürde der Universität Łódź anerkannt, im Jahr seiner Emeritierung, 1988, erhielt er die gleiche Auszeichnung von der Universität Jena.
In einem Nachruf auf Ridder in der Zeitung der Justus-Liebig-Universität uniforum hieß es:
„Er stand als 'politischer Professor' in der Tradition der Göttinger Sieben und der Professoren des Paulskirchenparlaments und setzte seine wissenschaftliche Kompetenz für die Sicherung und Fortentwicklung der demokratischen, freiheitlichen Republik und deren friedensorientierter Politik ein. (...) Bahnbrechend war sein sehr frühes engagement für eine Versöhnung mit Polen als praktische Friedensarbeit. [2]“
Zu Ridders Schülern zählten die späteren Bundesminister Brigitte Zypries und Frank-Walter Steinmeier.
Helmut Ridder wurde von seiner Frau und drei seiner vier Kinder überlebt.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Gerhard Köbler: 21 Gießener juristische Vorlesungen. Arbeiten zur Rechts- und Sprachwissenschaft Verlag GmbH, Gießen, 1982
- ↑ Prof. Heinhard Steiger: Prof. Helmut Ridder. In: uniforum, Nr. 2 vom 16. Mai 2007, S. 12
[Bearbeiten] Literatur
Friedrich-Martin Balzer (Hrsg.) „Ridder's Digest. Annäherung an das Gesamtwerk von Helmut Ridder“ (450 von 500 Veröffentlichungen im Volltext + Gesamtbibliographie), CD-ROM, Bonn 2. Auflage 2004, Update 2007
[Bearbeiten] Schriften von Helmut Ridder
- Helmut Ridder: Über Deutschlands immerwährende Flucht vor der Geschichte und ihre juristischen Vehikel aus: Wirtschafts- und Medienrecht in der offenen Demokratie. Freundesgabe für Friedrich Kübler zum 65. Geburtstag, hrsg. von Heinz-Dieter Assmann, Tomas Brinkmann, Georgios Gounalakis, Helmut Kohl, Rainer Walz, C.F. Müller: Heidelberg, 1997, S. 129 - 150; html-Version und pdf-Datei (am Ende des Textes, vor den Endnoten).
- Helmut Ridder: Zum staatstragenden Opportunismus der Rechtsprechung zur Meinungsäußerungsfreiheit Aus: Helmut Ridder, Die soziale Ordnung des Grundgesetzes. Leitfaden zu den Grundrechten einer demokratischen Verfassung, Opladen, 1975, S. 75 - 83
- Helmut Ridder: Vom Wendekreis der Grundrechte In: Leviathan. Zeitschrift für Sozialwissenschaften 1977, S. 467 - 521 (Auszüge)
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Helmut Ridder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
---|---|
NAME | Ridder, Helmut |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Verfassungsrechtler |
GEBURTSDATUM | 18. Juli 1919 |
GEBURTSORT | Bocholt |
STERBEDATUM | 15. April 2007 |
STERBEORT | Biebertal |