Godwins Gesetz
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Godwins Gesetz (engl. Godwin’s Law) ist ein geflügeltes Wort der Internetkultur, das von Mike Godwin 1990 geprägt wurde. Es besagt, dass im Verlaufe langer Diskussionen, beispielsweise in Usenet-Newsgroups, irgendwann jemand einen Nazivergleich oder einen Vergleich mit Hitler (siehe auch Reductio ad Hitlerum) einbringt. Ähnlich wie Murphys Gesetz enthält es eine sarkastische oder auch augenzwinkernde Dimension.
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Grundlegendes
Auf Englisch lautet das Gesetz[1]: “As an online discussion grows longer, the probability of a comparison involving Nazis or Hitler approaches one.”, zu deutsch: Mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert Eins an.
Der Begriff Gesetz wird hierbei im Sinne von Naturgesetz gebraucht. Wie fast alle „Usenet-Gesetze“ ist auch Godwins Gesetz keine Regel, sondern eher eine Beobachtung, eine Art gewöhnliches Verhalten. Godwins Law wird häufig nicht nur bei „Nazi“-Vergleichen, sondern auch anderen moralisch oder „politisch korrekt“ belegten Formeln herangezogen.
Ursprung und Interpretation
Als das vermeintliche Gesetz in den frühen 1990ern bekannt wurde, war Godwin juristischer Berater der Electronic Frontier Foundation. Richard Sexton behauptet, dass das Gesetz eine Formalisierung seines Postings vom 16. Oktober 1989[2] sei:
„Man kann eine Usenet-Diskussion als beendet bezeichnen, wenn einer der Teilnehmer Hitler und die Nazis herauskramt.“
Dies ist eine nicht unübliche Interpretation von Godwins Gesetz, zudem wird oftmals der Autor des Vergleiches zum Verlierer der Diskussion erklärt. Im strengen Sinne ist dies jedoch nicht zutreffend, da der tatsächliche Text von Godwins Gesetz nicht feststellt, dass ein solcher Verweis oder Vergleich die Diskussion „alt“ macht oder dass ein solcher Verweis oder Vergleich bedeutet, dass die Diskussion vorbei ist. Häufig verschiebt sich die Diskussion nach der Erwähnung von Godwin (bzw. der eigentlich falschen Interpretation) jedoch zu einer Diskussion darüber oder über das Nazi-Thema; womit der Thread effektiv beendet ist, da er das ursprüngliche Thema verlässt.
Weil Godwin den im Usenet weitverbreiteten Diskussionsstil, seine Diskussionsgegner mit Nazivergleichen zu diskreditieren, unlogisch und anstößig fand, richtete er das Gesetz als ein Gegen-Mem ein. Sein Ziel war es nicht, Diskussionen zu beenden (oder sie sogar als „alt“ einzustufen), sondern Diskussionsteilnehmer dafür zu sensibilisieren, ob ein Vergleich mit den Nazis oder Hitler angemessen oder bloß eine rhetorische Übertreibung ist. Häufig dienen solche Nazivergleiche als „Totschlagargumente“, um eine weitere Diskussion zu verhindern, bzw. deutlich zu erschweren. Eine absichtsvolle Beschwörung von Godwins Gesetz im Hinblick auf seine diskussionsbeendende Wirkung ist jedoch meist zum Scheitern verurteilt.
Erweiterungen und alternative Formulierungen
Wie andere Gesetze, die sich aus statistischen Beobachtungen herleiten, kann Godwins Gesetz als Beweis eines sozialen Phänomens angesehen werden. In diesem Fall: Während eine Diskussion einen wachsenden Teilnehmerkreis findet (der eine zunehmend repräsentative Stichprobe darstellt), nähert sich die Wahrscheinlichkeit dem Wert Eins dafür, dass jemand einen verabscheuungswürdigen Vergleich heranzieht, der auf die Diskussion wie eine „Gedankenpolizei“ wirkt.
Extrapoliert man Godwins Gesetz, so besagt es, dass im Verlaufe endloser Diskussionen, beispielsweise in Usenet-Newsgroups, irgendwann jemand einen Vergleich mit [beliebigem Thema] einbringt.
Statistisch gesehen, wäre das für jedes Thema korrekt, außer jenen, die aktiv und nicht sichtbar zensiert sind.
Verschiedene Zusätze und Nachträge zu Godwins Gesetz sind von Internetnutzern vorgeschlagen worden, obwohl der Originalverweis zu den Nazis der beliebteste bleibt. Einige haben wie Godwins Gesetz einen wahren Kern, die meisten sind aber eher scherzhaft gemeint.
- Morgans Korollar zu Godwins Gesetz
- Sobald ein solcher Vergleich aufkommt, wird jemand eine Nazi-Diskussion in alt.censorship beginnen.
- Sircars Korollar
- Wenn die Usenet-Diskussion die Themen Homosexualität oder Heinlein berührt, werden die Nazis oder Hitler binnen drei Tagen erwähnt.
- Cases Korollar
- Wenn das Thema Heinlein oder Homosexualität ist, wird die Wahrscheinlichkeit eines auftretenden Hitler/Nazi-Vergleichs gleich Eins.
- Van der Leuns Korollar
- Weil die globale Vernetzung steigt, geht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Nazis gegen Eins.
- Millers Paradoxon
- Während sich ein Netzwerk entwickelt, konvergiert die Zahl von Nazivergleichen, denen nicht durch Zitat von Godwins Gesetz zuvorzukommen war, gegen Null.
- Chameus' Korollar
- Im Falle eines Hitler- und/oder Nazivergleichs in elektronisch basierten Diskussionen findet auch immer eine Diskussion über Godwins Gesetz statt.
- Quirks Ausnahme
- Ein absichtliches Herbeirufen Godwins Gesetz ist vergeblich bzw. ungültig.
Quellen
- ↑ Mike Godwin (2004-10-01). Meme, Counter-meme. Wired Magazine. Gefunden am 2006-03-24.
- ↑ http://groups.google.com/groups?ie=UTF-8&as_umsgid=21000@gryphon.COM&lr=&hl=de
Weblinks
- Godwin’s Law FAQ
- Usenet posting: Mike Godwin states the Usenet variant of Godwin’s Law (Aug 1991)
- Godwin’s Law entry in the Jargon File
- Meme, Counter-meme, Mike Godwin, Wired 2.10, October 1994 – Godwin discusses his Law
- EFF page on Godwin’s Law and reformulations
- ADL calls added definition of nazi offensive
- Usenet posting: Richard Sexton’s original post (Oct 1989)