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Erich Schwinge – Wikipedia

Erich Schwinge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Erich Schwinge, alias Maximilian Jacta (* 15. Januar 1903 in Jena; † 30. April 1994 in Marburg) war ein deutscher Jurist und Autor. Schwinge war seit 1931 Professor für Rechtswissenschaften. Nach dem zweiten Weltkrieg beschäftigte er sich unter anderem mit der Rolle der Militärjustiz im Dritten Reich, wobei seine Kernthese, es habe sich um normale und rechtsstaatliche Rechtsprechung gehandelt, schon damals umstritten war und heute weitgehend abgelehnt wird. Ein größeres Publikum fand seine unter dem Pseudonym Maximilian Jacta veröffentlichte mehrbändige Sammlung bekannter Kriminalprozesse.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Schwinge besuchte die Oberrealschule in Jena und studierte anschließend von 1921 bis 1924 Rechtswissenschaften an den Universitäten Jena, Berlin und München. Es folgte das Referendariat, das er in Jena, Weimar, Camburg, Berlin und Hamburg absolvierte. Er promovierte 1926 und habilitierte sich 1930 an der Universität in Bonn für Strafrecht, Strafprozessrecht, Zivilprozessrecht und Rechtsphilosophie. 1931 und 1932 war er dann zunächst Vertretungsprofessor an der Universität Kiel.

[Bearbeiten] Schwinge in der Zeit des Nationalsozialismus

Ab 1932 war Schwinge an der Universität Halle als Professor tätig, bevor er 1936 auf einen Lehrstuhl an der Universität Marburg berufen wurde. 1933 war er in den Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen eingetreten.

Im Jahre 1936 verfasste er einen Gesetzeskommentar zum Militärstrafgesetzbuch, dessen sechste und letzte Auflage 1944 erscheinen sollte. Die Kommentierung des Militärstrafgesetzbuches entwickelte sich bald zu einer in der Praxis viel verwendeten Auslegungshilfe. Von 1937 bis 1939 war er dann Dekan an der Marburger Universität, wechselte aber 1940 an die Universität Wien.

Gemeinsam mit seinem Marburger Kollegen Leopold Zimmerl kritisierte er die Strafrechtslehre der beiden Kieler Professoren Georg Dahm und Friedrich Schaffstein. Er warf ihnen vor, einen strafrechtlichen Irrationalismus zu vertreten.[1] Dieser Streit entzündete sich insbesondere am Begriff des Rechtsguts, der von den Mitgliedern der Kieler Schule als mit dem Nationalsozialismus unvereinbar abgelehnt wurde. Schwinge selbst hielt am Begriff des Rechtsguts fest und hatte bereits 1933 eine nationalsozialistische Rechtsgutlehre entwickelt: Die Rechtsgüter seien im Sinne der herrschenden Doktrin des Nationalsozialismus auszulegen.[2] Auf diese Weise glaubte Erich Schwinge, der Doktrin der Kieler Schule eine wissenschaftlichere Methode entgegenzusetzen. Bereits im Jahre 1930 − also noch drei Jahre vor der nationalsozialistischen Machtergreifung − hatte er die Methode der Auslegung von Rechtsnormen nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften (teleologische Auslegung) bis zum Äußersten vorangetrieben[3] und stellte schließlich das Analogieverbot in Frage, schon bevor der Gesetzgeber mit der Änderung des Strafgesetzbuches vom 28. Juni 1935 das Analogieverbot abschaffte.

1941 wurde Erich Schwinge zunächst Staatsanwalt, dann Militärrichter bei der Division 117 in Wien, bis er 1945 in Kriegsgefangenschaft geriet. Er veranlasste während dieser Tätigkeit 16 Todesurteile. Kritiker[4] werfen ihm besonders den Fall des damals siebzehnjährigen Anton Reschny vor. Dieser hatte als Wehrmachtsangehöriger, der allerdings noch nicht über seine Pflichten belehrt worden war, bei Aufräumarbeiten eine Geldbörse und zwei Armbanduhr an sich genommen und war wegen Diebstahls unter Ausnutzung der Kriegsverhältnisse (§ 242 Reichsstrafgesetzbuch, § 4 Verordnung gegen Volksschädlinge) angeklagt worden, wofür eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren vorgesehen war. Schwinge wandte allerdings die Vorschriften des Militärstrafgesetzbuches über die Plünderung an. Das Gericht verurteilte Reschny wegen eines besonders schweren Falls zum Tode.[5]. Die Todesstrafe wurde allerdings nicht vollstreckt.

[Bearbeiten] Schwinge nach 1945

Nach dem Krieg wurde Schwinge aus Österreich ausgewiesen, seine Professur an der Universität Wien wurde beendet. Schwinge wurde allerdings bereits 1948 wieder an die Universität Marburg als Professor berufen und amtierte dort zwanzig Jahre lang als Dekan der juristischen Fakultät und 1954/1955 als Rektor der Universität. Neben seiner Tätigkeit vertrat Schwinge in etwa 150 Strafprozessen ehemalige Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS.

Politisch engagierte er sich in der FDP und war zeitweise Mitglied des Landesvorstandes seiner Partei in Hessen und Bundestagskandidat.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde seine unter dem Pseudonym Maximillian Jacta zwischen 1962 und 1972 veröffentlichte Sammlung „Berühmte Strafprozesse“ bekannt, die mehrfach übersetzt wurde. Dieses mehrbändige, der Litaraturgattung der Pitavale zuzurechnendes Werk, steht auch in der aufklärerischen Tradition des Begründers des Genres François Gayot de Pitaval. Das Pseudonym wurde seinerzeit gewählt, um das Werk auch international vermarkten zu können.[6]

Schwinge hatte mit seinem Werk Praxis des Revisionsrechts (1960) Einfluss auf die Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland.[7]

Wissenschaftlich setzte er sich in der Nachkriegszeit mit der Geschichte der Militärgerichtsbarkeit im II. Weltkrieg auseinander. So verfasste er mit Otto Schweling das erste umfassende und lange als Standardwerk betrachtete Buch zu dem Thema.[8] Er vertrat die Ansicht, dass die Härte der deutschen Militärstrafgerichtsbarkeit gerechtfertigt gewesen sei, um die Moral in der Truppe aufrecht zu erhalten. Die Militärgerichtsbarkeit sei auch weitgehend unabhängig gewesen und habe sich im Rahmen des Rechtes bewegt. Auch auf Seiten der Alliierten habe eine vergleichbare Gerichtsbarkeit mit ähnlicher Härte bestanden. Die Urteile der Militärgerichte seien daher als rechtmäßig anzuerkennen. Diese Thesen wurde zwar bereits in den 1950ern krisisiert, waren aber lange herrschende Ansicht und wurden erst in den 1980er-Jahren widerlegt.[9] Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes folgte dieser These lange[10], gab diese Rechtsprechung mit einem Urteil vom 11. September 1991 ausdrücklich auf und ging nunmehr vom zu vermutenden Unrechtscharakter der Urteile der Militärgerichtsbarkeit aus.[11] Aus heutiger Sicht wird die Arbeit Schwinges als Versuch gewertet die deutschen Juristen in einem besseren Licht darzustellen, der wissenschaftlich aber kaum haltbar sei.[12]

Aufsehen erregte Erich Schwinge auch durch den Umgang mit Kritikern. Nachdem etwa 1964 eine Studentenzeitung einen kritischen Beitrag zur Rolle Schwinges veröffentlicht hatte, untersagte er die Verbreitung der Veröffentlichung und strengte erfolglos ein Disziplinarverfahren wegen der Veröffentlichung gegen die Verantwortlichen an. Gegen einen in der Folge vom ASTA herausgegebenen Reader mit unkommentierten Zitaten Schwinges ging er mit dem Mittel der Einstweiligen Verfügung gerichtlich vor. Das Vorgehen Schwinges erregte ein erhebliches Presseecho.[13]

[Bearbeiten] Literatur

  • Ernst Klee, Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945?, S. Fischer, 2. Aufl. Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0
  • Ingo Müller, Furchtbare Juristen, Knaur, München 1989, ISBN 3-426-03960-5
  • Ursula Schwinge-Stumpf (Hrsg.), Erich Schwinge – Ein Juristenleben im Zwanzigsten Jahrhundert (Autobiographie), Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-7973-0654-7
  • Detlef Garbe, „In jedem Einzelfall ... bis zur Todesstrafe“. Der Militärstrafrechtler Erich Schwinge – Ein deutsches Juristenleben., Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte, Hamburg 1989, ISBN 3-927106-00-3
  • Stefan Chr. Saar, Erich Schwinge (1903-1994). In: E. Klein, St. Chr. Saar, C. Schulze (Hg.). Zwischen Rechtsstaat und Diktatur. Deutsche Juristen im 20. Jahrhundert, Frankfurt am Main 2006 (= Rechtshistorische Reihe Bd. 326); S. 105-129, ISBN 3-631-54716-1

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Insbesondere in Erich Schwinge: Irrationalismus und Ganzheitsbetrachtung in der deutschen Rechtswissenschaft. Bonn 1938.
  2. Erich Schwinge, Die gegenwärtige Lage der Strafrechtspflege, Halle 1933, S. 22.
  3. Etwa in Erich Schwinge, Teleologische Begriffsbildung im Strafrecht, Bonn 1930.
  4. Etwa Tobias Walkling, Abschreckung tut not in: Ohne Uns - Zeitschrift zur Totalen Kriegsdienstverweigerung, Heft 5/93
  5. Ingo Müller, Furchtbare Juristen, Knaur 1989, ISBN 3-426-03960-5, S. 192
  6. Günter Spendel, Vorwort zu Maximilian Jacta, Berühmte Strafprozesse, Genehmigte Sonderausgabe. Orbis Verlag, München 2001, ISBN 3-572-01242-2; Ernst J. Cohen, Gelehrter in Zeiten der Wirrnis in: Hans Ulrich Evers/Karl Heinrich Friauf/ Ernst Walter Hanack/Rudolf Reinhardt (Hrsg.), Persönlichkeit in der Demokratie - Festschrift für Erich Schwinge zum 70. Geburtstag. Köln-Bonn 1973, ISBN 3-7756-7700-3, S. 5.
  7. Ernst J. Cohen, Gelehrter in Zeiten der Wirrnis in: Hans Ulrich Evers/Karl Heinrich Friauf/ Ernst Walter Hanack/Rudolf Reinhardt (Hrsg.), Persönlichkeit in der Demokratie - Festschrift für Erich Schwinge zum 70. Geburtstag. Köln-Bonn 1973, ISBN 3-7756-7700-3, S. 5.
  8. Schwinge/Schweling, Die deutsche Militärjustiz in der Zeit des Nationalsozialismus, Elwert-Verlag, 2. Auflage, Marburg 1978, ISBN 3-7708-0619-0; 1. Aufl. Marburg 1977, ISBN 3-7708-0590-9
  9. Vor allem durch Messerschmidt/Wüllner, Die Wehrmachtsjustiz im Dienste des Nationalsozialismus, 1987. Vgl. zur Entwicklung: Frithjof Harms Päuser, Die Rehabilitierung von Deserteuren der Deutschen Wehrmacht unter historischen, juristischen und politischen Gesichtspunkten mit Kommentierung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile (NS-AufhG vom 28.05.1998) (Diss. München 2000); Marcus Stortz, 'Während Jünglinge und Greise zu den Fahnen eilen, wird er fahnenflüchtig'. Deserteure, deutsche Wehrmachtjustiz und die unendliche Geschichte der Rehabilitation. in: forum historiae 2002
  10. Vgl. zuletzt BSozG NJW 1985, 1109
  11. BSozG NJW 1992, 934 ff.; kritisch zum Urteil Schwinge, NJW 1993, 368; ders., Wehrmachtsgerichtsbarkeit eine Terrorjustiz? Gedanken zu einem Urteil des Bundessozialgerichts, Schriftenreihe des Ringes Deutscher Soldatenverbände, Band 3; positiv zu dem Urteil: Gritschneder, NJW 1993, 369.
  12. Klaus-Dieter Godau-Schüttke, Von der Entnazifizierung zur Renazifizierung der Justiz in Westdeutschland, forum historiae iuris, 2001, Randnummer 50
  13. Roland Holder, Hitlers willfährige Helfer - Furchtbare Juristen vor und nach 1945


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