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Carla Del Ponte – Wikipedia

Carla Del Ponte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Carla Del Ponte während eines Vortrags an der Université de Lausanne im April 2005
Carla Del Ponte
während eines Vortrags an der Université de Lausanne im April 2005

Carla Del Ponte (* 9. Februar 1947 in Bignasco, Tessin) ist eine Schweizer Juristin und Botschafterin. Sie war vorher Bundesanwaltin (1994–1998) und Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag (1999–2007).

Carla Del Ponte spricht Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Carla Del Ponte studierte internationales Recht in Bern, an der Universität Genf und in Großbritannien. Ab 1972 arbeitete Del Ponte in einer Rechtsanwaltspraxis in Lugano, 1975 gründete sie ihre eigene Kanzlei.

1981 wurde sie Staatsanwältin des Kantons Tessin. Ihr kompromissloses Vorgehen gegen Geldwäsche, organisierte Kriminalität, Waffenschmuggel und grenzüberschreitende Wirtschaftskriminalität trug ihr den Spitznamen Carlita la pesta (Carlita, die Pest) ein. Sie arbeitete eng mit dem später ermordeten italienischen Richter Giovanni Falcone gegen die Mafia zusammen und entging 1989 im Ferienhaus Falcones bei Palermo nur knapp einem Sprengstoffanschlag.

1994 wurde sie zur Bundesanwältin der Schweiz berufen. Sie ermittelte u.a. wegen Geldwäsche und Korruption im engeren Umkreis des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin und gegen den Bruder des mexikanischen Ex-Präsidenten Salinas. Ihre Arbeit als oberste Anklägerin der Schweizer Bundesbehörden wurde indes sehr unterschiedlich bewertet: Insbesondere von linker Seite wurde ihr – auch im Parlament – vorgeworfen, (zu) viel Publizität zu ihren Fällen zu entwickeln, von denen dann die meisten im Sand verlaufen seien. Ihre Wahl an den Internationalen Strafgerichtshof wurde in den Medien auch als "Wegbeförderung" qualifiziert.

In September 1999 wurde sie als Nachfolgerin von Louise Arbour Chefanklägerin sowohl des Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, zuständig für die Verfolgung schwerer Verbrechen während der Jugoslawienkriege als auch des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, zuständig für die Verfolgung des Völkermords in Ruanda.[1] Im Rahmen einer Umstrukturierung im Jahr 2003 musste sie das Chefanklägeramt für das Ruanda-Tribunal abgeben.

Als Chefanklägerin trat sie nach achtjähriger Amtszeit auf den 31. Dezember 2007 zurück.[2] In dieser Zeit wurden 91 Personen von insgesamt 161 Personen, gegen die das UN-Tribunal seit 1993 Anklage erhoben hatte, verhaftet oder stellten sich freiwillig und 63 Personen wurden verurteilt.[3] Als ihre grössten Misserfolge gelten, dass Radovan Karadzic und Ratko Mladic trotz internationalem Haftbefehl nicht gefasst werden konnten und gegen Slobodan Milosevic nach vierjähriger Prozessdauer wegen seines Todes während des laufenden Prozesses kein Gerichtsurteil erging.

Nach ihrem Rücktritt als Chefanklägerin lehnte sie eine Rückkehr zur Schweizerischen Bundesanwaltschaft ab.[4] Sie wurde vom Bundesrat per 1. Januar 2008 zur Botschafterin der Schweiz in Argentinien ernannt.[5]

[Bearbeiten] Gerichtsverfahren gegen Del Ponte

Im Dezember 2002 veröffentlichte die Zeitschrift Konkret ein von Jürgen Elsässer geführtes Interview mit Felipe Turover, dem Hauptbelastungszeugen im (in der Zwischenzeit eingestellten) Ermittlungsverfahren gegen Boris Jelzin.[6] Turover beschuldigt Del Ponte, wissentlich seinen Namen und seine Funktion an die Presse geliefert zu haben, noch bevor er sich aus dem von ihm denunzierten Umfeld entfernt und in Sicherheit gebracht habe. Aus diesem Grunde habe er gegen sie ein Gerichtsverfahren angestrengt, das jedoch vom damaligen Schweizer Bundesanwalt Valentin Roschacher abgewiesen wurde. Nachdem Turover Roschacher jedoch wegen Begünstigung zu Gunsten Del Pontes verklagte, wurde der ehemalige Generalstaatsanwalt des Kantons Jura Arthur Hublard im Mai 2002 als Sonderermittler in der Sache Turover-Del Ponte-Roschacher vom Schweizer Bundesrat eingesetzt.

[Bearbeiten] Biographie

Carla Del Pontes Biographie über sie und ihre Jagd auf die Kriegsverbrecher ist seit Anfang April auf Italienisch zu kaufen. Sie nennt es «Die Jagd – Ich und die Kriegsverbrecher». Ihre Biographie hat aus vielen Ländern übelste Kritik geernet. Die heftigsten Reaktionen auf Del Pontes Buch kamen aus dem Kosovo und aus Kroatien: So äusserte Del Ponte den Verdacht, die Kosovo-Befreiungsarmee UCK habe im Sommer 1999 rund 300 Serben verschleppt und ihnen Organe für den Weiterverkauf entnommen. Laut Presseberichten stammt auch der Satz «Die Serben sind Hurensöhne, die Kroaten sind niederträchtige Hurensöhne», aus Del Pontes Buch. Die serbische Regierung hat ebenfalls gegen die Veröffentlichung protestiert.[7] Aber auch Schweizer Politiker kritisieren ihr Buch und fordern sogar ihren Rücktritt, wie auch der grüne Aargauer Nationalrat Geri Müller, Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats:"In der Sendung «Rendez-vous» von Radio DRS verwies er unter anderem darauf, dass Del Ponte als Botschafterin der Schweiz auch das Prinzip der Unparteilichkeit mitzutragen habe - und das tue sie mit der Veröffentlichung ihres Buches nicht. Müller stellte sich deshalb auf den Standpunkt, dass Del Ponte nach dem jüngsten Wirbel um ihr Buch auch als diplomatische Vertreterin der Schweiz in Argentinien nicht länger tragbar sei und deshalb zurücktreten sollte. In einem Interview der Gratiszeitung «News» warf er ihr zudem vor, einseitige Positionen gegen Serbien zu vertreten. «Wenn das EDA nun Del Ponte nicht absetzt, haben wir wirklich ein Problem», sagte Müller." [8]

[Bearbeiten] Ehrungen

  • Westfälischer Friedenspreis 2002 für „couragierte Arbeit“
  • Wartburgpreis 2006
  • Soroptimist International 2007
  • Augsburger Universitätspreis für Versöhnung und Völkerverständigung 2007
  • SwissAward 2007 in der Kategorie Politik „für ihre unermüdlichen und hartnäckigen Bemühungen, die Menschenrechte durchzusetzen, für Gerechtigkeit einzustehen und damit ein Zeichen für den Weltfrieden zu setzen“.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Film

  • La liste de Carla, von Marcel Schüpbach, 2006, Schweiz (96`)

[Bearbeiten] Quellen

  1. Ernennung zur Chefanklägerin des UNO-Tribunals, Schweizer Fernsehen, Tagesschau vom 12.8.1999 (Video, 2 min)
  2. «Es ist absolut wichtig, dass die Wahrheit ans Licht kommt», Interview in der NZZ, 1.12.2007
  3. Adios Carla – Rückblick auf 8 Jahre Arbeit im UN-Tribunal sueddeutsche.de 13.12.07
  4. NZZ Online vom 29. Juli 2007
  5. NZZ am Sonntag vom 15. Juli 2007
  6. „Carla Del Ponte richtet weiter in Den Haag: UN-Mandat für Schutzpatronin der Mafia?“ junge Welt, 15. September 2003
    Interview mit Felipe Turover, der von 1992 bis 1999 für die Jelzin-Regierung im Schuldenmanagement mit westlichen Gläubigerbanken arbeitete (Originalartikel)
  7. "Wegen ihrer Memoiren: Maulkorb für Del Ponte" 20minuten, 07.04.2008
  8. "Carla Del Ponte zum Rücktritt aufgefordert" 20minuten, 08.04.08
  9. Wirbel um Carla Del Pontes Buch, Swissinfo, 9. April 2008

[Bearbeiten] Weblinks

Commons
 Commons: International law – Bilder, Videos und Audiodateien



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