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Stalker (Film) – Wikipedia

Stalker (Film)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Filmdaten
Deutscher Titel: Stalker
Originaltitel: Сталкер
Produktionsland: Sowjetunion
Erscheinungsjahr: 1979
Länge (PAL-DVD): ca. 163 Minuten
Originalsprache: Russisch
Altersfreigabe: FSK 12
Stab
Regie: Andrei Tarkowski
Drehbuch: Arkadi und Boris Strugazki
Produktion: Alexandra Demidowa
Musik: Eduard Nikolajewitsch Artemjew und Maurice Ravel, Richard Wagner, Ludwig van Beethoven
Kamera: Alexander Knjaschinski
Schnitt: Ljudmila Feiginowa
Besetzung
  • Alexander Kajdanowski: Stalker
  • Alissa Frejndlich: Ehefrau des Stalker
  • Natasha Abramowa: Martha,
    die Tochter des Stalker
  • Anatoli Solonizyn: Schriftsteller
  • Nikolai Grinko: Professor

Stalker entstand in den Jahren 1978/79 als fünfter Film des sowjetischen Regisseurs Andrei Tarkowski. Der von Mosfilm produzierte Streifen gilt als Klassiker des sowjetischen Kinos und des Science-Fiction-Genres.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte

Die Grundlage für das Drehbuch war zunächst das vierte Kapitel der Powest (kurze Romanform, russ.) „Picknick am Wegesrand“ von Arkadi und Boris Strugazki. Im Laufe der dreijährigen Zusammenarbeit des Regisseurs und der Autoren wandelten sich die Vorstellungen über den Film jedoch so sehr, dass eine eigenständige Filmerzählung (russisch Машина желаний, dt.: „Die Wunschmaschine“, erschienen in „Sowjetliteratur“, Jg. 36 (1984) Nr. 2) entstand, die vom Szenarium her nur noch in einigen Eckpunkten mit der Powest übereinstimmt.

Schlamperei oder mutwillige Zerstörung führte dazu, dass die erste Fassung seines Werkes verloren ging und er den kompletten Film mit einem anderen Kameramann noch ein zweites Mal drehte – wie dieser in einem späten Interview anmerkte.

Trotz der eigentlich abenteuerlichen Handlung kommt der Film ohne Spezialeffekte aus. Tarkowski ist es gelungen, mit seiner eigenwilligen Bildsprache, der verschlüsselten Symbolik und den sparsamen Dialogen ein Meisterwerk der Filmkunst zu schaffen, das sich einer oberflächlichen Betrachtung entzieht und sehr breit ausdeutbar ist. Minutenlange Kameraschwenks und Plansequenzen, die postapokalyptisch anmutenden Kulissen verfallender Industrielandschaften, in denen die Natur bereits wieder die Oberhand gewinnt, und der gezielte Einsatz von Schwarz-Weiß-Sequenzen schaffen eine dichte Atmosphäre zwischen Traum, Melancholie und Pathos.

Die vorgetragenen Gedichte sind von Arseni Tarkowski, dem Vater des Regisseurs, und von Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew[1]

[Bearbeiten] Die Handlung

Ausgangspunkt der Handlung ist eine in Zeit und Ort nicht näher beschriebene Stadt, die am Rande eines als „Zone“ bezeichneten Gebietes liegt. In dieser Zone geschehen seltsame Dinge, es gibt rätselhafte Erscheinungen, deren Ursache zum Zeitpunkt der Handlung schon Jahre zurückliegt und nur vermutet werden kann. War es der Besuch einer außerirdischen Zivilisation oder ein merkwürdiger Meteoriteneinschlag – man weiß es nicht. Das Gebiet wurde evakuiert, abgesperrt und steht unter schwerer militärischer Bewachung.

Der „Stalker“ (hier im Sinne eines Pfadfinders, Ortskundigen oder auch Kundschafters) verdient sich seinen illegalen Lebensunterhalt damit, Leute durch den Sperrgürtel zu bringen und sie innerhalb der Zone zu führen. Seine Tochter ist krank, der Beruf des Vaters und das Leben nahe der Zone haben an dem Mädchen ihre Spuren hinterlassen. Der Stalker hat Gespür, ja Ehrfurcht, für diesen sich ständig verändernden Ort entwickelt, fühlt die Gefahren im Voraus und hat seine Methoden, den tödlichen Fallen, die die Zone stellt, auszuweichen.

Zwei seiner Kunden, der „Professor“ und der „Schriftsteller“, wollen aus unterschiedlichen Motiven an einen Ort gebracht werden, der sich in der Zone befindet und der als „Raum der Wünsche“ bezeichnet wird. An dieser Stelle gehen, glaubt man der Legende, die geheimsten, innigsten Wünsche in Erfüllung. Während der Schriftsteller sich die ihm seit einiger Zeit fehlende Eingebung zurückwünschen möchte, hat der Professor völlig andere Absichten: Er will diesen Raum zerstören, weil er dessen Missbrauch befürchtet. Aber auch der Stalker selbst hat seine Gründe, an diesen Ort zu gehen. Sein Lehrer hatte einst sogar einen Begleiter geopfert.

Die gefährliche Expedition bleibt auf die Reisenden nicht ohne Wirkung. Unterwegs werden Lebensansichten und Weltbilder hinterfragt, Hoffnungen und Zweifel treten zutage – die Protagonisten haben sich gleichzeitig auch auf eine innere Reise begeben. Am Ziel müssen alle drei schließlich erkennen, dass ihnen dieser Ort nicht helfen kann, ihre Probleme zu lösen oder – je nach Blickwinkel – sie nicht bereit sind, den Raum der Wünsche zu benutzen.

Der Film endet mit einem Monolog der liebenden Ehefrau des Stalker, in die Kamera gesprochen, und Bildern seiner Tochter.

[Bearbeiten] Zum Verständnis des Filmes

Stalker unterliegt wie alle Filme Tarkowskis dessen persönlicher Weltsicht, Biographie, Wirken und Handeln, die sich über den Film selbst und weniger in konkreten Interviews oder Autographen offenbaren.

Stalker überwindet die aristotelische Einheit von Ort, Zeit und Handlung zugunsten eines andersartigen Aufbaus: eine photoästhetische Schicht vermittelt zwischen (wenigstens) zwei sehr gleichwertig betonten Handlungsebenen: einer konkreten (tarkowskischen) Interpretation des Science-Fiction-Romans „Picknick am Wegesrand“ und einer abstrakten und der Interpretation bedürftigen, filmischen Umsetzung der Intentionen Tarkowskis.

Da die beiden Handlungsebenen eigenständig arbeiten, eigene Ziele verfolgen und in dem an Worten und Tönen armen Film vor allem durch die Bilder getragen werden, müssen beide Ebenen zugunsten der jeweils anderen Abstriche hinnehmen, die vor allem in Divergenzen zwischen der Verfilmung und der Romanvorlage offenbar werden. Dadurch wird die eigene mystische Wirkung der „Zone“ weit über ihre Wirkung in „Picknick am Wegesrand“ hinaus potenziert.

[Bearbeiten] Photographie

Der Film verwebt eine triste Welt nackten Elends und ekelerregender Abstoßung, die durch die meisterhafte Kameraführung, Inszenierung und Eintauchung des Schwarz-Weißen in die Farbe des Broms seine perfekte Ästhetik gewinnt – einen unüberbrückbar scheinenden Kontrast auflösend.

Wie in allen späteren Filmen Tarkowskis ist die Kameraführung in Verbindung mit sich bewegenden Personen, der Ausgleich bildkompositorischer Gewichte und das allgemeine Füllen des Bildinhaltes von höchster Perfektion. Hierbei ist Tarkowski selbst für das Szenenbild verantwortlich. Dem stehen die bei Tarkowski relativ häufigen Irritationen wie abgeschnittene Füße oder andere, in der klassischen Photographie als schwerwiegend und amateurhaft betrachtete Fehler gegenüber – eine Divergenz zwischen den Ansprüchen des Szenenbildes auf der einen Seite, sowie des Spielbaren und den Schwierigkeiten der Kameraaufnahme auf der anderen.

[Bearbeiten] Der Stalker und die Zone

In Tarkowskis Worten stellt der Film die unerklärliche und erstaunliche Liebe von Stalkers Frau der Leere, dem Zynismus, und der Hoffnungslosigkeit, unter denen die Hauptpersonen in ihrem bisherigen Leben standen, gegenüber.[2] Simple Deutungen, wie, dass Stalker vom Leben in der Sowjetunion oder von dem im Konzentrationslager handle, oder eine Allegorie auf den Polizeistaat sei, lehnt der Künstler jedoch wie stets ab: „[…] es gibt hier keine Allegorie. Ich bin mehr interessiert daran, das Leben selbst aufzudecken, als mit einfachen Symbolismen zu spielen.“[3] Der schwach und verteidigungslos entworfene Stalker stelle sich mit Auflösung des Filmes als stärkster aller Menschen heraus, als geradezu unbesiegbar, im spirituellen Sinn nämlich.[4]

„Jedes Landschaftsbild ist […] Zeugnis eines Prozesses, in dem Natur, Gesellschaft und Geschichte sich durchdringen. […] Alle Geschichte ist für Tarkowskij Naturgeschichte, verstanden als fortschreitende Zerstörung von Natur, die auf den Menschen übergreift. Ihr „Schauplatz“ ist die Landschaft, die zur Ruine wurde. […] Geschichte ist gerade in und an der Landschaft als Albtraum zu entziffern.“

Bernd Kiefer [5]

Klaus Kreimeier erkennt aber auch: „Unübersehbar sind die dem Film eingeschriebenen Vor-Zeichen einer möglichen Versöhnung zwischen Mensch und Natur […]“. [4]

„[Die] Schlußparabel soll nichts anderes besagen, als daß eine gewisse Hoffnung besteht: Die Zukunft ist in den Kindern.“

Andrei Tarkowski [6]

[Bearbeiten] Zur Buchvorlage

Die Erzählung Picknick am Wegesrand kontrastiert zwei scheinbare Gegensätze. Außerirdische haben in sechs verschiedenen Zonen der Welt aus unbekannten Gründen Spuren von sich hinterlassen. Diese Spuren sind vor allem Gegenstände teilweise unbekannter Funktion, stets ungeklärten Prinzips, oftmals furchtbarer oder gar tödlicher Wirkung, manchmal höchster Nützlichkeit. Sie werden von illegalen Schatzsuchern und anderen, legal Operierenden aus der Zone geborgen. Das wirtschaftliche wie militärische Potenzial dieser Dinge aus der Zone ist allgemein anerkannt. Ihre Nähe zu der Zone hat in Orten an deren Rande einen Wirtschaftsboom ausgelöst, der immer mehr Menschen auf der Suche nach Reichtum und Glück anzieht.

Dem steht Elend, Gewalt, Misstrauen und – als roter Faden die Erzählung durchziehend – immerwährender Alkoholmissbrauch gegenüber, ein Alkoholismus, der die schlimmen Seiten der Zone (Mutationen usw.) vergessen machen soll.

Die Autoren von Picknick am Wegesrand sind stets bemüht, alle unerklärlichen Phänomene der Zone wie das Elend vieler in deren Peripherie lebender Menschen so nüchtern, sachlich und unmystifizierend wie möglich darzustellen.

[Bearbeiten] Wirkung

2003 erstellte die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit zahlreichen Filmschaffenden einen Filmkanon für die Arbeit an Schulen und nahm diesen Film in ihre Liste mit auf.

Zwei ostdeutsche Untergrundbands, Freygang und Sandow, greifen die Thematik des Filmes musikalisch auf: Freygang in ihrem Song „Stalker“ (Album „Landunter“ von 1998), Sandow setzen das Thema unter anderem auf ihrem letzten Album „Stachelhaut“ (1999) um. Das Lied „The Dull Flame of Desire“ auf Björks 2007 erschienenem Album „Volta“ verwendet das zuletzt rezitierte Gedicht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Film.

2007 erschien das Computerspiel S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl, das einige wesentliche Elemente des Romans wie auch des Filmes aufgreift und als atmosphärisch dichten Ego-Shooter inszeniert, der von Kritikern vor allem wegen seiner ästhetischen und erzählerischen Qualitäten gelobt wird.

[Bearbeiten] Referenzen

Andrei Tarkowski, Anatoli Solonizyn und Nikolai Grinko bei den Dreharbeiten, von links nach rechts.
Andrei Tarkowski, Anatoli Solonizyn und Nikolai Grinko bei den Dreharbeiten, von links nach rechts.
  1. Vorspann.
  2. Andrei Arsenjewitsch Tarkowski 1977: „This is what the situation seems until the last scene in which they are resting in the café after their expedition and Stalker’s wife appears, a weary woman who has seen a lot in her life. Her arrival forces the heroes to face something new, unexplained and astonishing. It is difficult for them to understand the reasons for which this woman, who suffered so much because of her husband, she gave birth to a sick child through his fault, still loves him with the same limitless generosity she felt for him in the days of her youth. Her love, her devotion – this is exactly the miracle with which one can counter the lack of faith, spiritual emptiness, cynicism – that is, all which the heroes of the film have lived until now. […] In Stalker everything must be spelled out to the end – human love is this miracle which can defy all the dry theorising about hopelessness of the world. This emotion is an undeniable positive value in every one of us. It is what man leans on, what remains his forever.“ (englisch)
  3. Andrei Arsenjewitsch Tarkowski 1981, Übersetzung durch Wikipedia (englisch)
  4. a b Kreimeier (s. u.).
  5. Bernd Kiefer: Die unbegriffene Schnittstelle – Allegorische Landschaften bei Antonioni, Angelopoulos und Tarkowskij in film-dienst 17/04, S. 59 ff.  Ähnlich Klaus Kreimeier: Andrej Tarkowskij (Reihe Film, Band 39). Carl Hanser Verlag, München/Wien 1984, wiedergegeben auf der Webseite http://www.filmzentrale.com, Dokument, seinerseits teilweise nach Hartmut Böhme.
  6. Lexikon des Science-fiction-Films, S. 837.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks


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