Naturschutzbund Deutschland
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NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) |
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Zweck: | Einsatz und Projektarbeit im Umwelt- und Naturschutz |
Vorsitz: | Olaf Tschimpke |
Gründungsdatum: | 1899 |
Mitgliederzahl: | 450.000 (02/2008) |
Sitz: | Berlin |
Website: | www.nabu.de |
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) e.V. ist eine deutsche nichtstaatliche Organisation (NGO), die sich vor allem konkreten Zielen des Naturschutzes im In- und Ausland zuwendet, etwa dem Schutz von Flüssen, von Wäldern oder einzelner Tierarten.
Als einer der großen, anerkannten Naturschutzverbände in Deutschland setzt er sich bereits seit rund 100 Jahren für Mensch und Natur ein. Der NABU führt konkrete Naturschutzprojekte durch, unterhält eigene Forschungsinstitute, betreibt Umweltbildung und informiert Medien und Bürger über wichtige Themen im Umwelt- und Naturschutz. Vom Staat ist der Verein als Umwelt- und Naturschutzverband (Träger öffentlicher Belange) anerkannt und muss daher bei Eingriffen in den Naturhaushalt angehört werden.
Im NABU engagieren sich rund 450.000 Mitglieder (Stand: Februar 2008) als aktive Umweltschützer oder Förderer. Sie sind in ganz Deutschland in mehr als 1.500 lokalen Gruppen organisiert.
Der NABU ist die nationale Partnerorganisation von BirdLife International.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aufgaben und Ziele
Zu den Aufgaben des NABU gehört die überparteiliche, politische Arbeit. Leitbild ist dabei eine lebenswerte Umwelt. Der NABU mischt sich auf gesetzlicher Grundlage ein, wird an behördlichen Naturschutzverfahren beteiligt und begutachtet Eingriffe in die Natur. Dabei geht es vor allem darum, Umweltschäden zu vermeiden und konstruktive, praktikable Lösungen vorzuschlagen.
Zu den Zielen des NABU gehört es, Bewusstsein für die Natur zu schaffen und über sie zu informieren. Über den Erhalt einzelner Schutzgebiete hinaus sind auch langfristige Lösungen und ein konsequentes Umdenken gefragt. Deshalb bringt der NABU die Umwelt in die Medien - zum Beispiel mit Kampagnen für naturnahe Waldwirtschaft, ökologische Landwirtschaft oder für eine ökologische Steuerreform. Verteilt über ganz Deutschland bieten außerdem rund hundert NABU-Naturschutzzentren Information und Umweltbildung an. Oft wird dort gleichzeitig praktische Naturschutzarbeit geleistet, indem ein bestimmtes Gebiet geschützt und gepflegt wird. Die Mitglieder des NABU betreiben vielfach praktischen Naturschutz vor Ort: pflanzen Hecken, stellen Krötenzäune (Amphibienschutz) auf und schützen so bedrohte Tierarten. Darüber hinaus betreuen sie mehr als 5.000 Schutzgebiete. Der NABU ist auch international aktiv und hilft beispielsweise, das Weltnaturerbe Russlands zu retten oder in Kirgisistan die letzten Schneeleoparden vor dem Aussterben zu bewahren.
Die NABU-eigenen Forschungsinstitute, wissenschaftlichen Fachausschüsse und Arbeitskreise leisten dabei Grundlagenarbeit. Sie erarbeiten Konzepte und geben zahlreiche Fachpublikationen heraus. Die Arbeitsgebiete reichen von naturwissenschaftlichen Spezialthemen über Verkehr- und Energiepolitik bis hin zu ökologischer Land- und Forstwirtschaft.
[Bearbeiten] Geschichte
1899 gründete Lina Hähnle in Stuttgart den „Bund für Vogelschutz“ (BfV). Zweck des Bundes war der Schutz der einheimischen Vogelwelt, durch Schaffung von Nisthilfen, Fütterung im Winter und Aufklärung der Bevölkerung beispielsweise durch ein Verbot der damaligen Vogelfeder-Hutmode. Lina Hähnle selbst strebte einen breiter angelegten Naturschutz an und stimmte dem Namen und Vereinszweck unter der Bedingung zu, dass unter der Flagge des Vogelschutzes für die gesamte Natur Sorge getragen würde. Bis 1938 war sie Vorsitzende und gewann mit ihrem Konzept eines besonders niedrigen Jahresbeitrags von 50 Pfennigen für Erwachsene und 10 Pfennigen für Kinder bis über 41.000 Mitglieder. Das erste betreute Schutzgebiet war die Vogelinsel bei Giengen an der Brenz.
Auf Anordnung des Reichsforstministeriums erfolgte 1935 eine Umbenennung in „Reichsbund für Vogelschutz (RfV)” und die Gleichschaltung bis 1945. Durch einen Erlass des Reichsforstmeisters vom 24. September 1938 waren neben diesem Einheitsverband keine anderen Vogelschutz-Vereine mehr zulässig.
So wie der Kollaps des Staates und der Gesellschaft war auch der Zusammenbruch des Bundes für Vogelschutz nach 1945 gravierend. Große Gebiete waren abgetrennt und der Kern in streng getrennte Besatzungszonen unterteilt. Die Geschäftsstellen des Vogelschutzbundes in Stuttgart, München und Berlin waren völlig zerstört. Ab 1946 erfolgte unter der Präsidentschaft Hermann Hähnles der Wiederaufbau und unter dem alten Namen „Bund für Vogelschutz“ wurden wieder die ersten Gruppen vor Ort aktiv. Im Laufe des Jahres 1946 ließen die Besatzungsmächte auch wieder regionale Vereinigungen zu.
Mit der Entstehung der beiden deutschen Teilstaaten brach jedoch die organisatorische Bindung zwischen Ost und West ab. In der DDR gingen die Naturschutzgruppen in der Abteilung „Natur- und Heimatfreunde“ des bereits im Juli 1945 gegründeten Kulturbundes auf und 1980 entstand innerhalb dieses Bundes die „Gesellschaft für Natur und Umwelt“ (GNU), mit bis zu 50.000 Mitgliedern.
In Westdeutschland wurde 1966 der BfV in „Deutscher Bund für Vogelschutz“ (DBV) umbenannt und in Landesverbände untergliedert. Der Weißstorch wird zum Wappenvogel. 1971 wurde der Wanderfalke zum ersten „Vogel des Jahres“ gekürt, seither wird dieser Titel jedes Jahr vergeben. 1982 wird die eigenständig arbeitende Jugendabteilung „DBV-Jugend“ gegründet und später in „Naturschutzjugend“ (NAJU) umbenannt.
Im Jahr 1990 fand dann der Zusammenschluss mit den in der ehemaligen DDR neu gegründeten Landesverbänden und die Umbenennung zu „Naturschutzbund Deutschland e.V.“ (NABU) statt. Sitz der Bundesgeschäftsstelle ist Bonn.
Im Oktober 2007 verlegt der NABU seine Bundesgeschäftsstelle von Bonn nach Berlin.
[Bearbeiten] Organisatorische Gliederung
Der NABU ist ein föderal organisierter Verband mit Landesverbänden in 15 deutschen Bundesländern. In Bayern ist der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (kurz LBV) der Partnerverband. Die Organisationsstruktur des NABU reicht bis zu Ortsgruppen in den einzelnen Gemeinden. Die Jugendorganisation des NABU, die Naturschutzjugend NAJU, arbeitet ebenfalls auf allen Ebenen des Bundes mit und zählt zu den mitgliederstärksten Kinder- und Jugendorganisationen in Deutschland. Eine jährliche Aktion der NAJU ist der „Erlebte Frühling“.
Im NABU-Bundesverband arbeiten über 30 ehrenamtlich tätige Bundesfachausschüsse und Bundesarbeitsgruppen an speziellen Themen. Die Palette reicht von einzelnen Artengruppen wie Insekten und Vögeln über Landnutzungsthematiken wie „Wald und Wild“ oder „Streuobst“ bis zu umweltpolitischen Themen wie „Verkehr“ oder „Abfall“, „Energie“ und „Chemie“. Im Bundesfachausschuss „Internationales“ gibt es darüber hinaus zahlreiche Aktivitäten speziell in Mittelasien, im Kaukasus und in Afrika sowie im Zugvogelschutz z. B. für ziehende Greifvögel an der Straße von Messina in Süditalien. Spezielle Fachzeitschriften und teilweise auch umfangreiche Serviceleistungen existieren für die Bereiche Fledermausschutz, Streuobst, Entomologie und Mykologie.
[Bearbeiten] Wirtschaftliche Lage
Zum Jahresende 2007 hatte der Verband über 450.000 Mitglieder und Förderer. Die Beiträge, Spenden, Erbschaften, Zuschüsse und Bußgelder des NABU-Bundesverbandes – also ohne die Landes-, Kreis- und Ortsverbände – beliefen sich im Jahr 2006 auf 19.675.295 Euro.
[Bearbeiten] Aktionen
[Bearbeiten] Dinosaurier des Jahres
Seit 1993 wird der Dinosaurier des Jahres als Negativpreis an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vergeben, die nach Ansicht der Naturschützer veraltete Umweltstandards vertreten bzw. „sich sowohl durch herausragende Einzelleistungen als auch durch die Summe ihres Gesamtwerkes in Sachen Umweltschutz als besonders antiquiert erwiesen haben.“[1]
[Bearbeiten] Stunde der Gartenvögel
Die Stunde der Gartenvögel ist die derzeit deutschlandweit größte Aktion zur Vogelbeobachtung. Sie wird vom Naturschutzbund Deutschland seit 2005 jährlich im Mai veranstaltet.
[Bearbeiten] Vogel des Jahres
Seit 1971 kürt der NABU regelmäßig den Vogel des Jahres, um auf die Gefährdung der Tiere und deren Lebensräume aufmerksam zu machen.
[Bearbeiten] Erneuerbare Energien
Seit einigen Jahren engagiert sich der NABU, bei Streitfällen um Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien vor Ort zu vermitteln und gemeinsam konstruktive Lösungen zur Umwelt- und Naturverträglichkeit zu erarbeiten. Schwerpunkte waren dabei bisher die Konflikte um Vogelschutz und Windenergie an Land sowie Anforderungen an die Errichtung von Solarparks auf Freiflächen. Künftig wird vor allem das Thema Biomassenutzung in den Regionen an Bedeutung gewinnen. Für den Ausbau und die Nutzung aller Erneuerbarer Energien müssen aus Sicht des NABU Rahmenbedingungen definiert und eingehalten werden. Entsprechendes vertritt das NABU-Referat für Landnutzung und Gentechnik, das Artenvielfalt (Biodiversität) durch Biotreibstoff-Anbau in Monokulturen wie auch durch Agro-Gentechnik bedroht sieht.
Neben einer transparenten Planung und der Einbindung des Sachverstands aus den Umwelt- und Naturschutzgruppen vor Ort kann Mediation einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Umgang der Beteiligten mit Konflikten zu verbessern und vor Ort akzeptierte Lösungen für Erneuerbare Energien zu entwickeln. Über eine Projektförderung des Umweltbundesamts hat der NABU die Möglichkeit, 2007 beispielhaft Erfahrungen mit der Durchführung von Mediationsverfahren zu sammeln und auszuwerten.
Der NABU ist Mitglied des Grüner Strom Label e.V., der das gleichnamige Gütesiegel für Ökostrom-Angebote vergibt.
[Bearbeiten] Kritik
Am 23. Februar 2003 reichte der NABU zusammen mit dem BUND beim Oberverwaltungsgericht Hamburg eine Klage gegen den geplanten Offshore-Windpark Butendiek ein. Für den Standort seien genug ökologisch sinnvollere Alternativen vorhanden so hieß es. Die Klage wurde jedoch abgewiesen mit der Begründung, dass sich der Windpark nicht mehr auf deutschem Hoheitsgebiet befinde. Kritiker warfen in dieser Hinsicht dem NABU vor, er hätte eine Doppelmoral, da er einerseits für eine Stärkung der Windenergie eintrete, durch die Klage jedoch die Inbetriebnahme des Windparks weiter verzögert wird. Somit wird dem NABU ein umweltschädliches Handeln vorgeworfen. Diese pro und contra Windkraft-Meinung ist aber auch im NABU wie im BUND sehr durchwachsen.