Fritz Haber
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Fritz Haber (* 9. Dezember 1868 in Breslau; † 29. Januar 1934 in Basel) war ein deutscher Chemiker und Pionier der chemischen Kriegsführung. Haber erhielt 1918 den Nobelpreis für Chemie „für die Synthese von Ammoniak aus dessen Elementen“.
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[Bearbeiten] Biografie
Fritz Haber stammte aus einer jüdischen Familie. Sein Vater führte ein Handelsgeschäft für Stoffe, Farben, Lacke und Drogen. Bei seiner Geburt traten schwere Komplikationen auf; die Mutter verstarb drei Wochen später. Fritz Habers Vater konnte den Tod seiner Frau – „für den Fritz die Ursache war“ – nicht überwinden. Dieser Umstand führte im späteren Leben zu Spannungen zwischen dem Vater und dem Sohn.
Nach einer kaufmännischen Lehre studierte Fritz Haber 1886 in Berlin und Heidelberg Chemie. Haber promovierte 1891 in Berlin mit einer Arbeit Über einige Derivate des Piperonals in organischer Chemie. Er konvertierte 1893 zum Missfallen seines Vaters zum protestantisch-christlichen Glauben.
Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Industrie und an Hochschulen erhielt er 1894 in Karlsruhe an der damaligen Technischen Hochschule eine Assistentenstelle in der Physikalischen Chemie und habilitierte dort 1896. 1898 wurde er in Karlsruhe zum außerordentlichen Professor für Technische Chemie ernannt. An der Universität Berlin war er ab 1906 Professor, ab 1912 Honorarprofessor für physikalische Chemie.
Ab 1904 befasste Haber sich mit der katalytischen Bildung von Ammoniak. Der Forscher erhielt am 12. Oktober 1908[1] das Patent Nr. 235.421 über ein „Verfahren zur synthetischen Darstellung von Ammoniak aus den Elementen“, das er der BASF zur wirtschaftlichen Verwertung überließ. Sie stellte ihn als Mitarbeiter ein.[2] In der Folge entwickelte er 1909 zusammen mit Carl Bosch bei der BASF das Haber-Bosch-Verfahren, wofür sie 1910 das Patent erhielten. Dieses Verfahren ermöglichte die synthetische Herstellung von Ammoniak als Ersatz für Salpeter zur Herstellung von Düngemitteln und Sprengstoff.
1911 wurde er zum Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem berufen. Dieses Institut ist heute als Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft nach ihm benannt. Weiter ist das Fritz-Haber-Zentrum für Molekulare Dynamik der Hebräischen Universität Jerusalem nach ihm benannt.
Obwohl Haber nie Soldat war, wurde ihm auf Grund seiner Funktion als dem Militär zugeteilter Forscher und Berater der Dienstgrad eines Hauptmann zuerkannt.
Seine Versuche mit Phosgen und Chlorgas (ein Nebenprodukt aus der Farbproduktion der chemischen Industrie), die schon wenige Wochen nach Kriegsbeginn begannen, gegen den Willen seiner ersten Frau Clara Immerwahr (Heirat 1901), die promovierte Chemikerin war, machten ihn zum Vater der Giftgaswaffen, die im Ersten Weltkrieg von Deutschland eingesetzt wurden. Nicht einmal der Selbstmord seiner Frau mit seiner Dienstwaffe, wenige Tage nach dem ersten deutschen Einsatz am 22. April 1915 in Ypern, hielt Haber davon ab, den Giftgaseinsatz an der Front weiterhin zu organisieren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er aufgrund des Verstoßes gegen die Haager Landkriegsordnung von den Alliierten zeitweilig als Kriegsverbrecher gesucht und floh vorübergehend in die Schweiz. In seinen Lebenserinnerungen berichtete Otto Hahn über ein Gespräch mit Haber: „Auf meinen Einwand, daß diese Art der Kriegführung gegen die Haager Konvention verstoße, meinte er, die Franzosen hätten – wenn auch in unzureichender Form, nämlich mit gasgefüllter Gewehrmunition – den Anfang hierzu gemacht. Auch seien unzählige Menschenleben zu retten, wenn der Krieg auf diese Weise schneller beendet werden könne“.[3]. Ab 1919 versuchte er sechs Jahre lang vergeblich, aus dem Meer Gold zu gewinnen, um die deutschen Reparationen zu bezahlen.
Im April 1917 hatte Haber die Leitung eines Technischen Ausschusses für Schädlingsbekämpfung übernommen, der sich mit der Entwesung von Unterkünften (Wanzen und Kleiderläuse) und Silos (Mehlmotten) befassen sollte. Dies geschah mit Blausäuregas, das im so genannten Bottichverfahren hergestellt wurde, indem Cyannatrium bzw. Cyankalium im offenen Holzbottich mit verdünnter Schwefelsäure versetzt wurde.[4] Im März 1919 wurde die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch) gegründet, deren Leitung zunächst Haber, ab 1920 Walter Heerdt innehatte. Ferdinand Flury, der wie Heerdt und Bruno Tesch früherer Mitarbeiter Habers war, entwickelte Zyklon A und erhielt 1920 das Patent dafür. Zyklon A bestand aus Blausäuregas und dem stark riechenden beigefügten Warnstoff Bromessigsäuremethylester, das in Druckflaschen mit Zerstäuberdüse geliefert wurde. Zyklon A konnte jedoch das Bottichverfahren nicht verdrängen und galt als unwirtschaftlich.[5] Der entscheidende Fortschritt zu einem sicheren Verfahren, bei dem Blausäure mit Warnstoff an ein poröses Trägermaterial gebunden ist, nicht unter Druck steht und nach dem Öffnen der Blechdose langsam ausgast, gelang Walter Heerdt, dem 1926 das Patent für Zyklon B rückwirkend zum 20. Juni 1922 erteilt wurde.[6]
Fritz Haber war seit Gründung der I.G. Farben 1925 in deren Aufsichtsrat. Nachdem die Nationalsozialisten 1933 an den Kaiser-Wilhelm-Instituten den Arierparagraphen durchsetzten und die jüdischen Mitarbeiter entließen, was auch er nicht verhindern konnte, ließ sich Haber resignierend in den Ruhestand versetzen. Er emigrierte nach Cambridge, wohin er noch einen Ruf an die Universität erhalten hatte und starb kurz danach 1934 auf der Durchreise in Basel.
[Bearbeiten] Literatur
- Frucht, Adolf-Henning, und Zepelin, Joachim: Die Tragik der verschmähten Liebe, in: Mannheimer Forum 94/95, Piper, München 1995.
- Frucht, Adolf-Henning, Fritz Haber und die Schädlingsbekämpfung während des 1. Weltkrieges und in der Inflationszeit, in: Dahlemer Archivgespräche, Bd. 11 (2005), S. 141-158.
- Fritz Richard Stern: Fünf Deutschland und ein Leben: Erinnerungen. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-55811-5 (passim)
- Stolzenberg, Dietrich: Fritz Haber: Chemiker, Nobelpreisträger, Deutscher, Jude. Wiley-VCH, Weinheim, 1998, ISBN 3-527-29573-9
- Szöllösi-Janze, Margit: Fritz Haber. 1868 - 1934. Eine Biographie, Beck, München 1998, ISBN 3-406-43548-3.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ 12. Oktober 1908: Patent für Ammoniaksynthese, WDR 2, Westzeit
- ↑ Brot und Sprengstoff, Wiener Zeitung, EXTRA Lexikon
- ↑ Otto Hahn: Mein Leben München 1968
- ↑ Jürgen Kalthoff: Die Händler des Zyklon B. Hamburg 1998, ISBN 3-87975-713-5, S. 17 – 19
- ↑ Jürgen Kalthoff: Die Händler..., Hamburg 1998, ISBN 3-87975-713-5, S. 28-30
- ↑ Jürgen Kalthoff: Die Händler..., Hamburg 1998, ISBN 3-87975-713-5, S. 234 / eine oft suggerierte direkte Verbindung Habers mit Zyklon B ist nicht gegeben
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Fritz Haber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1918 an Fritz Haber (englisch)
- The Synthesis of Ammonia from its Elements, Vorlesung zur Verleihung vom Nobelpreis, 2. Juni 1920 (englisch, PDF)
- Biografie bei Lemo
- A short biography of Fritz Haber, by Bretislav Friedrich (englisch, PDF)
- Fritz Haber in Karlsruhe (PDF)
- Fritz Haber Center for Molecular Dynamics Research (englisch)
Personendaten | |
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NAME | Haber, Fritz |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Chemiker und Pionier der chemischen Kriegsführung. |
GEBURTSDATUM | 9. Dezember 1868 |
GEBURTSORT | Breslau |
STERBEDATUM | 29. Januar 1934 |
STERBEORT | Basel |