Free Speech Movement
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Die Free Speech Movement (FSM, Bewegung für Meinungsfreiheit) ist eine radikale Studentenorganisation, die im Jahr 1964 an der Universität von Kalifornien in Berkeley als Reaktion auf die, seitens der Universitätsleitung veranlasste, Einschränkung der politischen Betätigungsmöglichkeiten für studentische Gruppierungen gegründet wurde.
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[Bearbeiten] Vorgeschichte
Bereits vor der Gründung der FSM waren in Berkeley zahlreiche Hochschulgruppen, die der Neuen Linken (Siehe auch: Neue soziale Bewegungen) zugerechnet werden, aktiv. Im Jahr 1957 formierte sich auf dem Campus eine Gruppe namens SLATE, die sich für den Schutz von Bürgerrechten, einen Stopp von Atombombentests, die Abschaffung der Todesstrafe und für die Bekämpfung zahlreicher weiterer außeruniversitärer Probleme einsetzte.
Im Jahr 1960 protestierten mehrere hundert Studenten der UC Berkeley gegen das in San Francisco tagende Komitee für unamerikanische Umtriebe. Der Protest wurde von der Polizei mit einem massiven Wasserwerfereinsatz und durch die Festnahme von mehreren Dutzend Demonstranten beantwortet.
Im folgenden Jahr wurde zahlreichen Bürgerrechtlern und linken Politikern, wie etwa Malcolm X und Herbert Aptheker, seitens der Universitätsleitung ein Redeverbot erteilt, womit die Universitätsleitung den Riss zwischen ihr und einem Teil der Studierenden weiter vergrößerte. Verschärft wurde dieser Konflikt auch durch das zwischen den Jahren 1963 und 1964 rapide Ansteigen der Studentenzahl an der Universität, und die unzulängliche Reaktion der Universitätsleitung auf diese Entwicklung.
Die Semesterferien des Sommers 1964 nutzten viele Studenten um in den amerikanischen Südstaaten bei der Wählerregistrierung afro-amerikanischer Bürger behilflich zu sein.
Zurückgekehrt aus dem Süden, inspiriert von der Erfahrung Einfluss auf politische Entwicklungen nehmen zu können, holte die Studenten die Realität wieder ein. Die Universitätsleitung hatte sich entschieden das Verbot der politischen Agitation an und auf dem Campus von der Polizei strikt durchsetzen zu lassen. Vor allem die Kreuzung zwischen der Bancroft und der Telegraph Avenue, am Südeingang zum Universitätsgelände, diente den Studentengruppen bisher dazu, Spenden zu sammeln, neue Mitglieder zu werben und um Pamphlete zu verteilen.
Da man sich durch die Arbeit in Mississippi und anderen südlichen Bundesstaaten bestärkt fühlte sich aktiv für die Wahrung von Bürgerrechten einzusetzen, entschieden sich viele Studenten dafür, mit der Universitätsleitung auf Konfrontationskurs zu gehen.
Am 29. September errichteten Studenten, ungeachtet des Verbots, am Südeingang des Campus Infostände und weigerten sich diese zu räumen, nachdem sie von der Verwaltung dazu aufgefordert worden waren. Fünf Studenten wurden gebeten sich für disziplinarische Maßnahmen bei der Administration zu melden. Anstatt der fünf Studenten erschienen aber 500, unter ihnen auch Mario Savio, der zum Anführer des studentischen Protests in Berkeley avancierte, und forderten, dass sie ebenfalls bestraft werden sollten. Die Universitätsleitung entschied daraufhin, drei der Anführer des Protestmarsches ebenfalls zu suspendieren. Durch ihre Erfolge wurden die Studenten aktiv und haben ihren "Kampf" gegen das bestehende System begonnen.
Zwei Tage später kam es schließlich zur Eskalation. Am Morgen des 1. Oktober 1964 errichteten etwa ein Dutzend Studentengruppen ihre Infostände direkt vor Sproul Hall, dem Verwaltungsgebäude der Universität. Ein Assistenzdekan forderte daraufhin einen der anwesenden Studenten, Jack Weinberg, auf sich zu identifizieren. Als dieser sich weigerte ließ man ihn von der Polizei verhaften. Der Abtransport wurde aber von mehreren hundert herbeieilenden Studenten verhindert und das umstellte Polizeiauto flugs zur Rednerbühne umfunktioniert. Für die nächsten 32 Stunden waren Weinberg und die Polizisten im Auto gefangen. Die Pattsituation endete damit, dass der Präsident der Universität, Clark Kerr, vermittelnd eingriff. Jack Weinberg wurde daraufhin ohne Anklage freigelassen.
[Bearbeiten] Die Gründung der FSM
Als Reaktion auf diese Ereignisse schlossen sich zahlreiche Hochschulgruppen zur Free Speech Movement zusammen. Die FSM fungierte als Dachorganisation der zahlreichen Gruppen und koordinierte die geplanten Aktivitäten. Bestärkt durch die errungenen Teilerfolge, setzten die Studenten ihre Aktionen fort. Unterstützt wurden sie zunehmend von Doktoranden, die so ihren Unmut über schlechte Bezahlung und zahlreiche Restriktionen seitens der Universitätsleitung zum Ausdruck bringen wollten.
Nachdem die Administration am 13. November lediglich von sechs der acht am 29. September bestraften Studenten die Suspendierung aufhob, kündigte die FSM an, die am 20. November stattfindende Sitzung des UC Board of Regents (der Aufsichtsrat der Universität von Kalifornien) stören zu wollen. Die amerikanische Folk-Sängerin Joan Baez solidarisierte sich mit den Studenten und erschien am 20. und hielt für die Tausenden von Studenten, die sich in der Nähe der Sproul Hall, dem Tagungsort des Aufsichtsrats, versammelt hatten, ein Konzert.
Nachdem durchsickerte, dass die Regents viele der von Präsident Kerr gemachten Zugeständnisse aufgehoben hatten und die Strafen gegen die zwei suspendierten Studenten, zu denen auch Mario Savio gehörte, sogar noch erhöht hatten, besetzten mehr als tausend Studenten am 2. Dezember 1964 die Sproul Hall und riefen zum Streik auf. Die Besetzer wandelten das Verwaltungsgebäude in die „Freie Universität von Kalifornien“ um und designierten die Flure und Büros zu Räumen für eine Vielzahl von Workshops.
Zunächst sah die Universitätsleitung dem Treiben tatenlos zu, schickte die mit Renovierungsarbeiten beauftragten Arbeiter nach Hause und überließ den Besetzern das Gebäude. Als jedoch abseits des Campus die Nachricht von der Besetzung der Sproul Hall die Runde machte und der Bezirksstaatsanwalt des Alameda County dem Gouverneur von Kalifornien Pat Brown erklärte, dass man sich gegenüber diesen „Rebellen“ nicht nachgiebig zeigen sollte, ordnete Brown die Räumung an. Kurz nach zwei Uhr morgens des 3. Dezember umstellten 600 Polizeibeamte aus Berkeley und weiteren umliegenden Gemeinden das Gebäude. Kerr forderte, mit einem Megafon bewaffnet, von den Studenten die sofortige und bedingungslose Räumung des Gebäudes. Als diese der Forderung nicht nachkamen, begann die Polizei mit der Räumung. Da die Besetzer passiven Widerstand leisteten, dauerte es zwölf Stunden bis die Sproul Hall geräumt war. Insgesamt gab es 773 Festnahmen wegen Hausfriedensbruchs, die größte Massenverhaftung in der Geschichte Kaliforniens. Die meisten der Festgenommenen wurden in das Bezirksgefängnis in Santa Rosa, in dem zu jener Zeit auch Huey Newton (Mitbegründer der Black Panther Party) inhaftiert war und dem Treiben verwundert zusah, gebracht.
Am Nachmittag des 3. Dezember hatten sich viele tausende von Studenten und Universitätsangestellten auf dem Sproul Plaza zu Fuße des Verwaltungsgebäudes und in den Gebäuden und auf den Dächern der umliegenden Einrichtungen versammelt. Der Polizeieinsatz wurde mit Unverständnis und Entsetzen zur Kenntnis genommen. Kurz darauf fand ein Treffen von 800 Professoren der UC Berkeley statt. Auf dieser Versammlung solidarisierte man sich mit den Festgenommenen und forderte, dass der Polizei zukünftig der Zutritt zum Campus verwehrt werden sollte. Die Professoren entschieden sich für die betroffenen Studenten die Kaution zu zahlen und so wurden am darauf folgenden Tag alle 773 Inhaftierten wieder auf freien Fuß gesetzt.
Präsident Kerr, von der Entwicklung überrollt, beraumte für den folgenden Montag ein Treffen aller Universitätsangehörigen im Hearst Greek Theatre an, zu dem 16.000 Menschen erschienen. Er verlas dort eine von zahlreichen Dekanen der Fakultäten unterzeichnete Erklärung, die die Besetzung zwar verurteilte aber Gesprächsbereitschaft signalisierte und Verständnis für die Studenten aufbrachte. Als Mario Savio gegen Ende der Versammlung zur Bühne ging und das Wort ergreifen wollte, wurde er von Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen und hinter die Bühne gezerrt. Um zu verhindern, dass die Versammlung in einer Revolte der Studenten endete, wurde er schließlich freigelassen und ihm die Möglichkeit zu einer kurzen Ansprache gegeben, bei der er die Studenten aufforderte sich weiter an Diskussionsrunden zu beteiligen und für das Recht auf freie Meinungsäußerung einzutreten.
Am folgenden Tag, dem 8. Dezember traf sich der Senat der Universität um über die Anträge bezüglich der Garantierung der Redefreiheit abzustimmen. Mit 824 zu 115 Stimmen entschied der Senat, das Verbot der politischen Agitation auf dem und abseits des Campus aufzuheben. Die Tausenden von Studenten die sich vor dem Gebäude versammelt hatten und über Lautsprecher der Abstimmung beiwohnten nahmen die Entscheidung des Senats mit Begeisterung zur Kenntnis.
Kurz darauf erklärte die FSM den Streik für beendet.
[Bearbeiten] Literatur
- W. J. Rorabaugh: Berkeley at War: The 1960s, Oxford University Press, 1990, ISBN 0-195-066677
- Jo Freeman: At Berkeley in the Sixties: The Education of an Activist, 1961-1965, Indiana University Press, 2003, ISBN 0-253-216222
- Ingrid Gilcher-Holtey: Die 68er Bewegung. Deutschland, Westeuropa, USA, München 2001, ISBN 3-406-47983-9
- Thomas P. Becker / Ute Schröder (Hrsg.): Die Studentenproteste der 60er Jahre, Archivführer-Chronik-Bibliographie, Köln 2000, ISBN 3-412-07700-3
[Bearbeiten] Verwandte Themen
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