Dummheit
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dummheit ist der allgemein- und umgangssprachliche Begriff für einen deutlichen Mangel an geistiger Befähigung und wird am häufigsten als Intelligenzmangel definiert. Bio- bzw. physiologisch ist Dummheit dementsprechend als Mangelfunktion des Gehirns zu betrachten.
Zum Teil unabhängig davon wird der Begriff der Dummheit auch zur Kennzeichnung des Mangels an Wissen oder Bildung verwendet.
Meyers Konversations-Lexikon definiert Dummheit als das Unvermögen, aus Wahrgenommenem die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Der Begriff ist, ebenso wie der verwandte und mittlerweile ungebräuchlichere Begriff der Torheit, eindeutig negativ konnotiert. Aus psychologischer- bzw. medizinischer Sicht spricht man von Intelligenzminderung, welche sich in einem deutlich unter dem Durchschnitt liegenden Intelligenzquotienten ausdrückt und deren Ursache sowohl in mangelnder Begabung wie auch Bildung liegen kann.
Als menschliches Charaktermerkmal ist die Dummheit allerdings nicht immer einfach zu erfassen; im Alltagssprachgebrauch versteht man darunter vor allem den Mangel an Verstand oder auch „gesundem Menschenverstand“. Die Grenzen zwischen Dummheit, unüberlegtem Verhalten und mangelnder Intelligenz sind eher fließend.
Da Intelligenz nicht immer mit Weisheit einhergeht, können auch überdurchschnittlich intelligente Menschen in bestimmten Zusammenhängen ausgesprochen dumm agieren. Ebenso können Menschen Defizite in bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen besitzen, die im Gegensatz zu ihrer sonstigen Kompetenzen stehen. Beispielsweise geht Hochbegabung bisweilen mit einem auffallenden Mangel an Sozialer Intelligenz einher. Im Gegensatz hierzu gibt es weise Menschen aufgrund von Lebensreife, die aus psychodiagnostischer Sicht als intelligenzgemindert eingestuft würden.
Mit seinem bekannten Ausspruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß,“ bringt Sokrates das letztendliche „Nicht-Wissen/Können“ des Menschen auf den Punkt und weist zugleich darauf hin, das „Dummheit“ eine Eigenschaft ist, die letztlich allen Menschen zu eigen sein kann.
Trotzdem blieb das Verlachen der Dummheit, wie auch das der dummen Menschen, zu aller Zeit ein beliebter Topos in der Geschichte von Kunst und Literatur wie auch der Alltagskultur. Als Paradebeispiel sei hier das Buch von den Schildbürgern angeführt, in dem die Geschichte an sich weiser Menschen beschrieben wird, die sich dumm stellen, wodurch ihnen die Dummheit am Ende zur zweiten Natur wird. Auch Erasmus von Rotterdam (im Buch vom Lob der Torheit) und Sebastian Brant (im Narrenschiff) knüpften an diese Tradition der Narrenliteratur an, die ihre Vorbilder auch in christlichen Stoffen fand, in denen etwa der Sündenfall Adams und Evas als „Ur-Torheit“ des Menschen und hiermit die Dummheit am abschreckenden Exempel darstellt wird.
Die Denker der Aufklärung, welche in sinnfreien, überkommenen Ritualen und Denkweisen die Dummheit am Werk sahen, bemühten sich, ihr die Vernunft als Tugend entgegenzustellen. Damit einher ging die Förderung der Massenbildung, die dafür sorgen sollte, das allgemeine Intelligenzniveau anzuheben. Kritik am „reinen Bücherwissen“ kam allerdings bald auf. Dessen Auswüchse wurden selbst von Denkern wiederum als Dummheit satirisch und kritisch auf`s Korn genommen. So lässt Goethe seinen Faust in sokratischer Manier trotz seines angesammelten Wissens, erworben in einem jahrelangem Studium, nur zu der Erkenntnis kommen: „Da steh' ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor.“
Eine Weisheit besagt, dass das Leben des Menschen ein Prozess ist, der über das Sammeln immer größeren auch enzyklopädischen Wissens zur Selbsterkenntnis und schließlich über die Grenzen eben jenes Wissens hinweg führt. Beispielsweise wird im Buddhismus betont, dass eine einseitige Orientierung auf Sachwissen und Abstraktion der Erlangung von Weisheit und Erkenntnis im Wege steht.
Während viele Autoren die Dummheit als Teil der conditio humana sehen, sind andere der Ansicht, dass diese durchaus historisch konkret bestimmbare Ursachen hat und systematisch z. B. durch das Schulsystem produziert wird (Huisken 2005). Zu einer ähnlichen Auffassung kommt auch der Tiefenpsychologe Josef Rattner, der die Dummheit für die gefährlichste menschliche „Krankheit“ hält und in seinem Buch Homo insipiens oder der dumme Mensch dazu aufruft, alle an Fortschritt und Freiheit interessierten Wissenschaftler mögen sich an einer „universellen Dummheitsforschung“ beteiligen.
Literatur
- Matthijs van Boxsel: Die Enzyklopädie der Dummheit. Eichborn, 1999, ISBN 3-8218-1596-5.
- Horst Geyer: Über die Dummheit: Ursachen und Wirkungen der intellektuellen Minderleistung des Menschen. Musterschmidt, Göttingen 1954 (mit zahlreichen Nachauflagen, z. B. Vma-Vertriebsgesellschaft; Auflage: Neuausgabe (Februar 2004), ISBN 3-9281-2715-2).
- Freerk Huisken: Der "Pisa-Schock" und seine Bewältigung. Wieviel Dummheit braucht/verträgt die Republik?. VSA, Hamburg 2005, ISBN 3-8996-5160-X.
- Erasmus von Rotterdam: Lob der Torheit. (Übersetzung des Encomium moriae von 1508, verschiedene Ausgaben, z. B. bei Reclam, 1986, ISBN 3-1500-1907-9; Manesse, 2005, ISBN 3-7175-1992-1; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975, ISBN 3-5340-5943-3; Anaconda,2006, ISBN 3-9384-8498-5; Panorama, Wiesbaden, ISBN 3-9266-4226-2).
- Robert Musil: Über die Dummheit. 1935; Neuauflage Alexander Verlag, 1999, ISBN 3-8958-1030-4.
- Jürgen Wertheimer: Strategien der Verdummung: Infantilisierung in der Fun-Gesellschaft. Beck, München 2002, ISBN 3-4064-5963-3.
Weblinks
- Otto Buchegger – Amüsanter Kommentar über Dummheit
- Alois Reutterer – Buchzusammenfassung Die globale Verdummung
- Literatur über Dummheit in Bibliothekskatalogen: DNB, GBV