Rainald Goetz
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Rainald Maria Goetz (* 24. Mai 1954 in München) ist ein deutscher Schriftsteller.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Bildung
Goetz studierte Geschichte, Theaterwissenschaft und Medizin in München und Paris. In seinen Schriften erwähnt Goetz zudem ein abgebrochenes Studium der Soziologie in Berlin. Die Studiengänge Geschichte und Medizin schloss er jeweils mit einer Promotion ab: Zunächst, nach einem Aufenthalt an der Sorbonne im Herbst 1977, den Studiengang Geschichte mit einer althistorischen Dissertation über Freunde und Feinde des Kaisers Domitian, die durch den Althistoriker Hermann Bengtson (1909–1989) angeregt und betreut wurde.
In seinen Schriften nimmt Goetz immer wieder in abwertender Form auf die Alte Geschichte Bezug, die Entstehung seiner Dissertation schildert er in seinem Roman Kontrolliert, auch eine mögliche Karriere durch eine Assistentenstelle bei den Althistorikern erwähnt Goetz in seinen Schriften. Ende 1982 folgte die Promotion zum Dr. med. mit einer Arbeit über ein Thema der Jugendpsychiatrie. Neben der ersten Dissertation, die trotz des „trockenen“ und vor allem epigraphisch bearbeiteten Themas bereits literarische Ambitionen erkennen lässt, zeichnet sich auch die medizinische Doktorarbeit durch eine kaum verkennbare literarische Stilisierung aus. Zu nennen sind neben der provokativen „Danksagung“ („Dankanbruderundsoweiter“) auch Versatzstücke innerhalb des Textes. Wo von abweichendem Verhalten von Kindern die Rede ist, kommentiert Goetz: „Punk Anarchie Okay.“
[Bearbeiten] Karriere
1976 begann er, für die Süddeutsche Zeitung zu schreiben. Zunächst verfasste er Rezensionen von Kinder- und Jugendbüchern. 1977 erschien dann eine dreiteilige Artikelserie mit dem Titel Aus dem Tagebuch eines Medizinstudenten. 1978 folgte die erste Veröffentlichung im Kursbuch, in der Goetz unter dem Titel Der macht seinen Weg den bisherigen Verlauf seines Studiums und seine soziale Isolation schilderte.
Berühmt wurde Goetz 1983 durch einen Aufsehen erregenden Auftritt beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt: Vor laufenden Fernsehkameras ritzte er sich während einer Lesung mit einer Rasierklinge die Stirn auf, ließ das Blut über seine Hände und sein Manuskript laufen und beendete die Lesung schließlich blutüberströmt. Jedoch gewann er bald auch auf „seriöse“ Weise durch seine Romane und Theaterstücke unter Kritikern Anerkennung. Außerdem schrieb er für die Musikzeitschrift Spex – diverse Einzelbeiträge wurden zu Bänden zusammengefasst (Hirn, Kronos, Celebration) – und den Merkur, auf die Goetz in seiner Erzählung Rave abwertend Bezug nimmt. 1998 wurde er eingeladen, die Frankfurter Poetik-Vorlesungen zu halten. Im selben Jahr schrieb Rainald Goetz in Berlin ein Netztagebuch unter dem Titel Abfall für alle, in dem er seine Tages- (und Nacht-)eindrücke aktuell auf einer Webseite veröffentlichte. Ein zentrales Thema war damals die Soziologie von Niklas Luhmann. Das Netztagebuch erschien ein Jahr später in Buchform. Um 1999 beteiligte er sich an dem Internet-Literaturprojekt Pool.
Zu den Themen, die Goetz literarisch verarbeitet hat, zählen der Deutsche Herbst (Kontrolliert), seine eigenen Erfahrungen bei der Arbeit in der Psychiatrie (Irre) und die Techno-Bewegung in Deutschland (unter anderem veröffentlichte er einen Text über Sven Väth, den Roman Rave und zusammen mit Westbam das Buch Mix, Cuts & Scratches). Durch nahezu alle Schriften zieht sich eine typische Tendenz: Die Wahrnehmung des Erzählers ist meist die eines Solitärs und Einzelgängers, dessen Alltag von geistiger Arbeit geprägt ist und dessen Eintreten in die jeweiligen Musikszenen (Punk in Irre, Techno in Rave) als wichtige Ergänzung zur sonstigen Lebensorganisation wahrgenommen wird.
Goetz letzte eigenständige Buchveröffentlichung stammt aus dem Jahr 2001: Jahrzehnt der schönen Frauen. Im selben Jahr wurde auch das von Goetz in Dekonspiratione beschriebene Fernsehformat „nothing special“ im ZDF-nachtstudio mit Volker Panzer, Moritz von Uslar und Goetz selbst realisiert. Ausgestrahlt wurden 3 Folgen unter dem Namen „Fernsehen“, Gäste waren Alexa Hennig von Lange, Barbara Sichtermann und Klaudia Brunst. Die zweite Folge wurde einen Tag nach dem 11. September gedreht und gesendet.
Von Februar 2007 bis Juni 2008 schrieb Goetz einen Blog mit dem Titel Klage auf den Internetseiten der Illustrierten Vanity Fair. Er soll wie schon Abfall für alle in Buchform erscheinen.
Die meisten seiner Werke sind im Suhrkamp Verlag erschienen. Anlässlich von Goetz’ 50. Geburtstag fand im Literaturhaus Frankfurt das Erste internationale Rainald-Goetz-Symposium statt (veranstaltet von der Marburger Philipps-Universität, dem Literaturhaus und dem Suhrkamp-Verlag).
[Bearbeiten] Werke
- Irre (Roman, 1983)
- Krieg (Theaterstück, 1986)
- Hirn (Essays, 1986)
- Kontrolliert (Roman, 1988)
- Festung (Theaterstücke und Materialien, 1993)
- Word I (12", 1994, zusammen mit Oliver Lieb)
- Word (Doppel-CD, 1994, zusammen mit Oliver Lieb und Stevie B-Zet)
- Mix, Cuts & Scratches (1997, zusammen mit Westbam)
- Rave (Erzählung, 1998)
- Jeff Koons (Theaterstück, 1998)
- Abfall für Alle (Online-Tagebuch, 1998/99. In Buchform erschienen 1999)
- Celebration. Texte und Bilder zur Nacht (1999)
- Dekonspiratione (Erzählungen, 2000)
- Jahrzehnt der schönen Frauen (Texte, 2001)
- Heute Morgen (Hörspiel, 2001, zusammen mit Westbam)
- Heute Morgen (Zusammenstellung aus Rave, Jeff Koons, Dekonspiratione, Celebration, Abfall für alle; 2004)
- Klage (Weblog, 2007-2008)
[Bearbeiten] Auszeichnungen
- 1988, 1993 und 2000 Mülheimer Dramatikerpreis
- 1991 Heinrich-Böll-Preis
- 1999 Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis
- 2000 Wilhelm-Raabe-Literaturpreis
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Rainald Goetz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Weblog "Klage" bei Vanity Fair
- Rainald Goetz: Neue deutsche Dramatik. Seite des Goethe-Instituts
- Rainald Goetz und sein zweiter Roman Kontrolliert Beitrag von Marc Degens, mit vielen biographischen Einzelheiten [Stand: 1996]
- Biographische Angaben bei www.suhrkamp.de (Liste mit Preisen und Auszeichnungen)
- Lutz Hagestedt: Richtig hart Formuliertes. Rainald Goetz über die Steinzeit der elektronischen Welt Essay über Abfall für alle und Rave
- Reinhard Jellen: "Dümmste Fehler, Fehler, Fehler über Fehler". Rainald Goetz blogt für Vanity Fair
- Webseite des ORF zum Auftritt beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis 1983 (mit Video)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Goetz, Rainald Maria |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 24. Mai 1954 |
GEBURTSORT | München |