Pfeilkreuzler
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Als Pfeilkreuzler (ungarisch Nyilaskeresztes Párt) wurde eine nationalsozialistische Partei Ungarns bezeichnet.
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[Bearbeiten] Geschichte
1935 gründete Ferenc Szálasi die Partei des nationalen Willens, aus der 1937 die Pfeilkreuzler entstanden.
Anführer der Pfeilkreuzler war József Gera, sein Sekretär Lajos Polgár. Ein ehemals jüdisches Bürgerpalais (das heutige Museum „Haus des Terrors" in Budapest) auf der dicht begrünten Prachtallee – der Andrassy ut – war von 1939 bis 1944 Parteizentrale der Pfeilkreuzler, genannt „Haus der Loyalität", mit Folterkellern in den Untergeschossen.
Bei der ungarischen Parlamentswahl im Jahre 1939 erhielt die Pfeilkreuzler-Partei zwar rund 25 Prozent der Stimmen, war jedoch bis zum 15. Oktober 1944 nie an einer Regierung beteiligt. Erst nachdem der Versuch der Regierung unter Miklós Horthy, einen Separatfrieden mit den Alliierten zu schließen, gescheitert war, übernahm sie die Führung einer Regierungskoalition.
Mit ihrer Hilfe konnte die zweite, von den Deutschen geplante Deportationswelle des Holocaust im November 1944 durchgeführt werden. Die Anhänger der Partei überzogen das Budapester Ghetto mit Terrorakten und töteten bis zur Besetzung Ungarns durch die Sowjet-Armee (1945) mehrere tausend Juden.
Nach der Machtübernahme der Pfeilkreuzler im Oktober 1944 wurden von den Pfeilkreuzlern an die zehntausende ungarische Juden am Ufer der Donau erschossen.
Südlich des ungarischen Parlaments in Budapest, am unteren Donaukai, wurde ein Holocaust-Mahnmal des Künstlers Gyula Pauer in Zusammenarbeit mit dem Filmregisseur Can Togay errichtet: Schuhe am Donauufer. Auf einer Länge von 40 Metern wurden zum Andenken an die Erschießungen von 1944/45 sechzig Paar Schuhe aus Metall gereiht.
Bis März 1945 sollen 50.000 Juden von der Nazi-Partei ermordet worden sein. Durch die Unterstützung der deutschen Behörden bei Erfassung, Sammlung und Deportierung der ungarischen Juden in deutsche Konzentrationslager tragen die Pfeilkreuzlern gemäß United States Holocaust Memorial Museums Mitverantwortung für den Tod von rund 500.000 weiteren ungarischen Bürgern jüdischer Abstammung.
[Bearbeiten] Namensgebung
Die oben genannte Partei des nationalen Willens verwandte ein Symbol, das an das Hakenkreuz der deutschen Nationalsozialisten angelehnt war. Dieses war ein aufrechtes symmetrisches Kreuz mit Pfeilspitzen an den Enden (gewöhnlich in einem weißen Kreis auf rotem Grund) und stand bei der späteren Benennung der Partei für den Namen.
Die vier Arme des Pfeilkreuzes liefen in Pfeilspitzen aus. Diese sollten die Stoßkraft der Bewegung versinnbildlichen, die ihr Symbol auf Armbinden trugen. Sie stellten darüber hinaus einen Rückgriff auf die nationale Vergangenheit dar, denn Pfeilsymbole waren schon von den magyarischen Eroberern Ungarns geführt worden. Das Pfeilkreuz gelangte 1933 zu größerer Bedeutung, als sich faschistische Splittergruppen vereinigten, die zuvor das Hakenkreuz benutzt hatten. Nach dem Hakenkreuz ist das Pfeilkreuz das eindringlichste antisemitische Zeichen. Zudem symbolisieren die Pfeile alle Himmelsrichtungen. Das Pfeilkreuz sollte damit symbolisieren, dass alle im Vertrag von Trianon verlorenen Gebiete zurückerobert werden müssen.
[Bearbeiten] Literatur
- Margit Szöllösi-Janze: „Horthy-Ungarn und die Pfeilkreuzlerbewegung“, in: Geschichte und Gesellschaft 12 (1986), S. 163–182.
- Margit Szöllösi-Janze: „Die Pfeilkreuzlerbewegung in Ungarn. Historischer Kontext, Entwicklung und Herrschaft“ (= Studien zur Zeitgeschichte 35), Oldenbourg München 1989 (Dissertation)
- Margit Szöllösi-Janze: „Pfeilkreuzler, Landesverräter und andere Volksfeinde – Generalabrechnung in Ungarn“, in: Klaus-Dietmar Henke/Hans Woller (Hg.), Politische Säuberung in Europa. Die Abrechnung mit Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1991, S. 311–357.
- Nina Gladitz/Perez Lorenzo: Der Fall Giorgio Perlasca. In: Dachauer Hefte Nr. 7 (1991) S. 129–143 ISSN 0257-9472 (ZDF-Dokumentarfilm Perlasca von 1992)
- Enrico Deaglio: Die Banalität des Guten. Die Geschichte des Hochstaplers Giorgio Perlasca, der 5200 Juden das Leben rettete, 1993, ISBN 3821811501